- 11.2.2023
"Rauhreif" ist ein DEFA-Film aus dem Jahr 1963, der unter der Regie von Wolfgang Schleif entstand. Der Film erzählt die Geschichte von Gisela, einer jungen Frau aus der Stadt, die auf dem Lande als Lehrerin arbeitet. Dort verliebt sie sich in den Schäfer Karli, doch ihre Beziehung wird durch gesellschaftliche Konventionen und Vorurteile erschwert. Der Film gilt als ein Beispiel für das Genre des "Bauernfilm" in der DDR und zeigt das Leben auf dem Lande aus der Perspektive der Arbeiterklasse.
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LernenTranskript
00:00:00Untertitelung des ZDF, 2020
00:00:30Untertitelung des ZDF, 2020
00:01:00ZDF, 2020
00:01:30ZDF, 2020
00:01:59Mit der Dunkelheit, die gestern Abend von den Höhen herab in das Bruch einfiel,
00:02:14schlich die erste Frostluft dies Jahr.
00:02:17Und heute ist in der Morgenfrühe blendender Raureif niedergegangen.
00:02:21Die Fenster hatten beschlagene Scheiben.
00:02:26Die Oder dampfte.
00:02:29Eine dünne Frosthart blinkt auf den Pfützen und klirrt wie Glas.
00:02:33Ein Mann ist unterwegs in einem Auto, das lange nicht gewaschen ist.
00:02:39Er hat sich nicht rasiert, hat den Kindern keinen Kuss geschenkt, wie sonst,
00:02:44hat der Frau keine Antwort gegeben und die Tasse Kaffee gleich im Stehen getrunken.
00:02:48Er ist die wenigen Kilometer zu den Höhen hinaufgebraust
00:02:51und will in das Dorf, das ihm fast 15 Jahre Heimat gewesen war.
00:02:55Der Mann fährt auf einer neuen Asphaltstraße,
00:02:59die noch vor einem Jahr ein Feldweg war mit viel Staub in der Trockenheit
00:03:02und knietiefem Schlamm an Regentagen.
00:03:07Auch jetzt, da er über eine alte Holzbrücke steuert, bremst er kaum ab.
00:03:12Die Holzbrücke ist ein Überbleibsel aus der Vergangenheit.
00:03:14Sie hat 50 Jahre gehalten und hält noch 50, hat der Vorsitzende gesagt.
00:03:23Und dann hat er gesagt, wenn ihr ewig über die glatte Straße kutschiert,
00:03:27vergesst ihr am Ende ganz, wo ihr hergekommen seid.
00:03:30Aber die Holzbrücke wird euch eine Erinnerungsstütze sein.
00:03:34Mitten im schönsten Fahren rumst es.
00:03:37Und gleich fällt euch wieder ein, wie verflucht die Wege waren,
00:03:41als wir die Füße darauf setzten.
00:03:42Zum ersten Mal.
00:03:44Moin! Wisst ihr nicht, wo mein Vater steckt?
00:04:01Hat sich bei uns nicht abgemeldet.
00:04:04Es könnte ja sein, dass ihr wisst, wo er sich aufhält.
00:04:07Es könnte. Ist aber nicht.
00:04:11Sollen wir ihm vielleicht was ausrichten von dir?
00:04:14Hat nichts zu tun, wie er scheint.
00:04:24Lass ihn doch.
00:04:26Verehrten Wartburg, der Kerl.
00:04:27Deinem Vater genügt ein Travanz.
00:04:29Ich wollte eigentlich bei meinem Vater vorbei.
00:04:44Den wirst du jetzt schwer finden.
00:04:46War schon zu Hause, kam aber zu spät.
00:04:48Ist wieder gut im Stand, der Alter.
00:04:50Früh der Erste, abends der Letzte.
00:04:52Hat sich wieder rausgerappelt, ja?
00:04:53Oh, seit du weg bist, geht's ihm von Tag zu Tag besser.
00:04:58Ist das auch seine Meinung?
00:05:00Darüber braucht er nicht zu reden.
00:05:01Das sieht man.
00:05:02Was willst du eigentlich von mir?
00:05:06Ein bisschen rumführen möchte ich dich.
00:05:09Warst fast ein Jahr nicht hier und ein Jahr...
00:05:11Habt genug gesehen.
00:05:12Ihr habt Ordnung.
00:05:13Habt gebaut.
00:05:14Die Ställe sind nicht leer.
00:05:15Hast noch nicht genug gesehen, Thomas.
00:05:17Hättest du alles gesehen, würdest du vor Scham in die Erde sinken.
00:05:20Wieso denn?
00:05:21Frag nicht so dumm.
00:05:22Bis zu uns hoch stinkt es von deiner Genossenschaft her.
00:05:24Im Bruch war es immer schwerer als auf der Höhe.
00:05:26Schwerer, Faulenzer seid ihr.
00:05:28Das wissen hier alle.
00:05:32Du hast ja keine Ahnung.
00:05:34Kommt zu...
00:05:34Kommt zu uns.
00:05:37Und dann Urteile.
00:05:38Ich werde mich hüten, meine Nase in euren Dreck zu stecken.
00:05:40Du bist ganz schön aufgeblasen.
00:05:42Dachtest wohl, ich mache deine Liebeserklärung, was?
00:05:44Nee, Freundchen.
00:05:45Dazu ist noch vieles zu frisch in Erinnerung.
00:05:47Bring deinen Laden in Ordnung und stänke hier nicht wieder rum.
00:05:50Ich werde euren Frieden nicht stören.
00:05:51Genau das raten wir dir.
00:05:52Hast lange keine Dresche bezogen, weil wir deinen Alten schonen wollten.
00:05:56Ihr habt euch ganz schön rausgemacht.
00:05:57Alle Achtung.
00:05:58Auf euch kann mein Alter stolz sein.
00:06:07Nicht mal eine Zigarette hat er mir angeboten.
00:06:09Na, hochnäsig war er schon immer.
00:06:11Nimmt mich aus dem Stall raus, als der Alte im Krankenhaus war, das vergesse ich ihm nie.
00:06:15Gerade wie die Master weggehen, nimmt mich das Loh da raus und die ganze Prämie geht mir durch die Lappen.
00:06:20Ich fahre zum Alten.
00:06:21Nur fünf Minuten, sagt der Doktor und kein Wort über die Genossenschaft.
00:06:24Ich sitze beim Alten am Bett, rede vom Wetter und Wolken, aber er durchschaut mich.
00:06:29Wir bringen es in Ordnung, Kersten, sagt er.
00:06:30Sobald ich wieder raus bin, bringen wir es in Ordnung.
00:06:35Gneide Gott, wenn er den Alten nicht in Ruhe lässt.
00:06:37Zu Fuß heute, Vorsitzender.
00:06:46Was soll ich denn machen?
00:06:48Nimmst mich ja nicht mit auf deinem Rad.
00:06:50Bist mir vielleicht zu gefährlich, zu mitnehmen.
00:06:51Ist dir zu gefährlich?
00:06:52Hab nicht mal für meinen eigenen Hundfutter genug.
00:06:55Wer soll dir das glauben?
00:06:56Lassen wir es auf den Versuch ankommen?
00:06:58Wenn du meinst.
00:06:59Aber sei vorsichtig.
00:07:00Ist das ein Mädel, der möchte immer direkt nochmal jung sein.
00:07:10Du kommst allein?
00:07:14Hat dich denn der Junge nicht gefunden?
00:07:17Welcher Junge?
00:07:18Der Thomas.
00:07:19Was?
00:07:19Er hat dich doch gesucht.
00:07:26Auf der neuen Straße fuhr ein Wagen, so ein...
00:07:29Teller.
00:07:31Ich hab die Eier gekocht, wie er sie gern hat.
00:07:34Und ein Glas Senfkuchen hab ich aufgemacht.
00:07:38Du hast ihn nicht gesprochen.
00:07:41Das sieht schlecht aus.
00:07:44Kommst zu spät, sag ich ihm.
00:07:45Gerade ist der Vater weg.
00:07:48Was machen die Kinder, frag ich.
00:07:50Es geht.
00:07:52Unterrichtet sie wieder, die Anne?
00:07:55Vier Stunden am Tag.
00:07:59War wie ein Klotz, der Bengel.
00:08:02Hat sicher einen Kopfball, wie jeder von uns.
00:08:06Er hätte doch hier warten können.
00:08:08Ja, das hätte er.
00:08:10Natürlich.
00:08:11Hat er wenigstens gesagt, was er wollte?
00:08:13Das ist es ja eben.
00:08:14Kein Wort davon.
00:08:16Verstehe ich nicht.
00:08:18Er macht mir Sorgen.
00:08:21Fahr hin zu ihm.
00:08:22Greif ihm unter die Arme.
00:08:23Wenn er mich wirklich brauchen würde, hätte er mich doch gefunden.
00:08:28Aber der will nicht, dass ich ihn auf die Finger sehe.
00:08:30Du hattest immer was auszusetzen an ihm.
00:08:32Na weißt du, was auszusetzen gab?
00:08:34Er ist Pflücker und hat das Nest verlassen.
00:08:36Das ist der Lauf der Welt.
00:08:39Manchmal denke ich, er ist immer noch der kleine Junge,
00:08:41der beim Holzsägen auf dich zurannte und in die Säge fiel.
00:08:45Das ist lange vergessen und vernarbt.
00:08:46Seine Narben sind mitgewachsen.
00:08:50Wenn er sich gewaschen hat, habe ich es manchmal gesehen.
00:08:53Was du nicht alles siehst.
00:08:56Versprich mir, dass wir mal hinfahren.
00:08:58Er wird nächsten schon wieder hier aufkreuzen.
00:09:02Und überhaupt, mit 30 ist man ein Kerl oder man wird nie einer.
00:09:12Thomas hat den Gashebel bis zum Anschlag durchgedrückt.
00:09:15Er fährt rücksichtslos, wie einer, der auf der Flucht ist.
00:09:23Die Sonne ist aus den Wolken gekrochen.
00:09:27Der Raureif schmilzt hin auf den Dächern.
00:09:31In Wiesen und Feldern hängt funkelnd der Tau.
00:09:37Bald hinter den Höhen beginnt das Bruch.
00:09:41Glatt ist es, wie ein Tisch.
00:09:45Leer, wie eine aufgetaner Hand, kein Feldgehölz, kein Birkenhügel.
00:09:49Selten ein Baum, ein Strauch.
00:09:53Bis zu den Horizonten hingestreckt, liegt es da in tiefem Ernst.
00:09:57Ohne jeden Anflug von Heiterkeit so, als schliefe es einen schweren Schlaf.
00:10:02Und von der Oder her streift feiner Nebel durch das Bruch.
00:10:06Das ist ein Schlaf.
00:10:08Das ist ein Schlaf.
00:10:09Das ist ein Schlaf.
00:10:10Das war's für heute.
00:10:40Du gibst heute keinen Unterricht?
00:10:45Ich hab Kopfschmerzen.
00:10:50Du bleibst schon das zweite Mal zu Hause, in vier Wochen.
00:10:53Ohne triftigen Grund.
00:10:54Sind Kopfschmerzen kein Grund?
00:10:58Mir ist auch nicht alle Tage gleich.
00:10:59Weiß Gott nicht.
00:11:01Das bekommt keiner besser zu spüren als ich.
00:11:08Braune war hier.
00:11:10Wo du hin willst, hat er gefragt.
00:11:13Was hast du ihm geantwortet?
00:11:15Nichts.
00:11:16Konnte ich denn wissen, wohin du dich verdrücken wirst?
00:11:19Mhm.
00:11:20Hat dir also die Ohren voll gejammert,
00:11:23der Herr Vorsitzender.
00:11:26Und du hast ihm zugehört, anstatt ihn vor die Tür zu setzen?
00:11:28Ich bin froh, wenn mir mal einer was erzählt.
00:11:32Das kann er ganz großartig, der Braune.
00:11:35Panik machen.
00:11:37Vom Feld ist hier noch keiner gejagt worden.
00:11:39Stimmt.
00:11:40Ich bin der Erste, den Sie mit Folgen bearbeiten wollten.
00:11:42Bist du vielleicht noch stolz drauf?
00:11:46Ich habe Ihnen nur klar gemacht, was Sie sind.
00:11:50Tagediebe und Gauner.
00:11:51Euch gehört morgens, mittags und abends prügeln.
00:11:54Das sieht er ähnlich.
00:11:58Da erzählt einer, dass Sie sonntags am Fernseher zusehen,
00:12:01wie ihm die Städte die Kartoffeln aus der Erde holen.
00:12:03Und du möchtest gleich mit dem Knüppel dazwischen.
00:12:05Anstatt, dass du einen Spaß zu nehmen, verstehst.
00:12:09Spaß?
00:12:11Für die heißt Arbeiter und Bauernmacht,
00:12:13dass der Arbeiter dem Bauern die Arbeit macht.
00:12:24Geh am Sonntag von Haus zu Haus.
00:12:28Wir können die Städte nicht allein auf unseren Feldern lassen, sage ich.
00:12:31Die Hackfrüchte noch und dann ist die Ofenbank unser.
00:12:33Seid vernünftig, Leute.
00:12:36Zwei habe ich aufgetrieben.
00:12:37Und die anderen?
00:12:39Ich habe es hier, Kollege.
00:12:40Wir sind die Mandeln, dick mir die Beine,
00:12:42ich muss die Kinderchen baden.
00:12:42Auch im Sozialismus braucht der Mensch seinen Sonntag.
00:12:45Und am Montag verhöhnen die gleichen Leute die Helfer.
00:12:47Gib doch zu, dass du mit den Leuten nicht fertig wirst.
00:12:50Und lass uns weggehen.
00:12:52Was Besseres fällt dir nicht ein.
00:12:59Ich habe nie hergewollt, Thomas.
00:13:02Warst du etwa auf der Höhe zufrieden?
00:13:05Hast du nicht immer gesagt, dass ich im Schatten meines Vaters stehe?
00:13:09Ja.
00:13:11Dein Vater ist rücksichtslos.
00:13:12Am meisten gegen die eigene Familie.
00:13:15Deine Mutter ist bedauernswert genug.
00:13:17Weil er nicht abwäscht, was?
00:13:19Sich die Hosenknöpfe nicht selber anhält?
00:13:21Weil er deine ganzen Gleichberechtigungs-Kinkalitzchen nicht ausstehen kann?
00:13:24Du bist nicht mit ihm ausgekommen.
00:13:25Ich habe ihn doch kaum gesehen.
00:13:27Im Hintergrund hast du gesessen und deine Bemerkungen gemacht.
00:13:29Wir wollen uns nicht streiten, Thomas.
00:13:53Lass uns wegziehen.
00:13:54Wir haben die Kinder.
00:13:58Wir haben uns gern.
00:14:02Wir gehen in die Stadt.
00:14:03Du hast Assistent und ich...
00:14:06Hast du vielleicht schon den Möbelwagen bestellt?
00:14:09Du wolltest in der Stadt bleiben damals nach dem Studium.
00:14:12Natürlich wollte ich.
00:14:13Aber die nähe Frau hat mich zurückgeordnet.
00:14:15Hat geglaubt, der Alte wird vor dem Diplom weichen.
00:14:17Aber das lag doch nahe.
00:14:20Der Gesündeste war ja zu der Zeit sowieso nicht.
00:14:22Nee, das war er nicht.
00:14:24Aber als er fest lag, hat er mich zu sich gerufen
00:14:26und gesagt, wenn es mal zu Ende gehen sollte.
00:14:30Du wirst nicht Vorsitzender bei uns.
00:14:31Du nicht.
00:14:34Das hat er gesagt?
00:14:36Und dann nimmst du ihn noch in Schutz.
00:14:40Was ist das für ein Vater, der sich seinem eigenen Sohn in den Weg stellt?
00:14:43Geh ins Bruch!
00:14:46Das sind einem Tatendrang keine Grenzen gesetzt.
00:14:48Das war die Lösung für ihn.
00:14:52Er will dich kleinkriegen.
00:14:53Sicher.
00:14:55Und er schafft es noch.
00:14:57Warte die Zeit ab.
00:14:59Du gehst noch einmal zu ihm.
00:15:01Er hat dich hier runtergeschickt
00:15:02und nun soll er dich auch wieder rausholen.
00:15:04Lieber würde ich mir die Zunge abbeißen.
00:15:06Das hier ist nichts für uns.
00:15:07Thomas begreift doch.
00:15:08Ob hier oder anderswo, es ist alles das Gleiche.
00:15:10Du wirst nie mit den Leuten fertig.
00:15:12Weil ich es falsch anpacke!
00:15:13Thomas, du machst dir was vor.
00:15:14Das hier ist wie eine verlorene Schlacht.
00:15:21So etwas gibt es im Leben.
00:15:23Jeder wird dich verstehen, wenn du um Ablösung bittest.
00:15:26Sogar dein Vater.
00:15:28Ausspucken würde er.
00:15:29Und sagen, wie recht habe ich gehabt.
00:15:32Ein Windmacher ist meiner Sohn.
00:15:33Ein Aufschneider und Maulheld.
00:15:35Ich bleibe nicht hier.
00:15:37Ich bin auch nur ein Mensch.
00:15:41Ich wage mich ja kaum noch auf die Straße.
00:15:43Die Arbeit schwänzt sich, weil ich mich schäme für dich.
00:15:47Weil ich in allen Augen nur Ablehnung finde.
00:15:49Feindschaft und Spott.
00:15:51Ich kann so nicht leben.
00:15:53Ich gehe.
00:15:55Mach, was du willst.
00:15:56Ich fahr zu deiner Mutter.
00:15:58Sie wird mir die Kinder abnehmen.
00:16:00Und dann sieh zu, wo du bleibst.
00:16:02Du, was du nicht lassen kannst.
00:16:03Die Leute warten auf dich.
00:16:28Sie stehen sich so zu sagen, die Beine in den Leib.
00:16:38Na, du hör schon auf.
00:16:40Damit wir uns verstehen, Vorsitzende.
00:16:42Ich werde uns gemeint, wenn sich jemand hinter meinem Rücken an meine Frau hängt.
00:16:46Ich sehe meinen Stellvertreter wegfahren und denke, mein Gott, was wird er nun wieder anstellen.
00:16:50Und da bin ich zu deiner Frau.
00:16:51Wo ich hinfahre, das ist meine Sache.
00:16:52Aber ich rate dir, was im Dorf ist, im Dorf zu lassen.
00:17:12Steigen Sie ein, junge Frau.
00:17:14Das ist nett von Ihnen, Herr Herzmann.
00:17:15Ich wollte schon wieder umkehren.
00:17:18Machen Sie sich nicht schmutzig, dass Sie jetzt keinen Bart holen.
00:17:20Glauben Sie, ich habe mein ganzes Leben im Bartgurt zugebracht?
00:17:36Wohin darf ich Sie fahren?
00:17:38Wohin müssen Sie denn?
00:17:41Weit, junge Frau.
00:17:43Bis kurz vor Berlin.
00:17:45Das klappt ja.
00:17:45Ich will zu meinen Schwiegereltern.
00:17:48Interessant.
00:17:48Was ist interessant?
00:17:52Es trifft sich großartig, meine ich.
00:17:54Sie müssen nicht im Ring auf dem Bus warten und ich habe keine Langeweile.
00:17:57Ich bin nicht unterhaltend.
00:17:59So?
00:18:01Meine Kinder sagen aber, Frau Rothart ist Dufte.
00:18:06Sie haben Kinder?
00:18:08Das ist mir das Neueste.
00:18:10Das ganze Dorf voll.
00:18:11Alles, was da rumrennt, gehört mir.
00:18:13Unkle Erwin hinten, Unkle Erwin vorne.
00:18:14Ist Ihnen wohl noch nie aufgefallen, was?
00:18:19Dann wird es aber höchste Zeit, dass Sie sich welche anschaffen.
00:18:22Dazu gehören immer noch zwei.
00:18:25Das kann doch für Sie kein Problem sein.
00:18:28Sagen Sie das nicht.
00:18:29Und dann die Kohlen.
00:18:31Alleine kommt man immer durch.
00:18:32Aber mit einer Familie am Hals sieht es schon schlechter aus.
00:18:34Jetzt übertreiben Sie.
00:18:35Dann sind Sie schlecht informiert, junge Frau.
00:18:40Was man mit den paar Pimperlingen anfangen kann, das sehe ich bei meinem Bruder.
00:18:42Der hat vier Mäuler zu stopfen.
00:18:45Liegt es nicht an jedem selbst, wie er lebt?
00:18:49Natürlich, sage ich ihm auch.
00:18:50Was musst Du häufig jedes Jahr ein Kind in die Welt setzen?
00:18:53So meine ich das nicht.
00:18:56Kann mir schon denken, wie Sie das meinen.
00:18:59Aber wenn Sie mich fragen, sage ich Ihnen,
00:19:00in unserer Genossenschaft ist kein Blumentopf zu gewinnen.
00:19:03Sind Sie davon überzeugt?
00:19:09Ja.
00:19:14Nur mein Mann will das nicht wahrhaben.
00:19:25Geben Sie mir die Zigaretten rüber.
00:19:33Danke.
00:19:34Bitte bedienen Sie sich.
00:19:35Ich will mir das abgewöhnen.
00:19:52Danke.
00:19:53Möchten Sie nicht auch?
00:19:54Bislang wusste man nicht, woran man ist mit dir.
00:20:03Bist uns einfach auf den Hals geschickt worden.
00:20:06Bin jetzt lange genug hier.
00:20:07Willst du rauchen?
00:20:10Danke.
00:20:14Dass mir deine Nase gefällt, nützt mir gar nichts.
00:20:18Ein Menschen zu durchschauen, ist nicht so einfach.
00:20:21Ist mir das schwerste im Leben.
00:20:22Und dann bist du immerhin der Sohn vom Rothart.
00:20:28Na und?
00:20:29Wer schon dem eigenen Sohn einen Fuß tritt gibt,
00:20:32tritt bei Fremden gleich mit beiden Beinen zu.
00:20:36Kannst du da nicht reindenken?
00:20:40Du nimmst ihn in Schutz.
00:20:42Das ist richtig gehandelt von einem Sohn.
00:20:44Aber trotzdem bleibt er, was er ist.
00:20:46Ein Diktator.
00:20:47Ein Mann, der über Leichen geht.
00:20:49Blödsinn.
00:20:49Im Nachbardorf sagen sie, der Alte kann verrückt werden, wenn was nicht hinhaut.
00:20:54Zwei Dörfer weiter heißt es schon, der verbraucht Menschen wie Schuhsohlen.
00:20:57Und bei euch geht er bereits über Leichen.
00:21:00Was streiten wir uns über Ausdrücke?
00:21:02Du bist sein Sohn.
00:21:04Schön achtgeben haben wir uns gesagt, weiter nichts.
00:21:06Na und gestern, wie du da auf die Leute los bist?
00:21:12Es war ein hartes Stück, was die sich geleistet haben.
00:21:15Gut.
00:21:16Es war nicht richtig zugegeben.
00:21:18Und unter uns, ich hab's gerade gebogen.
00:21:21Ich führe euch wieder zusammen, hab ich den Leuten gesagt.
00:21:24Das Gegeneinander ist nicht die richtige Masche.
00:21:26Wir leben auf einem Dorf und müssen auskommen miteinander.
00:21:32Wir werden uns das bisschen Dasein nicht zur Hölle machen.
00:21:35Stimmt doch.
00:21:36Gehen wir zu den Leuten und fertig ist die Laube.
00:21:38Was haben Sie eigentlich früher gemacht?
00:21:46War bei der Armee.
00:21:48Eine ganze Zeit.
00:21:49Gerne.
00:21:51Ich wäre geblieben.
00:21:52Aber die Familie hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht.
00:21:56Ein Bruder und eine Schwester sind drüber.
00:21:58Dann waren die Kaderakten nicht mehr stilig.
00:21:59Dann die alte Leier.
00:22:01Außen vorbei.
00:22:02Und ich war ein leidenschaftlicher Panzermann.
00:22:05Das Ding war mir direkt ans Herz gewachsen.
00:22:08Und heute?
00:22:10Habe ich ein dickes Fell und schluck manches.
00:22:13Als Ihr Mann kam, dachte ich, jetzt wird aufgeräumt.
00:22:15Jetzt kommt ein Kommandeur auf den Verlass ist.
00:22:19Und er hat Sie enttäuscht, Ihr Kommandeur.
00:22:22So ist es, junge Frau.
00:22:25Und meinetwegen können Sie es ihm auch wieder sagen.
00:22:27Ich?
00:22:27Sagen Sie es ihm doch selbst.
00:22:30Zwecklos.
00:22:31Man hat es ihm gleich gesteckt.
00:22:32Ich bin ein unsäures Element und fertig.
00:22:35Aber warum denn?
00:22:36Sie waren bei der Armee.
00:22:39Sie wären sogar geblieben.
00:22:41Und heute arbeiten Sie in der Landwirtschaft.
00:22:42Ja, das mache ich.
00:22:43So dämlich bin ich.
00:22:45Aber Schwamm drüber.
00:22:46Sind Sie vielleicht gern in diesem Nest?
00:22:58Sagen Sie am besten gar nichts.
00:23:00Sie sind nicht fürs Dorf geschaffen.
00:23:02Sie haben keine Freunde hier.
00:23:04Leben zurückgezogen.
00:23:05Das weiß man.
00:23:06Bringen die Stadt in ihre Wohnung.
00:23:09Ist das falsch?
00:23:09Hat alles keinen Sinn.
00:23:12Im Dorf findet man sich ab mit dem, was ist.
00:23:14Oder man fasst nie Wurzeln.
00:23:16Aha.
00:23:19Und Sie haben sich abgefunden mit dem, was ist.
00:23:24Man sagt von mir, ich sehe die Perspektiven nicht.
00:23:27Bin blind für das Morgen.
00:23:28So ähnlich.
00:23:31Neulich frage ich einen vom Kreis,
00:23:32woher er die Gewissheit nimmt, dass wir siegen werden.
00:23:34Die Geschichte lehrt das, sagt er.
00:23:39Die Geschichte ist das, was war, sage ich.
00:23:43Ich aber lebe heute und hier unten.
00:23:45Und da ist vom Sieg wenig zu spüren.
00:23:48Du sollst nicht so viel Rias hören, sagt er.
00:23:50Solche Antworten haben die immer zur Hand.
00:23:52Ich pass mir da einfach auf die Lippen, bin still
00:23:54und er denkt, er hat mich überzeugt.
00:23:57Rias.
00:23:58Ich habe Augen im Kopf.
00:24:00Die Hühner krepieren.
00:24:01Der Pfleger lässt sich im Stall vermodern.
00:24:03Nicht mal nach dem Kadaver bückt er sich.
00:24:05Die Rinder sehen erbärmlich aus.
00:24:07Was soll ich Ihnen da viel erzählen?
00:24:09Mir genügt's.
00:24:10Ich brauche keinen Rias.
00:24:16Vielleicht sind Sie wirklich nur enttäuscht.
00:24:20Und nun sieht alles grau aus.
00:24:23Das ist typisch.
00:24:25Wenn ich mich jetzt noch weiter aufknöpfe,
00:24:26fangen Sie an, mich zu agitieren.
00:24:28Versuchen, aus Schwarz-Weiß zu machen.
00:24:29Und ich habe gedacht, die Frau vom Rothart und die Politik sind sich nicht grün.
00:24:36Wie kommen Sie denn darauf?
00:24:39Wir sagen, da steht Rothart und da ist eine Frau.
00:24:42Ein paar sind Sie, aber ein Gespann nicht.
00:24:46Jetzt machen Sie aber einen Punkt.
00:24:50Wenn ich zimperlich wäre, würde ich auf der Stelle aussteigen.
00:24:52Entschuldigen Sie, aber tun Sie sich keinen Zwang an.
00:24:58Agitieren Sie mich ruhig noch ein bisschen, vielleicht fruchtet's.
00:25:00Man kann nie wissen.
00:25:01Sie sind zynisch.
00:25:04War ich früher auch nicht.
00:25:07Habe ich mir zugelegt, wie sich anderen eine Regenhaut zulegen.
00:25:11An der alles abläuft.
00:25:17Sie sind ein komischer Mensch.
00:25:20Wenn Sie meinen.
00:25:23Mit meiner Frau, unter uns gesagt, ging's über Jahre auch nicht gut.
00:25:28Wir waren wie Hund und Katze.
00:25:29Ich erzähl dir's im Laufen.
00:25:40Ich hatte Alimente zu zahlen.
00:25:43Für drei.
00:25:44Wenn der Termin nahte, war meine Madame nicht mehr zu genießen.
00:25:47Dabei wusste sie vor der Ehe, dass ich zahlen muss.
00:25:51Ich war nicht besonders leichtsinnig.
00:25:53Wir hausten auf einem entlegenen Gehöft, einsam wie die Klosterbrüder.
00:25:57Und mein Alter ließ mich nur zweimal im Jahr unter Menschen.
00:25:59Dabei passierte es dann.
00:26:01Als er beim Alten zu bunt wurde, hat er mich verheiratet.
00:26:05Die Ehe war mir jahrelang ne Qual.
00:26:09Bis wir gelernt haben, dass jeder ein Loch zurückstecken muss.
00:26:12Heute leben wir friedlich.
00:26:14Wir reden manchmal wochenlang kein Wort.
00:26:16Weder ein Lautes noch ein Leises.
00:26:18Wir vertragen uns einfach.
00:26:20Naja, lassen wir das.
00:26:21Die Ehe ist ein Kapitel für sich.
00:26:24Und die Genossenschaft, mein Lieber.
00:26:26Wie in der Ehe gibt's auch in der Genossenschaft ganz gegensätzliche Charaktere.
00:26:31Das musst du berücksichtigen.
00:26:33Komm, setz den Hobel an, nimm nicht so viel Rücksicht.
00:26:34Auch das natürlich.
00:26:38Aber guck deine Frau an.
00:26:40Da siehst du, wie weit du mit dem Hobel kommst.
00:26:42Lass gefälligst meine Frau aus dem Spiel.
00:26:43Ich meine nur, sie ist feinfühlig, die Gute.
00:26:46Ein bisschen sensibel.
00:26:47Ach, lass mich in Ruhe mit deinem Geschwätz.
00:26:50Der wird noch mal froh sein, wenn sich einer um ihn kümmert.
00:26:53Was waren Sie denn bei der Armee?
00:27:03Panzerleutnant.
00:27:05Da staunen Sie, was?
00:27:07Und jetzt fahren Sie einen Lastwagen.
00:27:10Warum nicht?
00:27:11Ist auch ein Beruf und kein schlechter.
00:27:14Wobei das eigentlich sinnlos ist.
00:27:16Denn die hier rühren sowieso ihre eigene Suppe.
00:27:23Was haben Sie eigentlich gegen meinen Mann?
00:27:28Steht er nicht genauso allein wie Sie?
00:27:30Das habe ich erst mal gegen ihn.
00:27:32Dass er allein steht.
00:27:33Und dann redet er viel und dabei bleibt's.
00:27:36Gestern bei der Frühstückspause dachte ich,
00:27:38jetzt passiert's endlich.
00:27:39Jetzt kennt er keine Rücksichten mehr.
00:27:41Aber wusste gut, nicht?
00:27:44Sie haben gut reden.
00:27:45Aber wer hätte denn zu ihm gestanden?
00:27:47Wer?
00:27:48Ich.
00:27:50Sie.
00:27:50Sie waren ja am Sonntag selbst nicht auf dem Feld.
00:27:54Stimmt, war ich nicht.
00:27:56Weil er mir mit Drohungen kam, ihr Gatte.
00:27:59Mir droht er und von den anderen kuschte er.
00:28:02Den anderen soll er mit Druck kommen.
00:28:03Bei mir ist Druck nicht nötig.
00:28:05Wenn ich merke, es geht vorwärts, bin ich sowieso da.
00:28:08Aha.
00:28:09Ich hätte dazwischen geballert.
00:28:11Diese Kumpanei hier ist nur mit Gewalt zu brechen.
00:28:13Ich bin gespannt, als es hieß, der Junge vom Rothart kommt.
00:28:21Und ich hab mir eins ins Häuschen gelacht.
00:28:22Bei solch einem Vater, dachte ich.
00:28:25Aber Errtum.
00:28:28Kennen Sie meinen Schwiegervater denn?
00:28:30Nicht persönlich.
00:28:32Aber wenn Sie so über ihn herziehen bei uns,
00:28:34muss was dran sein an ihm.
00:28:37Ist aber eine merkwürdige Theorie.
00:28:38Hat sich bewährt.
00:28:41Man muss nur hinhören, wer was zu sagen hat.
00:28:43Aber Sie müssen jetzt aussteigen.
00:28:49Sind wir schon da?
00:28:50Wir sind junge Frau.
00:28:52Nicht weit von uns bis hier hoch.
00:28:55Und doch ein Unterschied wie Tag und Nacht.
00:28:58Nichts für ungut.
00:29:00Herzlichen Dank.
00:29:13Der Tag steht wie auf Regenpfeilern.
00:29:32Kurz nach drei Uhr fällt die Dämmerung ins Bruch.
00:29:35Es beginnt jene Zeit,
00:29:37die von den Bruchbewohnern mehr gefürchtet wird,
00:29:38als Kälte und Schnee.
00:29:41Die Erde verwandelt sich in Sumpf.
00:29:44Die Gäste noch den Sturm suchten,
00:29:46streichen heute schon die Segel.
00:29:49Und die Hoffnungslosigkeit
00:29:51dringt tief in die Brust.
00:29:52Während die Frau des jungen Rothart
00:30:02den Wind im Gesicht und den Regen
00:30:05unschlüssig noch ist,
00:30:07ob sie zum Haus des Alten gehen soll oder nicht,
00:30:11sitzt ein Mann in diesem Haus,
00:30:12der dem Alten nichts schenkt.
00:30:15Rothart und er kennen sich viele Jahre,
00:30:18ein halbes Menschenleben schon.
00:30:19Der Mann kommt von der Kreisleitung.
00:30:24Er ist erster Sekretär.
00:30:26Du machst uns Sorgen, Alter.
00:30:30Damals, als ich sagte,
00:30:31der Junge muss weg,
00:30:32muss sich freischwimmen.
00:30:33War das richtig?
00:30:35Ja.
00:30:37Ihr beide auf einem Fleck?
00:30:39Das ging nicht auf die Daumen.
00:30:41Siehste,
00:30:43ich kam nicht mal zu Rande mit ihm.
00:30:45Ich sagte höh, er sagte hot.
00:30:47Ich hatte die leibhaftige Opposition
00:30:49in meinen eigenen vier Wänden.
00:30:55Dabei dachte ich mir,
00:30:56der kann doch einsichtiger sein.
00:30:59Im Frühjahr 60 habe ich doch gemerkt,
00:31:00was in ihm steckt.
00:31:02Da war der nicht mehr zu halten.
00:31:04Mal der Reihe nach.
00:31:06Warum haben wir den Jungen
00:31:07den runtergeschickt?
00:31:08Damit er da unten erstickt?
00:31:10Oder warum?
00:31:11Er sollte sich mal
00:31:14Wind um die Nase wehen lassen.
00:31:16Und die Anne auch.
00:31:17Die ganz besonders.
00:31:19Natürlich,
00:31:19Wind um die Nase ist immer gut.
00:31:21Aber vor allem sagten wir uns,
00:31:23der Junge hat gutes Hinterland im Rücken.
00:31:25Ihr werdet ihn nicht im Stich lassen.
00:31:27Und so werden wir das da unten
00:31:28nach und nach
00:31:29in die Hand kriegen.
00:31:31Du hast gut reden.
00:31:33Er lebt ja allein hier oben.
00:31:39Alles ist unser.
00:31:40Das Bruch und die Höhe.
00:31:43Ich habe getan,
00:31:44was in meinen Kräften stand.
00:31:48Hier oben, das stimmt.
00:31:50Aber vor dem da unten
00:31:51hast du die Augen verschlossen.
00:31:52Na, mir hat das hier gereicht.
00:31:55Hatten die unten
00:31:56nicht auch Chancen?
00:31:59So kommen wir nicht weiter.
00:32:01Du reibst dir die Hände
00:32:03und sagst,
00:32:04die uns einholen wollen,
00:32:05müssen erst noch geboren werden.
00:32:07Da hast du völlig recht.
00:32:10Natürlich.
00:32:13Und Angst hast du,
00:32:15dass sie eines Tages
00:32:16wirklich gleichziehen könnten mit euch.
00:32:18Na, denn in dem Augenblick
00:32:19ist ein Vorsprung hin
00:32:20und ein Glanz verblasst.
00:32:22Warum sagst du mir das?
00:32:24Wer hat denn gelebt von unserem Glanz?
00:32:26Ihr.
00:32:27Kam eine Delegation,
00:32:28wurde sie zu uns dirigiert.
00:32:30Kam eine neue Direktive,
00:32:31wurde sie bei uns erprobt.
00:32:32war ich sehr ans Herz gewachsen,
00:32:35euer Paradepferd.
00:32:37Bis ins ZK habt ihr es gezerrt
00:32:39und geprahlt mit eurem Paradepferd.
00:32:43Hast ja recht.
00:32:45Ein bisschen kurzsichtig waren wir alle.
00:32:48Haben geglaubt,
00:32:49wenn ein Gaul im Kreis aufgeputzt ist,
00:32:51heben die anderen von selber die Schwänze.
00:32:54War ein Irrtum.
00:32:56Das Beispiel allein macht's nicht.
00:32:58Wir müssen hinein in die Schlechten.
00:33:00Warum erzählst du mir das alles?
00:33:03Tag und Nacht wühlen will ich.
00:33:05Mit einer Mütze voll Schlaf auskommen.
00:33:08Hast du das damals gesagt?
00:33:1045.
00:33:11Brauchst mich nicht zu erinnern.
00:33:12Ich hab die schwere Zeit nicht vergessen.
00:33:14Ein Kantenbrot
00:33:15und jeden Tag das Recht
00:33:16meine Fahne zu hissen.
00:33:18Aber jetzt
00:33:18wangst du um deinen Vorsprung.
00:33:22War ich nicht über Jahre
00:33:23ein halber Wanderprediger?
00:33:25Bin ich nicht jeden Abend
00:33:26auf Achse gewesen?
00:33:27Hab ich mir nicht das Maul fußlich gerett?
00:33:29Auch im Bruch
00:33:30vor Jahren schon.
00:33:31So müsste es machen und so.
00:33:32Ja, haben die geantwortet.
00:33:33Du hast gut reden.
00:33:35Du hast Kredite.
00:33:36Unterstützung.
00:33:37Ach was.
00:33:37Ich hab nicht mehr,
00:33:38nicht weniger,
00:33:39wie jeder, der hier anfängt.
00:33:40Und meinen Kopf hab ich um meine Hände.
00:33:42Genau wie ihr.
00:33:43Die eigene Kraft.
00:33:45Und Menschen hab ich
00:33:46wie überall bei uns.
00:33:48Keine Ausgesuchten.
00:33:50Normale Menschen.
00:33:51Du brauchst mich nicht zu agitieren.
00:33:53Aber du siehst selbst,
00:33:55das Predigen hat nicht genügt.
00:33:58Kaum hast du den Rücken gekehrt,
00:33:59geht's im alten Trott weiter.
00:34:02So eine Predigt ist wie ein Tropfen
00:34:03auf den heißen Stein.
00:34:04Anne.
00:34:10Guten Abend, Mutter.
00:34:24Komm rein.
00:34:26Du wirst dir den Tod holen.
00:34:27Du bist ja ganz durchnässt.
00:34:36Im Wetter jagt man doch nicht mal
00:34:37einen Hund raus.
00:34:39Komm,
00:34:40ich werde dir einen Tee kochen.
00:34:43Damit Klarheit herrscht zwischen uns,
00:34:46wer hat das Bruch hinludern lassen?
00:34:49Der Kreis oder ich?
00:34:50Du als erster Sekretär
00:34:52oder ich als Vorsitzender hier oben.
00:34:54Wer?
00:34:57Was nicht gut ist bei uns,
00:34:58kommt auf unser Konto.
00:35:00Auf meins,
00:35:01auf deins.
00:35:03Was noch nicht getan ist,
00:35:05bleibt für uns zu tun.
00:35:07Es findet sich keiner,
00:35:08der es uns abnehmen würde.
00:35:09Oder denkst du da anders?
00:35:13Entschuldigt.
00:35:14Aber draußen regnet's.
00:35:16Allerdings,
00:35:17da hast du recht.
00:35:19Komm rein und setz dich.
00:35:20Kennt ihr euch?
00:35:25Aber hören wir halt.
00:35:28Wir haben schon miteinander getanzt.
00:35:36Schickt dich Thomas
00:35:37oder kommst du nur so?
00:35:40Nur so.
00:35:41Aha,
00:35:42wieder mal weggelaufen.
00:35:43Das alte Lied.
00:35:44Ich bin nicht weggelaufen.
00:35:47Ich will dich holen.
00:35:48Zu uns.
00:35:50Ach nee.
00:35:51Was soll ich denn bei euch?
00:35:55Ich hab Angst um Thomas.
00:35:59Ich wollte weg.
00:36:01Ich war fest entschlossen.
00:36:04Aber dann,
00:36:06auf dem Weg nach hier,
00:36:07da dachte ich,
00:36:09ich darf jetzt nicht weg von ihm.
00:36:11Jetzt nicht.
00:36:12du musst uns helfen.
00:36:18Das sind ja schöne Geschichten.
00:36:22Darf man vielleicht fragen,
00:36:23wo du hin wolltest?
00:36:25Das ist doch nicht mehr wichtig.
00:36:27Du musst uns jetzt helfen.
00:36:29Mit einem Mal.
00:36:30Da staun ich aber.
00:36:31Bisher war ich euch doch immer im Wege.
00:36:33Ich bitte dich nur,
00:36:35dass du dich um deinen Sohn kümmerst.
00:36:38Ist das zu viel verlangt?
00:36:42Wir leben nicht mehr gut miteinander.
00:36:47Sag selbst,
00:36:49was ist das mit dieser Jugend?
00:36:50Das gibt's nicht da.
00:37:02So was gibt's auch nur bei uns.
00:37:04Wer keine Lust hat,
00:37:05geht eben nach Hause.
00:37:05Sie haben recht.
00:37:11Das ist nur hier unten möglich.
00:37:35Warum bist du nicht bei den Tieren?
00:37:51Mein Ischias?
00:37:53Fragten eh nach den Schweinen.
00:37:55Ischias?
00:37:56Naja,
00:37:57von außen sieht man nichts.
00:37:59Aber die Schmerzen...
00:38:02Liegt bei euch in der Familie die Krankheit?
00:38:04Ja?
00:38:04Muss man bald annehmen.
00:38:07Beim Vater geht's genauso.
00:38:10Seit Frühjahr 60,
00:38:11wenn ich mich nicht irre.
00:38:14Was hätte die Ärmsten gemacht,
00:38:15wenn euch hier auf der eigenen Wirtschaft
00:38:16sowas zugestoßen wäre?
00:38:19Nicht auszudenken.
00:38:21Aber Gott sei Dank kam's nicht dazu.
00:38:24Hier ging's immer so leidlich.
00:38:26Dann muss dieser Ischias
00:38:27sowas wie eine Genossenschaftskrankheit sein.
00:38:29Der Mensch kann sich seine Krankheiten
00:38:31leider noch nicht aussuchen.
00:38:34Dein Großvater, erzählt man,
00:38:37war um die 80
00:38:38und ging noch in die Rüben.
00:38:40Krumm wie ein Haken.
00:38:42Tja,
00:38:43was die Alten konnten,
00:38:44können wir schon lange nicht mehr.
00:38:46Umgekehrt geht's.
00:38:48Wir Jungen können schon lange,
00:38:49was die Alten konnten.
00:38:50Du hast das halbe Leben noch vor dir.
00:38:5230 Jahre.
00:38:53Mindestens.
00:38:54Wollen wir's hoffen?
00:38:54Und diese 30 Jahre
00:38:56wirst du hier in der Genossenschaft verbringen.
00:38:58Wenn's das Schicksal so will?
00:39:0030 Jahre.
00:39:02So lange kann man doch nicht zusehen.
00:39:05Da muss man doch endlich was tun.
00:39:06Unbedingt.
00:39:09Aber ich?
00:39:11Mit meinem Ischias?
00:39:14Bist in meinen Augen
00:39:14kein Schuss Pulver wert.
00:39:15Aus dem Dorf immer quer
00:39:21über die Felder weg.
00:39:23Das wär das Beste
00:39:23für die Genossenschaft.
00:39:29Übernehm dich nicht.
00:39:30Bist ein geduldeter Gast bei uns.
00:39:32Wir sprechen uns wieder.
00:39:37Aber dann wird dir nichts geschenkt, Gietz.
00:39:39Belast dich drauf.
00:39:57Maß nehmen und Krach.
00:40:00Ein Leberhaken.
00:40:01Knapp unterm rechten Rippenbogen.
00:40:03Haha, Ella.
00:40:04Das war meine Spezialität.
00:40:07Da ihm gehen über
00:40:07den rutschenden Popeln weg.
00:40:09Du siehst so noch
00:40:10das weiße im Auge des Gegners
00:40:12und der schlägt hin.
00:40:14Wie ein Baum.
00:40:15Hör auf.
00:40:15Ich kann das alles schon singen.
00:40:20Das viele Geld.
00:40:22Das Leben nach solchem Kampf.
00:40:23Ella.
00:40:24Man war wie neu geboren.
00:40:26Vier Wochen lang.
00:40:27Liebe und Wein.
00:40:29Und dann fielst du vom Himmel
00:40:30und kam es direkt an die Oder zu liegen.
00:40:32Blau wie eine Strandhauwitze.
00:40:34Kein Fahrgeld in der Tasche
00:40:35und auf dem Leib kein sauberes Hemd.
00:40:37Wie viele Dezitonnen Kartoffeln sind abgeliefert?
00:40:40Moment.
00:40:41Das haben wir gleich.
00:40:47Genau 384.
00:40:54Und Gemüse?
00:40:55Rotkohl, Weißkohl?
00:40:56Wie viel?
00:40:57Quartalsplan übererfüllt.
00:40:59Aber Sie nehmen uns nichts mehr ab bei der Fähre.
00:41:01Sagt das dem Braune, wenn er kommt.
00:41:05Einmalig sind Zwei-Zentner-Mann zum Gegner.
00:41:07Ich treffe ihn, dass er das Luftwälder vergisst.
00:41:10Er fliegt in die Seile.
00:41:11Und dann, Galle?
00:41:12In den nächsten Haken hinein.
00:41:14Das ist eine Nasenwurzel.
00:41:16Da fern den Schweißtropfen so groß wie Hagelkörner.
00:41:19Seine Augen, die Betteln umabarm.
00:41:20Aber Galle spürt bis in die Haarspitze hinein,
00:41:22was der Gong geschlagen hat.
00:41:24Du machst einem richtig Angst mit deinem Gerede.
00:41:26Wenn der Blut sieht, Fett, dann Ohnmach.
00:41:30Stimmt das, Karin?
00:41:32Hör nicht auf die Weihra.
00:41:36Wer mich bist, ist ein allerwelts Kerl.
00:41:39So ein halber Zirkusmensch.
00:41:41Fehlt bloß, dass du dir Eier aus der Nase ziehen kannst.
00:41:44Wäre gut für unser Eiersoll.
00:41:46Übrigens, der Rinderpfeger bummelt wieder.
00:41:49Vorsitzender.
00:41:50Bummelt?
00:41:51Na gut, zwei Einheiten abziehenunfällig.
00:41:53Schreib dir's auf, sonst vergisst du's.
00:41:55Das wäre nicht das erste Mal.
00:42:00Ich hab auch großen Kopf.
00:42:15Ach, Ella.
00:42:16Du hast kein Herz.
00:42:18Musst alle Menschen schurigeln.
00:42:20Sogar den Vorsitzenden.
00:42:21Den.
00:42:22Du, der könnte so manches.
00:42:23Zum Beispiel könnte er sich im Monat mehr Einheiten geben lassen.
00:42:26Der kriegt jetzt schon zu viel.
00:42:27100 stehen ihm zu und 90 nimmt er nur.
00:42:29Das fehlt er noch, dass der 100 kriegt.
00:42:31Wir würden dann auch 5 mehr einstecken.
00:42:325 mehr für die Kehle.
00:42:34Mach deine Arbeit, es ist gescheiter.
00:42:35Willst du deinem Vater keinen Platz anbieten?
00:42:58Ich dachte mir, du wirst mal vorbeigucken bei ihm.
00:43:00Wie geht's dir, mein Junge?
00:43:07Danke.
00:43:07Ich kann nicht klaren.
00:43:09Das hört man gern.
00:43:11Naja.
00:43:12Man hat den Kopf voll von früh bis spät.
00:43:15Man geht quasi mit der Hose ins Bett.
00:43:18Ich meine, ich wäre längst schon gekommen.
00:43:20Aber ich dachte mir, warum eigentlich?
00:43:25Wenn's ihn drückt, wird er sich schon melden.
00:43:28Es drückt nirgends.
00:43:29Es ist alles leicht und bequem.
00:43:31Es geht spielend aufwärts.
00:43:33Die Leute spuren.
00:43:35Den kühlen Platz als Euter vor Milch.
00:43:37Die Schweine können vor Bett nicht aus den Augen gucken.
00:43:40Die Hühner legen sich die Ärsche rund.
00:43:41Die Kartoffeln sind groß wie Kinderköpfe.
00:43:45Die Maiskolbenaren dick.
00:43:47Das ist eine Freude zu leben.
00:43:503,70 für die Einheit sind gesichert.
00:43:52Die Leute führen jeden Morgen einen neuen Tanz auf vor Begeisterung.
00:43:56Hast du noch was zu sagen oder bist du jetzt fertig?
00:44:02Fertig.
00:44:02Das ist das richtige Wort.
00:44:07Fix und fertig.
00:44:09Es steht mir bis hier.
00:44:16Hast du ihn davon bekommen, weil?
00:44:19Schlechte Gewissen hatte ich hier getrieben.
00:44:21Der Name Rot hat es in Gefahr, nicht der Sohn um Gottes willen.
00:44:24Um den Sohn geht es dabei nicht.
00:44:25Auf den Namen darf kein Schatten fallen.
00:44:27Auch du wärst hier kaputt gegangen.
00:44:33So.
00:44:35Red weiter.
00:44:36Die ganzen Monate habe ich gerackert wie ein Stück Vieh.
00:44:40Bin kaum mal zur Besinnung gekommen.
00:44:45Und überall starrten sie mir auf die Hände.
00:44:49Aber Hilfe.
00:44:51Nur Anordnung.
00:44:52Heute die, morgen eine andere.
00:44:54Jeder redet dazwischen, aber keiner hilft.
00:44:57Ich habe das immer gedacht, du musst hier durch.
00:45:05Jetzt möchte ich nur noch mit dem Knüppel dazwischen.
00:45:14Das war falsch.
00:45:16Das ganze Frühjahr 60 war falsch.
00:45:18Wir hätten abwarten müssen.
00:45:21Jetzt sind sie drin, aber ihr Herz ist draußen geblieben.
00:45:24Sie wollen uns beweisen, dass Genossenschaften nichts sind für Deutsche Bauern.
00:45:26Sie wollen Schluss.
00:45:29Kein Wort weiter.
00:45:31Natürlich.
00:45:35Wenn man dir sagt, wie es wirklich aussieht, schreist du Schluss.
00:45:44Klar, du würdest Unrecht haben, wenn ich recht hätte.
00:45:47Und das geht nicht.
00:45:48Das ging nie bei uns.
00:45:49Nein, das geht nicht.
00:45:49Dass mein Sohn die Wahrheit auf den Kopf stellt.
00:45:53Dass er die Partei Lügen strafen will.
00:45:56Sie hat sich geirrt.
00:45:58Jawohl, auch die Partei hat sich geirrt.
00:46:00Das Frühjahr 60 war ein Irrtum.
00:46:02Es war ein Irrtum, dir eine selbstständige Arbeit anzuvertrauen.
00:46:05Das ist nun klar.
00:46:07Ein bisschen spät.
00:46:09Leider.
00:46:09Warum sage ich Idiot, dir überhaupt, wie es in mir aussieht?
00:46:15Sinnlos.
00:46:17Es darf nicht falsch sein und damit fertig.
00:46:21Und wenn die Kühe bis zum Euter im Mist stehen, das Frühjahr 60 war richtig.
00:46:23Und wenn uns der Wildhafer über den Kopf wächst und die Bruch Erde immer mehr versauert,
00:46:28das Frühjahr 60 war richtig.
00:46:30Es war richtig und es bleibt richtig.
00:46:33Aber du willst dein Versagen auf andere abwälzen.
00:46:36Anstatt dass du sagst, was schlecht ist hier, ist auch durch mich schlecht.
00:46:41Durch meine Unfähigkeit.
00:46:43Aber nein, du suchst die Fehler anderswo.
00:46:45Klammerst dich einfach aus.
00:46:49Ich habe mich nicht geschont.
00:46:50Das glaube ich.
00:46:52Aber was, hast du erreicht?
00:46:54Wie sieht es beim Vieh aus?
00:46:56Miserabel.
00:46:57Die Schweine kriegen graue Haare, solange stehen sie in der Mast.
00:47:00Schau dir doch die Leute an und du weißt alles.
00:47:03Der Rinderpfleger ist im Herzen ein Lanzer geblieben.
00:47:06Der Schweinemeister, das ist...
00:47:06Die Platte kenne ich, mein Junge.
00:47:08War auf den Höhen nicht anders mit dir.
00:47:11Bei einem hattest du dies auszusetzen, beim anderen das.
00:47:14Du möchtest ja immer noch Leute backen nach deinem Geschmack.
00:47:17Geht das?
00:47:18Nein.
00:47:20Die Leute hier sind wie überall.
00:47:22Und du kennst sie nicht.
00:47:22Doch.
00:47:23Nimm zum Beispiel den Herzmann.
00:47:25Hör mir mit diesem Herzmann auf.
00:47:32Diesem Quertreiber.
00:47:33Der ist unzufrieden.
00:47:34Allerdings.
00:47:36Aber damit ist er für dich schon erledigt, was?
00:47:39Du stempelst alle ab.
00:47:40Der ist Lanzer geblieben.
00:47:41Der sieht die Perspektiven nicht.
00:47:44Ich habe mich mit allen herumgeschlagen.
00:47:46Aber mit welchem Erfolg?
00:47:47Du denkst, wir könnten mit dem Sozialismus warten, bis auch der Letzte angerannt kommt, den Hut in der Hand und erklärt, heute ist mehr so.
00:47:53Heute möchte ich ihn auch haben, den Sozialismus.
00:47:55Als konntest du von jeher ernste Dinge ins Lächerliche ziehen.
00:48:03Du weißt genau, wie ernst ich das meine.
00:48:04Das ganze Bruch, ein Meer von Getreide, riesige Gemüseflächen, kerngesundes Vieh auf den Weiden.
00:48:14Bist du nicht selber Tage und Nächte lang auf dem Bein gewesen im Frühjahr 60?
00:48:20Hast du nicht gesagt, Vater, jetzt haben wir die Hand am Steuer.
00:48:23Jetzt bringt uns nichts mehr vom Kurs ab.
00:48:25Ja, habe ich gesagt.
00:48:27Und mit einem Mal soll das falsch sein.
00:48:29Nein, das ist richtig.
00:48:32Aber wie du es anpackst, das ist falsch.
00:48:35Du meinst, die Leute laufen dir hinterher, wenn du nur das Maul weit genug aufreißt.
00:48:39Sie wollen von dir geleitet werden.
00:48:41Behutsam und unnachgiebig, über jede Klippe hinweg.
00:48:47Aber wenn sie nun wirklich nicht reif waren für die Genossenschaften?
00:48:51Da waren sie bei uns oben alle reif.
00:48:55Wir müssen die Zögernden mitziehen.
00:48:57Das ist unser Einmaleins.
00:49:00Mancher pflügt sich selber unter die Erde, wenn du ihn nicht rausreißt aus deinem Joch.
00:49:04Hast du ihn rausgerissen, ist er noch behaftet mit allen möglichen Schwielen.
00:49:11Er braucht Zeit zum Ausheilen, zum Reifen.
00:49:17Da kannst du nicht mit dem Kopf durch die Wand.
00:49:20Auch die Glucke braucht Zeit zum Brüten.
00:49:22Aber sie brütet dir nur aus, was du ihr unterlegst.
00:49:27Der Bauer reift in der Genossenschaft, im Kampf um sie.
00:49:30Das haben wir bei uns oben bewiesen.
00:49:32Du schließt von euch auf das Ganze.
00:49:34Mit Recht.
00:49:35Was bei uns möglich war, ist über allem möglich.
00:49:37Wenn man dich reden hört, erscheint immer alles sehr einfach.
00:49:41Vielleicht bin ich wirklich fehl am Plätzer.
00:49:47Vielleicht verstehe ich das Einfachste nicht.
00:49:49Wer sagt dann, dass es einfach wäre?
00:49:51Aber möglich ist es.
00:49:52Wenn mich deine Mutter besuchte, damals im Zuchthaus, habe ich ihr gesagt, heb meinen Zimmermannsanzug auf für ihn.
00:50:11Und achte drauf, dass er hineinwächst.
00:50:15Gut und gerade hineinwächst.
00:50:17Er ist meine ganze Hoffnung.
00:50:21So ähnlich habe ich das gesagt.
00:50:24Und dann kam ich doch wieder raus aus der Hölle.
00:50:28Sie ließ sich schwer an unsere Zeit.
00:50:31Verdammt schwer.
00:50:31Das weißt du sehr gut.
00:50:35Aber nie.
00:50:37Kein einziges Mal habe ich einen getanen Schritt bereut.
00:50:40Denn jeder führte vorwärts.
00:50:42Und arm war jeder richtig und gut.
00:50:45Und Steine haben wir weggeräumt.
00:50:47Da sind wir nicht drum herum gegangen.
00:50:49Das Drumherumgehen führt vom Weg ab.
00:50:51Und wir haben immer gewusst, was wir wollen.
00:50:54Und wir haben nie geglaubt, dass es einfach ist, da hinzukommen.
00:50:58Sollen wir heute unser Ziel aufgeben?
00:51:00Bloß weil hier unten und andororts manches drunter und drüber geht?
00:51:04Nein, unterm Henkerbeil haben wir unser Ziel nicht aufgegeben, unterm Galgen nicht.
00:51:19Geh schlafen.
00:51:21Überdenk dir alles.
00:51:24Morgen früh steigen wir hier ein.
00:51:26Ich komme mit zwei oder drei Leuten.
00:51:29Mehr können wir im Augenblick nicht entbehren.
00:51:32Wenn du nicht bleiben willst, wir werden dich nicht halten.
00:51:38Gute Nacht.
00:51:51Gute Nacht.
00:52:10Gute Nacht.
00:52:11Störe ich dich?
00:52:29Warum hast du ihn geholt?
00:52:31Weil ich glaube, dass du ihn brauchst.
00:52:35Ich brauche ihn nicht.
00:52:41Es gab eine Zeit, da waren mir alle Türen offen.
00:52:48Ich schluck sie zu. Ich wollte der sein, der ich bin.
00:52:51Unabhängig von einem Vater mit großen Verdiensten.
00:52:55Auf den Höhen habe ich täglich gespürt, mein Vater war ihn alles, ich ein Dreck.
00:53:00Nun kommt er hierher, schiebt meine ganzen Anstrengungen beiseite und beweist mir wieder, dass ich schuld bin.
00:53:04Das ist doch Unsinn, Thomas.
00:53:08Aber meine Schuld ist, dass ich nicht unterm Galgen gestanden habe.
00:53:10Wie er.
00:53:13Wir sind zu spät geworden.
00:53:15In unserem Leben ist kein Platz mehr für Heldentaten.
00:53:18Vom Bett weg in die Mühle und wieder ins Bett und wieder in die Mühle.
00:53:22Den Sozialismus aufbauen mit Leuten, die nicht wollen.
00:53:24Die lieber auf ihren Klitschen verrecken würden.
00:53:28Das ist unser Leben.
00:53:29Nein, Thomas.
00:53:31Selbst in schlimmen Stunden habe ich unser Leben nicht so grau gesehen.
00:53:35Licht war immer.
00:53:37Und Freude auch.
00:53:37Wenn es auch nie so war, wie ich mir es vorgestellt hatte.
00:53:41Vielleicht sind unsere Vorstellungen immer zu schön.
00:53:46Aber trotzdem, ohne Sinn war keine Stunde bisher.
00:53:49Und heute Morgen?
00:53:51Was war da?
00:53:53Da sah ich keinen Weg mehr.
00:53:56Ich dachte, Schluss machen hier und endgültig weg.
00:53:57Aber jetzt weiß ich, Thomas, wenn wir hier nicht Wurzeln fassen, dann ist das aus mit uns.
00:54:04Dann rutschen wir weg und finden keinen Halt mehr.
00:54:06Das glaubst du doch selber nicht.
00:54:11Als ich mit Herzmann vorhäute,
00:54:14da fühlt dich zum ersten Mal so etwas wie Schuld vor diesem Dorf hier.
00:54:19Und vor dir, Thomas.
00:54:19Ich dachte,
00:54:23warum hast du nicht begriffen,
00:54:25dass es auch von dir abhängt,
00:54:26ob dein Mann durchhalten wird oder nicht?
00:54:29Und ich sagte mir,
00:54:30du konntest es nicht begreifen.
00:54:32Denn was war denn dein Leben bis zum heutigen Tag?
00:54:36Umarmung,
00:54:36Küsse,
00:54:38Angst vor dem nächsten Kind,
00:54:40eine schöne Wohnung,
00:54:40ein Wartburg reisen.
00:54:41Und wie selten ein Wort,
00:54:44das nachdenklich stimmt.
00:54:48Ich hatte geringschätzige Blicke für die mit Stiefeln,
00:54:51die schwer sind vom Dreck.
00:54:53Und nie kam mir die Frage,
00:54:55wie sieht es denn aus in den Leuten?
00:54:57Was haben sie für Wünsche?
00:54:59Was erwarten sie?
00:55:00Worauf hoffen sie?
00:55:02Und ich hätte mich doch darum kümmern müssen.
00:55:04Ich will doch ihre Kinder erziehen.
00:55:06Ich habe auch mein Päckchen zu tragen.
00:55:08Wir hatten keine Geduld miteinander, Thomas.
00:55:11Aber dem anderen etwas begreiflich zu machen,
00:55:15das ist sehr viel.
00:55:17Vielleicht keine Hildentat,
00:55:19aber so etwas Ähnliches bestimmt.
00:55:22Du möchtest Geschehenes ungeschehen machen.
00:55:26Wer will das nicht?
00:55:29Wer hat nicht hin und wieder den Wunsch,
00:55:30ganz von vorne anzufangen?
00:55:35Aber das gelingt nie.
00:55:39Du hast wenig Vertrauen zu uns beiden.
00:55:41Das kannst du mir nicht übel nehmen nach allem.
00:55:44Glaubst du denn wirklich,
00:55:45dass bei den anderen alles glatt geht?
00:55:46Hat es denn bei deinen Eltern keine Stimme?
00:55:47Bei denen war es einfacher.
00:55:49Da kam es darauf an,
00:55:50dass sie ihn nicht verriet.
00:55:52Dass sie zu ihm stand.
00:55:54Das war alles.
00:55:56Das ist viel, Thomas.
00:55:58Mehr, glaube ich,
00:55:58gibt es wirklich nicht als das.
00:56:00Wenn sie von Vater kam,
00:56:04war sie wie zerfallen.
00:56:06Älter als heute sah sie dann aus.
00:56:09Aber wenn sie zu ihm fuhr,
00:56:12ging sie ganz gerade.
00:56:14Deine Stimme hatte sie.
00:56:16Ich glaube,
00:56:17Vater hätte nicht durchgehalten ohne sie.
00:56:20Sie war immer still.
00:56:22Und doch war es,
00:56:23als spreche sie mit
00:56:23bei allen wichtigen Fragen.
00:56:24Und das ist auch heute noch so.
00:56:29Wie gut du deine Eltern kennst, Thomas.
00:56:32Gut.
00:56:34Ich weiß nicht,
00:56:35ich habe darüber noch nicht nachgedacht.
00:56:36Ich weiß nicht,
00:56:37ich habe darüber noch nicht nachgedacht.
00:56:38Was ist mit dem Jungen?
00:56:55Verdreht ist er.
00:56:56Total.
00:56:58Man möchte ihn übers Knie legen.
00:57:00Habt ihr euch also wieder gestritten?
00:57:01Aber nein.
00:57:02Ausgesprochen haben wir uns,
00:57:03wie sich das gehört.
00:57:05Und was wird nun?
00:57:07Was soll werden?
00:57:07Wir müssen ihm unter die Arme greifen.
00:57:11Er braucht dich.
00:57:14Und die Anne braucht dich auch.
00:57:29Von den Höhen springt der Wind ins Bruch.
00:57:32Er klappert mit losen Ziegeln
00:57:34und bricht schwarzes,
00:57:35gestorbenes Astwerk von den Bäumen.
00:57:38Die Wolken ziehen von der Oder her landeinwärts.
00:57:42Am Morgen sind sie noch grau
00:57:44und behäbig wie Stiere.
00:57:47Doch zum Mittag hin
00:57:48werden schon Spalten hartblauen Himmels sichtbar.
00:57:51Die Menschen treten vor die Türen
00:57:53und befeuchten die Zeigefinger,
00:57:54halten sie hoch
00:57:55und prüfen die Windrichtung.
00:57:57In den Augen blitzt Hoffnung auf,
00:57:59denn das Wetter schlägt um.
00:58:00Es wird Sonnentage bringen,
00:58:03aber auch Frost in den Nächten.
00:58:04Na, Franka?
00:58:09Hast du dich für eine Weile eingerichtet?
00:58:11Ich werde nicht auf die Uhr schauen.
00:58:13Mich erwartet hier keiner.
00:58:15Sag das nicht, Schwarze.
00:58:18Das Geflügel braucht dich auf jeden Fall.
00:58:21Denkst du,
00:58:22die Hühner verlangen das Leben ohne mich
00:58:23und die Hähne vergessen,
00:58:24wozu sie auf der Welt sind?
00:58:25Ich bin entbehrlich.
00:58:28Mir kriegt kein Haar nach.
00:58:30Und du, Kerstin?
00:58:32Keine Minute länger als nötig.
00:58:35Wenn du jetzt schon wie auf Kohlen sitzt,
00:58:36dann steig lieber aus.
00:58:38Was ein muss, muss sein.
00:58:40Aber besser wäre es,
00:58:41jeder würde vor seiner eigenen Tür kehren.
00:58:43Und so ein Kerl hat die ganze Republik bereist.
00:58:47Sich in allen möglichen Schweinestellen rumgedrückt.
00:58:49War alles nur im Dienste der Wissenschaft.
00:58:52Ging sozusagen um die Zucht,
00:58:53um nichts weiter.
00:58:54Und was denkst du,
00:58:56worum es jetzt geht?
00:58:58Ich will dir nicht zu nahe treten.
00:59:01Aber das mit deinem Jungen
00:59:02ist keine reelle Sache.
00:59:04Solange ich ihn kenne,
00:59:04schießt er quer.
00:59:06Und du, Franka,
00:59:08denkst du auch so?
00:59:10Ich verstehe schon,
00:59:11dass du deinem Jungen helfen willst.
00:59:16Wenn da unten nicht mein Junge
00:59:17in der Pazio-Sese
00:59:18würden wir nicht hinfahren, meint ihr?
00:59:19Kaum.
00:59:20Denn wir haben mit uns genug zu tun.
00:59:22Das stimmt.
00:59:23Wir haben uns um keinen gekümmert
00:59:24und sind gut gefahren dabei.
00:59:25Das war falsch.
00:59:28Wir haben getan,
00:59:28als lebten wir unter einer Käseglocke.
00:59:31Es geht nicht um einen jungen Kinder.
00:59:35Natürlich liegt er mir am Herzen.
00:59:37Wäre doch ein schlechter Vater.
00:59:39Aber auch ohne den Jungen
00:59:41ist das Bruch unsere Aufgabe.
00:59:44Das sollte nun klar sein zwischen uns.
00:59:46Dann wird uns die Arbeit
00:59:46in nächster Zeit über den Kopf wachsen.
00:59:48Du kannst immer noch umkehren.
00:59:53Versuch, den Thomas zu verstehen.
00:59:56Es ist nicht immer alles so,
00:59:57wie es auf den ersten Blick aussieht.
01:00:00Es ist kompliziert,
01:00:02sodass ich mich manchmal selber nicht rausfinde.
01:00:05Sie sind da.
01:00:20Bloß, damit du vorbereitet bist.
01:00:22Du weißt schon.
01:00:23Was wirst du tun, Kiez?
01:00:26In Schweinestall gehe ich, was sonst?
01:00:29Siehst du, das ist richtig.
01:00:31Jetzt gehörst du in den Schweinestall.
01:00:36Dein Ischers läuft dir nicht weg.
01:00:38Heben auf, für später.
01:00:48Es ist noch nicht aller Tage Abend.
01:00:51Wie meinst du denn das nun wieder?
01:00:53Ich meine,
01:00:55man steckt nicht drin.
01:00:57Man weiß vorher nie,
01:00:57was einem die Gesundheit alles antun wird.
01:00:59Jetzt musst du gesund sein.
01:01:02Jetzt müssen wir alle auf Draht sein.
01:01:05Da scherzt sowieso auf das Bummeleben, jawohl.
01:01:08Ein bisschen mehr Disziplin kann auch dir nicht schaden.
01:01:13Ordnung und Sauberkeit ist das vielleicht falsch.
01:01:16Passt das vielleicht nicht mehr in diese Zeit.
01:01:25So haben die Kühe noch nie ausgesehen.
01:01:27Aber unterm Schwanz musst du noch ein bisschen kratzen.
01:01:31Und für die Hörner gebe ich dir einen weichen Wollappen.
01:01:33Der tut Wunder.
01:01:35Das weiß ich vom Stiefelputzen.
01:01:37Dazu mal im letzten Krieg bei meinem Oberleutnant.
01:01:40Und die Augen, Anton.
01:01:42Red mir nicht rein in einem Fort.
01:01:45Wäre deine Arbeit gewesen.
01:01:47Aber du bist faul.
01:01:49Aber Anton,
01:01:50lass dir doch Ratschläge geben.
01:01:52Also,
01:01:53die Augen wischst du mit Bohrwasser aus.
01:01:55Die Frau von meinem Kompaniechef hat einen Pudel.
01:01:58Dem habe ich die Augen immer mit Bohrwasser ausgewischt.
01:02:01Wenn schon Sauberkeit,
01:02:02dann an allen Teilen, Anton.
01:02:03Vom Horn bis zum Schwanz.
01:02:07Hast gut gearbeitet, Anton.
01:02:09Noch besser hätte ich.
01:02:10Noch viel besser.
01:02:12Aber der schlechte Mensch sitzt mir immer im Nacken
01:02:13und macht mich verrückt.
01:02:14Alt und grau kannst du werden, Anton.
01:02:17Aber nicht frech.
01:02:20Wie viele Einheiten zahlst du, Anton, für seine Arbeit?
01:02:27Ich?
01:02:28Ja, wer soll ihn denn bezahlen, wenn nicht du?
01:02:31Du bist ja witzig.
01:02:32Hätte ich dir gar nicht zugetraut, ehrlich gesagt.
01:02:36Macht Anton deine Arbeit oder nicht?
01:02:39Musst du ja viel Geld haben,
01:02:40dass du dir einen anstellen kannst.
01:02:43Das ist Bedruck.
01:02:43Und viel Zeit,
01:02:45dass du deinem Angestellten sogar zugucken kannst.
01:02:48Wie viel zahlst du freiwillig?
01:02:50Ich werde dir was husten, mein Lieber.
01:02:53Gute Arbeit, gutes Geld.
01:02:55Nicht wahr, Anton?
01:02:56Einen Dreck werde ich zahlen.
01:02:58Die Leute betrügen.
01:02:59Bei uns nicht.
01:03:00Wenn du schon vom Betrug sprichst.
01:03:01Betrug?
01:03:02Halt's Maul erst, rede ich.
01:03:04Eine Kuh, die nicht sauber gehalten wird,
01:03:06gibt bis zu drei Liter Milch weniger am Tag.
01:03:08Um diese drei Liter pro Tag und Kuh
01:03:10hast du uns jahrelang betrogen.
01:03:12Ist das klar?
01:03:12Bei uns ziehen deine Methoden nicht.
01:03:15Kannst du ja Beschwerde einlegen.
01:03:17Beim Vorstand natürlich.
01:03:19Aber zuerst zahlst du dem Anton sein Geld aus.
01:03:22Drei Einheiten, keinen Pfennig weniger.
01:03:24Und die zahlst du jede Woche,
01:03:25wenn du dich nicht bequemst,
01:03:26die Tiere selber sauber zu halten.
01:03:28Der Vorstand wird solch einen Beschluss fassen.
01:03:30Der Vorstand wird dich zum Teufel jagen, jawohl.
01:03:33So legt man einen alten Schweizer nicht aufs Kreuz.
01:03:35So nicht.
01:03:35Ein alter Schweizer bist du.
01:03:38Hast unter Braune gearbeitet,
01:03:40als der noch Inspektor war,
01:03:41jenseits der Oder.
01:03:42Es waren andere Zeiten.
01:03:43Und ob.
01:03:45Für diesen Stall hier hättest du damals Prügel gekriegt
01:03:47und nichts zu beißen.
01:03:51Weißt du, wonach wir einen alten Schweizer bezahlen?
01:03:55Nach dem Endprodukt.
01:03:56So viel Milch, so viel Geld.
01:03:59Auch ein solcher Beschluss wird gefasst werden.
01:04:15Du willst mich sprechen?
01:04:19War das ein Oder-Dampfer?
01:04:21Natürlich, was denn sonst?
01:04:22Komm, gehen wir mal zur Oder.
01:04:26War lange nicht dort.
01:04:28Auf Ideen kommst du?
01:04:31Weißt du, so ein Fluss hat was Eigentümliches an sich.
01:04:35Für mich nicht.
01:04:36Dass er immer fließt,
01:04:37dass er nie zur Ruhe kommt,
01:04:38gefällt mir am meisten.
01:04:56Willst du nur mit mir reden oder nicht?
01:05:00Wir haben nahe bei der Oder gewohnt, Braune.
01:05:03Als Kind bin ich immer unter den Oder-Kälen langgetaucht.
01:05:06Das war gefährlich,
01:05:07aber mir hat es Spaß gemacht.
01:05:11Die ganze Kindheit wird lebendig.
01:05:16Was habt ihr vor in unserem Dorf?
01:05:18Ich stamme auch vorm anderen Ufer,
01:05:19aber jetzt ist hier mein Zuhause.
01:05:20Was wollt ihr bei uns?
01:05:22Komm, gehen wir runter zum Fluss.
01:05:35Bist knapp bei Atem, Braune.
01:05:36Die letzten Jahre waren kein Zuckerlecken.
01:05:41Denkst du, für mich?
01:05:43Aber ich sage mir,
01:05:45nun sei einer,
01:05:47kann nicht lange genug dabei sein.
01:05:49Und das hält jung.
01:05:50So ein Fluss bleibt, wie er ist.
01:06:10Der fließt und fließt.
01:06:14Man sieht ihm das Alter nicht an,
01:06:16der nutzt sich nicht ab.
01:06:17Wenn er stehen bliebe,
01:06:21würde er zuwachsen.
01:06:24Verschlammen würde er.
01:06:26Aber er bewegt sich.
01:06:28Komm zur Sache, Rothart.
01:06:30Wollt er mich absetzen?
01:06:31Dann sag es gleich.
01:06:33Bin ich in der Partei,
01:06:35war Inspektor früher,
01:06:36bin so eine Art Freiwild.
01:06:38Hängst du also an deinem Posten?
01:06:40Hängen?
01:06:42Aufhängen möchte ich mich manchmal.
01:06:44Der Posten wurde dir nicht aufgedrängt.
01:06:46Bist Vorsitzender auf eigenen Wunsch geworden.
01:06:49Oder nicht?
01:06:51Wenn ich gewusst hätte.
01:06:53Was?
01:06:57Na gut, ich will dir sagen, was du denkst.
01:07:01Wenn ich gewusst hätte,
01:07:02dass es ernst ist mit diesem Frühjahr 60.
01:07:05Wenn ich gewusst hätte, wie alles kommt,
01:07:06hätte ich mich schön im Hintergrund gehalten.
01:07:08Das ist für Leute wie mich immer besser.
01:07:12Hast dich trotz deiner Funktion ziemlich herausgehalten.
01:07:15Aus dem Kampf, meine ich.
01:07:18Hast dir keine Feinde gemacht.
01:07:20Aber Freunde auch nicht.
01:07:22Also ablösen wollt ihr mich.
01:07:24Warum nicht gleich so?
01:07:25Bohre noch ein bisschen
01:07:26und findest auch einen Grund zur Ablösung.
01:07:28Gründe gibt's mehr als genug.
01:07:30Aber wem nützt das?
01:07:31Die Genossenschaften sind gut und richtig.
01:07:35Das weißt du als alter Großraumhase ganz genau.
01:07:39Gemüseanbau und Rinderzucht,
01:07:41modern betrieben nach allen Regeln der Wissenschaft und Technik.
01:07:45Und bei den Menschen das sichere Gefühl,
01:07:46dass sich der Weg lohnt.
01:07:48Dann wird das Bruch hier in wenigen Jahren
01:07:50zu einer Goldgrube.
01:07:51Das weißt du so gut wie ich.
01:07:57Aber vielleicht willst du gerade das nicht.
01:07:59Also ich bin Sabo.
01:08:00Hör, bitte.
01:08:02Ich wäre ja nicht der Erste,
01:08:03den ihr auf diese Art gefunden habt.
01:08:06Es kommen ganz schöne Summen zusammen hier.
01:08:09Und du kannst nicht sagen,
01:08:10dass dir der Überblick fehlt.
01:08:12Das nimmt dir kein Mensch ab.
01:08:13Dann sperrt mich doch ein.
01:08:15Voriges Jahr, vor dem August,
01:08:17wäre es für mich möglicherweise noch gefährlich gewesen,
01:08:19hier mit dir zu sitzen.
01:08:21Und so offen zu reden.
01:08:24Vielleicht hättest du nach hinten gegriffen.
01:08:27Nach einem handlichen Stein.
01:08:29Möglicherweise hättest du gut getroffen.
01:08:32Erst nach Berlin gekommen.
01:08:35Und dann ab die Post.
01:08:37Und warum bin ich hier geblieben?
01:08:42Vielleicht habe ich dir jetzt Unrecht getan.
01:08:45Aber das eine stimmt.
01:08:47Du kannst mehr.
01:08:48Viel mehr, als du hier in zwei Jahren gezeigt hast.
01:08:51Und wir erwarten von dir,
01:08:53dass du beweist, was du kannst.
01:08:56Nicht mehr und nicht weniger verlangen wir von dir.
01:09:00Herrliche Erde.
01:09:03Schwer und fruchtbar.
01:09:07Behandle sie gut, Braune.
01:09:08Das ist es, worauf es ankommt.
01:09:12Und schlag dir alle Dummheiten aus dem Kopf.
01:09:15Hier herrscht kein anderer wieder.
01:09:17Hier nicht und auf dem jenseitigen Ufa auch nicht.
01:09:21Warum lässt du den Kopf hängen?
01:09:23Dazu ist doch kein Grund.
01:09:26Vorsitzender.
01:09:29Setz den Dämpfer unter Strom, Kiez.
01:09:31Wie du bei deinem Kopf noch Schweine fütterst, begreife ich nicht.
01:09:40Du meinst also, zum Schweine füttern braucht man keinen Kopf.
01:09:44Das kann doch jeder.
01:09:46Bei dir zu Hause hast du den neugeborenen Ferkel und den Nabel mit Buchentier eingestrichen,
01:09:50damit sie sich keine Krankheiten ins Blut lecken.
01:09:52Du musst es mit jedem Tier rechnen.
01:09:54Und das kann man nicht mit dem Hintern.
01:09:55Habe ich recht?
01:09:59So besehen.
01:10:00Wären dir früher die Ferkel grepiert, hätte es ja heißen.
01:10:03Der Kiez ist ein schlechter Bauer.
01:10:05Dem rinst du durch die Finger.
01:10:06Stimmt's?
01:10:07Ohne weiteres.
01:10:09Aber bei uns war Segen im Stall, habe ich auch schon gehört.
01:10:13Aber der Segen kam doch nicht vom lieben Gott.
01:10:15Aus deinen Köpfchen kam er, oder?
01:10:25Jedenfalls, wenn kein Segen drauf ruht, das ist ein Unglück.
01:10:32Dann liegt die Ferkelsterblichkeit in deinem Stall am Segen, der fehlt.
01:10:38Oder?
01:10:39Ferkel sterben nicht nur bei mir.
01:10:41Bei uns stört auch mal eins.
01:10:43Aber die 30, 40 Prozent bei dir, die liegen am Segen, der fehlt.
01:10:46Jetzt wirst du persönlich, Kerstin.
01:10:48Ich habe auch nur zwei Hände.
01:10:49Bei mir brauchst du kein Theater vorzuspielen, Kiez.
01:10:51Wenn die Frauen beim Schlechter anstehen, dann gehst du vorbei und sagst, ich habe es geahnt.
01:10:56Ich habe es schon lange kommen sehen.
01:10:58Hast nur Glück, dass du noch nicht an eine Geraden bist, die dich beim Schlawitchen nimmt und dich hier in den Stall dirigiert.
01:11:03Denn hier werden die Schlangen gemacht, die nachher beim Schlechter anstehen, oder?
01:11:17Man kann sich mit euch nicht aussprechen, das ist es.
01:11:20Du fährst mir übers Maul und fertig bist du.
01:11:25Im Frühjahr 60 habt ihr euch gegenseitig die Klinke in die Hand gegeben.
01:11:29Waren derzeit mehr Fremde im Dorf als Einheimische.
01:11:31Aber als ihr alles zusammen hattet, habt ihr uns sitzen lassen.
01:11:34Mit dem Dreck in der Hose.
01:11:36Ich kenne Bauern, die sagen, das Frühjahr 60 ist sowas wie ein Geburtstag.
01:11:40Dann müssen die es aber dicker haben.
01:11:42War sicher falsch, euch so lange allein zu lassen.
01:11:45Aber jetzt sind wir ja hier.
01:11:46Ja, jetzt wo die Stimmung auf dem Nullpunkt ist.
01:11:48Aber hier hat keiner mehr Vertrauen.
01:11:50Wir haben zu viel erlebt.
01:11:51Ich könnte dir ein Lied singen.
01:11:52Bitte, Kiez.
01:11:54Ich werde dich nicht unterbrechen.
01:11:55Aber verliert dabei nicht deinen Stall aus den Augen.
01:11:57Da wird die Politik gemacht.
01:11:59Und da hast du tüchtig mitgemischt.
01:12:01Aber die Kommunisten haben ein breites Kreuz.
01:12:04Da hat viel Platz.
01:12:05Da geht die Fergelsterblichkeit drauf.
01:12:07Die schlechte Milchleistung.
01:12:08Die Legefaulheit der Hühner.
01:12:10Wenn dem Kiez die Fergel wie die Fliegen eingehen, was kann der Kiez dafür?
01:12:13Die Kommunisten sind schuld.
01:12:15Oder?
01:12:15Ich rede kein Wort mehr mit dir.
01:12:16Wirst müssen, Kiez.
01:12:18Vielleicht wechseln wir die Arbeitsstelle.
01:12:20Du gehst auf die Höhen.
01:12:21Ich?
01:12:22Fällt mir nicht im Traum ein.
01:12:23Du gehst auf die Höhen und ich bleibe hier.
01:12:24Ein halbes Jahr.
01:12:26Und wenn du zurückkommst, kannst du keine Unordnung mehr sehen.
01:12:28Dann ist dir jedes Schwein wie eine Perle.
01:12:31Oder so ähnlich.
01:12:31Ihr macht alle einen entscheidenden Fehler.
01:12:38Ihr glaubt, eines Tages müsste jeder so denken wie ihr.
01:12:40Aber die Gedanken hat der Mensch für sich ganz allein.
01:12:43Gott sei Dank.
01:12:44Bei dir braucht man kein Hellseher zu sein.
01:12:47Bei dir liegt's nahezu auf der Hand, was du denkst.
01:12:50Ihr macht's euch verflucht einfach.
01:12:53Wenn nun ein Mensch ums Verrecken nicht einsehen will, dass es richtig ist, was ihr wollt.
01:12:57Wenn er auf etwas anderes wartet.
01:12:58Was dann?
01:13:00Dann muss er warten, bis er schwarz wird.
01:13:03Mit diesem verdrehten Kopf können wir ihm keinen Abfergelstall anvertrauen.
01:13:06Mit solch einem verdrehten Kopf kann er nicht mal ein ordentlicher Nachtwächter sein.
01:13:10Verstehst du?
01:13:11Er muss sich ändern.
01:13:14Denn dieser verdrehte Kopf ist ihm überall im Wege.
01:13:18So liegen die Dinge.
01:13:20Ja, ja.
01:13:22So werden sie wohl liegen.
01:13:28Das ist der Letzte, damit du Bescheid weißt.
01:13:32Solange es Staub gibt, bleibt der Durst.
01:13:35Staub gibt's viel.
01:13:41Schluss mit der Schlamperei!
01:13:43Sie sind aufgeräumt!
01:13:48Maßhalten, Galle.
01:13:50Maßhalten.
01:13:52Galle hat er gesagt, der Trainer.
01:13:54Tja, nach dem Kampf drücke ich beide Augen zu.
01:13:57Aber vorher, da mache ich dich zur Minna, wenn du nur einen Tropfen Alkohol anrührst.
01:14:02Tja.
01:14:04Disziplin, Herrschaften.
01:14:06Das ist das A und O des Erfolges.
01:14:10Lass es euch von mir sagen.
01:14:12Ich habe sie hängen, die Grenze rein und weiß.
01:14:15Disziplin ist die Grundlage.
01:14:17Wer frisch und säuft, wie heute abends der Kater.
01:14:26Wir haben alles, was gekommen ist, mit trockenen Augen hingenommen, Leute.
01:14:31Alles!
01:14:34Bleibt mir bei der Stange, meine Teuren.
01:14:37Nutzt den ganzen Tag und die Minuten.
01:14:40Der Rothart, der soll uns mannhaft sehen.
01:14:44Noch ist das Bruch nicht verloren.
01:14:49Es ist nicht verloren.
01:14:53Wir stehen auf den Beinen.
01:14:56Uns zählt keiner.
01:15:00Aus.
01:15:08Das ganze Dorf arbeitet.
01:15:11Aber du musst saufen, am frühen Morgen schon.
01:15:14Aber nein, Mutter Rothart.
01:15:25Wirklich, es ist alles in Ordnung.
01:15:27Sie brauchen sich wirklich keine Sorgen zu machen.
01:15:34Und schicken Sie mir die Unterlagen.
01:15:35Ich brauche sie dringend.
01:15:36Es war keiner hier und da habe ich mich selber bedient.
01:15:44Ich brauche Unterlagen von unserer Geflügelzucht auf den Höhlen.
01:15:47Frau Rothart schickt sie mir.
01:15:50Aber was hast du denn?
01:15:54Es ist nicht auszuhalten mit ihm.
01:15:57Er hat wieder seine Saufsträhne.
01:15:58Einständige Kerle sind rar in diesem Alter.
01:16:04Der ist der Letzte.
01:16:07Ich lasse keinen wieder über die Schwelle.
01:16:09Beschwör es nicht.
01:16:10Du siehst nicht aus, als ob du es durchhalten könntest.
01:16:14Du hast gut reden.
01:16:15Wieso denn ich?
01:16:17Lieber Sola als ein Saufsack am Hals.
01:16:19Ich nehme das Leben, wie es kommt.
01:16:20Findet sich einer, ist gut.
01:16:21Findet sich keiner, habe ich meine Ruhe.
01:16:23Manchmal gehe ich tanzen.
01:16:26Aber wenn man dann wieder zu Hause ist.
01:16:29Allein.
01:16:30Entschuldige.
01:16:31Du hast noch alles vor dir, aber reden tust du.
01:16:34Wer weiß, wer dir noch über den Weg läuft.
01:16:38Nun mach doch mal ein freundliches Gesicht.
01:16:41Es ist zum Heulen hier.
01:16:43Du kannst dich da nicht reindenken, du fährst bald wieder weg.
01:16:46Vielleicht bleibe ich hier.
01:16:47Ja?
01:16:49Das wäre schön.
01:16:52Aber ob es bei uns wirklich mal anders wird?
01:16:55Denkst du, es bleibt so?
01:16:57Bestimmt nicht.
01:16:57Verlass dich drauf.
01:17:00Ich weiß nicht.
01:17:15Morgen, Frau Rothart.
01:17:17Wie wäre es denn heute mit uns?
01:17:18Heute regnet es ja nicht.
01:17:19Muss es immer regnen, wenn wir uns treffen?
01:17:21Da haben Sie auch wieder recht.
01:17:22Ich habe eine Freistunde und muss zu Hause arbeiten.
01:17:44Was wird, Frau Rothart?
01:17:46Setzen wir den Brauner ab?
01:17:48Ich weiß nicht.
01:17:50Viele sagen, man muss ihn absetzen.
01:17:54Und der Kiez muss weg von den Schweinen.
01:17:56Und der Rinderpflege...
01:17:57Wir können doch nicht alle wegjagen.
01:17:58Ja.
01:18:00Meine Rede.
01:18:02Aber wenn die Lawine erst im Rollen ist, dann...
01:18:05Hand aufs Herz.
01:18:07Haben Sie den Alten hergeholt?
01:18:08Ich?
01:18:09Wie kommen Sie denn da rauf?
01:18:13Gefällt er Ihnen plötzlich nicht mehr?
01:18:16Oh, ich wünschte, wir hätten solch einen Kommandeur.
01:18:19Aber ein bisschen mulmig ist mir in der Magengegend.
01:18:23Vielleicht haben Sie was ausgefressen?
01:18:25Tja, es wird wohl so sein.
01:18:28Hab zu lange den Zuschauer gespielt.
01:18:30Das ist es.
01:18:30Schönen Dank fürs Mitnehmen.
01:18:33Sehr gesprächig sind Sie heute aber nicht.
01:18:35Kennen Sie eigentlich die beiden, die Ihr Schwiegervater mitgebracht hat?
01:18:38Ein bisschen schon.
01:18:39Warum?
01:18:40Nur so.
01:18:41Die Frau da.
01:18:43Die Schwarze.
01:18:44Franka, die ist Geflügelzüchterin.
01:18:46Aha.
01:18:47Und wie viele Kinder hat sie?
01:18:48Keine, glaube ich.
01:18:50Will Ihr Mann keine?
01:18:51Die ist doch gar nicht verheiratet.
01:18:55Sie sind aber ein ganz Schlauer.
01:18:57Kann sie denn nicht hierbleiben?
01:18:58Unsere Geflügelzucht liegt vollkommen auf der Nase.
01:19:00Haben Sie denn schon mal mit ihr gesprochen?
01:19:02Bin ich der Richtige für sowas?
01:19:05Hab keine Traute.
01:19:06Tja, da kann ich Ihnen auch nicht helfen.
01:19:08Da müssen Sie schon sehen, wie Sie fertig werden.
01:19:14Ein Feigling ist das.
01:19:16Will Panzerfahrer gewesen sein.
01:19:19Na, ich weiß nicht.
01:19:30Ich bin fertig mit dem Bericht für die Vollversammlung.
01:19:46Der Kreissekretär wird kommen.
01:19:49Ich möchte, dass wir uns einig sind, bevor er anklopft.
01:19:51Jahrelang habe ich gebüffelt.
01:19:56Ich weiß, was ein Stall bringen muss.
01:19:58Und was auf einem Hektar Getreideland wachsen kann.
01:20:01Im Schlaf kann ich dir herbeten, wie viel Saft, wie viel Rau, wie viel Kraftfutter eine Kuh braucht.
01:20:06Ich kenne Futterbilanzen.
01:20:07Dünger, Maissocken und was weiß ich noch.
01:20:11Aber die Menschen nicht.
01:20:12Hast schwere Monate hinter dir.
01:20:17Niemand versteht das besser als ich.
01:20:19Ich weiß nicht, ob ich es hier schaffen werde.
01:20:22Du bist auf dem besten Weg.
01:20:25Du grübelst über die Menschen.
01:20:27Das ist viel, Thomas.
01:20:29Habt ihr euch gestritten?
01:20:31Wir haben Meinungen ausgetauscht, wie sich das gehört.
01:20:38Auf der Straße hat mich der Herzmann angehalten.
01:20:40Schön, dass du dich auch mal sehen lässt, sagt er.
01:20:44Und erzählt mir von einer Karte, die bei uns auf dem Kreis hängt.
01:20:48Wo jeder Ort draufsteht.
01:20:49Auch der hier.
01:20:51Manche Orte, sagt er, sind ganz schön abgegriffen.
01:20:54Nur der hier soll noch unberührt sein wie eine Jungfrau.
01:20:57Aber nun bist du ja hier, sagt er.
01:20:59Was lange wird, wird gut.
01:21:01Ein heller Bursche, der Herzmann.
01:21:05Lässt du manchmal ein, Thomas?
01:21:09Werd wohl müssen.
01:21:10Ich beneide euch.
01:21:22Ehrlich.
01:21:24Ich bin mal hier, mal dort, aber nirgends so lange, dass ich mich mal tiefer hineinknien könnte.
01:21:31Weißt du, Alter, wie oft sie dich holen wollten?
01:21:33In den Kreis.
01:21:35Einmal sogar in den Bezirk.
01:21:36Hauptamtlich.
01:21:37Kämen sie heute, ich würde mich wieder wehren.
01:21:40Mit Händen und Füßen.
01:21:41Ja, ja, du wehrst dich.
01:21:43Brauchst den Geruch des Ackers.
01:21:46Aber was uns einer alles braucht, das interessiert dich nicht.
01:21:49Bist ein Egoist.
01:21:50Schieb mir einen Sessel unter den Hintern, drück mir eine Aktentasche in den Arm und ich bin erledigt.
01:21:56Versetz dich in meine Lage.
01:21:58Du hast den ganzen Kreis.
01:21:59Ich habe ihn und habe ihn nicht.
01:22:03Das ist die Geschichte.
01:22:07Ich bin der sechste Jahr Kreissekretär.
01:22:12Eine Schule würde mir gut tun.
01:22:13Ich sage dir es offen.
01:22:17Man jagt und jagt.
01:22:20Und dabei kommt das andere zu kurz.
01:22:22Aber diesmal mache ich mich frei.
01:22:24Für ein paar Tage.
01:22:26Ich bleibe hier und fertig.
01:22:28Lade die Batterien ein bisschen auf.
01:22:30Bist du denn sein lieber Gast?
01:22:32Vorsichtig.
01:22:33Vielleicht werde ich dir unbequem.
01:22:35Störe ich?
01:22:41Nein.
01:22:43Nur ich muss wieder zur Schule.
01:22:58Bringst du mich noch ein Stück?
01:23:05Wird es wieder mit den beiden?
01:23:09Ich denke doch.
01:23:13Haben es nicht leicht, die Jungen.
01:23:15Und hier draußen?
01:23:18Es gehört viel dazu, mein Lieber.
01:23:20Viel Einsicht.
01:23:22Viel Bereitschaft.
01:23:24Entbehrung auf sich nehmen.
01:23:27Hast du schon recht?
01:23:29Manchmal übersieht man das.
01:23:31Geht von sich aus.
01:23:32Und wundert sich, wenn sein eigenes Fleisch und Blut
01:23:36an Dinger loslässt.
01:23:39Was hat er denn losgelassen?
01:23:42Habe ich schon wieder vergessen.
01:23:45Wenn ich denke, was wir alles angestellt haben.
01:23:48Ich glaube, fast er kommt nach mir.
01:23:50Aber ich werde ihm das nicht sagen.
01:23:53Am Ende bildet er sich noch was drauf ein.
01:23:56Bist eitel geworden, Alter.
01:23:58Warst du früher auch nicht.
01:24:02Auch heute Abend wird von den Höhen herab die Dunkelheit in das Bruch einfallen.
01:24:15Der Dunst, der von der Oder aufsteigt,
01:24:18webt Sträuchern und Weiden Nebelgewänder
01:24:20und gerinnt an den Gräsern der Wiesen zu leuchtenden Tropfen.
01:24:24Die Luft riecht nach Erde und Frost.
01:24:30Es wird wieder rauhreif niedergehen in der neuen Morgenfrühe.
01:24:35Und eines Abends wird Winter sein.
01:24:39Der Frost wird die Erde zusammenpressen,
01:24:40dass sie stöhnt und reißt in der Nacht.
01:24:43Aber morgens, wenn das Ufer-Eis kracht und der Seeadler schreit,
01:24:50geht über der Oder die Sonne auf
01:24:51und wird uns Gefährtin sein auf den Wegen,
01:24:55den Weiten.
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