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Gebt ihr mehr Geld für Ingame-Kram aus, als ihr eigentlich wollt? Kein Grund zur Scham, das geht den meisten so. Aber warum eigentlich? Wieso lassen wir uns von Videospielen so leicht zum Geldausgeben verführen? Welche Geheimwaffen nutzen die Publisher, um unsere Impulskontrolle immer wieder auszuhebeln? In diesem Video wollen wir uns mal anschauen, welche Tricks Unternehmen wie Electronic Arts oder Activision einsetzen, um ihr Publikum von Playern zu Payern zu machen.
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VideospieleTranskript
00:00Gebt ihr mehr Geld für Ingame-Kram aus, als euch lieb ist? Kein Grund zur Scham,
00:05das geht den meisten so. Aber warum eigentlich? Wieso lassen wir uns von Videospielen so leicht
00:11zum Geldausgeben verführen? Welche Geheimwaffen nutzen die Publisher,
00:16um unsere Impulskontrolle immer wieder auszuhebeln? In diesem Video wollen wir uns mal anschauen,
00:21welche Tricks Unternehmen wie Electronic Arts oder Activision einsetzen, um ihr Publikum von
00:27Playern zu Payern zu machen. Ohne die würden die großen Gaming-Publisher nämlich ganz schön
00:32ins Wanken geraten. Firmen wie EA, Activision und 2K Games sind angewiesen auf Einnahmen aus
00:39Ingame-Käufen und setzen bei ihrem Geschäft voll auf Live-Service-Titel wie EA Sports FC,
00:45Call of Duty oder NBA 2K. Electronic Arts bezieht jedes Jahr rund 75% seiner Gesamteinnahmen aus
00:53Live-Service-Modellen und Ingame-Käufen wie Lootboxen. Laut der Firma selbst gibt ein Drittel
00:59aller Kunden nach dem Kauf eines EA-Spiels noch Geld für sogenannte Ingame-Transaktionen aus.
01:05Und dabei kommt ordentlich was zusammen. Sage und schreibe 5,4 Milliarden US-Dollar spülte das
01:12Geschäft mit den digitalen Käufen allein im Jahre 2024 in die Kassen des Konzerns.
01:18Damit das Geschäftsmodell nicht zusammenbricht und CEO Andrew Wilson in Zukunft in einer Pappschachtel
01:24leben muss, muss die Kundschaft fleißig Geld ausgeben.
01:28Bevor wir tiefer in die Materie einsteigen, eines vorweg. Das Thema ist mitunter ganz schön
01:34aufwühlend. Es geht hier immerhin um Gameplay-Design, das verwundbaren Menschen auch die letzten Kröten
01:40aus der Tasche ziehen soll. Und die Folgen werden Betroffenen oft erst klar, wenn sie bereits den Schaden
01:46haben. Wir haben uns für dieses Video fachliche Unterstützung von Jolina Behring geholt, ihres
01:52Zeichens Psychologin und unter anderem als Beraterin in der Medienbranche tätig. Auch einige Betroffene
01:59waren so lieb ihre Geschichten und die Höhe ihrer Ausgaben mit uns zu teilen. Ihre Namen haben wir
02:04geändert. Wir wollen euch primär am Beispiel von EA Sports FC einmal zeigen, wo ihr den Tricks der
02:12Publisher in freier Wildbahn begegnen könnt. Dafür haben wir auch mit dem YouTuber Daniel
02:17Diehahn geredet und sein umfassendes Wissen über die Sportsimulation angezapft. Bei aller
02:24berechtigter Kritik an EA wollen wir aber auch entschieden darauf hinweisen, dass der Publisher
02:29längst nicht der einzige ist, der sich dieser Methoden bedient. Nicht einmal ansatzweise.
02:35Wir fangen an mit einer Taktik, die auf den ersten Blick gar nicht mal so verführerisch wirkt,
02:41sondern eigentlich eher abschreckend, aber trotzdem schrecklich gut funktioniert.
02:46Eine Art, wie Publisher Leute zum Geldausgeben verführen, ist Manufactured Discontent,
02:56also fabrizierte Unzufriedenheit. Das bedeutet, dass dem Publikum bewusst Hindernisse in den Weg
03:02gelegt werden, die sie mit Geld aus dem Weg schaffen können.
03:05Wenn ich heute zurückschaue, kann ich belegen, dass ich ungefähr 35.000 bis 40.000 Euro in Spiele
03:12investiert habe. Über Steam, Battle.net, War Thunder oder World of Tanks bzw. World of Warships.
03:18Darüber hinaus dürften sich noch einmal 20.000 bis 25.000 Euro verstecken, die sich schwer
03:24nachvollziehen lassen. Ich habe im Laufe der Jahre tausende Kaufbestätigungen, E-Mails und
03:29Abbuchungen angesammelt. Da alles zu rekonstruieren, das wäre ein Vollzeitjob.
03:34Meine Motivation dahinter war nie das klassische Angeben. Ich spiele meistens allein, genieße das
03:40auch so. In War Thunder z.B. geht's mir um die Zeit. Ich habe keine Lust ewig zu grinden,
03:46nur um irgendwann einen bestimmten Jet oder Panzer zu bekommen. Dann bezahle ich lieber,
03:50um den Fortschritt abzukürzen. Das ist bequemer und spart Nerven.
03:54Das Geschäft mit XP-Boostern und Premium-Season-Passes funktioniert nach diesem Prinzip. Der Grind,
04:01der notwendig ist, damit wir in einem Spiel effektiv sind, wird verkürzt. Wir bekommen
04:06für abgeschlossene Aufgaben eine größere Belohnung und weniger Frust. In NBA2K erstellen
04:12wir uns beispielsweise einen Spieler, mit dem wir online und im MyCareer-Modus spielen können. Der
04:17hat anfangs so dermaßen räudige Werte, dass wir erst etliche Partien absolvieren müssen,
04:23um genug Erfahrung zu sammeln, tatsächlich effektiv zu sein. Als unfähiger Lappen macht
04:29das aber denkbar wenig Spaß. Die Verlockung und Skill-Punkte zu kaufen und damit direkt eine
04:35bessere Ausgangslage zu haben, ist omnipräsent. In EA Sports FC gibt es mit Clubs auch so einen
04:41Modus, aber der ist noch nicht so heftig durchmonetarisiert wie das Steckenpferd-Ultimate-Team.
04:46Es geht aber schon ein bisschen in die Richtung, das habe ich in meinem Testvideo erläutert. Wir
04:52verlinken euch das hier auch nochmal. Bei Ultimate Team müssen wir aus Spielerkarten
04:56mit verschiedenen Werten und Kombinationsmöglichkeiten eine konkurrenzfähige
05:00Mannschaft auf die Beine stellen. Mit der treten wir dann in Online-Matches an und verbessern
05:05kontinuierlich unsere Aufstellung mit neuen, stärkeren Karten. EA Sports FC arbeitet dabei
05:11bewusst mit dem Hindernis, dass wir für sämtliche Spielinhalte die Ingame-Währung Coins brauchen,
05:16diese aber nicht ansatzweise in ausreichendem Maße verdienen. So brauchen wir Coins für den Kauf
05:22von Spielerinnen und Spielern auf dem Transfermarkt und für Evolutions, die einzelne Karten verbessern
05:28können. Außerdem können wir Karten-Packs, die Lootboxen-Variante von EA Sports FC, ebenfalls mit
05:34Coins erwerben. Und der Premium Season Pass kostet ebenfalls erstaunliche 500.000 Coins, eine Summe,
05:42die wir über das reine Spielen eigentlich gar nicht zusammenbekommen können. Haben wir den
05:46Season Pass bereits, wirft er ebenfalls nur selten und lächerlich wenige Coins ab. Selbst für eiserne
05:52FC-Spieler ist es also nicht möglich, sich den Pass für die nächste Season mit Belohnungen zu
05:57finanzieren. Das ist bei anderen Spielen der Art ja immer so ein unausgesprochener Deal. In der aktuellen
06:04Variante reicht die Kohle aber hinten und vorne nicht. Auch der allererste jetzt zum Beispiel
06:08ein FC-26 hat auch direkt 500.000 Coins gekostet, die hat niemand. Das heißt, die Leute, die die
06:14Ultimate Edition vorbestellt haben, die haben dann den Token und haben diesen Pass umsonst bekommen,
06:19aber alle anderen haben dann höchstwahrscheinlich einfach die 10 Euro bezahlt, weil keiner in der
06:23Zeit überhaupt auch noch ansatzweise an die Coins selber rankommt. Der schnellste Weg, um trotzdem
06:27flüssig zu werden, ist der Verkauf von seltenen Spielerkarten. Die müssen wir aber erstmal aus einem
06:32Pack ziehen. Und die Wahrscheinlichkeit, so etwas zu erreichen, ist verschwindend gering. Also
06:38entweder spielen wir wie bekloppt, in der Hoffnung genug Coins zusammenzutragen, um dann eine bestimmte
06:43Karte auf dem Transfermarkt zu kaufen. Oder wir investieren unseren mageren Verdienst in Packs,
06:48in der Hoffnung, eine teure Karte zu ziehen, die uns großen Reichtum beschert. Ersteres ist machbar,
06:55dann haben wir aber immer zu wenig Münzen. Wir müssen uns also damit zufrieden geben, nur gelegentlich mal
07:00die Karten und Evos kaufen zu können, die wir wollen. Und letzteres ist wahnsinnig riskant,
07:06denn die Chance, eine Karte zu ziehen, die so viel Ingame-Währung abwirft, dass wir danach reicher
07:11sind als vorher, liegt bei unter einem Prozent. Unsere Coins dafür aufs Spiel zu setzen, ist also
07:18keine gute Idee. Außerdem kommen ständig neue Karten ins Spiel, die die alten praktisch überflüssig
07:23machen. Wer zu lange mit dem gleichen Team spielt und seine Aufstellung nicht aktualisiert, frisst irgendwann
07:29nur noch den Staub der Gegner. Mithalten ist für Coin-ärmere Spieler und Leute, die eigentlich nur
07:35gelegentlich spielen möchten, kaum möglich. Praktisch also, dass wir Packs auch ganz einfach
07:40mit der Echtgeld-Währung FC-Points erwerben können. So haben wir zwar dieselbe geringe Chance
07:45auf Erfolg, setzen aber nicht unsere Coins und damit unsere Effektivität aufs Spiel. Dafür,
07:51dass wir ein armer Schlucker sind, der für alles nicht genug Coins hat, egal wie viel und gut wir spielen,
07:56gibt es den Fix ganz einfach zu kaufen. Der Shop erlaubt natürlich auch ganz bewusst keinen
08:021-zu-1-Austausch zwischen Echtgeld und Spielgeld, sondern immer nur einen Wechsel in ganz bestimmten
08:08Paketgrößen. Das garantiert, dass wir nach dem Investieren immer einen Rest übrig haben, mit dem
08:13wir nichts anfangen können und nachkaufen müssen. Wir geben viel mehr Geld aus, wenn wir irgendwie mit
08:20Karte und Digital bezahlen, als wenn wir das Geld im Papier oder so in der Hand haben. Man kann es ja auch
08:26nicht zurücktauschen. Das heißt, das Geld, was wir dann da haben, das ist ja so ein Sonderpool. Man hat das
08:31Gefühl, man hat gar nicht mehr mit dem echten Geld irgendwie was zu tun. Und natürlich ist das dann
08:35immer so unglücklich, dass dann auch so ein bisschen Geld von dem, was man eingetauscht hat, noch übrig
08:40bleibt. Und das will man ja auch nicht irgendwie da einfach so verrotten lassen. Man muss das ja
08:44noch für irgendwas nutzen und dann überweist man wieder so ein bisschen. Das eigentliche Problem,
08:48nämlich dass der Core-Gameplay-Loop schlecht gebalanced ist und die Belohnungen zu niedrig
08:53angesetzt sind, wird dadurch aber nicht aus der Welt geschafft. Es ist ein Feature, kein Bug. Warum
08:59wir uns diese Schikane gefallen lassen und so leicht auf diesen offensichtlichen Versuch,
09:04uns abzuzocken, hereinfallen, hat einen psychologischen Hintergrund. Spiele, die uns
09:09nerven, sind deswegen teilweise so effektiv auch, weil Genervtheitwut eine Emotion ist,
09:15die aktivierend wirkt. Dadurch kann es eben dazu kommen, dass wir proaktiv entweder mit dem Keyboard
09:21auf Dinge einschlagen oder aber proaktiv in das Verhalten wieder reingehen, um eben das negative
09:28erleben, was wir zuvor erlebt haben, z.B. durch Manufactured Discontent oder durch den Loose oder
09:33durch irgendwas, was nicht gut gelaufen ist, um das wieder zu neutralisieren.
09:39Ein weiterer Faktor, der an unseren Nervenenden nagt, ist Fear of Missing Out, kurz FOMO oder auf
09:49Deutsch die Angst, etwas zu verpassen. Um diesen Reflex auszulösen, beschallen uns Videospiele gleich
09:55an mehreren Fronten mit Reizen. Ein absoluter Klassiker der Angstmache sind zeitlich begrenzte
10:01Angebote. Das kennen wir von Seiten wie Amazon, die uns mit tickenden Uhren dazu verleiten wollen,
10:08noch schnell zuzuschlagen und ein Schnäppchen zu machen. Auch die Anzeige, wie viele Exemplare
10:13eines Produkts noch verfügbar sind, bevor alle ausverkauft sind, ist nicht wirklich ein Service,
10:19sondern ein Reiz, um FOMO auszulösen. Wo es bei materiellen Gütern schon mal vorkommt,
10:24das etwas ausverkauft ist, sind die Produktionsgrößen bei digitalen Items komplett fabriziert. Viele
10:30Items gibt es aber nur in einem zeitlich begrenzten Rahmen, zum Beispiel in einer
10:34bestimmten Season oder für ein bestimmtes Event. Das macht sie natürlich besonders begehrt. Bin
10:40ich mir noch nicht sicher, ob ich ein Item wirklich haben will, könnte mich der Entscheidungsdruck dazu
10:45verleiten, doch noch zuzuschlagen, bevor die Chance für immer verschwindet. Ultimate Team hat
10:50dafür sogar einen eigenen Timer, der im Ladebildschirm läuft, damit das auch wirklich niemandem entgeht.
10:56Überhaupt überschwemmt uns das Spiel an jeder Ecke mit irgendwelchen Ankündigungen, Challenges,
11:01neuen Items und Aktionen, bei denen wir umgehend jetzt sofort zuschlagen müssen, um ja nichts zu
11:08verpassen. Der gesamte Online-Bereich von EA Sports FC ist praktisch ein einziger Timer.
11:14Sämtliche Events und Herausforderungen sind zeitlich limitiert und eigentlich läuft jeden
11:19Tag irgendeine Deadline ab. Wollen wir nichts verpassen, müssen wir uns theoretisch täglich
11:24einloggen und Aufgaben abarbeiten, bevor sie nicht mehr verfügbar sind. Als Anfänger werden wir von
11:30den etlichen Ankündigungen komplett überwältigt. Wer ganz unschuldig einfach nur ein Fußballspiel
11:37spielen möchte, hat wahrscheinlich erstmal Probleme, überhaupt das korrekte Menü dafür zu finden.
11:41So verschachtelt und gewaltig ist das User-Interface des Spiels.
11:46So gibt es zahlreiche wöchentliche Boni, die wir nur verdienen können, wenn wir genügend
11:51Punkte in einem bestimmten Modus gesammelt haben. Wöchentliche Boni erhalten wir in Division Rivals,
11:57mit noch größeren Belohnungen lockt der Champions-Modus, der jedes Wochenende neu gestartet wird.
12:03Außerdem müssen wir im PvE-Modus Squad-Battles jedes Mal, bevor der Timer abläuft, so viele Partien
12:09wie möglich gewinnen, um keine Belohnung liegen zu lassen. Die Punkte, die nötig sind,
12:14um die obersten Ränge zu erreichen und starke Belohnungen abzugreifen, sind dabei für die
12:19meisten Leute aber explizit unerreichbar. So bekommen nur die ersten 200 Ränge Zugriff auf
12:25die beste Belohnung. Und dann gibt's natürlich auch noch den Season Pass. Wer alle Belohnungen
12:30einer Season freischalten will, sollte schon mal den Beruf kündigen oder sich mit gelben Scheinen
12:35eindecken. Das Teil will nämlich unser neuer Vollzeitjob werden. Im Gegensatz zu einigen
12:41anderen Spielen bietet EA bei EAFC immerhin nicht an, dass wir den Fortschritt im Season Pass
12:47alternativ auch kaufen können. Hier geht es also vielmehr darum, Leute am Spielen zu halten und
12:52ihnen unerreichbare Belohnungen vor die Schnauze zu halten, wie eine Karotte am Stock. Und selbst bei den
12:58Partien selber sind wir nicht sicher vor der FOMO-Maschine. Bevor eine Fußballpartie beginnt,
13:04werden uns die Aufstellungen der Mannschaften präsentiert. Dabei werden die Spielerinnen
13:09und Spieler natürlich nicht nüchtern mit Rückennummer und Name eingeblendet. Hervorgehoben
13:14werden vor allem die Seltenheitsstufen der Karten und ihre besonderen Designs. Wenn wir mit den silbernen
13:20und goldenen Standardkarten in ein Match gehen, fühlen wir uns bereits voranpfiff deklassiert, wenn das
13:26gegenüber schillernde Fußballlegenden und Starspiele auf allen Positionen auspackt,
13:31die wir ohne viel Zeit und oder Geldinvestment nie zu sehen bekommen. Besonders im Fußball,
13:37in dem viele Fans ihre Lieblingsspielerinnen und Spieler haben, will man die natürlich auch
13:42aufstellen und mit ihnen effizient sein. Hinter dem Design der Karten steckt übrigens auch noch ein
13:52kleiner Psychotrick. Wenn ihr euch jemals gefragt habt, warum die Publisher von Spielen wie COD darauf
13:57bestehen, übertrieben bunte und auffällige Skins zu verkaufen, obwohl sie so gar nicht zur
14:03Spielatmosphäre passen, hier ist die unbequeme Wahrheit. Unterbewusst wollen wir die Bunten lieber.
14:10Unser Gehirn findet auffällige Formen und knallige Farben einfach geil. Das Ganze heißt Salienz und findet im
14:17Gamedesign etliche Anwendungen. Es ist der Grund, warum seltene Items in RPGs bunte Schrift oder Rahmen
14:24haben und warum wir glauben, dass rote Autos schneller sind. Egal wie häufig zurecht gemault wird, dass zu
14:31knallige und alberne Kostüme und Waffendesigns den Vibe eines Spiels ruinieren, sie werden gekauft.
14:37Unser Affenhirn verlangt es. Dass sie ins Auge stechen, hat außerdem noch einen anderen,
14:43sehr naheliegenden Effekt. Wir bemerken sie leichter bei unseren Mitspielern und Gegnern.
14:48Das wissen natürlich auch die Publisher. Menschliche Spieler können als Werbetafeln
14:53herhalten. Wenn Leute, die ein begehrtes Item besitzen, präferiert mit Leuten zusammengemischt
14:59werden, die es möglicherweise noch haben wollen, kurbelt das den Verkauf an. Matchmaking als Blackbox,
15:06die in erster Linie dazu da ist, mehr Kram zu verkaufen. Klingt weit hergeholt, ist es aber nicht.
15:12Activision, Publisher hinter der FOMO-Fabrik Call of Duty, hat sich auf dieses Prinzip sogar schon
15:192017 ein Patent gesichert. Inwiefern diese Mechaniken bereits zum Einsatz kommen, wissen
15:25wir allerdings nicht. Die Tools haben die Publisher aber in jedem Fall bereits.
15:29Wenn ich dann am Ende einer Saison sehe, dass mir für den Battle Pass ein paar Punkte fehlen,
15:35triggert mich das. Vor allem, wenn die finale Belohnung etwas ist, das später nie wieder erhältlich ist.
15:40Dann denke ich, wenn ich das Spiel in 10 Jahren noch spiele, wird es mich ewig nerven, dass ich
15:46das verpasst habe. Also kaufe ich den Fortschritt und meistens ist der Skin oder Gegenstand danach
15:52völlig egal. Aber dieser Gedanke, ich könnte es verpassen, ist bei mir ein starker Auslöser.
15:58Die schmerzhafte Pointe bei dem ganzen Zirkus? Egal wo, wann und wie viel Geld wir ausgeben,
16:05lange haben wir eh nichts davon. In MMOs oder Live-Services, die über Jahrzehnte laufen?
16:10Vielleicht. Aber wie bereits erwähnt, werden sämtliche Karten in Ultimate Team extrem schnell
16:16durch bessere verdrängt. Ich kann mir am Montag von meinen zusammengesparten Coins endlich Lothar
16:21Matthäus kaufen und am Dienstag veröffentlicht EA dann die Lothar-Sonderedition mit besseren Werten,
16:27flexiblerer Position und brandneuer Ehefrau und schon war alles umsonst. Und das Beste? Sogar die
16:35faktisch allerstärksten Karten überhaupt, die in der Regel als Totti, Team of the Year,
16:40im Januar released werden, bleiben nur ein paar Monate relevant. Im September kommt nämlich das
16:45nächste EA Sports FC und macht sämtliche Spielinhalte des Vorgängers hinfällig. Neue
16:50Sachen gibt's dann nur noch für den aktuellen Teil und nach einigen Jahren wird der Online-Service
16:56dann komplett abgeschaltet und alles ist futsch. Nicht mal unsere erspielten Coins können wir in
17:02die nächste Edition mitnehmen, nach dem Spiel ist vor dem Spiel jedes Spiel.
17:07Kommen wir zum Dreh- und Angelpunkt der FC-Ökonomie, den PAX. Das sind praktisch Lootboxen bzw. Surprise-Mechanics,
17:20wie EA es gerne formuliert. In den meisten Live-Service-Spielen ziehen wir neue Spielinhalte
17:30aus Lootboxen oder einem Äquivalent. Das heißt, wir haben beim Öffnen einer Lootbox jedes Mal nur
17:36eine Chance, ein Item zu bekommen, das wir tatsächlich gebrauchen können. Also,
17:41eigentlich wie bei einem… Glücksspiel. Es ist meiner Meinung nach Glücksspiel,
17:45es ist die ganze Animation, man weiß es ja auch, man hört es ja auch mal wieder durch Berichte,
17:49dass eben EA und Co. dann ja bewusst auch mit Psychologen zusammenarbeiten, allem drum und dran,
17:55dass immer wieder dieser kleine Dopamin-Kick kommt, wenn eben so ein Pack aufgemacht wird,
17:58wenn dann ein bestimmter Spieler um die Ecke kommt. Die Spannung, ob der nächste Preis ein
18:02Hauptgewinn oder eine Niete ist, machen einige Influencer zur Unterhaltung. Videos,
18:07in denen Streamer Lootboxen oder hunderte Booster-Packs in EA Sports FC auf einmal öffnen,
18:13gibt es noch und nöcher. Und ein großes Publikum schaut anscheinend gerne dabei zu,
18:18wie ihre liebsten Streamer die Schicksalsgötter herausfordern. Dabei entsteht aber auch der Eindruck,
18:24dass es komplett normal ist, ständig hunderte solcher Kisten zu öffnen. Dass das echtes Geld kostet,
18:30vor allem in dem Ausmaß, wird dabei zur Nebensache. Vor allem Jugendliche sind anfällig dafür,
18:36das Verhalten ihrer Lieblinge einfach nachzuahmen, ohne zu verstehen, dass ihre Grundsituation eine
18:42komplett andere ist. Ja, wie es letztendlich auch bei anderen Spielen ist, gerade bei den
18:46YouTube-Videos siehst du ja wirklich einen Zusammenschnitt von den besten Packs. Das heißt,
18:50da werden teilweise zum Start von einem Spiel paar tausend Euro wirklich geöffnet, teilweise
18:54zehntausend Euros. Und am Ende kommt halt ein 15-Minuten-Video raus, wo dann immer eben, weiß ich,
18:59nicht irgendein Gegenstand durchs Zimmer geschmissen wird und alle jubeln und sich freuen, wie ach so toll
19:03das doch alles ist. Und das verleitet natürlich extrem, weil man sich wahrscheinlich auch einfach
19:07denkt, hey, wenn er das kann, kann ich das ja letztendlich auch. Aber unterm Strich, wenn man da
19:11jetzt auch schon einen einen oder anderen größeren Namen denkt aus der Vergangenheit, wo wenn die
19:14YouTube-Videos halt hunderte tausende Klicks abwerfen und man weiß, dass die mehr oder weniger
19:18garantiert sind, dann ist es halt, wie ich manchmal so schön sage, fast schon ein Real-Life-Money-Glitch,
19:22weil du weißt, was du einsetzt, du weißt, was du rausbekommst. Und es würde niemals in dem Ausmaß stattfinden,
19:27wenn sich das nicht in irgendeiner Form rentiert.
19:29Natürlich gibt es auch genügend Leute, die wenig bis gar kein Geld in Live-Service-Games
19:34investieren. Die Spiele werden aber offensichtlich nicht um diese Spielerfahrung herum designt.
19:40Experten wie Diehan raten daher, uns von Anfang an eine Ausgaben-Obergrenze zu setzen und zu
19:46schauen, niemals alles auf einmal auszugeben. Wer darauf schaut, immer ein wenig Ingame-Währung
19:51auf dem Konto zu haben, wagt stärker ab, für was er oder sie die Kohle letztendlich
19:56ausgibt. So zumindest die Theorie.
19:59Bei FIFA sieht es so aus, beziehungsweise AFC, dass ich meistens zum Start mal ab und zu
20:03ein bisschen Geld in die Hand nehme. Beispielsweise dieses Jahr waren es 250 Euro und damit ein
20:08paar Packs öffne. Davon habe ich zum Beispiel immer noch was rumliegen und dann letztendlich
20:12mit den Coins, die ich dadurch generiere, eben ein bisschen besser traden kann und ein bisschen
20:16besser liquide, sage ich mal, im Spiel selber bin. Denn ich habe mal, oder das versuche ich
20:19den Zuschauern noch mit auf den Weg zu geben, dass sich jeder immer ein Ziel setzen sollte,
20:23niemals unter eine bestimmte Coingrenze zu gehen. Weil dann automatisch immer dieser Moment
20:27entsteht nach Motto, etwas kommt im Spiel, man will es haben, aber man kann es sich nicht
20:31leisten. Und der einfachste Weg ist dann natürlich immer, darüber hinaus Geld auszugeben.
20:36250 Euro im Jahr sind natürlich nur dann eine akzeptable Summe, wenn ihr es grundsätzlich
20:41in Ordnung findet, den Preis mehrerer vollwertiger Videospiele in einen Live-Service-Titel zu stecken.
20:47Dass dieser Wert für regelmäßige FC-Spieler gar nicht mal so groß erscheint, sagt schon
20:52eine ganze Menge darüber aus, wie viel Gegenleistung ihr für eure Euronen in etwa erwarten könnt.
20:59Dass Geld ausgeben in Live-Service-Spielen optional ist, ist am Ende auch nur eine Illusion. Denn
21:04zumindest für einen ist es alles andere als optional, nämlich den Publisher, der das Spiel
21:10ganz schnell einstampfen würde, wenn es nicht genug abwirft.
21:17Damit diese Illusion aufrechterhalten werden kann und viele Spieler kein oder nur wenig Geld
21:23ausgeben können, braucht es im Gegensatz einige wenige Spieler, die hingegen viel Geld in die
21:28Hand nehmen, sogenannte Wale. Wale sind im Glücksspiel-Jargon Menschen, die das Casino
21:34um jeden Preis bei der Stange halten will, weil bei ihnen die Taschen besonders locker
21:38sitzen. Bei Videospielen sind damit Leute gemeint, die Hunderte, manchmal Tausende von
21:43Euro in Ingame-Transaktionen stecken und das meist über einen längeren Zeitraum. Durch
21:48diese Leute finanzieren sich Live-Service-Spiele überhaupt erst. Häufig stehen dahinter aber
21:53nicht etwa Millionäre, sondern ganz normale Leute, die wie alle anderen durch die Psychotricks
21:59der Publisher verleitet werden, Geld zu investieren. Und dann nicht mehr damit aufhören können.
22:05Häufig sind es Menschen mit psychischen Besonderheiten, die zu diesem Verhalten neigen, etwa depressive
22:11Menschen, Menschen mit ADHS oder Menschen, die sich in einer schwierigen Lebenslage befinden
22:16und Eskapismus suchen.
22:18Online zu sein war für mich durchaus eine Flucht aus der Realität, zu meiner Schulzeit besonders.
22:23Die Gilde war mein zweites Zuhause und heute wohne ich mit jemandem aus der Gilde zusammen.
22:27Noch heute habe ich Kontakt im echten Leben zu Leuten aus dieser Zeit. Ich bin zwar nicht
22:32glücksspielsüchtig, habe aber wohl eine Tendenz dazu. Immer wenn ich Geld ausgegeben habe und
22:37nicht bekommen habe, was das Ziel war, hatte ich den Gedanken, na komm schon, lieber noch
22:41was ausgeben und das bekommen, was du willst, als nichts. Diese Gedanken haben mich schon
22:46dazu gebracht, teils in einer Gatscha fast 1000 Euro auszugeben. Ich hatte eigentlich nie
22:51Geld für irgendwas, weil ich mein ganzes Taschengeld und Ausbildungsgehalt meist in Mikrotransaktionen
22:56gesteckt habe. Erst mit dem Alter, als ich reifer wurde und in meinem Job auch mehr verdiente,
23:01wurde das besser. Verschuldet habe ich mich glücklicherweise nicht für Spiele.
23:05Durch den Raum Spiel als Zone, in der man sich ohnehin belohnt und positive Bestätigung
23:10sucht, ist man besonders anfällig auf die Dopaminschübe der schnellen Einkäufe.
23:14Das ist jetzt mein Spaßbereich. Das ist jetzt da, wo ich, wo es mir gut gehen soll, wo ich
23:19irgendwie mir was gönne, wo ich mir auch eine Belohnung verschaffen möchte. Gerade da ist
23:25dann natürlich dieses, okay, aber jetzt, ich tue mir was Gutes, aber nicht so gut oder
23:30ich zügele mich jetzt hier, ist natürlich nochmal eine Ecke schwerer.
23:34Während klassisches Glücksspiel im Casino oder der Spielothek oder selbst Sportbetten im
23:39Internet zumindest eine leichte Barriere haben, die wir durchbrechen müssen, um daran teilzunehmen,
23:44machen uns Spiele das Geld ausgeben extrem einfach. Meist ist die Option nur ein Mausklick
23:50oder Button-Prompt entfernt. Und sie wird in den Spielen massiv gepusht. Wenn ich einfach
23:55nur ein Computerspiel spielen will, mache ich mir ja nicht zwangsläufig Gedanken, ob das
23:59meine Glücksspielsucht triggern könnte. Wofür Menschen ihr Geld ausgeben, ist natürlich
24:03erstmal nur ihre eigene Sache allein. Und es gibt sicherlich genügend Fälle, in denen auch
24:08Big Spender sich vollkommen bewusst sind, wie viel sie monatlich für Ingame-Käufer
24:13ausgeben. Diese Ausgaben als Hobby-Ausgaben verbuchen und es nicht bereuen. Aber in vielen
24:19Fällen verlieren Menschen auch den Überblick über diese Ausgaben oder den Kampf gegen die
24:23FOMO und stürzen sich damit in ungeahnte finanzielle Schwierigkeiten.
24:272005 habe ich das erste Mal Geld für Ingame-Items investiert. Das war in dem Spiel
24:32Punk-Jahr. Dann ist es so weitergeplätschert, mal mehr, mal weniger. Schlimm wurde es mit dem
24:37Aufkommen von Mobile-Gacha-Games. Ab 2018 entglitt mir dann endgültig die Kontrolle. Ich denke,
24:42dass mein ADHS einen Teil daran trägt. Es ist einfach ein gutes Gefühl, etwas zu bekommen,
24:47was man will. Manchmal hat es geholfen, wenn ich psychisch down war. Wenn es beim Pullen nicht
24:52geklappt hat, habe ich mich noch schlechter gefühlt als davor. Dann musste ich einfach
24:55mehr investieren, damit ich Erfolg habe und sich ein Glücksgefühl einstellen. Das Glücksgefühl
24:59hielt aber nicht lange. Danach kam die Ernüchterung und ich habe mich dann mies gefühlt, dafür Geld
25:03ausgegeben zu haben. Am Ende stand ich vor dem finanziellen Ruin, wovon ich mich immer noch erholen muss.
25:12Es gibt deutliche Zeichen für eine Sucht, die wir erkennen und uns bestenfalls behelfen können.
25:17Ich denke so, man kann sich so sechs Fragen im Prinzip stellen, die auch eben diese Kriterien
25:23abbilden. Nehmen Rootboxen oder das Spielen, nehmen das einfach den Hauptraum in meinen Gedanken
25:31irgendwie ein. Ist das eigentlich das, worüber ich die ganze Zeit nur nachdenke? Habe ich Schwierigkeiten,
25:36meine Grenzen, die ich mir setze, einzuhalten und übergehe ich die quasi dauerhaft und gebe
25:42vielleicht mehr aus, als ich eigentlich wollte? Wie geht es mir, wenn ich nicht spiele? Fühlt sich das
25:47richtig blöd an und führt das vielleicht dazu, dass ich schlecht gelaunt wäre? Werde Leute,
25:54die ich eigentlich mag? Oder aber gibt es quasi negative Konsequenzen davon? Habe ich Konflikte
26:01im sozialen Umfeld? Kann ich mir Dinge nicht mehr leisten, die ich eigentlich machen wollte? Wo sind
26:07die Kosten quasi von meinem Verhalten? Und brauche ich immer mehr Zeit für oder mehr von dem, was ich
26:14irgendwie machen möchte? Und ja, wann habe ich eigentlich das letzte Mal meine Freunde gesehen?
26:19Es gibt für Suchtberatung einige kostenlose Beratungsstellen, an die ihr euch wenden könnt,
26:25wenn ihr selbst oder jemand in eurer Nähe davon betroffen ist. Neben individuellen Maßnahmen fordern
26:30viele Experten aber auch von der Gesetzgebung ein Einschreiten, insbesondere um Jugendliche zu schützen.
26:36Also ich würde schon sagen, dass es in gewissermaßen ein ernstzunehmendes Problem ist. Und das kommt
26:41von einer Gacha-Spielerin. Aber anyway, vor allem halt eben bei schutzbedürftigen Personen wie
26:48Kindern und Jugendlichen, da sollte das nicht möglich sein, dass die da mit in Kontakt kommen,
26:54sage ich, oder nicht dem so sehr ausgesetzt sind. Es muss ab 18 sein, es gehört reguliert in jedem
26:59einzelnen Spiel, egal in welcher Form. Und für mich braucht man auch gar nicht drum herum reden,
27:03weil gerade zum Beispiel im Fall von FIFA oder EAFC, das Spiel ist glaube ich mittlerweile ab 12,
27:07die ganze Zeit davor war es eigentlich FSK 0. Das sind eben genügend Leute, die das ganze
27:12konsumieren oder selber Zeit im Spiel verbringen. Die können das nicht auseinanderhalten. Sie denken
27:16vielleicht, dass sie es können, aber na, jeder, der sich ja selber ein bisschen zurückversetzen kann,
27:19wenn ich überlege, wie ich mit 17 oder 18 noch getickt habe, so da ist man vom Kopf einfach
27:23nochmal ein bisschen anders unterwegs. Und da muss man eigentlich alle vor schützen. Aber ja, bis dato hat sich
27:29da eher bedingt was getan. Kann man sich ein Beispiel an Belgien müsste es sein und den
27:32Niederlanden dran nehmen. Dort ist es dann ja letztendlich nicht erlaubt.
27:35Wie handhabt ihr Ausgaben in euren Lieblingsspielen? Seid ihr selbst anfällig für diese Form von
27:41Gamedesign oder kennt ihr jemanden, der den Tricks zum Opfer gefallen ist? Schreibt uns in die Kommentare,
27:47ob ihr ein Verbot solcher Mechaniken für sinnvoll haltet oder euch eine andere Lösung vorschwebt.
27:52Noch einmal ganz lieben Dank an Daniel, an Jolina, an die betroffenen Personen und an Nora Bayer,
27:59die den Kontakt hergestellt hat. Ihre eigene Recherche zum Thema Wale haben wir euch in
28:04den Kommentaren verlinkt. Und natürlich wie immer auch von Video-Autor Chris. Lieben Dank an euch fürs Zuschauen,
28:11euer Jules.
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