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Transkript
00:00Musik
00:01Musik
00:02Menschen in Angst und Schrecken.
00:27Der 30-jährige Krieg.
00:30Musik
00:31Ein europäischer Konflikt, ausgetragen auf deutschem Boden.
00:37Er bringt Tod und Elend.
00:39Wer nicht auf dem Schlachtfeld um sein Leben kämpft, der kämpft gegen Hunger und Krankheit.
00:46Millionen sind auf der Flucht.
00:50Das schwerste Leid trägt die einfache Bevölkerung.
00:54Persönliche Berichte erzählen vom Kriegsalltag und von der Sehnsucht nach Frieden und Sicherheit.
01:03Musik
01:04Musik
01:05Musik
01:06Musik
01:07Nenstetten bei Ulm.
01:35Musik
01:36Im 30-jährigen Krieg die Heimat von Hans Heberle und seiner Familie.
01:44Heberle ist ein einfacher Schuhmacher, kann aber lesen und schreiben.
01:48Er ist einer der Augenzeugen, die ihre Erlebnisse während des 30-jährigen Krieges aufschreiben.
01:55Musik
01:56Sein Tagebuch nennt er Zeitregister. Es ist voll von persönlichen Eindrücken.
02:04Musik
02:05Immer wieder erlebt Hans Heberle die Grauen des Krieges direkt vor seiner Haustür. Auch im 17. Kriegsjahr.
02:13Musik
02:14Aufgeschreckt beschreibt er, wie marodierende Soldaten in Nenstetten auftauchen, plündern und morden.
02:23Sie haben heftige Rumor, als sie es vormals je getan haben.
02:26Musik
02:27So dass kein Mensch auf dem ganzen Land ist sicher gewesen.
02:35Schnell, wir müssen weg.
02:38Pack alles zusammen.
02:40Vater, steh auf.
02:42Die haben den Nachbarn schon erschlagen.
02:43Steh auf, komm.
02:44Es ist Herbst, als die Heberles wieder einmal das Dorf verlassen müssen.
02:49Bis Kriegsende fliehen sie insgesamt 30 Mal.
02:54Meistens wissen sie nicht, wo sie sich verstecken können.
02:57Musik
02:58Die dichten Wälder auf der Schwäbischen Alb sind eine Möglichkeit.
03:06Sie liegen in der Nähe, die Familie kann sie schnell erreichen.
03:09Musik
03:09Alle anderen Möglichkeiten sind besser als die Flucht in den Wald.
03:19Also entweder sich arrangieren mit den Soldaten ist immer die beste aller Möglichkeiten.
03:23Zweite Lösung, in ein festes Haus fliehen.
03:26Dritte Möglichkeit, sich verstecken und das heißt Flucht in den Wald.
03:30Der Proviant, den die Familie zusammengepackt hat, reicht nur für wenige Tage.
03:35Als er verbraucht ist, muss ihr das genügen, was der Wald an Essbarem hergibt.
03:42Da hatten wir großen Hunger.
03:45Wir hatten kein Brot, kein Salz, Schmalz und nichts, was wir zu unserer Leibesnahrung brauchten.
03:50Wir haben Ruhe gesucht, aber wir mussten schauen, dass wir mit Weib und kleinen Kinderlein nicht hungers sterben und verderben.
03:57Pilze, Beeren, Wurzeln, Pflanzen und Kräuter.
04:01Die Heberlis wissen, was der Wald zu welcher Jahreszeit bietet.
04:09Leicht ist es trotzdem nicht, an Nahrung zu gelangen, vor allem nicht im Winter.
04:14Peter Wörner kennt sich aus.
04:17Er ist ein ehemaliger Einzelkämpfer der Bundeswehr, ist auf das Überleben in freier Natur spezialisiert.
04:23Wenn ich in den Wald fliehen muss, brauche ich eine Behausung, ich brauche Feuer, ich brauche Wasser, ich brauche Schutz und ich brauche irgendwas zum Essen.
04:36Im Selbstversuch hat der Survival-Experte schon mehrfach getestet, wie die Chancen stehen, in den Wintermonaten ausreichend Nahrung zu finden.
04:49Selbst unter einer dicken Schneedecke gibt es immer ein paar Pflanzen.
04:53Hier haben wir einen Löwenzahn.
04:57Jetzt ist natürlich der Boden gefroren.
04:59Ich versuche jetzt hier mal, das mit dem Messer auszustechen, um die Wurzel rauszuholen.
05:07Jetzt haben wir doch das Glück gehabt, dass wir hier unter dem Schnee in einem gefrorenen Boden eine Löwenzahnwurzel gefunden haben.
05:22Aber damit kriege ich natürlich keine fünfköpfige Familie satt.
05:27Ein Dach über dem Kopf hingegen ist schnell gebaut.
05:31Äste liegen überall herum.
05:33Auch Feuermachen ist möglich, wenn man weiß, wie es geht.
05:37Fürs Kochen aber hat Peter Wörner extra Lebensmittel mitgebracht.
05:42Wir haben jetzt hier eine gute alte Zuckerrübe.
05:45Hier Schwarzwurzeln, eine Pastinake, das ist eine Rübenart, Zwiebeln und getrocknete Steinpilze.
05:54Ohne Vorräte könnte nicht einmal der Überlebensspezialist den Winter im Wald überstehen, wie er ehrlich zugibt.
06:01Im Sommer ging es noch.
06:06Da habe ich alles auf dem Waldboden gefunden.
06:09Die ganzen Beernsorten, die Pilze, auf Obstbäumen, Birnen, Äpfel.
06:14Im Winter war es natürlich eine ganz andere Nummer.
06:17Das heißt, im Winter waren die zum Tode letztendlich verurteilt, wenn sie nichts zu essen mit hatten.
06:24Größer noch als die Angst vorm Verhungern ist Heberles Angst vor den Söldnern, die durchs Land ziehen.
06:33Ganz gleich, ob sie auf der Seite der Protestanten oder der katholischen Armee stehen.
06:39Er weiß, wen die Soldaten finden, der ist freiwillig.
06:43Die Menschen hatten vor diesen Gräueltaten der Söldner eine solche Angst, dass mitunter in einzelnen Fällen, von denen man weiß, es sind Ausnahmefälle, aber immerhin,
06:57kollektiv eine ganze Familie Selbstmord begeht, um diesen Söldnern nicht in die Hände zu fallen.
07:02Obwohl Selbstmord als eine ganz, ganz schwere Sünde betrachtet wurde und man damit ja sein Seelenheil aufs Spiel setzt.
07:08Die Zahl der Söldner steigt sprunghaft an.
07:13Vor allem als Schwedens König Gustav Adolf kommt, um gegen die Kaiserlichen Krieg zu führen.
07:19Angeblich, um die deutschen Protestanten zu unterstützen.
07:23Doch es steckt mehr dahinter.
07:26Er sieht in den 1620er Jahren das Vorträgen der Kaiserlichen Armee bis an die Ostseeküste
07:32und er sieht Wallenstein als neuen Herzog von Mecklenburg.
07:35Das hält er für eine große Gefahr für seine eigenen, expansiven Pläne, die davon ausgehen, dass die Ostsee doch mehr oder weniger ein schwedisches Binnenmeer sein soll.
07:46Ab 1630 rollen die Schweden Deutschland auf.
07:50Von Peenemünde auf der Ostseeinsel Usedom dringen die Armeen durch den Nordosten des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen immer weiter nach Süden vor.
08:00Bis nach Bayern.
08:05Weite Gebiete Deutschlands werden in den Strudel des Krieges hineingezogen.
08:09Eine der größten Schlachten wird bei Lützen im Kurfürstentum Sachsen ausgefochten.
08:18Heute ist das Schlachtfeld eine Ackerfläche.
08:21Im Herbst 1632 aber treffen dort rund 40.000 Mann aufeinander.
08:26Der Feldherr Wallenstein kommandiert die Kaiserliche Armee.
08:35Gustav Adolf führt die Schweden in den Kampf.
08:40Die beiden Armeen stehen sich auf einer Breite von zweieinhalb Kilometern gegenüber.
08:45Die Kaiserlichen folgen der klassischen Taktik.
08:51In der Mitte jeder Brigade stehen die Pikeniere, daneben die Musketiere mit ihren Feuerwaffen.
08:57Die Schlacht beginnt mit einer Kanonade.
09:02Doch schon nach ein paar Schüssen müssen die Kanonenrohre erst gekühlt werden, bevor sie wieder feuern können.
09:11Mit ihren fünf Meter langen Spießen sollen die Pikeniere die Schützen gegen die Reiterangriffe des Gegners verteidigen.
09:17Die Musketiere feuern, was das Zeug hält, müssen sich aber nach jedem Schuss zurückziehen, um ihre Waffe neu zu laden.
09:29Das kostet jedes Mal wertvolle Minuten.
09:36Und dann gibt es noch die Kavallerie. Eine gefürchtete Truppe.
09:41Aber auch sie kann in Lützen keine schnelle Entscheidung herbeiführen.
09:47Den ganzen Tag lang wogt die Schlacht hin und her.
09:53Insgesamt darf man sich das ja eben überhaupt nicht so vorstellen, als wenn die wirklich gezielt hätten schießen können,
09:58sondern das war eine ganz, ganz ungenaue Waffe.
10:04Überhaupt die Waffen, auch die Kanonen.
10:06Hinzu kommt, was man sich klar machen muss, dass diese Kanonen einen unglaublichen Pulverdampf erzeugen,
10:12einen unglaublichen Lärm, sodass man nichts sehen und nichts hören konnte.
10:17Es ist im Nebel, als Gustav Adolf versehentlich auf einen Trupp des Gegners stößt.
10:30Er reitet in der vordersten Reihe der Schweden.
10:34Als er die Lage erkennt, ist es zu spät.
10:36Eine Kugel trifft den König tödlich.
10:43Der Tod von Gustav Adolf bleibt für den Ausgang der Schlacht bei Lützen folgenlos.
10:49Das schwedische Heer siegt über die kaiserliche Armee, kann sie sogar verdrängen.
10:53Etwa 10.000 Soldaten fallen im Kampf.
11:00Die meisten werden in Massengräbern beigesetzt.
11:05Eins davon haben Archäologen als vollständigen Block aus der Erde geborgen.
11:10Im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle wird der Fund präpariert und mit Hightech untersucht.
11:19Eine Arbeit von mehreren Jahren.
11:21Die Skelette von 47 Soldaten liegen in dem Grab.
11:32Mike Reichel hat die Untersuchungen wissenschaftlich begleitet.
11:35Jeder Knochen offenbart eine Geschichte und ermöglicht den Forschern einen anderen Blick auf die Gefallenen.
11:47Das Besondere am Lützener Massengrab ist zum einen, dass wir ein vollständig erhaltenes Grab haben.
11:55Daraus wissen, wie man die Toten einer Schlacht bestattet hat.
11:59Und dass wir mit diesem Massengrab die Lebensumstände dieser Menschen, dieser 47 Toten, darstellen können.
12:07Dass wir ihnen wieder ein Gesicht geben können.
12:11An den Zähnen lässt sich das Alter jedes einzelnen Toten feststellen.
12:16Aus den Knochen seine Ernährungsweise.
12:21In einem Schädel steckt sogar noch eine Musketenkugel.
12:25Der Schuss war tödlich.
12:29MRT-Untersuchungen der Knochen können noch weit mehr über das Schicksal der Soldaten von Lützen erzählen.
12:36Sie offenbaren auch Einzelheiten über Geschehnisse, die in frühester Jugend passiert sind.
12:44Wir haben zum Beispiel ein Individuum, Nummer 13.
12:49Es hatte einen schwierigen Oberschenkelbruch, wahrscheinlich schon in der Kindheit erhalten, der nicht verheilt wurde.
12:54Und damit war sein Bein etwas kürzer, er konnte also kaum laufen.
12:57Und wir nehmen an, dass dieser Soldat geritten ist.
13:02Denn so konnte er dieses Handicap ausgleichen und an der Schlacht teilnehmen.
13:07Nach jeder Schlacht beginnen die Plünderungen.
13:11Auch in Lützen.
13:13Das ist streng verboten, bleibt aber unbestraft.
13:17Die meisten Gefallenen, ob Feind oder Freund, werden bis auf die nackte Haut ausgeraubt.
13:22Als sich der Krieg nach Süddeutschland verlagert, gerät auch die Stadt Ulm in Bedrängnis.
13:33Im September 1634 wollen tausende Zivilisten Einlass.
13:38Die arme Landbevölkerung flieht vor den Soldaten der schwedischen Armeen, die im Ulmer Umland wüten.
13:44Mach das Tor auf! Mach das Tor auf!
13:49Auch Hans Heberle sucht für seine Familie Schutz hinter den Mauern.
13:55In Städten schien man sicherer zu sein.
13:58Das hatte zur Folge, dass die Landbevölkerung, wenn die Heere sich näherten, sehr oft in großer Zahl dann in die Städte flüchteten.
14:05Und man kann sich vorstellen, dass dann, wenn die Bevölkerung einer solchen Stadt um das mehrfache anstieg, was in diesen Städten los war.
14:14Ulm ist schnell völlig überfüllt.
14:178000 Geflüchtete stellen die Verantwortlichen vor massive Probleme.
14:24Es gibt keine freien Unterkünfte.
14:27Die Stadtbewohner müssen die Fremden bei sich aufnehmen.
14:31Ein Zusammenleben auf engstem Raum, auf unbestimmte Zeit.
14:35Schlimm steht es auch um die Lebensmittelversorgung.
14:41Nicht einmal das Notwendigste ist zu bekommen.
14:44Viele leiden unter Mangelernährung.
14:47Die hygienischen Verhältnisse tun das Übrige.
14:51Die Menschen sind geschwächt.
14:53Krankheiten verbreiten sich wie ein Lauffeuer.
14:57Wir sind in ganzen Wintern der Stadt gelegen.
15:00Da ist ein Jammer und Not, Hunger und Tod.
15:03Da ist der Hunger eingebrochen.
15:05Und dann die böse Krankheit.
15:08Die Pestilenz.
15:10Die Pestilenz.
15:13Die Pest.
15:14Hans Heberle glaubt, dass sie vom Hunger kommt.
15:17Oder von schlechter, verpesteter Luft.
15:20Bald erkrankt auch sein Sohn Thomas.
15:23Heberle weiß nicht, dass Rattenflöhe den gefährlichen Erreger übertragen.
15:28Michael Stolberg ist Medizinhistoriker.
15:35Er erforscht die Ausbreitung der häufigsten Krankheiten und Seuchen im Dreißigjährigen Krieg.
15:41Und auch, was die Menschen dagegen unternommen haben.
15:44In Ulm gab es eine strenge Pestordnung.
15:47Wenn die Pest sich näherte, hat man schon angefangen.
15:54Man hat beispielsweise dann den Warenverkehr unterbrochen.
15:57Man durfte nur noch in die Stadt mit einem Gesundheitspass, der nachwies, dass man nicht aus einem Ort kam, an dem schon die Pest herrschte.
16:05Bestimmte Waren wurden überhaupt nicht mehr in die Stadt gelassen, ehe sie nicht dann für 14 Tage bis zu einem halben Jahr ausgelüftet worden waren.
16:12Und dergleichen mehr.
16:13Die Maßnahmen haben aber nur wenig genutzt.
16:18Ab 1634 greift die Pest im Territorium Ulm immer weiter um sich.
16:24In nur einem Jahr sterben dort 15.000 Menschen an der gefährlichen Seuche.
16:29Die Zahl ist auch deswegen so hoch, weil die Betroffenen die Meldepflicht missachten.
16:41Aus Angst, verstoßen zu werden, hält ein Großteil der Familien lieber den Mund, wenn ein Angehöriger erkrankt.
16:48Viele versorgen die Kranken heimlich zu Hause.
16:50Wenn wir uns anschauen, mit welcher Wucht diese Seuche kam, wie viele Menschen starben, kamen im Rückblick nur sich wundern oder die Menschen bewundern, mit welchem Mut viele der Seuche begegnet sind.
17:05Das waren nicht nur die Chirurgen, die Ärzte, die ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben, das waren vor allem auch Angehörige.
17:09Sie wussten durchaus, sie waren davon überzeugt, dass sie damit ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen.
17:15Aber sie hielten es offenbar für ihre christliche Pflicht, den Angehörigen weiter zu helfen.
17:22Auch Anna Heberle tut, was in ihren Kräften steht.
17:26Für ihren Sohn hat sie noch teures Brot gekauft.
17:29Doch vergeblich, der Junge ist schon gestorben.
17:34Sein Tod bleibt nicht der letzte Schicksalsschlag.
17:37Hans Heberle verliert in dem einen Jahr vier seiner fünf Kinder, seinen Vater, fünf Geschwister und seine Stiefmutter.
17:50Die Pest ist die Geißel der Menschheit.
17:53Ärger als eine blutige Feldschlacht sein mag, wie die Leute damals klagen.
17:59Krieg war immer begleitet von Pestilenz, wie die Menschen damals alle solchen nannten.
18:04Also Krieg, Hunger und Pestilenz waren die drei Geißeln, die immer gemeinsam auftraten und immer auch kollektiv die Menschen ja erfassten.
18:17In der Bischofsstadt Bamberg führt das Grauen des Krieges zu einem Aufflammen der Hexenhysterie.
18:24Männer wie Frauen werden beschuldigt, im Pakt mit dem Teufel die Misere herbeigeführt zu haben.
18:32Die Menschen suchen nach den Ursachen für ihr Unglück, für ihre Ängste.
18:40Sie versuchen, was dagegen unternehmen zu können.
18:42Man braucht einen Schuldigen, einen Sündenbock.
18:44Das ist ein psychologisches Prinzip.
18:47Und wenn man die Verursacher dieses ganzen Schadens in den irdischen Verbündeten des Teufels sucht,
18:53dann ist man sofort bei den Hexen, die man dingfest machen muss,
18:57weil sie das Gemeinwesen und das Individuum vernichten wollen.
19:00Unter der Folter gestehen die Angeklagten fast alles, was man von ihnen hören will.
19:07Und in Bamberg kennt man keine Gnade.
19:10Hunderte verbrennen bei lebendigem Leib auf dem Scheiterhaufen.
19:14Die meisten Opfer sind Frauen.
19:21Die Hexenverfolgung der Bamberger bringt nicht die erhoffte Erlösung.
19:26Der Krieg geht unbeirrt weiter.
19:281634 tobt er im schwäbischen Nördlingen.
19:34Die Stadt wird von den kaiserlichen Armeen belagert und steht kurz vor dem Fall.
19:39Die Schweden wollen die Einnahme um jeden Preis verhindern.
19:42Sie kommen mit zwei Armeen, rund 25.000 Mann.
19:49Schauplatz ist der Allbuchhügel.
19:51Auch dieses Mal geht es den Kriegsmächten vor allem um territoriale Ansprüche.
20:00Die kaiserliche Armee tritt mit über 40.000 Mann an.
20:05Zwei Tage dauern die Kämpfe.
20:07Sie gelten als die blutigsten des 30-jährigen Krieges.
20:10Am 6. September ist die Schlacht von Nördlingen entschieden.
20:19Die Schweden werden vernichtend geschlagen.
20:26Nach dem Sieg schließen zwei mächtige Kriegsparteien auf der Prager Burg Frieden.
20:30Unterzeichner sind der Habsburger Kaiser Ferdinand II. und sein Gegner der Kurfürst Johann Georg von Sachsen.
20:42Im Endeffekt ist der Prager Frieden ein Diktat, was die kaiserliche Position stärkt.
20:48Und genau das wollten etwa die Schweden verhindern.
20:50Und deswegen treten auch die Franzosen danach in den Krieg ein.
20:52Der Krieg geht weiter.
20:53Also wir haben nach dem Prager Frieden aber auch nicht eine Sekunde Frieden.
20:56Der französische Kardinal Richelieu ist daran nicht ganz unschuldig.
21:04Der katholische Würdenträger ist ein kühler Stratege, der schon lange die protestantischen Schweden unterstützt.
21:111635 greift er aktiv in den Krieg ein.
21:17Frankreich ist auf allen Seiten von Ländern umgeben, die von Habsburgern regiert werden.
21:22Richelieu will ihre Vormacht in Europa brechen.
21:25Die Schweden hält er als Verbündete weiter im Krieg.
21:31Wittstock in Brandenburg wird 1636 zum Kriegsschauplatz.
21:37Vor den Toren der Stadt liegen sich das schwedische Heer und die kaiserlichen Armeen gegenüber.
21:47Elisabeth Gemmeroth lebt im Versorgungstross des kaiserlichen Heeres.
21:51Sie ist 26, verheiratet und Mutter von fünf Kindern.
21:56Als Frau eines Offiziers geht es ihr besser als den meisten Frauen aus der Landbevölkerung.
22:04Jeden Tag kann sie eine warme Mahlzeit auf den Tisch stellen, verfügt sogar über eigenes Personal, das für sie die Grobarbeiten verrichtet.
22:12Elisabeth kommt aus der Nähe von Danzig.
22:18Das Militärleben ist ihr in die Wiege gelegt worden, wie es heißt.
22:23Schon ihr Vater hat als Soldat gedient.
22:28Ihr Mann ist Martin Gneupel, Hauptmann der Kavallerie.
22:34Gneupel hat mit seinem Regiment schon zweimal die Seite gewechselt.
22:37Jetzt kämpft er für den katholischen Kaiser.
22:40Gleich gibt's was.
22:41Mein Sohn, wie geht das hier?
22:42Gut.
22:48Martin Gneupel ist 36 und stammt aus dem heutigen Thüringen.
22:54Und hier das Bier.
22:55Er und seine Frau sind ein eingespieltes Team.
22:58Er führt seine Kompanie an, sie kümmert sich um den Haushalt und die Kinder.
23:02Bier auch mal, gib her, du Saft, gib mir auch mal.
23:05Selbst in den Wirren des Krieges scheint es für sie so etwas wie Normalität zu geben.
23:10Die Soldatenfrauen hatten dieselben Pflichten wie andere Ehefrauen auch.
23:14Die mussten für ihre Männer waschen, die mussten sie versorgen, wenn sie krank waren, wenn sie verletzt waren.
23:20Es gibt auch sehr schöne Quellen, die zeigen, dass ein Söldner seine Frau zum Plündern schickte.
23:26Das heißt, auch bei sowas waren die Frauen die selbstverständlichen Gehilfinnen ihrer Männer.
23:33Und das entsprach den normalen Lebensverhältnissen dieser Zeit, dass Mann und Frau ein Arbeitspaar bildeten, also aufeinander ganz elementar angewiesen waren.
23:44Der Versorgungstross ist eine Karawane von Zivilisten, der mit der Armee mitzieht.
23:51Gegen Ende eines Krieges ist ein Tross drei bis viermal so groß wie das Heer selbst.
23:56Zu ihm gehören Viehhändler, Schlachter, Bäcker und Bierbrauer.
24:05Sie sichern die Grundversorgung für zigtausende Menschen.
24:12Händler kaufen und verkaufen alles, was bei Plünderungen erbeutet wird.
24:17Auch Huren ziehen mit der Karawane. Dem alleinstehenden Mannsvolk soll es an nichts fehlen.
24:27Wahre Künstler sind die Wundärzte. Sie versuchen, die verletzten Söldner zu retten.
24:33Prediger sorgen für das Seelenheil.
24:37Und Handwerker stellen alles her, was im Lager gebraucht wird.
24:40Der Tross ist eine fahrende Stadt, in der auch Elisabeth Gemmerroth ihren Alltag organisiert.
24:54Zehn Jahre sind die Eheleute schon unterwegs.
24:57Sie führen ein Leben voller Gefahren, begleitet von endlosen Märschen.
25:01Belegt ist ihre Route, die von der heutigen Slowakei zunächst bis nach Rostock führt, wo sie sich eine Zeit lang aufhalten.
25:18Von dort aus führt ihr Weg bis in den Süden Europas, nach Italien.
25:23Als nächstes taucht das Paar im Schwäbischen auf, später in Stendal, im heutigen Sachsen-Anhalt.
25:31Dass die Stationen ihres Lebens so genau dokumentiert sind, hat einen traurigen Grund.
25:41An all den genannten Orten haben Elisabeth und Martin Kinder zu Grabe getragen.
25:49Von den fünf Kindern bleibt ihnen am Ende nur ihr jüngster Sohn Christoph.
25:54Man geht davon aus, dass etwa ein Viertel aller Kinder den ersten Geburtstag nicht erreichen.
26:07Und wenn man sich diese Größenordnung mal klar macht, dann wird auch klar, dass das ein alltägliches Problem war, dass Kinder sterben.
26:14Als Elisabeth und Martin in Wittstock sind, schlägt das Schicksal wieder zu.
26:21Die kaiserlichen Armeen bringen sich gegen die Schweden in Stellung, um sie endlich zu vertreiben.
26:25Doch es kommt völlig anders.
26:33Den Schweden gelingt es, die kaiserlichen zu schlagen.
26:36Die Schlacht geht als besonders brutal und blutig in die Geschichte ein.
26:40Die Kämpfe dauern noch an, als Elisabeth eine Nachricht ihres Mannes erhält.
26:49Sie soll so schnell sie kann die Flucht ergreifen.
26:52Schneller, los!
26:53Denn es steht nicht gut für die Kaiserlichen.
26:58Doch die Lage ist unübersichtlich.
27:00Hey!
27:01Niemand weiß, wo sich Freund oder Feind gerade aufhält.
27:05Elisabeth gerät ins Schussfeld der kämpfenden Kompanien.
27:10Ihre Kutsche wird getroffen.
27:17Als die Waffen schweigen, suchen die Soldatenfrauen das Schlachtfeld nach ihren Männern ab.
27:22Die wenigsten haben überlebt.
27:25Und sie plündern.
27:28Auch die Soldatenfrauen kämpfen ums Überleben.
27:30Martin hofft inständig, dass Elisabeth die Flucht gelungen ist.
27:38Von ihr fehlt jede Spur.
27:40Doch dann wird ihre Kalesche gefunden.
27:46Die Frau des Hauptmanns ist tot.
27:49Eine Kugel hat sie getroffen.
27:51Ihr Todestag ist der 4. Oktober 1636.
27:54Martin Kneupel lässt einen Gedenkgottesdienst abhalten.
28:01Mit dabei der einzige, noch verbliebene Sohn Christoph.
28:06Der Pfarrer verfasst eine lange Leichenpredigt, in der Elisabeths Leben ausführlich beschrieben steht.
28:15Dank dieses Dokuments kann die Geschichte der Offiziersfrau Elisabeth Gemmeroth heute noch erzählt werden.
28:24Peter Hagendorf ist der berühmteste Augenzeuge des 30-jährigen Krieges.
28:32Seine Hinterlassenschaft ist ein über 190 Seiten starkes Tagebuch.
28:37Darin schildert er detailliert sein Leben als Söldner.
28:40Es gibt eine schwedische Statistik, die besagt, dass ein Soldat im 30-jährigen Krieg im Schnitt drei Jahre und vier Monate überlebt hat.
28:49Das heißt, jedes Jahr ist ungefähr ein Drittel der Soldaten gestorben.
28:53Hagendorf hat 23 Kriegsjahre überlebt.
28:57Der Schlüssel zum Überleben sind die Offiziere.
29:00Wo sie sind, ist es für einen Söldner am sichersten.
29:03Das hat Peter Hagendorf schnell begriffen.
29:05Deshalb legt er es darauf an, von seinem Hauptmann beachtet zu werden.
29:14Hagendorf Peter.
29:16Sie können lesen und schreiben?
29:18Sehr wohl.
29:20Hunger?
29:21Immer.
29:23Mein Hauptmann hat mir viel Gutes getan.
29:25Als ich gekommen bin, hat er mir lassen, zu essen und zu trinken geben.
29:29Gott verleihe ihm ein langes Leben.
29:31Futtermänner.
29:32Fleisch.
29:32Hagendorf besitzt das Talent des Überlebenskünstlers.
29:39Und er weiß sich gut zu verkaufen.
29:42Er kann nicht nur lesen und schreiben, er kennt sich auch im Rechtswesen aus, beherrscht sogar etwas Latein.
29:49Das qualifiziert ihn für höhere Aufgaben.
29:51Hagendorf, ihr hättet ja was zum Lazarett.
29:56Listen schreiben.
29:59Kann ich.
29:59So kommt Peter Hagendorf nach Mühlhausen in Thüringen.
30:05Die Reichsstadt kann sich durch hohe Geldzahlungen an die Kaiserlichen vor der Zerstörung schützen.
30:11Für einige Monate übernimmt der Söldner dort die militärische Leitung eines behelfsmäßigen Lazaretts.
30:24In Mühlhausen in Thüringen bin ich kommandiert worden zu den Kranken und Geschädigten.
30:29Den ganzen Winter über.
30:31Es sind 58 Mann gewesen.
30:33Der geht nach da und der Tote, der muss raus.
30:42Ich habe für jeden Mann bekommen täglich ein Pfund Fleisch, zwei Pfund Brot und ein Maß Bier.
30:48Ich für meine Person habe das Doppelte gehabt.
30:55Hagendorfs Überlebensstrategie, sich mit seinen Vorgesetzten gutzustellen, zahlt sich aus.
31:01Es geht ihm nicht nur materiell gut, eine Zeit lang kann er auch allen Schlachten und Scharmützeln entgehen.
31:07Dabei ist es Hagendorf völlig egal, wer warum gegen wen Krieg führt.
31:15Als Religionskrieg, als Kampf um den rechten Glauben, versteht er ihn nicht.
31:23Hagendorf selbst ist evangelisch, kämpft aber die meiste Zeit im Heer des katholischen Kaisers.
31:29Söldner zu sein, ist für ihn nicht mehr als ein Beruf.
31:32Nach der Schlacht gibt es gefangene Soldaten und die gefangenen Soldaten wechseln im Regelfeld den Dienstherrn.
31:40Das heißt, der, der sie gefangen hat, nimmt sie als normale Söldner wieder in seine Reihen auf und damit ist das vorbei.
31:47Und bei der nächsten Schlacht geht es umgekehrt.
31:50Der Hagendorf ist ein gutes Beispiel dafür, der wechselt öfter den Dienstherrn.
31:54Die Konfession spielt dabei auch keine Rolle im Übrigen.
31:56Das wird immer wieder so, aber die Heeres sind konfessionell sehr stark gewischt.
32:02Hagendorf gilt als harter Hund. Einer, der nur selten Gefühle zeigt.
32:07Bei Anna-Maria Buchler aber macht er eine Ausnahme.
32:12Sie ist seine zweite Frau.
32:16Hagendorf kümmert sich sofort um sie, als er mitbekommt, dass sie nicht mehr laufen kann, weil sie in den Beinen starke Schmerzen hat.
32:22Umgehend verlässt er das Heer, um seine Frau so schnell wie möglich nach Ingolstadt zu transportieren.
32:34Hagendorf will jemanden finden, der Anna die nächsten Monate aufnehmen und pflegen kann.
32:39Er würde alles tun, damit sie wieder gesund wird.
32:43Halt!
32:44Viel Hoffnung hat Hagendorf aber nicht. Anna geht es von Stunde zu Stunde immer schlechter.
32:54Tag.
32:56Mein Weib hier. Die ist krank. Ich muss sie hier lassen.
33:00Wie schlecht geht es ihr?
33:02Es geht ihr sehr schlecht und lang geht es auch nicht mehr.
33:04Aber das kostet dich was.
33:07Dafür nehme ich dein Pferd.
33:08Das Pferd ist 24 Gulden wert.
33:13Na dann.
33:13So viel wie ihm in zwei Monaten an Sold zusteht.
33:17Hier kannst du bleiben.
33:21Ob Anna wieder gesund wird, weiß er nicht.
33:24Hagendorf rechnet mit dem Schlimmsten.
33:26Er hat schon seine erste Ehefrau verloren.
33:29Auch acht seiner zehn Kinder hat er beerdigt.
33:32Für seine Gefühle gibt es in der formelhaften Sprache seiner Zeit keine Worte.
33:43Beim Tod seiner ersten Frau notiert er in sein Tagebuch.
33:48Der liebe Gott verleihe ihr eine fröhliche Auferstehung.
33:54Für Hagendorf folgen die nächsten Schlachten und wochenlange Fußmärsche.
33:59Insgesamt legt er 22.500 Kilometer zurück.
34:05Einmal um die halbe Welt.
34:08Als er nach Amöneburg in Hessen kommt, schreibt er lakonisch auf.
34:12Amöneburg, den 2. November 1640 hier angekommen.
34:17Mit Kanonen und mit Gewalt davor gezogen, beschossen und eingenommen.
34:25Unterhalb von Amöneburg liegt das Dörfchen Stausebach.
34:28Dort leben nur wenige hundert Menschen.
34:31Die meisten sind einfache Bauern.
34:34Einer davon ist Kaspar Preiss.
34:41Bleib liegen.
34:42Seit die Kaiserlichen Amöneburg eingenommen haben,
34:45fürchtet er, dass Söldner auch sein Dorf überfallen.
34:48Er hat Angst um die Sicherheit seiner Familie, um Hab und Gut.
34:53Wahrscheinlich Soldaten.
34:54Wir waren so geängstigt und verzagt,
34:58dass wir erschrocken sind, wenn nur der Wind geweht hat.
35:01Ich bin selbst des Nachts etliche Male aus dem Bett gesprungen
35:04und hab gemeint, es wären Reiter im Dorf.
35:07Viele Söldner, die nach der Schlacht umherirrten,
35:13auch die verletzt waren, die nicht mehr als Söldner nicht mehr tauglich waren,
35:17mussten ja irgendwie überleben und schlossen sich dann normalerweise zu Banden zusammen,
35:23Marodeure, marode Brüder, wie man die nannte,
35:26und plünderten dann auf eigene Faust, völlig jenseits irgendwelcher militärischen Verbände,
35:33die die Bevölkerung noch zusätzlich gefährdeten und tyrannisierten
35:37und eben ganz auf eigene Faust.
35:41Marode Brüder sind es auch,
35:43die Kaspar Preiss sein letztes Pferd
35:46und seine einzigen beiden Jochochsen stehlen.
35:48Es bleibt ihm nichts anderes übrig,
35:53als die fehlenden Zubtiere durch eigene Muskelkraft zu ersetzen,
35:56wenn er sein Feld rechtzeitig bestellen will.
36:02Ich bedacht mich hin und her,
36:04wie ich es doch machen wollte,
36:06dass ich ein wenig Korn in die Erde brachte.
36:09Da spannte ich mich selber,
36:10wie auch meinem Knecht und den Jungen, vor die Ecke.
36:14Und so eckten wir die vier Morden Land.
36:18Die Männer arbeiten barfuß.
36:21Die Schuhe haben sie versteckt.
36:23Eine Vorsichtsmaßnahme aus gutem Grund.
36:26Denn wer den Söldnern in die Hände fällt,
36:29der ist auch immer seine Schuhe los.
36:3522 lange Jahre voller Grauen und Not.
36:39Und noch immer finden die Kriegsparteien kein Ende.
36:421640 gesellt sich zu dem ganzen Elend noch ein weiteres hinzu.
36:51Im Sommer ist es ungewöhnlich kalt.
36:55Um diese Zeit im August ist bei uns solch große Kälte gewesen,
36:58dass wir im Lager bald erfroren sind.
37:02Auf der Straße sind drei Personen erfroren.
37:04Ein Reiter, ein Weib und ein Junge.
37:07In Europa herrscht die kleine Eiszeit.
37:13Die extreme Kaltphase führt zu schweren Missernten.
37:17Die Lebensumstände der Menschen werden noch schlechter.
37:20Seuchen, Krankheiten und Mangelernährung
37:23lassen die Zahl der Toten immer weiter in die Höhe schnellen.
37:26Auch für Bauer Kaspar Preiss sind die Auswirkungen verheerend.
37:34Er hat kaum noch etwas zu ernten,
37:36dazu die ständige Angst vor den marodierenden Soldaten.
37:39Mach die Tür zu.
37:41Das Fazit über sein Leben im Krieg fällt düster aus.
37:48Es war eine betrübte Zeit.
37:50Es glaubt niemand, wer es nicht erfahren hätte.
37:53Ein Mensch wurde gar gering geachtet.
37:57Wie manche Ehefrau und Jungfrau wurde geschändet.
38:00Wie viele Leute ums Leben gebracht.
38:02Ich sage unverhohlen, es ist am Weltende.
38:14Gegen Ende des Krieges wurde immer klarer, und zwar für alle Seiten,
38:19dass dieser Krieg nicht wirklich zu gewinnen war, für keinen.
38:22Und dass man irgendwie aus dieser Verfahrensituation rauskommen musste.
38:27Und dann gab es eben zunehmend Bestrebungen,
38:30in irgendeiner Weise überhaupt mal an einen Friedenskongress zu denken.
38:37In den letzten Kriegsjahren sind, neben den Landesfürsten,
38:41vor allem der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches
38:43und sein Vetter, der König von Spanien, beteiligt.
38:48Ihr wichtigster Gegner ist Frankreich.
38:50Auch England, die Niederlande, Dänemark und Schweden sind zeitweise involviert.
38:58Selbst der Papst, Ungarn, Polen und Portugal sind indirekt beteiligt.
39:03In Münster und Osnabrück wird dennoch der Versuch unternommen,
39:09den Knoten zu entwirren.
39:13Ab 1643 kommt allmählich ein Friedensprozess in Gang.
39:19In Osnabrück ist einer dabei,
39:21der als Kind die blutige Einnahme von Magdeburg erlebt hat,
39:24Daniel Friese.
39:27Er gehört zur Delegation von Sachsen-Altenburg.
39:36Osnabrück ist von Häusern gar nicht schön gebaut.
39:39Auch ist das Weibsvolk sehr grob und bäurisch.
39:43Friese gehört zu den Vertretern der evangelischen Reichsstände.
39:47Sie und die Schweden verhandeln mit den katholischen Gesandten des Kaisers.
39:50Ein Teilnehmer bezeichnet schon das Zustandekommen des Friedenskongresses
39:59als Weltwunder.
40:02Nach fünf langen Jahren und zähem Ringen
40:05führen die Verhandlungen endlich zum Erfolg.
40:09Die wesentliche Errungenschaft war,
40:12dass grundsätzlich fortan Protestanten und Katholiken
40:16paritätisch, also gleichberechtigt sein sollten.
40:21Dass also die Landesherren in ihren Ländern
40:23die jeweils Andersgläubigen tolerieren mussten.
40:28In Münster wird ein Vertrag geschlossen,
40:31der als westfälischer Friede in die Geschichte eingeht.
40:35Die Großmächte erkennen die Gleichberechtigung
40:37jedes einzelnen Staates in Europa an.
40:40Und es soll keine Schuldigen geben.
40:43Das Prinzip heißt immerwährendes Vergessen und Amnestie.
40:48Es gibt nach dem Krieg keine Aufarbeitung von Schuld.
40:52Denn hätte man das nicht eindeutig festgelegt,
40:55dann hätte man den Krieg auch gleich weitergehen lassen können.
40:58Das heißt, hier wird einfach ein Schlussstrich gezogen
41:00mit diesem Frieden.
41:02Und dieser Schlussstrich gilt.
41:04Am 24. Oktober 1648 unterzeichnen die Delegationen in Münster
41:13die Friedensverträge.
41:15Eine Prozedur, die bis weit in die Nacht dauert.
41:18Der 30-jährige Krieg gilt offiziell als beendet.
41:24Der Westfälische Friede ist eine Verfassungsordnung,
41:28ein Grundgesetz für das Heilige Römische Reich Deutscher Nation
41:31und hat als solches über anderthalb Jahrhunderte Bestand.
41:36Und, was noch viel wichtiger ist,
41:37meine Achtung, das bisher kaum beachtet wurde,
41:40das sind die Grundrechte, die 1648
41:43für praktisch jeden Deutschen festgeschrieben worden sind.
41:46Dazu gehörte, dass er nicht diskriminiert werden darf
41:49und dass er aufgrund des Glaubens
41:51auch nicht kriminalisiert werden darf.
41:5530 Jahre Krieg hinterlassen,
41:57vor allem auf deutschem Boden,
41:59tief traumatisierte Menschen.
42:01Schlachten, marodierende Soldaten,
42:05Hunger und Seuchen
42:06haben zwischen 5 und 8 Millionen Tote gefordert.
42:10Die Bevölkerungszahl ist um 40% gesunken.
42:15Von den Menschen, die überlebt haben,
42:16sind viele verarmt und kriegsversehrt.
42:20Städte sind verwüstet,
42:22Dörfer dem Erdboden gleichgemacht.
42:23Peter Hagendorf war ein Leben lang Söldner.
42:29Jetzt steht er ohne Arbeit da und ohne Sollt.
42:36Seine Frau Anna hat doch überlebt.
42:39Mit ihr und seinen beiden verbliebenen Kindern
42:42zieht er nach Görzke in Brandenburg.
42:44Er wird Bürgermeister der Stadt und Richter.
42:50Hoch angesehen, stirbt Peter Hagendorf dort im Alter von 77 Jahren.
42:55Untertitelung des ZDF, 2020
42:57Werbiusz
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