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  • vor 2 Monaten
Glock-Pistolen aus Österreich haben sich weltweit millionenfach verkauft. Ihr modularer Aufbau mit Kunststoffteilen macht sie einzigartig – aber auch attraktiv für Kriminelle

Credit: DER STANDARD; Thumbnail: APA/Georg Hochmuth; Adobe; Collage: Yasaman Hasani


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Transkript
00:00So eine Glock besteht im Prinzip aus zwei Teilen und dieses Teil zählt in Österreich nicht als
00:09Waffe. Diese Zweiteilung kann auch zu Problemen führen, die sich natürlich auch Kriminelle
00:13zunutze machen. Mein Name ist Peter Zellinger, ich bin Webredakteur beim Standard und ich bin
00:29Sportschütze und besitze eine Waffenbesitzkarte. Österreich verbindet man jetzt so allgemein
00:36wahrscheinlich nicht als erstes mit Schusswaffen, da fallen wahrscheinlich eher den meisten Leuten
00:41andere Begriffe ein wie Schnitzel oder Skifahren, aber tatsächlich hat Österreich eine der größten
00:47und modernsten Waffenindustrien der Welt. Das geht hauptsächlich auf die Firma Steyr zurück,
00:53die für damalige Verhältnisse Hightech-Waffen gefertigt hat. Das ging über den Ersten Weltkrieg,
00:58wo für die Monarchie Millionen Karabiner hergestellt wurden und das geht auch bis heute. Das Bundesheer
01:03wird schließlich auch mit Waffen von Steyr beliefert und viele andere Armeen auf der Welt übrigens auch.
01:08Ja und der zweite große Player in diesem Geschäft ist eben Glock, die Firma Glock mit den legendären
01:13Pistolen. Die Entstehungsgeschichte von Glock hat viel mit dem Erfolg zu tun und ist wirklich
01:18ungewöhnlich. Gaston Glock, der war damals ein Kunststofffertiger, der hat Kabinenstangen unter anderem
01:24hergestellt und er hatte eben Kontakt ins Bundesheer und da hat er erfahren, dass das Bundesheer
01:29im Jahr 1980 auf der Suche nach einer neuen Dienstpistole ist. Das Bundesheer hatte damals noch
01:35Waltherpistolen aus dem Zweiten Weltkrieg und die waren einfach auch nicht mehr mit modernen
01:41Standards vereinbar. Also hat das Bundesheer eine neue Pistole ausgeschrieben. Jeder Rekrut sollte damit
01:47umgehen können nach einer möglichst kurzen Einschulung. Die sollte gleichzeitig leicht und vor allem
01:51billig zu produzieren sein. Und Gaston Glock hat innerhalb von nur drei Monaten eine Waffe
01:56konstruiert, die alle anderen in den Schatten gestellt hat. So geht zumindest die offizielle
02:01Erzählung. Er hat es natürlich nicht selbst und in Eigenregie entwickelt. Er hat sich da sehr wohl
02:06Experten vom Bundesheer geholt. Ja, aber am Ende hat das Spritzgussunternehmen Glock eben eine Pistole
02:12für das österreichische Bundesheer gefertigt. Heute wird die Glock von zwei Drittel der Polizeibehörden
02:18der USA verwendet. Eine Vielzahl von Armeen, also die jüngste ist jetzt glaube ich die französische
02:22Armee, die die Glock bei sich einführt. Insgesamt wurde seit den 80er Jahren 20 Millionen Stück
02:27gefertigt. Die Glock ist natürlich auch in den Medien angekommen. Das ging auch ein bisschen auf die
02:33Firma selbst zurück. Zum Beispiel gab es bezahlte Produktplatzierungen in Miami Vice, einer damals sehr
02:39populären Serie in den USA. Und in Stirb Langsam, ich glaube das kennen die meisten, da ist von einer
02:44Porzellanpistole die Rede, die durch jede Flughafensecurity durchkommt, weil sie einfach
02:50unaufspürbar ist. Ist natürlich alles Blödsinn, aber auch das war eine bezahlte Werbung von Glock
02:56damals. Und, naja, Glock kennt man natürlich auch aus dem Ibiza-Video, wo ein Johann Gudenus und
03:06ein HC Strache berühmt berüchtigt behauptet haben, die Firma Glock würde einen FPÖ-nahen Verein
03:11sponsern, was aber natürlich die Firma stets bestritten hat.
03:19Ich habe da auch noch ein Anschauungsobjekt mitgebracht. Das ist eine echte Glock 17 der
03:24Generation 4. Wie gesagt, ich bin Sportschütze und besitze eine Waffenbesitzkarte. Ja, und jeder,
03:30der schon mal auf einem Schießstand war, wird jetzt sagen, ja so hält man die Waffe aber nicht. Das ist
03:33richtig. Macht man normalerweise so. Aber nur um kurz zu demonstrieren, wie so eine Waffe
03:38funktioniert und was vor allem die Glock auch besonders macht. Wir nehmen mal jetzt das Magazin
03:43raus. Das ist leer. Ich stecke das mal kurz weg. Und auch die Waffe ist ungeladen natürlich. So eine Glock
03:52besteht im Prinzip aus zwei Teilen und das ist auch für das österreichische Waffenrecht dann relevant.
03:57Ich demonstriere das kurz mal. Das ist das Griffstück und wenn man das so in der Hand hat, merkt man, das ist
04:07natürlich nur ein paar Gramm Gewicht. Da ist gar nicht so viel los und auch wenn man reinschaut, sieht man, da sind jetzt
04:12nicht wahnsinnig viele Bauteile drinnen. Da ist prominent die Abzugsgruppe drinnen und der Verschlussfanghebel,
04:18recht viel mehr, ist da nicht los. Dieses Teil zählt in Österreich nicht als Waffe. Die andere
04:25Baugruppe, das ist eben der Schlitten und der Lauf, die sind in Österreich als Waffe gewertet und die muss
04:31man auch registrieren lassen. In Österreich spricht man von gasdruckbelasteten Teilen. Also wenn ich ins
04:37Geschäft gehe und sage, ich will eine Glock haben, dann meint man eigentlich fast schon nur diese Teile. Auch
04:42diese Teile sind jetzt eigentlich nichts Großartiges Besonderes. Das sind einfach nur drei Teile. Da ist
04:47einerseits die Feder, dann haben wir hier den Lauf und eben den Schlitten. Und diese Teile sind eben
04:54das, was in Österreich als Waffe zählt. Das untere Teil kann ich jederzeit bei jedem Waffenhändler in
05:01Österreich kaufen. Einfach so. Das ist ein unreguliertes Bauteil. Nur für das obere brauche ich eben eine
05:07Waffenbesitzkarte, einen Waffenschein oder eine spezielle Genehmigung. Und diese Zweiteilung kann auch zu
05:13Problemen führen, die sich natürlich auch Kriminelle zunutze machen. Ein Beispiel dafür wäre eben
05:20eine aktuelle Diskussion, die es in Schweden gibt. Dort wurde der Begriff der Frankenstein-Glocks geprägt.
05:25Wie funktioniert das? Kriminelle Banden in Schweden organisieren sich Griffstücke aus Österreich und
05:40kombinieren sie dann mit den gasdruckbelasteten Teilen, sprich dem Lauf und dem Schlitten. Die
05:45organisieren sie sich meistens aus den USA, wo diese Teile weniger stark reguliert sind als hierzulande. Und
05:52schon kann man sich eine Glock zusammenbasteln. Sollte man das tun? Wahrscheinlich nicht. Ist halt
05:57auch ein Vor- und Nachteil dieser Waffe, dass sie sehr modular ist, dass die Teile immer passen und
06:03ausgetauscht werden können. Nahezu beliebig. Jetzt wird Österreich für diese vermeintliche Lücke im
06:10Waffenrecht stark kritisiert, vor allem von Schweden. Ja, was die Schweden halt nicht gerne dazu sagen, ist,
06:15dass der schwedische Zoll, der eigene schwedische Zoll, nicht bemerkt hat, dass über Ebay zum Teil Waffenteile,
06:22wie eben Lauf und Schlitten aus den USA importiert werden. Und das wurde zum Teil als Fahrradteile
06:28deklariert. Ja, wie man einen Lauf einer 9mm Pistole mit einem Fahrradteil verwechseln kann, das weiß
06:35wahrscheinlich auch nur der schwedische Zoll. Nichtsdestotrotz ist es in Schweden natürlich wirklich ein Problem,
06:40dass da kriminelle Banden sich mit Waffen ausrüsten können. Und natürlich kommt es auch da tragischerweise
06:46zu vielen Toten und Verletzten durch diese Waffen. Ein zweites, noch aktuelleres Beispiel gibt es in den
06:54USA. Der Fall von Luigi Mangione, dem mutmaßlichen Mörder eines CEOs einer Krankenversicherung, der auf
07:02offener Straße diesen Mann eben erschossen hat. Da gab es zuerst, als dieses Video publik wurde und
07:08Spiral ging, die Vermutung, es könnte sich um eine Glock 19 handeln, also sprich die Variante der Glock 17
07:14mit einem kürzeren Griffstück. Es hat sich dann aber sehr schnell herausgestellt, dass es keine
07:19Frankenstein-Glock war oder sonst irgendeine zusammengebastelte Waffe, sondern dass dieses
07:24Griffstück aus dem 3D-Drucker gestammt hat. Jetzt muss man dazu sagen, es ist nicht möglich, eine Glock völlig
07:31aus dem 3D-Drucker zu fertigen. Dazu wäre das Material auch viel zu wenig robust. Man muss sich
07:38den Lauf zum Beispiel schon irgendwie auf anderem Weg organisieren, aber das Klebstück kann ich mir
07:44sehr wohl ausdrücken. Jetzt muss man aber auch fairerweise dazu sagen, das hat jetzt mit der
07:48Firma Glock überhaupt nichts zu tun. Also die Firma selbst bietet sowas gar nicht an. Warum sollte sie
07:53das auch? Sondern das wird halt in Internetforen und in diversen Videoplattformen, die sich darauf
07:59spezialisiert haben, tatsächlich werden diese Druckmodelle geteilt. In dem Fall ist es eben eine
08:04relativ exakte Kopie einer Glock 19. Und dann gibt es halt noch auch das Problem der sogenannten
08:11Glock-Switches. Das ist ein kleines Gerät, das steckt man hinten auf den Schlitten drauf und kann so
08:19eine Glock in eine Maschinenpistole, in eine vollautomatische verwandeln, weil eben diverse
08:26Sicherungsmaßnahmen oder Sicherungsvorrichtungen der Glock damit außer Kraft gesetzt werden. Diese Glock-Switches
08:31gibt es seit den 80er Jahren, die wurden erstmals in Südamerika entwickelt, aber mit dem Aufkommen
08:37des 3D-Drucks sind die noch populärer geworden und vor allem in den USA ein riesiges Problem.
08:54In Österreich wäre die Verwendung eines solchen Glock-Switches illegal und nach dem Kriegswaffenrecht
08:59sogar verboten. Das würde dann unter Kategorie A fallen. Vollautomatische Waffen dürfen in Österreich
09:04nicht in private Hände.
09:08Es bleibt am Ende natürlich die Frage, was kann man dagegen tun? Wie kann man verhindern,
09:13dass Waffen aus mehreren Einzelteilen zusammengebastelt werden und sich kriminelle
09:17einzelne Schlupflöcher oder einzelne Regeln so herauspicken, dass sie das eben machen können?
09:23Naja, in Österreich ist das Waffenrecht generell etwas liberaler als in anderen Ländern. Was jetzt
09:28nicht heißt, dass die Regelung unbedingt schlecht ist. In Österreich muss man genauso einen Psychotest
09:32machen, man muss einen Waffenführerschein machen, um überhaupt eine Waffenbesitzkarte zu machen.
09:36Also es gibt schon einige Regelungen, die auch gut und sinnvoll sind. Jetzt haben andere Länder
09:41wieder andere Regelungen, die teilweise strenger sind, die teilweise nicht so streng sind und so
09:45ergibt es sich halt, dass sich naturgemäß aus dieser ganzen Sache schon mal Schlupflöcher
09:50auftun. Die Lösung des Problems wäre wahrscheinlich eine europaweite oder sogar weltweite Vereinheitlichung
09:55des Waffenrechts, aber das wird natürlich mal schauen an den USA scheitern. Es wird unter
10:00anderem an Deutschland scheitern, die beim Waffenrecht sehr, sehr streng sind. Das wäre
10:03aber die einzige Möglichkeit in Wahrheit, um diese Schlupflöcher zuzumachen, wenn ein
10:07einheitliches europäisches Waffenrecht geschaffen würde. Und wenn wir nochmal auf Glock zurückkommen,
10:13dann lässt sich wohl sagen, dass diese Waffe wirklich ihren Eingang in die Popkultur gefunden
10:17hat, was für eine Schusswaffe natürlich schon sehr erstaunlich ist. In den USA wird Glock teilweise
10:22als Synonym für das Wort Fistole gebraucht. Denn in diesen unsicheren Zeiten werden Polizeibehörden
10:28und Militärs dieser Welt wahrscheinlich weiter auf die Waffe aus Österreich setzen. Egal ob
10:31einem das gefällt oder nicht, die Glock ist eine der größten Exporterfolgsgeschichten
10:35Österreichs. Das ist so und das wird wahrscheinlich auch so bleiben.
10:52Vielen Dank.
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