- vor 5 Wochen
 
Brüssel, meine Liebe? Kommt Europas Auto-Industrie aus der Krise?
In dieser Folge unserer Brüsseler Talkshow diskutieren die Teilnehmer über die Lage der Auto-Industrie, Europas Wettbewerbsfähigkeit und Pläne Belgiens, das Militär gegen die wachsende Kriminalität einzusetzen.
LESEN SIE MEHR : http://de.euronews.com/2025/09/20/brussel-meine-liebe-kommt-europas-auto-industrie-aus-der-krise
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NewsTranskript
00:00Hallo und willkommen zu Brüssel, meine Liebe, unserer wöchentlichen Talkshow aus dem Herzen
00:17Europas. Hier diskutieren wir über das, was Europa bewegt, ob positiv oder negativ. Ich
00:23bin Stefan Grobe, seien Sie herzlich gegrüßt. Unsere Themen. Europas Autoindustrie durchlebt
00:30eine Existenzkrise. Und das zu einem Zeitpunkt, an dem die Branche voll auf den strategischen
00:35Wandel konzentriert ist. Nämlich auf den Übergang auf eine Mobilität, die ganz auf Elektrizität
00:42setzt. Doch Verbraucher sind verunsichert. Soll man ein Elektroauto jetzt anschaffen oder damit
00:47noch warten? Ist es erschwinglich und kann man es jederzeit und überall aufladen? Und
00:53Vor einem Jahr wollte der frühere italienische Regierungschef und EZB-Präsident Mario Draghi
00:59mit seiner Analyse von Europas Wettbewerbsfähigkeit den Kontinent wachrütteln. Der Italiener forderte
01:05dringende radikale Veränderungen, um mit den USA und China Schritt zu halten. Doch die EU
01:11kämpft weiter mit Reformstau, Investitionshemmnissen und Risikoscheu. Wurde Draghi ausreichend gehört?
01:18Und wenn nein, warum nicht? Fragen an unsere Gäste in dieser Woche. Und zwar Claudia Detsch,
01:25Leiterin der Klimaabteilung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Brüssel. Peter Hefele, politischer Direktor
01:30beim Wilfried-Martin-Center in Brüssel. Und Sandra Patti, Leiterin des Brüsseler Büros des
01:36Instituts der deutschen Wirtschaft. Nochmals herzlich willkommen. Eine erfahrene Brüsseler Runde heute.
01:43Bevor es hier aber losgeht, schauen wir erst einmal auf die aktuelle Lage der Autoindustrie.
01:55Stotternde Verkaufszahlen, hohe Energiepreise, wachsender globaler Wettbewerb und ein raueres
02:01Handelsklima haben die europäische Autoindustrie in eine Krise gestürzt.
02:05Im Frühjahr brachte die EU einen Industrieaktionsplan auf den Weg, der Mittel für Batteriehersteller
02:17vorsieht. Doch das endete an den insgesamt düsteren Aussichten nichts.
02:24Die Autohersteller vermissen besonders einen pragmatischen politischen Plan für die Umgestaltung
02:30der Branche. So fordern sie niedrigere Energiekosten für das Aufladen, mehr Kaufzuschüsse und
02:39Steuererleichterungen und vor allem eine bessere Ladeninfrastruktur, damit die Umstellung auf
02:44Elektrofahrzeuge für eine kritische Masse europäischer Verbraucher zu einem Vorteil wird.
02:52Sollte das Verbrennerverbot ab 2035 verschoben werden, wenn dies nicht funktioniert?
03:00Dieser letzte Punkt hat sich in der öffentlichen Diskussion zum alles entscheidenden Kern
03:09herauskristallisiert sozusagen. Ist das Verbrenner-Aus nach wie vor vernünftig? Ist es realistisch
03:16oder ist es im Grunde der falsche Ansatz? Frau Patti, ich fange mal mit Ihnen an.
03:22Das Hin und Her ist das Problem. Wenn man einfach bei der Entscheidung bleiben würde und sagen
03:26würde, es ist klar, ab 2035 Neuzulassungen eben nicht mehr als Verbrenner, dann hätten
03:33ja alle Beteiligten eine klare Orientierung. Aber das immer wieder in Frage zu stellen,
03:38macht die Sache für sowohl die Hersteller wie auch die Verbraucherinnen und Verbraucher
03:42einfach sehr unberechenbar.
03:44Ja, politisch kommt das ja überwiegend von der rechten Seite des Plenums. Einige Ihrer
03:51Parteifreunde mischen da kräftig mit. Wie sehen Sie das?
03:55Wobei da nicht mal unbedingt eine Einheit besteht innerhalb der europäischen Parteifamilie.
03:59Und ich glaube, dass es auch politisch nicht sehr klug ist, nun, wie Sie ja gesagt haben,
04:03auch hin und her zu gehen und das Problem auch auf dieses Element zu reduzieren. Wir haben
04:08ja gerade in der Einleitung auch gesehen, dass es viele andere Faktoren sind. Darauf würde
04:12ich mich konzentrieren, auf die Infrastruktur, auf Handelshemmnisse. Das sind die wirklichen
04:16Hebel, die im Moment die Probleme bereiten. Es ist nicht die Industrie alleine.
04:20Frau Dersch, gibt es da überhaupt eine Mehrheit für politisch in Rat und im Parlament für
04:27ein Aus des Verbrenner-Aus sozusagen?
04:31Das wage ich zu bezweifeln. Ich glaube, die Analyse ist ja relativ eindeutig, wie wir sie
04:37ja auch schon jetzt gehört haben. Wir müssen tatsächlich die Rahmenbedingungen verbessern.
04:41Was ich interessant finde, wenn man sich mal anschaut, wie ja eben auch viele Unternehmen
04:45sich da zu positionieren oder eben auch Gewerkschaften etc., dann ist das ja gar nicht so verengt
04:50auf diese Frage des Verbrenner-Aus 35 Jahren. Nein, das ist jetzt tatsächlich sehr im politischen
04:55Raum und auch ein bisschen dann in der medialen Darstellung. Und ich glaube, wir täten wirklich
05:00sehr gut daran, da wieder auf die anderen Faktoren auch zurückzugehen und uns jetzt auch
05:04in der politischen Debatte tatsächlich darauf zu fokussieren, was wir jetzt angehen müssen
05:10und was wir auch schneller angehen.
05:11Das heißt ja auch nicht, wir wollen das Aus vom Aus, sondern wir wollen Technologie-Neutralität.
05:16Was ja heißt, wir wollen also alle Optionen weiter auf dem Tisch. Aber die Leute, die Verbraucher
05:21sind verunsichert, weil sie nicht wissen, wo es lang geht.
05:26Also ich glaube, dass für den europäischen Markt die Elektrifizierung, die E-Mobilität
05:30das Entscheidende in der Zukunft sein wird. Es gibt andere Märkte in anderen Regionen der Welt,
05:34wo man sich alternative Antriebsformen durchaus vorstellen kann. In Lateinamerika, in Afrika.
05:38Aber ich glaube, für Europa ist der Entwicklungsstrang eigentlich relativ klar.
05:42Und wir sollten auch das Moment der Innovation, der Fähigkeit, die wir selber haben, in den
05:46Vordergrund stellen. Das ist auch politisch in die Öffentlichkeit ein falsches Signal,
05:50die eigenen Fähigkeiten wieder etwas zu klein zu sehen.
05:53Ja, ja. Es wird ja auch von der Autoindustrie selber gar nicht so gewollt. Also Audi-Chef Döllner,
06:00Gernot Döllner hat neulich gesagt, also wenn man immer wieder davon anfängt, verunsichert
06:04das die Leute.
06:05Auf allen Ebenen.
06:05Ja. Also die meisten der deutschen PKW-Montagewerke sind inzwischen ja für die Produktion von
06:12Elektroautos umgerüstet, ausgerüstet. Das heißt, wir sind in Deutschland eigentlich
06:16auch diejenigen, die europaweit dann noch am besten sich darauf vorbereitet haben.
06:21Wenn man jetzt diese ganzen Investitionen wieder in Frage stellt, dann geht es mit der
06:25deutschen Autoindustrie wahrscheinlich noch schneller bergab, als es ohnehin schon zu beobachten
06:29ist. Ich meine, wir haben die Zahlen bei uns im Institut uns mal angeschaut.
06:31Ja, definitiv schrumpft die Autoindustrie in Deutschland. Wir haben 2023 eine PKW-Produktion
06:39gehabt, die lag auf dem Niveau von 1985. Muss man sich mal überlegen. Wenn wir die E-Autos
06:44da noch rausrechnen würden, wären wir auf dem Niveau von 1966. Also wir haben wirklich
06:50eine Strukturwandelsituation. Die müssen wir aber halt auch einfach durchhalten. Wenn wir
06:57eben, wie gesagt, dann immer wieder die Rahmenbedingungen ändern, dann
07:01kann einfach keiner eine sinnvolle Planung machen. Die Investitionen rechnen sich nicht.
07:06Und dann haben wir noch ein größeres Problem.
07:09Und wir sehen ja selbst im Bereich der Zulieferindustrie, dass es einige Unternehmen gibt, die durchaus
07:12innovativ sind, die sehr neue Markte erschließen, auch international. Also da ist viel Innovationspotenzial
07:18da. Ich glaube, das falsche politische Signal jetzt zu senden, wäre eine fatale Entscheidung.
07:22Ja. Der Marktanteil von Elektroautos unter Neuwagen liegt etwa bei 15, 16 Prozent. Der
07:30von Hybridautos ist mehr als doppelt so hoch. Zeigt das nicht auch so eine gewisse, ich
07:36sage mal, Ratlosigkeit unter den Verbrauchern, die sich nicht hundertprozentig entscheiden
07:40können für ein Elektroauto?
07:41Ich weiß nicht, ob es Ratlosigkeit ist oder im Moment noch eher sich so ein bisschen
07:45abzusichern. Wir haben das ja schon angesprochen. Es ist eine Unsicherheit da, ob ich überall
07:48die nötige Ladeinfrastruktur vorfinden werde. Es ist auch sicherlich noch eine gewisse
07:52Unsicherheit da, was die Entwicklung dann der Strompreise betrifft. Und solange das der
07:58Fall ist, will sich da der ein oder die andere wahrscheinlich absichern. Deswegen wäre es
08:02ja umso wichtiger, hier auch die Signale jetzt zu setzen. Ich meine, das finde ich ohnehin
08:06ganz interessant an dieser Debatte. Warum sind wir denn jetzt in diesen Schwierigkeiten?
08:10Es ist ja nicht, weil das Ziel falsch war, sondern weil wir in den letzten Jahren zu wenig
08:13gemacht haben, um tatsächlich darauf hinzuarbeiten. Und wenn dann die Debatte jetzt
08:18darauf hinausläuft, dass wir noch mehr Geschwindigkeit bei diesem Umbau rausnehmen, dann kann es
08:23natürlich sein, dass wir das Kind hier tatsächlich mit dem Bade auskippen und die Situation noch
08:27verschärfen.
08:28Also Ford in Köln hat gerade angekündigt, 1000 Arbeitsplätze abzubauen, weil der Absatz
08:34von Elektroautos, die dort gebaut werden, nicht so gut ist, wie ursprünglich geplant.
08:39Man braucht auch für ein Elektroauto weniger Leute, die das bauen. Außer der Batterie drumherum,
08:43da ist ja nicht mehr viel. Wenn man Leute fragt, warum sie beim Kauf eines Elektroautos
08:48zögern, bekommt man zur Antwort, die sind erstens zu teuer und zweitens, es gibt nicht
08:52genug Ladestationen. Wir haben dieselbe Frage Romain Denayer von EV Belgium gestellt, einem
08:59Wirtschaftsverband, der sich für eine schnellere Verbreitung von Elektroautos einsetzt. Das
09:04hat er gesagt. Hören Sie mal zu.
09:05Das größte Hindernis ist heute die Wahrnehmung. Und das ist ein echtes Problem, das wir überall
09:14in Europa beobachten können. Obwohl wir sehen, dass die Preise für Elektroautos sinken und
09:20dass die Gesamtbetriebskosten von Tag zu Tag vorteilhafter werden, in den meisten Fällen
09:25sogar vorteilhafter als bei anderen Fahrzeugtypen. Das zweite Hindernis ist die Ladeinfrastruktur,
09:31die nach wie vor als Problem wahrgenommen wird. Wir haben zwar die Millionenste Ladestation
09:36in Europa gefeiert, wissen aber, dass es immer noch einige Regionen gibt, in denen es Probleme
09:41gibt. Aber auch dies wird sich in den kommenden Jahren verbessern.
09:49Zu diesem Problem der Wahrnehmung. Gerade gesagt, wir haben ungefähr eine Million Ladestationen
09:56in der EU. Laut Automobilverband brauchen wir knapp neun Millionen in den nächsten fünf
10:03Jahren. Das ist eine ganz ehrgeizige Schrecke, die man da zurückkriegen muss. Zahlen des
10:10Automobilverbandes. Ist das zu schaffen, Frau Barty?
10:15Naja, wenn man sich tatsächlich da nun dahinter klemmen würde, wäre das mit Sicherheit zu
10:19schaffen. Das Problem sind nur die Energiepreise an irgendeiner Stelle. Wenn wir jetzt also auf
10:25Elektro umstellen, müssen sich die Verbraucher natürlich auch überlegen, was kostet mich
10:29denn dann der Tank, der volle? Und wenn die Energiepreise bei uns in Europa, gerade aber
10:35auch in Deutschland, so hoch bleiben, wie sie sind, dann ist das einfach ein Problem.
10:40Und kann dazu beitragen, dass die Leute sich dennoch lieber für den Verbrenner oder andere
10:48Antriebsmodelle irgendwie entscheiden wollen. Also die Frage ist halt nicht nur, kriegen wir
10:52die Ladeinfrastruktur auf die Straße gebaut, im wahrsten Sinne des Wortes, sondern halt
10:56auch, wie teuer wird es denn dann, wenn ich mein Auto versuche, damit zu tanken. Ein Punkt
11:02würde ich aber noch sagen, der Heimatmarkt, was den Absatz angeht, ist eigentlich für deutsche
11:08Automobilhersteller fast nur noch eine Nebenrolle. Also der ist hier so ein Nebenkriegsschauplatz
11:13geworden. Es geht, das meiste geht in den Export. Und hier sind vielleicht noch zehn,
11:21naja, ein bisschen mehr, zwölf, 13 Prozent der verkauften Fahrzeuge gehen wirklich in
11:25den deutschen Markt. Das heißt also, was der deutsche Verbraucher gerne hätte oder möchte,
11:30ist vielleicht für die Produktion gar nicht die zentrale Frage.
11:33Nochmal zu dieser Ladeproblematik. Also knapp 80 Prozent aller europäischen Ladestationen
11:41befinden sich in Deutschland, Frankreich, Benelux. Wenn man also mit dem Auto, seinem E-Auto
11:48nach Kroatien oder Spanien in den Urlaub fahren will, ja, gute Fahrt. Also das ist dann immer
11:53noch ein Wagnis. Warum sind die anderen Länder so weit hinterher, Frau Detsch?
11:58Ja, erstmal, das ist natürlich so ein bisschen aufrüttelnd, wenn Sie das so sagen, weil wir ja in
12:02Deutschland eben auch schon das Gefühl haben, dass wir da noch lange nicht da sind, wo
12:05wir gerne hinwollen. Und wenn wir dann schon unter denen sind, die da am weitesten sind,
12:09da sieht man natürlich, was da in Europa noch zu machen ist. Und ich glaube, da braucht es
12:14natürlich auch noch tatsächlich zum einen die Entschiedenheit, auch dort zu wissen, wo
12:20es jetzt hingeht. Und dann aber natürlich auch eine entsprechende Daraufdrängen und auch
12:23eine entsprechende Unterstützung, aber auch beim Ausbau dieser Infrastruktur.
12:27Herr Heffler.
12:27Also wir müssen uns einfach die kommunale Ebene auch mal anschauen. Das sind auch Planungsfragen
12:31in den Kommunen, wie ich diese Energiewende, das ist ja nur ein Teil eines größeren
12:35Umbauprojektes, dort realisiere. In meiner eigenen Heimatgemeinde hatten wir lange zwei
12:38oder drei Stationen bei einer Einwohnzahl von 5000 Leuten. Insofern fehlt es da auch an
12:43wirklichen Umsetzungen. Da scheitert es nicht an technischen oder selbst an finanziellen
12:47Mitteln. Das waren einfach Fragen der konkreten politischen Entscheidungen, die man zu lange
12:50hinausgezögert hat.
12:51Die Autoindustrie ist einer, nach nackten Zahlen her, der größten Innovationstreiber in der
13:00europäischen Wirtschaft, einer der größten Investitionsquellen. Aber die Autoindustrie
13:05hat so in der öffentlichen Debatte manchmal so den Ruf einer Betonfraktion. Woher kommt das?
13:12Na ja, ich glaube halt, ja, sie ist innovativ. Und ja, sie war in Deutschland auch lange eine
13:18industrielle Lokomotive, dieser ganze Sektor. Aber viele von den Innovationen sind eigentlich
13:23kleine Schritte, sind kleine Verbesserungen an irgendeiner Regelungsautomatik, was auch
13:28immer. Was wir nicht sehen, sind große Brüche. Dass also wirklich eine ganz neue Technik kommt,
13:34das, was mal irgendwann als Apple mit einem iPod rauskam, ganz neue Systematik. So was sehen wir
13:41eigentlich im Bereich der Autoindustrie nicht unbedingt, sondern nur Schritt für Schritt.
13:45Das heißt, das, was da wirklich an Innovationen kommt, sind kleine Bereiche und sind sehr gezielt
13:55auf eben die Bedürfnisse dann da ausgerichtet. Und das, glaube ich, das macht die Sache dann nur für
14:00begrenzte quasi Zielgruppen interessant.
14:03Ja, aber das geht auch wieder in die Richtung, die wir vorhin dann angesprochen haben. Ich muss ganz
14:07ehrlich sagen, da habe ich jetzt auch dann drüber nachgedacht. Die Zahlen, das zieht ja
14:11jetzt an. Also ich glaube, im ersten Halbjahr 25 Prozent mehr Verkäufe von E-Autos als im
14:17letzten Jahr. Und darüber diskutieren wir ja im Moment nicht. Und auch wir, das kennt
14:22man ja aus der Kommunikationsforschung auch, diejenigen, die gegen was sind, die sind ja
14:25häufig dann auch etwas sichtbarer als die anderen. Und ich glaube, so entsteht dann vielleicht
14:31auch in der Öffentlichkeit so ein bisschen so ein schiefes Bild. Und gerade deswegen ist es
14:35aber ja auch so wichtig, hier nicht die Bevölkerung weiter zu verunsichern, sondern eben auch
14:39die Erfolge aufzuzeigen und das konstruktive Vorgehen.
14:42Ich glaube, dieser Innovationsaspekt und wie Innovation wahrgenommen wird, ist ein ganz
14:45wichtiger. In dem zweiten Teil werden wir ja auch über Draghi sprechen. Und ich glaube,
14:49wir vergleichen ein Innovationsmodell, wie wir es teilweise in den USA kennen, mit einem
14:53völlig anders gearteten hier in Europa, das nicht weniger leistungsfähig ist, aber das
14:57nicht so verkaufbar ist und nicht diese Apple-Effekte hat. Ich glaube, da müsste Politik auch noch
15:03mal deutlicher sagen, wir haben unser eigenes Modell, das extrem leistungsfähig ist.
15:07Bei uns ist doch auch das Problem häufig eher die Skalierung dann nachher, also da tatsächlich
15:11auch in den Verkauf zu gehen. Und da sind wir auch wieder dann natürlich bei dem Thema,
15:15zu dem wir gleich kommen.
15:16Das ist ein gutes Thema, in den Verkauf gehen. Ich habe mir die Zahlen angeguckt, vom vorigen
15:20Jahr waren unter den Top Ten Elektroautos weltweit ein einziges, was aus der Europäischen Union
15:29kam. Ein VW, ich glaube der ID.4, das Modell. Also bei aller Investitionsfreudigkeit und der
15:37hohen Technik, das ist ja ein bisschen mau. Können wir noch verhindern, dass wir also nicht völlig von
15:44den Chinesen abgehängt werden?
15:46Nee, also zahlenmäßig sind wir da weit hinten dran. Also in Deutschland wurden 1,25 Millionen
15:52Elektroautos gebaut, in China 8,5 Millionen. Also das sind Größenordnungen, das kriegen wir
15:58so schnell, wenn überhaupt, nicht aufgeholt. Also wir sind knapp vor den USA im Moment noch,
16:05das könnten wir uns vielleicht noch als Ziel setzen. Aber dass wirklich das Epizentrum der
16:10Automobilindustrie nach Asien sich verlagert hat, das können wir seit 2005 beobachten. Und das ist
16:16auch ein Trend, den wir hier nicht wieder zurückholen. Was wir gesehen haben, wo es mal einen Boom
16:20gibt, sind SUVs. Also jenseits der ganzen Elektrik-Debatte, die großen Autos, die SUVs, die scheinen
16:27großen Absatz zu finden.
16:28Werden aber auch nicht unbedingt von deutschen Hersteller produziert.
16:31Wobei ich glaube, dass wir schon einige Innovationen in den nächsten Jahren sehen werden, wo Europa sehr
16:35weit vorne ist. Das wird sich in der Tat nicht in großen Zahlen umschlagen, aber technologisch, glaube ich,
16:39sind wir nach wie vor an der Spitze.
16:43Schön, wenn es der Industrie hilft. Gehen wir mal in die Politik. Also Friedrich Merz, der
16:50Bundeskanzler, hat in den letzten zwei Wochen zwei Krisenbranchen besucht. Er war auf der
16:56Automesse in München und er war auf dem Maschinenbaugipfel in Berlin. Beide Branchen klagen natürlich über
17:05die Zölle auf Stahl und Aluminium und so weiter. Der Maschinenbauverband hat sogar eine Nachbesserung
17:12des aktuellen Zolldienstes mit den USA verlangt. Ist das realistisch? Ist daran zu denken, Frau Detsch?
17:20Wie realistisch das ist, das steht ja leider sehr stark in Frage. Ich meine, welche Halbwertszeit haben
17:25überhaupt diese Absprachen, die wir da treffen? Und wenn wir denken, wir haben ein Ergebnis,
17:30dann ist es ja häufig nicht, überlebt es nicht die Woche. Aber natürlich, das ist ein Riesenproblem
17:34ja für die Maschinenbauer. Wir reden hier in Europa viel über Entbürokratisierung im Moment.
17:41Das ist quasi eines der Hauptthemen. Und wenn man sich dann anschaut, was da die Unternehmen,
17:47was da jetzt auf die dazukommt, das da rauszurechnen, was das überhaupt bedeutet, diese Zölle, die
17:52jetzt noch dazugekommen sind, nachdem eigentlich man glaubte, man hätte den Deal da abgeschlossen.
17:56Das ist ja auch einfach ein unfassbarer Aufwand. Das ist eine große Unsicherheit. Also so kann es
18:01an sich tatsächlich nicht weitergehen. Nur wo nimmt man da jetzt den Optimismus her,
18:06dass wir da in Kürze tatsächlich zu tragfähigen Ergebnissen kommen? Das liegt ja nicht so sehr
18:11auf unserer Seite.
18:11Aber ich glaube, wir müssen uns einfach tatsächlich mehr auf unsere eigenen Stärken hier konzentrieren.
18:17Drei Viertel der deutschen Autoproduktion sind Exporte. Davon ist aber der Großteil in
18:24dem europäischen Markt. Das heißt also, 60 Prozent haben wir hier in Europa und 40 Prozent geht
18:31woanders hin. Und das geht ja auch nicht alles in die USA, sondern eben natürlich auch
18:34noch auf andere Märkte. Das heißt, wir haben ja Alternativen. Wir müssen uns ja nicht
18:38die ganze Zeit wie das Kaninchen vor der Schlange mit diesen Tarifen drangsalieren lassen,
18:43sondern wir müssen halt einfach gucken, welche Stärken haben wir hier, welche können wir
18:46hier aufbauen. Das gilt natürlich auch für den Maschinenbau. Auch da wird nicht ausschließlich
18:52in die USA exportiert, sondern auch hier wird viel in den europäischen Markt exportiert.
18:57Und da haben wir wieder eher das Problem, das was an Tarifen potenziell, an Zöllen
19:02auf uns zukommt, könnten wir ja eigentlich auffangen, wenn wir endlich die verschiedenen
19:08bestehenden Hürden im Binnenmarkt abbauen könnten. Das würde sich mehr als ausgleichen.
19:13Also da haben wir ja eigentlich einen Ansatzpunkt, um was zu tun, jenseits davon, was vielleicht
19:18an Volatilität aus den USA kommt.
19:20Ja, also nicht nur 60 Prozent gehen in den Export. Deutschlandautobauer bauen ja auch
19:26in den USA. Also die Fahrzeuge sind ja gar nicht betroffen von den Zöllen.
19:29Und nochmal zum Maschinenbau zurück. Auch da sehen wir den Strukturwandel auch schon seit
19:32zwei Jahrzehnten, wie die Chinesen zum Beispiel in Segmente reingehen, die wir lange als absolut
19:36gesichert angesehen haben. Insofern glaube ich nicht, dass wir neue große Märkte erschließen
19:42können. Aber auch hier die Technologieoffenheit, die Fähigkeit ist entscheidend. Und wir sollten
19:47das strategische Ziel eines transatlantischen Freihandelsraumes nicht aus den Augen verlieren.
19:52Das ist im Moment politisch fast nicht vorstellbar. Aber ich glaube, das ist etwas, was Politik
19:56durchaus im Blick haben sollte.
19:58Sie kennen alle den Autoprofessor Ferdinand Dudenhöfer von der Uni Duisburg-Essen. Der hat
20:04gesagt, wir müssen mit den Chinesen zusammenarbeiten. Die Chinesen haben alle Karten in der Hand,
20:10Technologie, die Batterien und so weiter, die Rohstoffe. Es bringt nichts, wenn wir auf
20:14einen Anti-China-Kurs gehen. Wir müssen mit denen zusammenarbeiten, was ja in der Autoindustrie
20:18auch schon hier und da passiert.
20:21Ich glaube, der springende Punkt sind die Rohstoffe. Wir haben halt einfach viele der seltenen
20:25Erden nicht, die es braucht in der Produktion. Und die gibt es dann eben primär in China.
20:30Und solange wir da keine Alternativen haben, führt an der Kooperation gar kein Weg vorbei.
20:36Frau Detsch.
20:36Ja gut, also das denke ich auch. Wir können uns das gar nicht leisten, da nicht zu kooperieren.
20:44Wir müssen natürlich darauf dringen, dass das etwas stärker als bislang auch zu unseren
20:49Konditionen geschieht, was zum einen den Marktzugang dort betrifft. Und dann aber natürlich,
20:54das ist ja eine ganz entscheidende Frage, zu welchen Kriterien sind wir dann auch gemeinsam
20:59hier in Europa unterwegs?
21:01Ja. Würde irgendjemand hier am Tisch ein chinesisches Auto kaufen?
21:07Naja.
21:07Ich bin raus.
21:08Nein, Frau Detsch sagt nein.
21:09Nein, ich sage nein, ja. Es sind ja zwei von uns dreien, die gar kein Auto haben.
21:16Insofern...
21:16Es besteht kein Bedarf.
21:17Würden Sie nicht?
21:18Nein. Im Moment besteht kein Bedarf. Und ich glaube, also auch jetzt aktuell sagen zu können,
21:22nein, würde ich nicht.
21:23Okay.
21:24Meine Bedenken waren eher im Blick auf den Datenschutz zum Beispiel.
21:26Ja, genau.
21:26Auch diese Sachen. Aber da gibt es eigentlich einen Rahmen, den wir einfach durchsetzen
21:30müssen.
21:30Ja, das meinte ich ja. Zu welchen Bedingungen sind wir dann auch hier in Europa unterwegs?
21:33Ich wäre da im Moment auch noch vorsichtig.
21:35Ich höre hier eine gesunde Skepsis heraus. Vielen Dank erstmal für diese erste Runde. Wir
21:41machen jetzt eine kleine Pause und danach, ein Jahr nach dem Draghi-Bericht, kriegt Europas
21:46Wettbewerbsfähigkeit die Kurve, um beim Autothema zu bleiben. Bleiben Sie bei uns.
21:56Willkommen zurück zu Brüssel, meine Liebe. Meine Gäste sind immer noch Peter Hefele,
22:03Sandra Partey und Claudia Detch. Vor einem Jahr hat der EU-Sonderbeauftragte Mario Draghi
22:10seinen 400-seitigen Bericht zur Wettbewerbsfähigkeit Europas vorgelegt. Seitdem wird der Draghi-Report
22:16so häufig zitiert wie keine andere Studie. Manche nennen sie auch die Brüsseler Bibel oder
22:21EU-Doktrin. Es geht um eine Verbesserung von Innovation, technologischer Souveränität
22:28und industrieller Produktivität. Fragt man die Kommission, so ist sie seitdem Draghis
22:33Linie gefolgt. Stichworte seien etwa die Vereinfachung der Bürokratie, der Wettbewerbsfähigkeitsfonds
22:40immerhin rund 800 Milliarden Euro und die Initiative Made in Europe. Frage also, welche Empfehlungen
22:47Draghis hat die EU tatsächlich befolgt und wo besteht noch Nachholbedarf? Herr Hefele.
22:52Ich glaube, die Rede Draghis vor einigen Tagen war eine ziemliche Klatsche gegenüber
22:56der Kommission. Sehr undiplomatisch, aber ich glaube, wir folgen ihm alle in dieser Hinsicht.
23:02Die Blockaden sind auf verschiedenen Ebenen nach wie vor zu sehen. Nicht mal in der Kommission
23:06selber. Meiner Ansicht nach finden wir einen Konsens. Gehen wir in die Mitgliedstaaten oder
23:10das Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten und der europäischen Ebene, dann haben wir dort die
23:14größten Widerstände, weil wir eben, wie Draghi ja zu Recht sagt, die Reform auch auf der
23:19nationalen Ebene angehen müssen. Und da sehe ich nun wirklich in keinem Land entscheidende
23:24Schritte. Ja, Frau Hefele. Es ist ja nicht so, als hätte Draghi sich aufgedrängt, was zu Papier
23:29zu bringen. Er war ja aufgefordert worden, sich zu äußern und Gedanken zu machen. Und anschließend
23:35hat man der Eindruck, viele Leute lesen das, 400 Seiten, vielleicht auch nicht, vielleicht auch
23:38nicht alle. Und dann landet es irgendwo. Warum läuft das so? Warum wird das nicht ernst genommen?
23:43Am Anfang haben alle gedacht, oh ja, der Mann hat Recht und so weiter.
23:47Naja, das glaube ich schon. Ernst genommen wurde es schon. War ja insgesamt ein relativ
23:51großes Übereinstimmen, dass eben auch diese Analyse völlig zutreffend ist. Auch dieser
23:55Weckruf ja dahinter, dieser Aufruf, dass wir jetzt tatsächlich dringend was tun müssen.
24:01Und aber, wie auch schon hier gesagt wurde, es ist natürlich in der praktischen Umsetzung
24:05ausgesprochen schwierig. Und ich denke da, wo natürlich auch tatsächlich ja an die, an
24:10dieses Verhältnis dann auch zwischen den Mitgliedstaaten untereinander und auch eben
24:14hier zur Brüsseler Ebene, wo das so rührt. Das Bedenkliche, finde ich jetzt, ist, dass
24:19tatsächlich es ja eigentlich nur einen Punkt gibt, auf dem die Kommission jetzt auch
24:23nach, naja, also wo sie auch sagt, da sind wir richtig gut vorangekommen. Das ist bei
24:27ihrem Bürokratieabbau. Ich glaube, es ist jetzt schon gut und wichtig, dass wir in Europa
24:31gucken, wo wir Prozesse vereinfachen können. Ich glaube aber auch, es ist eben wichtig, dass
24:35wir jetzt hier nicht dann übers Ziel hinausschießen, was beispielsweise Arbeitnehmerrechte
24:40betrifft oder was eben auch Umweltrechte betrifft. Und insofern finde ich diese Schieflage,
24:44die wir jetzt hier sehen, schon ausgesprochen bedenklich. Weil ich glaube, die zentralen
24:50Punkte, die finden sich ja auch noch in ganz anderen Bereichen, wie eben einer vertieften
24:54Binnenmarktintegration.
24:55Es ist ja immer so, auf 400 Seiten steht eine Menge drin und jeder kann sich dann politisch was
24:59rauspicken und dann sagen, hier, haben wir gemacht und so. Aber das große Ganze, und das
25:03hat er ja im Auge, verliert man dann.
25:06Ist nicht viel passiert. Also es kommt auch bei der Wirtschaft wirklich nichts davon
25:09an. Selbst die Aktivitäten rund um den Bürokratieabbau, nichts davon ist bisher
25:15verabschiedet. Nichts davon greift bisher. Die Wirtschaft steht genauso da wie vorher, hat
25:21mit genauso viel Bürokratie zu kämpfen. Hier Eurostat selber hat es berechnet, 150
25:26Billionen, Milliarden Euro, also 150 Milliarden Euro, was es immer für die Wirtschaft pro Jahr
25:34kostet, diesen ganzen Bürokratie-Reporting-Vorgaben nachzukommen. Das heißt also, nichts davon ist
25:41bisher ungesetz. Es ist nicht ein Gesetz vereinfacht worden. Es gibt Diskussionen darüber, bestimmte
25:47Gesetze später einzuführen, ein bisschen im geringeren Umfang einzuführen. Aber wir sind
25:52alle noch da. Das heißt, wir sehen eigentlich überhaupt nicht, dass sich da was...
25:56Und da kommt ja auch eine Kritik aus der Wirtschaft, gerade von Umwelttechnologien, den
26:00neuen Spitzenbranchen der Zukunft. Warum ist das so?
26:07Also ich glaube, dass hinter der Diskussion nochmal eine ganz andere Ebene von fundamentalen
26:11Widersprüchen und auch Konflikten existiert, zum Beispiel der Industriepolitik. Da gibt es
26:15keinen Konsens. Da haben wir unterschiedliche Modelle, die in Europa konkurrieren. Die Frage
26:19des Kapitals, der Mobilisierung von Kapital, die Risikobereitschaft, das ist etwas, was
26:24Mentalitätsfragen berührt. Also ich glaube, so zutreffend die Analyse auf der Oberfläche
26:29von Draghi ist, er kann schlecht die dahinterliegenden Sachen adressieren. Und die kann er nicht adressieren,
26:35weil das sind fundamentale politische Entscheidungen.
26:38Ich habe es erwähnt, Umwelttechnologien spielen eine wichtige Rolle in der von Draghi skizzierten
26:43künftigen Wirtschaftslandschaft in Europa. Dazu gehört das Unternehmen Circular Materials,
26:48mit dessen Direktor Michael Pinto wir uns unterhalten haben. Wir wollten seine Ansicht
26:53hören, wie die Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu stärken sei. Das hat er uns gesagt.
26:59Hören Sie mal zu.
27:00Das Problem ist nicht ein Mangel an Innovation. Die Europäer sind sehr innovativ. Was wir
27:05brauchen, ist eine Erleichterung der Kommerzialisierung der von uns entwickelten
27:09Technologien und deren Verbleib hier als Unternehmen. Die Antwort auf diese Frage liegt offensichtlich
27:14in der Beseitigung der Fragmentierung. Wir müssen Europa zu einem einzigen reibungslosen
27:18Markt machen, von dem alle 450 Millionen Bürger profitieren. Und damit dies geschieht, müssen
27:23alle Akteure an einem Strang ziehen. Das betrifft nicht nur die Europäische Kommission, sondern
27:28auch die Mitgliedstaaten und die Regionen innerhalb jedes Landes. Wir müssen es für Investoren zu
27:33einem attraktiven Angebot machen.
27:35Ein reibungsloser Markt. Sind wir auf dem Weg dahin?
27:40Scheinbar nicht, würde ich sagen. Und ich denke, die Frage auch, wie Sie sie gestellt
27:46haben, okay, nach einem Jahr konnte man jetzt sicherlich auch nicht annehmen, dass jetzt schon
27:50wahnsinnig viel umgesetzt ist. Aber der Punkt ist ja, dass wir tatsächlich auch nicht recht
27:54vorankommen, selbst dass sich was abzeichnet. Und das ist natürlich besorgniserregend.
27:59Also offensichtlich ist in den Hauptstädten diese Botschaft von Draghi nicht angekommen.
28:04Wir erzählen uns das hier immer alle gegenseitig. Immer wieder, immer wieder, wie wichtig der
28:09Binnenmarkt ist, dass das unser größtes Pfand sozusagen ist. Und es passiert nichts. Es
28:13sind immer wieder Hürden, die aus den nationalen Regulierungen kommen, die es für die Akteure
28:18in der Wirtschaft einfach unmöglich machen, im europäischen Binnenmarkt so frei zu agieren,
28:23wie sie es bräuchten. Und da hat offensichtlich die Message von Draghi die
28:28Regierungschefs nicht wirklich erreicht.
28:32Und wir erregen uns ja über die Zölle, die die USA auf uns draufgelegt haben. Aber
28:37wenn man mal die inneren Zölle sozusagen fiktiv berechnen kann, das hat man auch getan,
28:41dann sind die viel, viel höher zum Teil. Also solche einfachen Zahlen müsste man einfach
28:45in den Raum auch hineinschießen. Das ist etwas, wo Menschen damit was anfangen können.
28:48Nur der Punkt, das ist ja angesprochen worden hier im Video und wir haben vorhin auch schon
28:52darüber geredet. Wir kommen ja gar nicht so recht von dieser Phase der Innovation. Wir haben
28:57auch eigentlich ein ganz gutes System hier der Zusammenarbeit zwischen Universitäten
29:01beispielsweise Forschungseinrichtungen und Unternehmen etc. Wir kommen dann aber eben
29:06nicht wirklich in die Skalierung rein und das ist das Problem.
29:09Wir werden es hier heute nicht lösen, aber wir werden es weiter verfolgen. Soweit zu unserer
29:12zweiten Runde. Das Neueste zum Thema Wettbewerbsfähigkeit Europas wie immer in unseren Nachrichten auf den
29:19diversen Euronews-Plattformen. Vorerst vielen Dank an unsere Gäste und an Sie zu Hause. Bleiben Sie bei uns.
29:24Willkommen zu Brüssel, meine Liebe. Ich bin Stefan Grobe. Meine Gäste sind Sandra Patti vom
29:37Institut der Deutschen Wirtschaft, Claudia Detzsch von der Friedrich-Ebert-Stiftung und
29:40Peter Hefele vom Wilfried-Martin-Center. In Brüssel, der Hauptstadt Europas, nimmt die
29:46Bandenkriminalität stark zu. Zwischen Januar und August dieses Jahres wurden 57 Schießereien
29:52registriert. Mehr als 7000 Personen wurden in diesem Zusammenhang dem Haftrichter
29:57vorgeführt. Fast dreimal so viel wie im Vorjahr. Vor einigen Tagen schlug der belgische
30:02Innenminister vor, das Militär auf den Straßen Brüssels einzusetzen. Eine Maßnahme, die durchaus
30:08umstritten ist. Ist dies der richtige Weg, um die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten? Also das
30:15Militär zur Verbrechungsbekämpfung? Was halten Sie von diesem Ansatz?
30:19Herr Hefele, ich fange mit Ihnen an.
30:21Also diese Botschaft ist für mich eine Katastrophe, eine Bankrotterklärung. Aus gutem
30:25Grunde haben wir in Demokratien die Trennung zwischen dem Militär und der Polizei. Und das
30:29ist etwas, was wir nur bei Terroranschlägen zum Beispiel in einigen Fällen aufheben können.
30:34Insofern ist das, wie gesagt, ein Armutszeugnis. Das adressiert verschiedene Ebenen. Wir haben
30:39seit 15 Monaten keine Regierung hier in Brüssel und das untergräbt jegliche demokratische
30:44Legitimität. Wir haben eine Zerfaserung von Zuständigkeiten. Die eh schon knappen
30:50Ressourcen werden damit noch weiter fragmentiert. Und wir gehen nicht an die
30:53Ursachen wirklich heran, die von städteplanerischen Entwicklungen bis hin zu sozialen Bewegungen
30:58laufen.
30:59Frau Paar, fühlen Sie sich sicher in Brüssel?
31:01Also ich muss tatsächlich sagen, ja, obwohl auch bei mir schon eingebrochen worden
31:06ist und nichts passiert im Nachgang. Also von daher die Erfahrung, dass also hier
31:13durchaus Kriminalität an der Tagesordnung ist, die haben, glaube ich, so ziemlich alle
31:16Bewohner der Stadt gemacht. Ich finde trotzdem aber halt auch die Maßnahme, jetzt das Militär
31:22zum Einsatz bringen zu wollen, sehr, sehr bedenklich. Das Problem scheint mir ja zu sein,
31:27eher, es haben sich Parallelgesellschaften etabliert hier, wo einfach die Polizei nicht
31:32reinkommt, nicht durchkommt, überhaupt gar keine Wirkungsmacht entfalten kann. Und
31:36da muss aus meiner Warte was getan werden. Und das andere ist, dass die Justiz ja überhaupt
31:41nicht mehr handlungsfähig ist. Also bevor dann hier mal irgendwie jemand dem Haftrichter
31:45A vorgeführt wird, B irgendein Verfahren bekommt, C daraus sich irgendwas ergibt, da sind
31:50die Leute ja schon drüber gestorben.
31:52Ja, und das gestohlene Fahrrad ist weg, natürlich, Frau Detsch.
31:57Ich glaube auch, dass das ein ziemlich verzweifelter Akt ist. Man will jetzt sicherlich der Bevölkerung
32:02zeigen, dass man das ernst nimmt, dass man da auch Antworten drauf zu geben vermag. Aber
32:07ich glaube auch, es wird ja an den zugrunde liegenden Problemen überhaupt nichts ändern.
32:12Da wäre ja eher die Frage, ob ich dann nicht wirklich die Polizei besser ausstatten muss,
32:16eine bessere Mittelausstattung. Justiz ist angesprochen worden, ganz genauso.
32:21Also was ich finde, was vielleicht noch so ein bisschen, also ich will nicht sagen, der
32:25positive Aspekt daran ist, aber ich glaube, es ist gut und richtig, dass wir ja hier
32:29tatsächlich jetzt auch anfangen, verstärkt über die Bedeutung der organisierten Kriminalität
32:33in Europa zu reden. Und das ist ja ein Thema, was bis jetzt eher für meine Verhältnisse
32:40so etwas unterbelichtet ist. Und ich glaube, das können wir uns tatsächlich nicht länger
32:43leisten. Aber das Militär auf der Straße wird an den strukturellen Problemen wenig ändern.
32:48Wir wollen mal die Bewohner, andere Bewohner Brüssels zu Wort kommen lassen. Wir haben uns
32:54umgehört auf den Straßen der Stadt. Herausgekommen ist natürlich kein ausgewogenes Meinungsbild,
32:58aber immerhin ein Bild mit interessanten Ansichten. Wollen Sie mal rein.
33:03Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich dadurch sicherer fühlen würde. Es würde eher mehr
33:08Aufmerksamkeit erregen.
33:09Es ist etwas naiv zu glauben, dass die Drogengewalt in Brüssel ein Einzelfall ist, wenn wir doch
33:15nebenan in Antwerpen dieselben Probleme rund um den Hafen haben.
33:23Nach den Terroranschlägen in Brüssel hatten wir bereits Soldaten. Also ja, es würde vielleicht
33:29ein Gefühl der Beruhigung ermitteln. Es wird die Lage verschlimmern. Die Unsicherheit
33:36und die Gewalt, denn Soldaten sind zum Kämpfen ausgebildet. Ich denke daher, dass das überhaupt
33:41nicht helfen wird.
33:42Das ist ein interessanter Aspekt. Militärkämpfen und das erhöht die Gefahr. Wenn jetzt das
33:51Militär polizeiliche Aufgaben übernimmt, hat dann die Polizei Zeit für andere Sachen
33:55oder wie muss man sich das vorstellen, Herr Pfeefler?
33:58Also man sagt, es gibt rechtliche Rahmenbedingungen, die das Militär gar nicht zugesteht. Sie müssen
34:02das sowieso dann in dem polizeilichen Bereich irgendwann überführen. Da ist die Grenze
34:06juristisch relativ klar. Aber ich stimme der letzten Meinung zu, das Signal, das wir
34:11aussenden, ist nicht etwas der Beruhigung. Das ist eine weitere Verschärfung der Notstandssituation
34:16und das ist, was meiner Ansicht nach wirklich ankommt. Also nochmal, das Signal ist verheerend.
34:23Es gibt ja in Frankreich und in Italien die Gendarmerie und Carabinieri, die so Polizei mit
34:29militärischen Aufgaben, Pflichten ausgestattet sind. Ist das möglicherweise ein Modell, was
34:38wir uns auch hier in Belgien oder Deutschland vorstellen können?
34:42Da sind wir aber doch bei uns am Punkt von vorhin. Also da brauche ich doch auch strukturelle
34:47Reformen, dann brauche ich eine entsprechende Mittelausstattung etc. Und darum geht es doch
34:52hier gar nicht. Das ist doch gar nicht die Diskussion, die dahinter steht, sondern wir
34:55wieder offenkundig eine gewisse staatliche Autorität zeigen. Und wie gesagt, ich glaube
35:00da tatsächlich die Bevölkerung beruhigen. Jetzt hat man hier auch in dem Einspieler sehr
35:03schön gesehen, dass das auch vermutlich nicht funktionieren wird.
35:07Was ist denn, in London zum Beispiel gibt es mittlerweile überall Kameras. Die Überwachung
35:11der öffentlichen Räume ist praktisch total. Ist das etwas, was man sich auch vorstellen könnte?
35:16Ich bin kein großer Freund von diesen großen Überwachungen. Ich denke mal aber auch, der nächste
35:21Schritt ist ja dann, selbst wenn ich die Leute identifiziert habe, müssen die ja dann
35:25eigentlich schnell einer Strafe zugeführt werden. Und daran krankt es ja. Da ist ja das System
35:30völlig überlastet. Die Gefängnisse sind alle übervoll etc. Das heißt, es muss viel mehr
35:37investiert werden, sowohl in das Personal, also was Polizei überhaupt, Polizeikräfte
35:42angeht, als eben halt auch in das Justizsystem als Ganzes, damit der Prozess auch dann weitergehen
35:48kann. Nur die Kamera alleine wird es nur wirklich nicht richten. Ich brauche schon
35:52Leute, die danach den identifizierten Straftäter auch irgendwo finden und eben
35:57verurteilen.
35:59Wir können nicht über das Thema sprechen, ohne Donald Trump zu erwähnen und den
36:04Militäreinsatz in Los Angeles und Washington, demnächst in Memphis. Haben das sich die
36:10Regierungen in Europa abgeguckt?
36:12Ich glaube, es ist eigentlich interessant in den USA, als sind die Schläge außerhalb der
36:15Vereinigten Staaten gegenüber Venezuela zum Beispiel. Das ist das, was viel gravierender
36:20auch ist. Und wo man sich aufreien muss, ist das eine Aufgabe des Militärs oder müssen
36:23man andere Strukturen nehmen? Das Thema Antwerpen ist ja genannt worden. Das ist ja der Hafen
36:27in Europa, womit die meisten Drogen auch durchfließen. Es gibt Ansätze in Europa von der
36:32Geldwäschegesetzgebung bis zur besseren Datenverknüpfung. Da gibt es noch viel Potenzial, weil auch
36:38hier die Fragmentierung leider effektive Bekämpfungen nicht möglich macht.
36:42Okay, gut. Wir sind am Ende, die Sendung ankommt. Passen Sie auf sich auf, wenn Sie
36:47nach Hause gehen und in den nächsten Tagen und Wochen und Monaten. Vielen Dank an unsere
36:54Runde natürlich und an unsere Zuschauer zu Hause. Wenn Sie die Unterhaltung fortsetzen
36:59möchten, egal zu welchem Thema, schreiben Sie uns brüsselmeineliebe at euronews.com oder in
37:05den sozialen Medien. Das war's für heute. Ich bin Stefan Grobe. Ihnen eine angenehme Woche. Bis bald.
37:12Los.
37:13Los.
37:14Los.
37:15Los.
37:16Los.
37:17Los.
37:18Los.
37:19Noch.
37:21Los.
37:23?
37:25bakarny.
37:26Russia
37:27islandanzeoma
37:29blip.
37:30racon?
37:30Los.
37:32ra-store.
37:33drained
37:37Perdue.
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