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Die Box-Legende Henry Maske stieg 2007 ein letztes Mal in den Ring. Für war es der ultimative Kampf mit seinem eigenen Ego – und die Abrechnung mit seinem bitteren Abschied elf Jahre zuvor, seiner einzigen Profi-Niederlage. (Text: ZDF)
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00:00Die Halle steht, die Halle tobt, München verneigt sich.
00:30Verlieren ist bei ihm nicht vorgesehen.
00:37Und dann verlierst du wirklich das erste Mal und dann auch noch in deinem letzten Kampf.
00:48Wahnsinn.
00:49Das ist brutal.
00:53Mit einmal rief mich Werner Heinz an.
00:55Du, der Henry will ein Comeback.
00:57Ich sag, was?
00:59Alle Boxcomebacks sind eigentlich grundsätzlich zum Scheitern vorurteilt gewesen.
01:06Es ist ein extrem hohes Risiko.
01:14Es ist ein direkter Sport, ein sehr, sehr gefährlicher Sport.
01:18Durch und durch von Ehrgeiz gepackt.
01:25Drei Möglichkeiten.
01:27Entweder ich brauche es finanziell.
01:29B.
01:30Ich vermisse das Rampenlicht.
01:32Und C.
01:33Ich habe noch eine Rechnung offen.
01:36Der Stachel hat ihn verfolgt.
01:39Ich bin verfolgt.
01:40Warum?
01:41Warum hat er das gemacht?
01:54Warum hat er das gemacht?
02:01Ich hab dich verfolgt.
02:02Ich habe noch etwas hinsichtlich.
02:04Musik
02:34Keiner mehr so.
02:36Gerader Typ, mit dem man sich über viele Themen unterhalten kann.
02:41Man hat sofort gesehen, dass er eine Aura besitzt, die nicht viele Leute haben.
02:47Henry ist absolut zielstrebig. Für mich war das ein Glücksfall, dass wir zusammen in einer Trainingsgruppe waren.
02:53Fokussiert wie im Ring, war er vielfach auch außerhalb.
02:59Und auch egomanisch.
03:04Ich war immer sehr strategisch.
03:19Was man bei Henry Maskey deutlich sieht, ist, dass er Dinge konsequent verfolgt.
03:24Und das ist die Voraussetzung im Leistungssport, um ganz nach oben zu kommen.
03:28Und das hat er sehr früh erkannt in seinem Leben.
03:34Die heutige Generation will sich auch nicht so quälen. Ein Henry Maskey hat angefangen mit neun Jahren zu boxen.
03:43Der hat sich entwickelt, der hat sich das erarbeitet.
03:46Das Internat war im Grunde genommen auf Leistung ausgerichtet.
03:57Wir waren irgendwie untereinander Kumpels, aber auch Konkurrenten.
04:00Wenn du da nicht so klar warst in der Birne, dann hast du es eigentlich nicht durchgehalten.
04:05Wir waren im Viererzimmer.
04:14Ich habe immer schlecht geschlafen.
04:17Ganz viel gegrübelt.
04:21Denken wir mal, warum schlafen die anderen alle?
04:23Haben die keine Probleme?
04:24Machen sie sich keine Gedanken darüber, was jetzt gerade heute passiert ist oder gestern war?
04:28Und wie sie das schaffen, wir fahren bald zur Bezirksmeisterschaft oder zur DDR-Meisterschaft.
04:34Ich weiß es nicht.
04:36Ich habe immer viel gegrübelt.
04:42Irgendwann habe ich gemerkt, ich brauche zwar länger, aber ich bin besser am Ende als manche andere.
04:50Manfred Wolke kennengelernt habe ich mit 14 Jahren.
05:00Dann über 20 Jahre sind wir gemeinsam durch die Amateur- und Profizeit gegangen.
05:13Viele sagen ja immer, ja, das war jetzt nicht der Boxer unbedingt.
05:17Ich hatte, ich habe keine Aggressivität, die ich jetzt nutzen kann, um zu sagen, jetzt haue ich da mal richtig.
05:26Hatte ich nicht.
05:27Mann, Mann.
05:28Das war Henrys einziges Manko als Profi, dass er keinen Punch hat.
05:32Meist in der Ecke da.
05:34Gemeinsam, zack.
05:35Ich führe meinen Kampf.
05:37Aber er hat den perfekten Box-DW-Hab.
05:40Und habe Trainer getroffen, mit denen ich arbeiten durfte, die mit mir gearbeitet haben.
05:45Lust darauf hatten, um hier zu arbeiten.
05:51Er hatte mit Manfred Wolke dafür auch den richtigen Trainer.
05:54Beide haben, glaube ich, in vielen, vielen Kämpfen genau die richtige Taktik abgesprochen.
05:59Manfred Wolke war von sich so überzeugt.
06:05Und das herbt natürlich auch auf die Sportler ab.
06:11Der Leistungsabforderung war er brutal.
06:14Also er hat da keine Abstriche gemacht.
06:16Die sind beide erfolgsorientiert, egomanisch und dementsprechend voller Zielstrebigkeit.
06:24Er will im Grunde genommen nur mein Bestes.
06:28Und das tut manchmal weh.
06:37Ich würde behaupten, dass der Charakter, der da war, auch in Situationen kam,
06:42wo er eben auch immer wieder sich die Frage stellen musste,
06:45ist er das, kann er das, will er das, wird es möglich sein?
06:50Und die Frage, ist das möglich, war natürlich gerade vor meinem Comeback elementar.
06:57Die Robotschen, die Maske gegen Virgil Hill.
07:19Wenn man auf dem Weg zum Ring, wenn man da versucht hat, irgendwie ins Gesicht zu schauen,
07:23da hat man ja, ich glaube, ich habe zum ersten Mal wirklich Konzentration in einem Bild erkannt, sozusagen.
07:28Also wie der wirklich fokussiert ist auf den Moment, der dann gleich kommt.
07:33Und was ist das für eine Herausforderung heute, nach über zehn Jahren gegen den amtierenden Weltmeister?
07:39Er war im Ring gestanden, sehr klar denkend.
07:46Und wer kommt besser in den Kampf?
07:48Ich weiß genau, was ich in der Vorstellung hatte als Strategie
07:58und spürte, dass es sich ähnlich anfühlt, wie ich es geplant hatte.
08:08Ich glaube, dass Hill ihn auch nicht so ernst genommen hat.
08:12Ich habe gedacht, der hat zehn Jahre nicht geboxt, da lache ich drüber.
08:15Die Maske will natürlich die Deckung erst mal geschlossen halten.
08:30Es ist kein Rentnerboxen, kein Seniorenboxen.
08:32Es riecht kein bisschen nach Räumersalbe.
08:38Er hat die Kämpfe sehr, sehr strategisch aufgebaut hinter seiner rechten Führhand, eben dem Jab.
08:43Und dann ab und an die linke Schlagern nachgebracht.
08:53Warum hat er das gemacht?
08:55Die vielen Konflikte, die ich hatte, mit einem Kampf, mit einer Niederlage, die haben natürlich auch geprägt.
09:11Sein Angstgegner, das war natürlich Angel Espinosa.
09:14Die Kubaner sind einfach die besten Boxer gewesen damals bei den Amateuren.
09:1887, Angel Espinosa und Henry Mosler.
09:24Aber so ein Niederlage.
09:28Boah.
09:28Der erste Moment, wo er gemerkt hat, ja, es gibt auch Boxer, wo man seine Grenzen erkennt.
09:43Es zeichnet ihn aber aus, dass er aus solchen Erfahrungen immer auch gelernt hat.
09:48Ich dachte, wenn ich jetzt so weiterfahre, ist mein Traum Olympia 88 nicht mehr möglich vielleicht.
09:57Denn die Zeit davor, das Training hatte nicht mehr substanziell die Herausforderung.
10:11Das war ein ganz klarer Weckruf.
10:14Wie kannst du es verbessern?
10:16Wie kannst du auch am Gerät arbeiten und mit Qualität den Anspruch entwickeln?
10:21Und da könnte jetzt ein Gegner stehen und du könntest dem gerecht werden.
10:27Nice to see you again.
10:30Es war damals auch ein großer Vorteil, dass eben die, sagen wir mal, sehr guten DDR-Boxer sich auch immer auf die großen Turniere mit den Kubanern vorbereitet haben.
10:41Ja, mir war klar, die besten Boxer. Dort sind die besten Boxer.
10:51Es ist zu verstehen, dass diese Leute hier so arbeiten, so konsequent, lässt natürlich auch nicht den Gedanken zu, es ist Zufall, dass sie so erfolgreich sind.
11:12Da zuzuschauen, das war so begeisternd, wo du sagst, hier kannst du so viel mitnehmen, kannst du so viel lernen über unseren Sport.
11:33Und wenn du hier durch bist, kannst du die Welt erobern.
11:42Die leben das Boxen dort. Also Boxen ist dort Tanz und gesellschaftliche Anerkennung.
11:58Ich bin auch nach meiner aktiven Zeit möglicherweise schon wiederholt dort gewesen.
12:04Und auch in diesen Kinder- und Jugendcamps, wo Kinder 10, 11, 12 Jahre alt sind und kann mich selbstverständlich erinnern, als ich in dem Alter war.
12:15Und wenn mich so ein Zehnjähriger anschaut, mit Augen, die funkeln, die, die, die, die erwarten, was da passiert gleich.
12:28Und ich habe mit so den Augen an, dachte mir, wow, mein Leben war schon in dem Alter.
12:36Die wissen, dass das wenige Möglichkeiten gibt, für sie irgendwie rauszukommen und vielleicht ein besseres Leben zu leben.
12:56Ich wusste, boah, wenn du hier durch bist und gut durchkommst, dann bist du gewandelt.
13:16Also Olympia 88 war natürlich das Ziel eines jeden, auch für mich.
13:29Und natürlich, Kuba fehlte.
13:36Was in vielen Bereichen keine Bedeutung hatte.
13:39Aber ganz konkret für mich, wie ist das?
13:44Angel Espinosa ist nicht dabei.
13:46Traurig war ich nicht.
13:57Wenn mich jemand heute noch fragt, was ist mein schönster Erfolg, fällt mir nur einer ein.
14:07Die Olympia sind.
14:08Ergarten Markus, er trainiert schon in einem Profistall, er wird nach den Spielen sofort Berufsboxer.
14:12Er ist ein bisschen kleiner, kräftiger, muss den Angriff suchen.
14:20Der Gegner von Maske, ein sehr, sehr gefährlicher Mann.
14:23Ich kann das aus einer sicheren Haltung heraus so kontrollieren, dass er tatsächlich, würde ich sagen, nicht den Fuß auf den Boden kriegt.
14:36Maske war bei denen, die den Fachleuten eher Sorge gemacht haben.
14:40Und jetzt zeigt er sich hier in glänzender Form.
14:43In der dritten Runde hat er nur noch eine Chance, die Flucht nach vorne.
14:52Maske trifft wieder.
14:55Die letzte Minute hat begonnen.
14:56Dieser Moment, so ein Sieg, Olympiasieger zu werden, ist so ein unsagbar großes Gefühl.
15:14Da fällt so viel an Last von einem.
15:17Ein Olympiasieg an sich ist immer eine exzellente Fahrkarte für den Profisport.
15:33Inwieweit man ihn vermarkten konnte, da war ich mir nicht drüber im Klaren.
15:37Es gab natürlich sehr viele Skeptiker.
15:39Also er war überhaupt nicht der Typ, wo ich dachte, der wird jetzt irgendwie die Massen begeistern.
15:45Ich freue mich, dass er hergekommen ist.
15:47Henry Maske.
15:51Alle wussten, er kann sofort gegen die Besten der Welt antreten, aber man muss erst mal in die Position kommen.
15:58Zu verstehen braucht ein bisschen.
16:01Ich bin fest davon überzeugt, hätte Henry ganz am Anfang sofort, wie er das vermeintlich meinte,
16:06als jemand, der dieses Profigeschäft ja überhaupt nicht kannte, gegen Top-Leute gebrochen, hätte er verloren.
16:11Auch Vitali und Wladimir Klitschko, die haben am Anfang Taxifahrer geboxt, die gerade an der Halle vorbeikamen.
16:18Das ist normal.
16:19Das war auch nochmal eine harte Zeit, diese Wartezeit.
16:23Motivation war da schon nicht ganz so groß mehr, das stimmt.
16:28Das war natürlich so ein bisschen auch die Coming-out-Party eigentlich.
16:54Da war ja die Frage, wie kann er jetzt wirklich mal gegen so einen amerikanischen Haudegen bestehen?
16:58Er war der Gefürchtete.
17:01Der es wagte im Ausland, seinen Titel zu verteidigen.
17:04Aber er hatte eineinhalb Jahre nicht geboxt.
17:06Der passte irgendwie genau für mich von der Größe her, von der Sache.
17:18Wenn du zwölf Runden durchhalten willst, musst du die Runden viel zurückhalten am Morgen.
17:25Gefährlicher Mann, auch jemand, der wirklich hart punchen konnte.
17:36Aber Henry wusste genau, wie man gegen ihn boxen muss.
17:40Hat den Kampf hinter seinem Jepp kontrolliert, war sehr, sehr beweglich.
17:43Diese Grundmaske-Taktik, ich zeige dir, wo es lang geht, wir boxen nach meinem Style.
18:02Spannender Kampf.
18:03Unglaublich.
18:06Der zweiten Kampfhälfte hat ja nochmal aufgedreht.
18:08Da hat der Kunst-Charles William ein bisschen nachgelassen, fand ich so.
18:12Ich konnte spüren, dass ich ihn kontrollieren kann.
18:23Henry Musk hat es immer geschafft, die Distanz zu halten, seine Taktik da durchzuboxen.
18:28Du spürst, dass er nicht mehr daran glaubt, gewinnen zu können.
18:43Dass er fast aufgeht.
18:44Und dann war schon so, jetzt müssen wir das Wort bereiten, weil da wird einer heute der Weltmeister.
19:00Das war richtungsweisend.
19:02Eine wirklich riesen Leistung.
19:05Und damit einmal war er der große Held.
19:07Endlich haben wir mal wieder einen Weltmeister.
19:09Ich habe mich riesig gefreut, dass Henry diesen Kampf gewonnen hat, weil ich auch sofort wusste, was das auch für das deutsche Boxen bedeutet.
19:26Wer war mit einmal der Liebling aller?
19:29Hätte Henry den verloren gegen so einen erfahrenen Boxer damals, dann wäre das gar nicht so ins Rollen gekommen.
19:35Also dann wären wir ganz schnell wieder vom Sintner gewesen.
19:40Und das war auch das Privileg seiner Art, seines Auftrittens.
19:46Wenn er was wollte, dann hat er das mit Gewalt auch durchgesetzt.
19:50Die Euphorie hatte sich gelegt, nachdem die Wende dann vollzogen wurde.
20:06Was diese Welt mitbrachte, war auch Arbeitslosigkeit.
20:13Und wen kann man dafür verantwortlich machen?
20:18Naheliegend dem, dem es vermeintlich besser geht.
20:24Dem es ja gut geht.
20:25Dem geht es jetzt gut.
20:26Klar.
20:30Es war eine echt herausfordernde Zeit.
20:33Und ich bin so dankbar.
20:34Als wir 1993 dann im März Weltmeister wurden, ich Weltmeister wurde, in Frankfurt-Oder ankam, haben sich wieder alle gefreut.
20:49Richtig, richtig doll gefreut.
20:52Es war schön.
20:55Nie bin ich geworden, wie ich geworden bin.
20:57Verlieren, das ist nicht schön.
21:02Aber ja, wenn man die zweite Chance bekommt, hat man sie zu nutzen.
21:07So wie bei Virgil im zweiten Kampf.
21:10Und das war ein guter Treffer zuletzt von Henry Maske, der in der letzten Runde einen halben Gang zugelegt hat.
21:28Das ist vor allem bei mir hängen geblieben, dass er strategisch super, super, super das drauf hatte, Anpassungen vorzunehmen.
21:37Auch in diesen Rematches wusste er genau, welche Stellschrauben zu drehen sind, um am Ende des Tages den Erfolg zu haben.
21:44Und das fand ich bei ihm wirklich ganz, ganz klasse.
21:46Am meisten war Virgil Hill überrascht, auf welchen fitten Gegner er da getroffen ist, womit er nicht gerechnet hat.
21:56Henry Maske, kann der das wirklich schaffen?
22:00Er glaubt dran, das spürt man.
22:03Ich drehe im Grunde genommen den Spieß um, im Gegensatz zu dem, was ich zehn Jahre vorher erlebt habe.
22:08Jetzt sind beide mit den Klötzen aneinander gestoßen.
22:16Einen unabsichtlichen Kopfstoß. Hill hatte einen relativ schweren Cut erlitten in dem Kampf.
22:23Und dieser Cut hat ihn schon auch behindert vom Kopf her.
22:27Wer davon eine Platzwunde hat, aber mir nichts passiert.
22:33Es war ein richtig gutes Gefühl.
22:35Der Kampf ist offen, hier ist alles möglich.
22:38Er hat natürlich auch von allen Dingen eine eigene, klare Vorstellung, wie er ihn umsetzt.
22:43Als Einzelsporter musst du auf dich alle überdacht sein.
22:46Da war Henry schon extrem.
23:04Henry ist ein sehr, sehr smarter Junge gewesen, immer.
23:06Er weiß genau, was er will.
23:09Er hat Sachen hinterfragt und hat auch immer wieder sehr, sehr bewusst sich überlegt, mach ich das, mach ich das nicht.
23:18Natürlich kann man sagen, einzelnen Gegnern ist Henry aus dem Weg gegangen oder die ihm.
23:24Da streiten sich die Geister.
23:25Sportler, der im Leistungsport aktiv ist, ob als Amateur oder als Profi und nicht weiß, dass er auch Unternehmer ist, wird kein erfolgreicher Sportler.
23:43Er macht keine unnötigen Kompromisse.
23:47Boxen ist ein Geschäft.
23:49Und es geht nicht immer nur danach, was unbedingt einzelne Leute sehen wollen oder was die Medien hochschreiben.
23:54Man kann es machen, man muss es nicht machen.
23:56Wenn man nochmal zurückschaut, was hat diesen Erfolg ausgemacht, muss man natürlich ein Thema ansprechen.
24:04Und das ist die ganze Inszenierung.
24:06Der Gentleman und Rocky.
24:07Es geht tatsächlich um die Ehre, aber auch um Geld, Einschaltquoten und einen Weltmeistertitel.
24:13Und ich wusste natürlich, dass Sauerland genau in diese Richtung geht, um die beiden schön langsam aufzubauen und dann am Ende als Peak gegeneinander boxen lassen.
24:25Perfekt vermarktet.
24:27Der Wessi gegen den Ossi, der Assi gegen den Saubermann.
24:31Der war natürlich perfekt inszeniert.
24:32Der unbeugsame Rebell gegen den Opportunisten.
24:37Ich fand es einfach lustig.
24:38Das war dann ein Skandalkampf.
24:41Da hat man den Graziano wieder einmal beschissen.
24:52Henry hat sich mit diesem Trashdog von Graziano überhaupt nicht wohlgefühlt.
24:56Das ist überhaupt nicht sein Ding.
24:57Ich glaube, dass das schon so ein bisschen auch dazu beigetragen hat, dass er es geschafft hat, wie man immer sagt, in den Kopf des Gegners reinzukommen.
25:07Er war eigentlich in diesem ganzen Kampf nicht richtig wirklich drin.
25:12Ich bin in diesem Kampf reingegangen, nicht besonders gut vorbereitet. Ich wusste nicht, wie kann ich mir den packen.
25:21Erste Mal wirklich in seiner Profikarriere musste er richtig beißen in diesem Kampf.
25:27Und der Verlauf war ganz anders, als ich es mir erhofft habe.
25:31Natürlich.
25:34Grazie Hamila saß hinter dieser Doppeldeckung, ist er nach vorne gegangen, wurde kaum getroffen und hat dann diese Haken über die Außenbahn geschlagen, innen mit dem Uppercut.
25:42Und da hat Henry immer wieder getroffen.
25:47Schwierig dann zu treffen.
25:51Und man ist selbst aktiv und versucht dann hier und da nochmal die Lücke zu finden.
25:58Und Graziano nutzte so eine Situation auch für sich gerne aus und schlugt dann mit einer ganz einfachen Art, geradlinig, aber konsequent und traf dabei.
26:08Graziano ist halt ein Kämpfer. Das ist ein Straßenköter und der kam immer, immer wieder.
26:29Poghigiani hat immer in Phasen geboxt. Mal hat er richtig Gasse gegeben, dann konnte er nicht mehr,
26:36weil er auch nicht unbedingt sehr professionell für diesen Sport gelebt hat.
26:50Zwölfte Runde. Ich fahre wirklich durch.
26:52Wo ich dann umfalle, falle ich nicht um, weil er mich getroffen hat so hart, schon weil ich kaputt bin.
27:13Ich glaube, der Henry hatte in dem Kampf auch das Glück, dass er der Weltmeister war.
27:19Das ist doch selbstverständlich, dass man ein Mühe mehr tun muss, wenn man den Champion schlagen will.
27:30Selbstverständlich habe ich Kritiken verstehen können.
27:51Ich sage nach wie vor, ich habe gewonnen und er sagt nach wie vor, er hat gewonnen.
27:59Ich glaube auch, dass man sagen kann, dass das Urteil in Ordnung geht.
28:02Oh, Graziano, da haben sie dich aber schön gelingt. Also für mich hat sie gewonnen gehabt.
28:06Ein knapper Punktsieg für Henry war korrekt, würde ich sagen.
28:10Alle wussten, er hat nicht gewonnen, aber man hat ihn zum Sieger gemacht.
28:17Das ist ein Geschäft und wahrscheinlich waren sich die Macher.
28:20Vielleicht haben die das Gefühl gehabt, okay, wenn Henry Weltmeister bleibt, kann man damit noch mehr Kohle machen.
28:26Er war, glaube ich, trotz des Sieges extrem unzufrieden.
28:30Und das hat sehr an ihn genagt.
28:34Selbstverständlich war es etwas, was mich auch im Nachgang noch sehr beschäftigt hat.
28:40Nichts, was man abschüttelt. Nicht zufällig habe ich nochmal gegen ihn geboxt.
28:45Eine tolle Sache, dass er gesagt hat, hat ich gesagt, ich habe verloren.
28:49Das natürlich nicht. Aber gesagt, ich gebe ihm eine Revanche.
29:00Es ist eine Sucht, nicht zu verlieren.
29:15Henry war über dem Berg, weil er ja immer über die Runden gehen musste.
29:20Er hat ja selten durch K.O. gewonnen.
29:25Oh.
29:26Hoffentlich war das kein Fehler.
29:30Das war ein Riesenfehler, zu sagen, ich höre danach auf.
29:35Weil natürlich die Unterstützung des Promoters nur noch in der Promotion für diesen Kampf war
29:44und auch nicht mehr in irgendeiner Form danach.
29:47Dass ich mit so einer Dinge nicht eingeplant habe, das werbe ich mir vor.
29:52Dann hätte ich möglicherweise auch anders geboxt, aber es ist alles hypothetisch.
29:56In zwölf Tagen soll endgültig Schluss sein.
29:58Dass ich den Blick dabei nicht hatte, was dann möglicherweise passieren könnte.
30:05Da war ich ja nichts mehr wert.
30:07Weder für die Fernsehanschalt, noch für sonst irgendjemand.
30:12Und das Geschäft ist immer hart.
30:14Der Verband möchte natürlich gerne auch dann nach dem Kampf einen aktiven Champion haben.
30:20Insofern denke ich schon, dass da Virgil Hill auch einen leichten Bonus hatte.
30:23Es gibt jetzt diese Verschwörungstheorien, dass deswegen auch die Punktrichter anders gewertet haben.
30:32Wir wissen es natürlich nicht, was passiert wäre, wenn er es nicht angekündigt hätte,
30:35ob der Kampf wirklich anders verlaufen wäre.
30:37Auf der anderen Seite war Virgil Hill eben auch richtig stark.
30:40Zwei Box-Techniker gegeneinander, wo quasi Boxen fast wie ein Schachspiel im Ring abläufen.
30:53Für Henry war dieser Mann kaum zu stellen, weil er so beweglich war.
30:56Ich hatte immer so unterschiedlich das Gefühl, der Hill weiß, er muss die Runde ausgeglichen halten.
31:04Dann wird es am Ende reichen.
31:06Ja, wenn man relativ früh merkt, dass was anders läuft und dass Dinge passieren, wie sie sonst nicht passieren oder anders.
31:18Sie passieren so, als wenn man ganz gezielt was steuern möchte.
31:22Und wenn mir jemand, wenn mir mein Trainer in der Ecke sagt, nach vier Runden, du liegst fünf Punkte zurück.
31:31Wo während der vier Runden nicht wirklich viel passiert ist.
31:36Und wenn ich dann auch nicht kapiere, was läuft, dann putzt mir leid, Henry.
31:49Ohne diese Abschiedsankündigung wäre es vielleicht auch unentschieden gewesen.
31:53Die Punktrichter können ja nichts mehr mit ihm verdienen, wenn es sein letzter Kampf ist.
32:07Also gebe ich doch lieber dem Hill, der weiter box.
32:09Du kannst nur mit dem aktuellen Weltmeister Geld verdienen.
32:13Und bei Wilfried ist das natürlich auch ganz klar gewesen.
32:15Er hat Vorverträge gemacht und hat sich bei Hill sozusagen mit eingekauft, mit ein paar Prozent.
32:20Und hat gesagt, wenn du die nächsten Kämpfe eben halt machst, profitiere ich da mit von.
32:25Die Punkturteile waren ja relativ eng. Ein Punktrichter hatte ihn sogar vorne.
32:31Ich glaube, dass er den Kampf auch ganz klar gewonnen hat. Er durfte nur nicht mehr gewinnen.
32:36Kann man so sehen, kann man so sehen. Ich glaube, dass Hill den Kampf nach Punkten gewonnen hat, ist korrekt.
32:41Und dann schaue ich in die Runde und die Halle ist voll und emotional, sehr emotional.
33:00Und begreife, das ist das letzte Mal, dass ich in so einer Kulisse hier für mich boxe.
33:11Alles hat seine Zeit.
33:14Das ist gnadenlos im Leistungssport. Also wenn du verlierst, bist du ganz allein.
33:21Wie er da wirklich in sich zusammenbricht, mehr oder weniger.
33:24Und beim Weg aus dem Ring und in die Kabine, man ja wirklich auch den Eindruck hat,
33:28boah, da ist jetzt nicht nur ein Kampf verloren gegangen, sondern da ist richtig was irgendwie in ihm sozusagen auch zerbrochen.
33:35Ping.
33:35Nichts weiter, außer eine klare Aussage, feiert.
33:43Die erste Niederlage eines Box-Profis ist brutal. Das ist brutal. Daran hat er mit Sicherheit zu beißen gehabt.
33:53Sauerland hatte zu dem Zeitpunkt schon mit RTL einen Vertrag gemacht über drei Kämpfe für Rocky.
34:02Der König ist tot, es lebe der König.
34:05Die haben den schon fallen gelassen.
34:09Time to say goodbye ist zu Ende.
34:13Doch.
34:15Wer möchte schon mit einer Niederlage abtreten?
34:17Damit zu leben ist nichts, wo irgendjemand hier schreit.
34:24Niemand.
34:24Ich habe mir Zeit gelassen und beschrieben, dass Dinge manchmal sich ergeben, ohne sie zu erzwingen.
34:46Sondern wenn man an sich ein Stück weit glaubt, dann schafft man auch Sachen oder bewegt etwas, was vielleicht doch vorher gar nicht so im Bilde war.
35:00Unternehmer sein heißt ja vor allen Dingen erfolgreich sein zu wollen, alles dafür tun, Wege zu suchen und zu finden, um erfolgreich zu werden.
35:08Aber ich habe es nicht mit dem Niveau praktiziert, wie ich es als Sportler gemacht habe.
35:20Wenn du als erfahrener, alter, erfolgreicher Sportler irgendwo hingehst zum Boxen, dann kickt dich immer einer an und sagt, Mann, könntest du doch auch noch mitboxen.
35:35Mich hat mein alter Gegner herausgefordert, ohne dass er es wusste und mich herausgefordert hat.
35:49Dann haben wir irgendwie telefoniert, dann hat er gesagt, ob ich schon gehört hätte, dass der Helfer der Weltmeister geworden ist.
35:56Es brachte unseren Wettkampf wieder in meine Erinnerung.
35:59Und ja, ich glaube, das hat ihn schon lange, lange geärgert und lange gefuchst und auch beschäftigt.
36:10Und dann, glaube ich, hat ihn auch mal den Ehrgeiz gepackt.
36:15Einmal rief mich Werner Heinz an und sagt, du, der Henry will ein Comeback. Ich sage, was?
36:22Also ich glaube, dass es schon mehr Hum war und mehr Ego war und mehr Ehre war vielleicht auch, als dass es das Geld war.
36:36Eines war auch klar, er hat sich zu diesem Zeitpunkt selbst vermarktet, selbst promotet, er war sein eigener Herr, ohne Promoter.
36:44Also das Geld ging komplett in seine Richtung. Alles, was dazu gehört, und das ist viel.
36:49Ich glaube, der ganze Kampf war lukrativ für ihn.
36:51Ich tippe mal, dass das finanziell sein bester Kampf war. Gibt es für mich gar keinen Zweifel.
36:57Also es ging ihm auf keinen Fall ums Geld.
37:01Wenn überhaupt, dann war es der Ruhm.
37:09Er wollte das bestätigt haben, dass er im ersten Kampf nicht verloren hat.
37:24Es war belastend.
37:25Und er wollte das irgendwie in Ordnung bringen.
37:31Wie soll das gehen?
37:34Boxen seit über neun Jahren nicht mehr.
37:37Wie soll das gehen?
37:38Und dann kommt irgendwann, so ganz leise von hinten, unauffällig gestellt, die Frage auf, könntest du das noch?
37:49Nee, das, das machst du, das geht nicht.
37:57Und wenn du auch.
37:58Das war wieder das strategische Denken von Henry.
38:04Er 43, Hill 43.
38:06Virgin Hill in dem Moment, die Klasse abzusprechen, nur weil er jenseits der 40 ist, wird, glaube ich, der Sache auch nicht gerecht.
38:14Virgin hat den Titel gewonnen gegen einen jungen Mann, Anfang 30.
38:22Durchaus was, was auch fürchterlich hätte, in die Hose gehen können.
38:26Aber wenn es dann am Ende gut wird, dann musste das so sein.
38:34Muss gewinnen.
38:36Muss gewinnen.
38:42Klasse von Maske.
38:45Das ist seine Runde.
38:48Das muss man sich vorstellen.
38:49Es sieht so aus, als sollte er das hier schaffen.
38:52Ja, beide hatten natürlich logischerweise nicht mehr diese Dynamik, diese Schnelligkeit, die sie zehn Jahre davor hatten.
38:59Das wäre ja verwunderlich, wenn es so wäre.
39:02Es passiert, was passieren muss.
39:05Er kommt in Zuchtsform und muss aktiver werden.
39:09Ich nutze die Situation aus und gebe noch einen mit.
39:17Anstatt einen Vorteil für ihn zu erhaschen, wird das Potenzial für mich immer besser.
39:23Es wird immer wilder und das Auge von Hill wird immer blutiger.
39:38Und wieder dieser schöne Einzeltreffer.
39:40Henry Maske ist bereit, das alles zu investieren.
39:44Noch eine Minute.
39:45Ich muss an meine Grenzen gehen, hat der Henry Maske gesagt.
39:57Und er macht nicht nur das, er geht auch darüber hinaus und er trifft.
40:00Das ist eine Meisterleistung.
40:04Die Halle steht, die Halle tobt.
40:09Und der Kampf ist aus.
40:12Und das muss gereicht haben, das wird gereicht haben.
40:16München verneigt sich vor einem großen Champion.
40:21Es ist unfassbar.
40:22Dieser Henry Maske schafft das Unmögliche.
40:26Schweiß und fertig.
40:32Der Winner, Henry Maske!
40:41Ein großer Moment der deutschen Sportgeschichte.
40:44Ein Mann, ein Wort.
40:45Die Revanche ist geglückt.
40:47Nach elf Jahren setzte Henry Maske doch noch mit einem Sieg
40:49einen erfolgreichen Schlusspunkt unter seine Karriere.
40:56Er konnte danach wieder Auftritte machen, wo er wieder mehr Geld bekommen hat.
41:09Er machte Lehrgänge für das, was man erreichen will.
41:13Dass man alles erreicht, wenn man will.
41:16Ich hatte nicht das Gefühl eines Seelenfriedens.
41:20Es hat sich nichts verändert.
41:21Was ich hatte, war, ich habe jetzt eine Kür.
41:30Die hätte ich nie bekommen, wenn Virgil nicht Weltmeister geworden wäre.
41:35Nie im Leben.
41:36Ich hätte es nicht gemacht.
41:37Man muss immer aus dem, was man hat, das Beste machen.
41:43Und Henry hat aus dem, was er mitbekommen hat als Amateur in seiner Ausbildung
41:50und am Ende des Tages alles rausgeholt.
41:52Und das, glaube ich, muss man wirklich hoch einschätzen.
41:56Natürlich, er es wirklich geschafft hat, den Sport größer zu machen, als er damals war.
42:00Und eben auch zu zeigen, was da alles möglich ist und war.
42:03Und ich gucke gerne zurück und bedauere, dass diese Zeit nicht geblieben ist.
42:13Da wieder aufzustehen danach, wenn du ganz allein gelassen wirst, fallen gelassen wirst,
42:23das prägt eben halt auch für das Leben.
42:29Es bleibt in jedem Fall mehr das Bild vom zweiten Hillkampf als die Bilder vom ersten.
42:36Warum?
42:49Warum hat er das gemacht?
42:54Wenn das Ding gelingt, ist das eine echt geile Nummer, oder?
42:58Das ist das Ding, das ist das Ding, das ist das Ding.
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