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Im Herbst 1979 werden in einem Waldstück in Berlin-Hirschberg
die verbrannten Überreste eines Menschen gefunden. Wer ist das
Opfer, wie kommt es auf die Waldschneise und lebte das Opfer
noch, als es verbrannt wurde?

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Transkript
00:00November 1979, Transitstrecke Berlin-Hirschberg.
00:08Auf einer Waldschleise werden die fast bis zur Unkenntlichkeit verkohlten Überreste eines Menschen gefunden.
00:15Als wir am 24.11.1979 zu diesem Fundort gerufen wurden, war es natürlich ein grässlicher Anblick.
00:23Weil selbst ich hatte in dieser Zeit der MOK so einen Anblick einer Brandleiche noch nicht erlebt.
00:31Wer ist das Opfer? Wie kommt es hierher? Stammt es aus Ost oder West?
00:46Hier an der ehemaligen Transitstrecke der DDR, Abfahrt Bad Kloster Lausnitz,
00:50ereignet sich 1979 ein Verbrechen, das eines gleichen sucht.
00:56Zum einen, was die Brutalität der Tat angeht und zum anderen auch,
01:01was die Zusammenarbeit der Ermittler aus Ostdeutschland und Westdeutschland
01:06mitten in den Jahren des Kalten Krieges betrifft.
01:09Bei der Aufklärung dieses schweren Verbrechens zeigt sich,
01:12wie akribisch die DDR-Kriminalisten vorgegangen sind.
01:14Der Faust von Bad Kloster Lausnitz, ganz in der Nähe der Transitstrecke nach Hirschberg.
01:24In dieser Waldschneise findet am 24.11.1979 ein Förster die verkohlten Überreste eines Menschen.
01:35Er informiert die Polizei in Bad Kloster Lausnitz, die sofort die Morduntersuchungskommission in Gera benachrichtigt.
01:48Damals zuständig der Ermittler Hans Thiers und sein Kriminaltechniker Rolf Rabe.
02:0238 Jahre danach kommen sie an den Tatort zurück mit ihren Ermittlungsfotos.
02:07Und sie erinnern sich noch sehr genau an diesen Fundort.
02:14Mein erster Eindruck war, dass zu dieser Brandleiche auch ein Brandbeschleuniger eingesetzt werden musste,
02:20aufgrund der vielfältigen, umfangreichen Verbrennung dieser Leiche.
02:25Als wir den Fundort betreten haben, war für uns natürlich klar, es war ein unbekanntes Opfer.
02:31Wir wussten nicht, um welche Person es sich handelt, auch nicht welche Nationalität.
02:35Das konnte man zu dem Zeitpunkt überhaupt nicht klassifizieren.
02:40Die Kriminalisten sperren den Fundort weiträumig ab, suchen nach Hinweisen auf Opfer oder Täter, befragen Anwohner aus der Umgebung.
02:51Wer war das Opfer? Mann oder Frau? Wie kam es in den Forst von Bad Kloster Lausnitz? Und warum wurde es an dieser Stelle verbrannt?
03:01Schließlich geben sie die Leiche zum Abtransport frei.
03:06Das Vorteilhafte war dann bei der Bergung der Leiche, nachdem der Fundort abgesucht wurde, Spuren zu viel wie möglich gesichert waren.
03:15Wenn wir die Leiche etwas bewegen konnten, hat man feststellen können, dass das eine Hälfte des Gesichtes auf dem Erdboden liegende nicht so sehr verkohlt war und noch menschlich erkennbar war.
03:28Und wir haben dann ganz vorsichtig diese Person gedreht und gebogen und haben das dann in einzelne Abteilungen eingestellt, also Kopf, Rumpf, Beine und so weiter und haben das auch sachgemäß verpackt.
03:43Und ins Institut für Rechtsmedizin der Friedrich-Schiller-Universität Jena gebracht.
03:55Vielleicht kann die Obduktion klären, wer das Opfer ist.
03:58Hier im ehemaligen Institut für Rechtsmedizin Jena wurde die Brandleiche von Bad Kloster Lausnitz obduziert.
04:10Eine enorme Herausforderung für die Spezialisten, denn das Opfer ist extrem verbrannt.
04:16Welche Informationen können die Rechtsmediziner aus den völlig verkohlten Überresten noch ziehen?
04:20In der Pathologie Leipzig treffe ich den Rechtsmediziner Dr. Carsten Barbian, Spezialist für Brandleichen.
04:35Anhand von Fotos gehen wir den Fall aus den 70er Jahren durch.
04:40Dr. Barbian, was kann man aus einer derart verkohlten Leiche noch für Informationen ziehen?
04:44Wir stellen uns dieselben Fragen, die wir uns generell bei jeder Sektion stellen.
04:50Um wen handelt es sich? Können wir die Identität klären?
04:53Ist es ein Mann, eine Frau? Wie alt?
04:56Gibt es individuelle Merkmale, die man trotz Verbrennung noch erkennen kann?
05:00Der Zahnstatus ist meistens noch gut erhalten bei diesen Brandleichen.
05:06Wir fragen uns, wie kam die Person ums Leben?
05:09War sie schon tot, bevor der Brand ausgebrochen ist?
05:12In diesem Fall haben die Rechtsmediziner damals festgestellt, es wurde eine Leiche verbrannt.
05:17Er hat keinen Ruß eingeatmet, er hat keine Rauchgase eingeatmet.
05:21Damit war klar, er wurde als Leiche verbrannt.
05:26Die Experten aus Jena bestätigen die Vermutung der Ermittler, dass ein Brandbeschleuniger im Spiel war.
05:32Benzin.
05:34Weiterhin können sie den Todeszeitpunkt eingrenzen.
05:36Auf den 21. und 22. November 1979.
05:42Auch das Ministerium für Staatssicherheit der DDR interessiert sich für den Fall.
05:54Aus Sorge, dass Unruhe in der Bevölkerung entstehen könnte.
05:58Das ist der Fundort der Leiche.
06:01Und die Staatssicherheit schaltet sich mit eigenen geheimpolizeilichen Ermittlungsmethoden ein.
06:07Die Staatssicherheit konnte nach eigenem Gutdünken jedes Ermittlungsverfahren an sich ziehen,
06:21wenn sie meinte, dass es in ihren Zuständigkeitsbereich fällt.
06:25Das konnte auch bei sehr erheblichen Fällen aus dem Bereich der allgemeinen Kriminalität, also Mordfälle sowieso, der Fall sein.
06:37Im Forst von Bad Kloster Lausnetz verfolgen die Kriminalisten die These, dass das Opfer aus dem sogenannten nicht-sozialistischen Ausland stammen könnte.
06:51Denn der Fundort der Brandleiche liegt in der Nähe einer sogenannten Transitstrecke.
06:56Transitstrecken sind Straßen, auf denen Westeuropäer und Westdeutsche die DDR schnell mit dem Pkw durchqueren konnten.
07:03Diese Strecken sind Sicherheitsschwachpunkte.
07:17Obwohl ständig überwacht, bieten sie immer wieder die Möglichkeit zu treffen von Bürgern aus Ost und West zum Austausch von Waren und Informationen.
07:26Das ist in der DDR nicht erwünscht.
07:33Und tatsächlich. Am Fundort im Bad Kloster Lausnetz finden sich Hinweise darauf, dass das Opfer offenbar aus dem Westen stammt.
07:48Wir hatten hier Geld der Bundesrepublik Deutschland am Fundort gefunden.
07:52Wir hatten Peter Stäufelsand, Zigaretten, Schachteln, Kippen gefunden.
07:58Wir hatten einen Zettel Schultheißbier gefunden.
08:02Und diese Dinge waren unmittelbar im unmittelbaren Bereich dieser Brandleiche.
08:08Diese weiteren Untersuchungen, die dann durchgeführt wurden, die haben uns dann bestätigt,
08:13dass es sich um Gegenstände aus westländischer Produktion handelt.
08:16Was uns bestärkt hat, dass wir praktisch die richtige Spur angenommen haben.
08:22Aufgrund der Transitstrecke, der Fundstelle in der Nähe der Transitstrecke und des Spurenmaterials.
08:29Außer Geld und Resten der Bekleidung finden die Fahnder 1979 im Wald von Bad Kloster Lausnetz auch mehrere auffällige Reifenspuren.
08:38Wir hatten ja mehrere Reifeneindrucksspuren, die sehr markant waren aus unserer Sicht,
08:48die wir natürlich dann im Gips-Nass-Verfahren gesichert haben.
08:52Und die waren natürlich dann auch mit ein wichtiges Beweismittel in der Identifizierung, um welchen Reifen es sich handelt.
09:02Die Analyse im Labor zeigt, der Reifen ist kein DDR-Produkt, sondern stammt auch aus dem Westen.
09:11Die Marke Uniroyal.
09:18In der Gerichtsmedizin in Jena gehen die Untersuchungen an der Brandleiche sehr langsam voran.
09:25Doch dann gibt es Hoffnung. Körperteile, die nicht komplett verbrannt sind.
09:29Die Hand, die war praktisch unter der Leiche gelegen.
09:36Und bei der Bergung der Leiche konnte man feststellen, dass die Hand noch relativ gut erhalten war.
09:41Und es wurde eine Entscheidung getroffen, dass wir die Hand abtrennen, um dann für die Weiteridentifizierung der Leiche beizutragen.
09:50Typische Hautmuster können so gesichert werden, außerdem Knochen.
09:55Die Gerichtsmediziner kommen nun endlich weiter.
09:59Dr. Carsten Babian, Chefpathologe in der Rechtsmedizin Leipzig, erklärt, warum die Experten so viele Informationen aus derart verkohlten Überresten ziehen können.
10:11Auf den ersten Blick sieht es wirklich verheerend aus.
10:14Die Körperoberfläche ist schwarz, ist verbrannt.
10:17Es fehlen auch teilweise Gliedmaßen, Arme und Beine.
10:20Wenn wir den Leichnam dann hier im Sektionssaal untersuchen, sind auch wir manchmal noch überrascht, wie gut erhalten der Körper unter dieser äußeren Brandschicht ist.
10:30Das hat damit zu tun, bevor ein menschlicher Leichnam wirklich verbrennt, müssen 50, 60 Liter Wasser aus dem Körper entweichen.
10:41Und das dauert und das bedarf großer Hitze.
10:45Und erst wenn dieses Gewebewasser fehlt, verascht der Körper wirklich.
10:49Und dann hätten auch wir kaum noch Chancen, Aussagen zur Todesursache, zur Identität zu treffen.
10:56Aber wie in diesem Fall, übergießen mit einem Brandbeschleuniger, dann verbrennt der Körper äußerlich, aber bleibt innerlich sehr gut erhalten.
11:04Der Fall spielt Ende der 70er Jahre, zu tiefsten WDR-Zeiten.
11:08Was hatten die Kollegen denn damals für Möglichkeiten?
11:13Das technische Vorgehen bei der Sektion war damals das gleiche wie heute.
11:17Die Standards haben sich nicht geändert.
11:20Was heute besser ist, ist die Laborausstattung.
11:23Und wir haben natürlich die Möglichkeit, mittels DNA-Untersuchungen Leichenteile oder den Leichnam sicher zu identifizieren.
11:31Diese Möglichkeit gab es damals nicht.
11:34Damals hat man sich mit Blutgruppenmerkmalen geholfen.
11:37Ein System, was sehr ausgeklügelt war und auch zu einer sicheren Identifizierung führen konnte.
11:44Wie haben die Kollegen damals gearbeitet, die Rechtsmediziner, aus ihrer heutigen, aktuellen Sicht?
11:48In diesem Fall, soweit ich das beurteilen kann, wurde der Fall standardgemäß bearbeitet.
11:54Es wurden alle Möglichkeiten genutzt, die es damals gab.
11:58Eine Top-Arbeit.
11:59So finden die Rechtsmediziner in Jena heraus, dass es sich um einen Mann zwischen 40 und 60 Jahren handelt,
12:07dass er zum Zeitpunkt seines Todes stark alkoholisiert war und dass sich in seiner Lunge Blut befindet.
12:13In Gera verstärkt die Morduntersuchungskommission ihre Bemühungen.
12:21Alle Gaststätten und Ferienheime im Umfeld des Fundortes sollen erneut überprüft werden.
12:26Auch die mehr als 200 Protokolle der Bewohnerbefragungen werden noch einmal durchforstet.
12:32Genauso wie die Vermisstenanzeigen.
12:35War das Opfer ein Urlauber?
12:37Hat der Mann Verwandte besucht?
12:39Oder handelt es sich um einen DDR-Bürger und der Mörder hat eine falsche Fährte in den Westen gelegt?
12:48Doch das Ergebnis der Fahndung?
12:51Kein einziger Hinweis.
12:57Die Nähe zur Transitstrecke und die Vermutung, dass das Opfer aus dem Westen stammt,
13:02veranlasst die Staatssicherheit, sich nun ganz offiziell in den Fall einzuschalten.
13:07Und sie findet ein weiteres Indiz für die Herkunft des Opfers.
13:12Das Benzin, mit dem der Mann verbrannt wurde, hat eine höhere Oktanzahl als das in der DDR.
13:18Es wurde aus dem Westen mitgebracht.
13:21Die Kriminalisten der Staatssicherheit sind auf der richtigen Spur.
13:26Hier an der Transitstrecke und an den Grenzübergangstellen ist ausschließlich die Staatssicherheit zuständig.
13:37In der DDR war die Kriminalpolizei als Teil der Volkspolizei dem Ministerium des Inneren unterstellt.
13:44Hier an der Transitstrecke darf die Volkspolizei nicht ermitteln.
13:48Nur der Staatssicherheit traut man zu, die Transitstrecken zu überwachen.
13:54Auf diesen Straßen fahren jeden Tag tausende Menschen durch die DDR, Klassenfeinde aus dem nichtsozialistischen Ausland.
14:01Die Überwachung der Transitstrecken, das war ein Aufgabengebiet der Stasi.
14:08Und dann waren ja auch die Passkontrolleinheiten an den Grenzübergangstellen gehörten ja auch zur Stasi.
14:16Zwar Personen, die in Uniform der Grenztruppen den Einreisenden gegenüber traten, aber in diesen Uniform steckten MFS-Offiziere.
14:27Die Staatssicherheit fordert von den Grenzübergangstellen der Transitstrecken die Visa für den November 1979 an.
14:37Von Drewitz für Reisen von und nach West-Berlin, für Warta Richtung Hessen, von Hirschberg gen Bayern und aus Marienbaum Richtung Niedersachsen.
14:48Es sind mehr als 40.000 Visa, die von Hand ausgewertet werden müssen.
14:54Einen direkten Hinweis auf das verbrannte Opfer findet man nicht.
14:58Aber etwas anderes, etwas auffallend Verdächtiges.
15:03In West-Berlin fährt am 21. November 1979 ein Ehepaar zur Grenzübergangstelle im Dreilinden-Drewitz und reist in die DDR ein.
15:13Gegen 19 Uhr mit einem Mietwagen der Marke Ford Granada.
15:18Die beiden sind dann um 23 Uhr bei Hirschberg nach Westdeutschland ausgereist.
15:22Sie fallen bei der Passkontrolle auf, weil sie sich ruhig verhalten, so später das Protokoll.
15:30Und das Paar wird erst vier Stunden später am Grenzübergang Hirschberg ankommen.
15:35Die lange Fahrt passt mit der möglichen Tatzeit zusammen.
15:38In der Gerichtsmedizin in Jena konnte das Opfer immer noch nicht identifiziert werden.
15:52Da haben die Kriminaltechniker eine Idee.
15:56Sie führen eine sogenannte Leichentoilette durch.
15:59Bei der Leichentoilette ging es darum, aus dem Kopf, der noch relativ gut erhalten war auf einer Seite,
16:08eine genaue Darstellung zu bringen, wie die andere Seite ausgesehen hat, die verbrannt war.
16:14Und haben sie dadurch selber gereinigt und so präpariert, dass man anschließend ein ordentliches Foto machen kann,
16:22wo man den Kopf und eventuell auch diese Person, um die es sich handelt, noch gut erkennen konnte.
16:28Wenn ich auf das Foto jetzt hier schaue, hier gerade noch die ganzen schwer verbrannten Gesichtshöne und das andere, ist das das Opfer?
16:38Ja, was auf den ersten Blick aussieht wie nicht mehr erkennbar, hat man nach der Sektion durch eine sogenannte Leichentoilette rekonstruiert.
16:48Das ist direkt der Fachbegriff Leichentoilette.
16:50Das heißt Leichentoilette.
16:53Im Prinzip hat man sich damals, als auch heute, maskenbildnerischer Methoden bedient, um das Gesicht wieder herzustellen,
17:01damit ein Foto gefertigt werden konnte für Veröffentlichungen in Presse, in Medien.
17:08Um den bis dahin unbekannten Toten zu identifizieren.
17:12Nach dieser Prozedur hat der Tote wieder ein Gesicht.
17:17Die Staatssicherheit der DDR möchte sich mit diesem Foto an die Staatsanwaltschaft in Westberlin wenden.
17:23Hallo? Ist da die Staatsanwaltschaft Westberlin?
17:28Der Vorschlag wird von Minister Mielke persönlich gebilligt.
17:32Am 8. Dezember 1979, zwei Wochen nach dem Pfund der Brandleiche in Bad Kloster Lausnitz,
17:40wendet sich die DDR offiziell an die Staatsanwaltschaft in Westberlin.
17:45Mit einem Identifizierungsersuchen, das lautet, wer ist dieser Mann?
17:50Bei der Staatssicherheit erhärtet sich der Verdacht gegen das Ehepaar, das am 21. November in die DDR eingereist
18:02und sich so auffällig lange auf der Transitstrecke aufgehalten hat.
18:08Robert und Sabine Kahr, könnten sie die Leiche verbrannt haben?
18:11Die Stasi beauftragt am 8. Dezember 1979, verdeckte Ermittler in Westberlin, sogenannte IMs, das verdächtige Ehepaar, zu beobachten.
18:25Die Staatssicherheit konnte natürlich einen solchen Kriminalfall einen inoffiziellen Mitarbeiter losschicken
18:38und bestimmte Ermittlungen vornehmen lassen. Das war für die Stasi überhaupt kein Problem.
18:47Drei Tage später, am 11. Dezember 1979, liegt ein IM-Bericht vor.
18:55Robert und Sabine Kahr sind ehemalige Bürger der DDR, die aus politischen Gründen nach Westberlin abgeschoben worden sind.
19:05Der Mann ist Verkäufer, seine Frau besitzt das Café Victoria in Kreuzberg.
19:11Beide sind zur Tatzeit mit einem Mietwagen der Marke Ford Granada auf der Transitstrecke unterwegs.
19:17Die in der Nähe des Tatortes verläuft.
19:20Wurde die Leiche in den Mietwagen transportiert?
19:25Für nehmen allerdings kann die Statssicherheit die Verdächtige nicht, aber vielleicht den Wagen untersuchen?
19:31Der verdeckte Ermittler bekommt jetzt den Auftrag, genau den Ford Granada anzumieten, mit dem das Ehepaar in der Tatnacht unterwegs gewesen ist.
19:42Und er hat Erfolg bei der Westberliner Autovermietung.
19:45Sein Ziel, das Kriminaltechnische Institut in Ostberlin.
19:54Auf die Veröffentlichung des Opferfotos in der Westberliner Presse meldet sich die Ehefrau des Opfers.
20:01Sie hat ihren Mann bereits Ende November vermisst gemeldet und wendet sich nach Veröffentlichung des Fotos an die Polizei.
20:10Bei den Vermissten handelt es sich um den 45-jährigen Westberliner Kaufmann Ulf M.,
20:15der am 21. November zuletzt mit dem Kneipenbesitzer-Ehepaar Robert und Sabine K. gesehen worden war.
20:22Bisher galten Robert und Sabine K. als letzte Zeugen in der Vermissten-Sache Ulf M.
20:31Doch jetzt, nach Kenntnis, dass der Kaufmann getötet und verbrannt wurde, werden die beiden zu Verdächtigen in einer Mordsache.
20:39Haben Robert und Sabine K. den Kaufmann umgebracht?
20:51Der verdeckte Ermittler der Staatssicherheit steuert den Mietwagen, mit dem das verdächtige Westberliner Ehepaar unterwegs war,
20:59nach Ostberlin ins Kriminaltechnische Institut.
21:01Die Spezialisten beginnen sofort, den Wagen zu untersuchen.
21:11Im Auto finden sich Spuren des Opfers. Im Untersuchungsbericht heißt es…
21:17Im Kofferraum des PKB finden sich Blutwisch- und Blutablaufspuren.
21:22Die Blutgruppenserologische Untersuchung dieser Spuren erbringt den Nachweis von Menschenblut in völliger Übereinstimmung
21:29mit den Blutgruppenserologischen Eigenschaften der Brandleiche.
21:34Vier Kopfhaare aus dem Kofferraum, mittelblond und grau, stimmen mit ihren morphologischen Eigenschaften mit dem Kopfhaar des Opfers überein.
21:43Es ist erwiesen, die Leiche des Kaufmanns wurde im Kofferraum des Fort Granada transportiert.
21:50Auch die Reifen des Wagens passen genau zu den Reifenspuren, die am Fundort gesichert wurden.
21:55Des Weiteren konnte festgestellt werden, dass sich in den Radkästen immer noch botanische Spuren befanden,
22:04die aus dem Bodenbereich in der Waldschneise in dem Fahrzeug angehaftet waren.
22:11Damit wäre das Ehepaar Robert und Sabine K. im Grunde überführt.
22:18Allerdings haben die Ermittlungen der Staatssicherheit einen Fehler.
22:22Vor Gericht sind sie nicht verwertbar, denn die Beweise sind mit geheimdienstlichen Methoden ermittelt worden.
22:27Die Staatssicherheit, das gilt im Übrigen auch für Ermittlungen, die innerhalb der DDR stattfinden.
22:36Die Staatssicherheit hat immer auch mit inoffiziellen Methoden ermittelt, auch bei strafrechtlichen Ermittlungen.
22:46Kein Problem für die Staatssicherheit. Dann werden die Untersuchungsergebnisse eben offizialisiert.
22:53Das war der Fachausdruck für dieses Vorgehen der Stasi.
22:55Das war so die klassische Methode, dass man eben dann auf einer anderen Ebene weiter ermittelte, die offiziell war.
23:13Oder, dass man bestimmte Informationen, die man inoffiziell beschafft hatte, dann ein zweites Mal offiziell mit normalen polizeilichen Methoden nochmal beschafft.
23:29Eine Offizialisierung der geheimdienstlich ermittelten Beweise war gar nicht mehr nötig.
23:36Denn nachdem die Identität der Brandleiche geklärt war, hatten auch die Westberliner Behörden erfolgreich ermittelt und Folgendes herausgefunden.
23:43Das spätere Opfer, der Kaufmann Hans-Wolf S., besucht am 21. November 1979 das Café Victoria.
23:53Der Kaufmann fordert sein Geld zurück. Er wollte das Café pachten und hatte eine Anzahlung geleistet, fand dann aber heraus, dass das Café sehr schlecht lief.
24:02Das Ehepaar will die Anzahlung auf keinen Fall zurückgeben. Es kommt zum Streit, bei dem der Kaufmann getötet wird.
24:10Einen Monat nach dem Fund der Brandleiche wird das Ehepaar K. in Westberlin wegen dringenden Tatverdachts des gemeinschaftlichen Mordes verhaftet.
24:33Die Berliner Presse überschlägt sich. Das Entsetzen über das brutale Vorgehen der Täter ist groß.
24:40Doch jetzt beschuldigen sich die Eheleute gegenseitig, den Kaufmann getötet zu haben.
24:51Robert K. behauptet, seine Frau habe das Opfer mit einer Sektflasche erschlagen.
25:03Aus Liebe zu ihr hätte er dann dabei geholfen, den Toten loszuwerden.
25:07Diese Version wird jedoch von der Ehefrau bestritten.
25:12Sabine K. gibt nur zu, dass sie gemeinsam mit ihrem Mann den Leichnam in den Kofferraum des Mietwagens gelegt
25:18und dann über die Transitstrecke in die Waldschneise bei Bad Kloster Lausnitz transportiert hat.
25:25Hier hätten sie die Leiche dann gemeinsam verbrannt.
25:27Den Mord aber wollen beide nicht begangen haben. Aussage steht gegen Aussage.
25:36Ein Verbrechen so nah an der Transitstrecke erfordert außergewöhnliche Maßnahmen.
25:45Deshalb kommt es jetzt zu einer Zusammenarbeit, die in den Zeiten des Kalten Krieges äußerst selten war.
25:51Die Justiz der DDR arbeitet mit der Justiz der Bundesrepublik im Fall der Transitleiche eng zusammen.
25:57Ein Büro in Berlin-Mitte, Anfang Januar 1980.
26:05Mitten in einer politischen Eiszeit zwischen Ost und West treffen sich Staatsanwälte aus Ost- und West-Berlin.
26:12In einer Aktentasche sind Beweismittel, die die West-Berliner Behörden sich von der DDR erbeten haben, um den Fall endlich aufklären zu können.
26:22Im Übergabeprotokoll heißt es,
26:25Übergeben wurden zugleich die Bodenproben, Ascherückstände, Reifeneindruckspuren und die abgesetzte linke Hand des Opfers.
26:34Die Zusammenarbeit zwischen den Staatsanwaltschaften der beiden deutschen Staaten lief dann relativ problemlos, wenn keine politische Dimension im Spiel war.
26:46Wenn es ganz klar ein normaler Kriminalfall war und in dem Fall, wenn dieser Fall eine politische Dimension hatte,
26:56dann in dem Sinne, dass die DDR ja zeigen konnte, wie gut sie ermittelt hat.
27:02Also insofern war es sogar geboten, sehr gut mit der West-Berliner Staatsanwaltschaft zusammenzuarbeiten aus politischen Gründen.
27:15Am 9. Juni 1980 beginnt in West-Berlin der Prozess gegen das Ehepaar K.
27:21Die Anklage lautet Mord.
27:25Endlich gibt der Ehemann zu, dass er das Opfer niedergeschlagen hat.
27:29Der Kaufmann sei dann an seinem Blut erstickt und im Wald bei Gera verbrannt worden.
27:36Diese Schilderung passt mit den Ergebnissen der Gerechtsmedizin zusammen.
27:41Im Oktober 1980 fällt das Urteil.
27:45Robert K. erhält 6,5 Jahre Gefängnis wegen Körperverletzung mit Todesfolge.
27:51Seine Ehefrau 18 Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung.
27:56Innerhalb eines Jahres wurde ein spektakuläres Verbrechen aufgeklärt,
28:04bei dem die Ergebnisse von ostdeutschen Ermittlern für ein westdeutsches Urteil entscheidend waren.
28:11Durch die bundesdeutsche Presse wurde unsere kriminalistische Arbeit bei der Aufdeckung und Aufklärung dieses Tötungsverbrechen sehr gelobt.
28:20Wir konnten praktisch diese Lobeshymne nicht selbst miterleben und haben hinterher erfahren und konnten nachlesen,
28:29dass unsere Arbeit gewürdigt wurde.
28:32Der Fall zeigt aber auch, mit welcher Selbstverständlichkeit die Stasi im Westen agieren konnte.
28:37Untertitelung des ZDF für funk, 2017

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