- vor 2 Monaten
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00:00Musik
00:30Musik
01:00Seit 2018 hat der Extremismus starken Aufwind. Wir erleben die Rückkehr von Ideologien, von denen wir hofften, sie seien überwunden. Endgültig vorbei.
01:17Musik
01:21Aber die Spaltung der Gesellschaften und die Zustimmung zu extremen Weltbildern nehmen in einem Masse zu, das lange unvorstellbar schien.
01:33Ich bin in London aufgewachsen, aber mein Vater kam aus Jugoslawien. Es gab also enge Verbindungen. Familie, Freunde. Wir verbrachten alle Ferien dort.
01:45Musik
01:46Und dann zerfleischte sich dieses Land plötzlich selbst.
01:52Es war unheimlich. Binnen 18 Monaten schwamm alles im Blut.
01:59Das hat mich wachgerüttelt.
02:03Von da an wollte ich herausfinden, wie man so etwas verhindern kann.
02:07Musik
02:08Beim Institut für strategischen Dialog suchen wir nach Antworten auf die Bedrohung durch Extremismus, Hass und Polarisierung.
02:25Wen müssen wir an einen Tisch bringen?
02:27Seit 2006 versuchen wir zu verstehen, wie genau sich Menschen radikalisieren und wie man sie wieder zurückholen kann.
02:37Musik
02:38In Philadelphia weiß jeder, in welcher Straße du aufgewachsen bist.
02:50Du wirst in deine Gang hineingeboren. So war das schon immer. Es gibt nur uns und die.
03:03Seit weit leben Sie hier?
03:05Seit 58 Jahren.
03:08In dem Haus? Ich war als der Kids hier.
03:11Ja, ich erinnere die Stimme.
03:13Der Sohn von Thomasin und John.
03:15Ja, du warst als kleiner Junge schon böse.
03:18In dem Haus bin ich aufgewachsen, vor 30 Jahren.
03:26So hübsch wie jetzt hat es damals aber nicht ausgesehen.
03:31Als ich neun war, ist mein Stiefvater eingezogen. Vier Jahre hat er mit uns gelebt.
03:39Das Prügeln ging gleich in der ersten Woche los.
03:40Ich durfte beim Essen nicht reden. Idioten wie ich würden ihm den Appetit verderben, meinte er.
03:54Er war brutal.
03:58Ich hasste ihn. Er war der erste Mensch, den ich hasste.
04:01Irgendwann schmiss er mich raus. Ich musste umziehen und kam an eine rein schwarze Schule.
04:16Jeden Tag hat mich einer angemacht, um zu sehen, ob ich es wagen würde, etwas zu erwidern.
04:20Sie haben nur auf eine Gelegenheit gewartet, mich zu verprügeln.
04:28Immer ging es darum, dass ich weiß bin.
04:34Ich dachte, so wie diese Jungs sind alle Schwarzen.
04:38Natürlich waren nicht alle so zu mir, aber es vertiefte dieses Wir-gegen-die-Gefühl.
04:42In mir hat sich einfach Hass aufgestaut.
04:48In den Sommerferien wollte ich nach Pennsylvania zu meinem Cousin.
04:54Da fühlte ich mich zum ersten Mal sicher.
04:57Sieg Hall! Sieg Hall! Sieg Hall!
05:00In seinem Zimmer hingen Zeitungsartikel über Neonazis an der Wand.
05:05Ein Foto von Hitler. Eine Hakenkreuzfahne.
05:10Jeden Abend kamen ein paar Skinheads.
05:12Die erzählten, Juden würden die Notenbank kontrollieren und heimlich Geld aus dem Land schaffen.
05:19Dass Juden die Saat des Teufels seien.
05:23Und auch ich wäre eines ihrer Opfer.
05:29Endlich sprach es jemand aus. Du bist das Opfer.
05:32Denn gefühlt hatte ich mich die ganze Zeit schon so.
05:37Ich freute mich immer, wenn sie kamen.
05:39Endlich interessierte sich jemand für mich.
05:42Eines Abends sagte einer zu mir, wir müssen dir diese Scheiße abrasieren.
05:50Also haben sie mir den Kopf geschoren.
05:51Und ich gehörte dazu.
05:53In vielen solcher Fälle liegt ein frühes Trauma vor.
06:04Und das führt wie bei Frank zu dem verzweifelten Wunsch, dazu zu gehören.
06:08Eine Antwort auf die Frage zu finden, wer bin ich?
06:12Wir neigen dazu, bei solchen Gruppen nur die Gewalt zu sehen.
06:19Tatsächlich bieten sie ihren Mitgliedern emotionale Bindung, Zugehörigkeit und Geborgenheit.
06:24Die Skins sagten immer, Frank, Gott benutzt uns nur als Werkzeug, um dir die Wahrheit zu enthüllen.
06:34Gott braucht Soldaten, um Sodom und Gomorra zu vernichten. Und Amerika ist Sodom und Gomorra.
06:43Bist du bereit zu kämpfen?
06:46Ich bin ein Teamspieler. Und Gott hat mich für sein Team ausgewählt? Er will, dass ich alles gebe?
06:52Okay, dann tue ich das.
06:53Und so war es, viele Jahre.
07:03Ich stieg voll ein, glaubte jedes Wort. Ging sogar in Talkshows.
07:07Ich wurde kriminell, verkaufte Waffen und habe einen Rivalen entführt.
07:34Der hatte versucht, ein paar meiner Leute abzuwerben. Das ging gar nicht.
07:49Also habe ich ihn angerufen und zu einer Weihnachtsparty eingeladen. Aber es gab keine Party. Da waren nur wir.
08:00Ich hätte nie gedacht, dass er zu den Bullen geht.
08:04Ich wurde nach dem Erwachsenenstrafrecht verurteilt. Mit 17 Jahren.
08:16Das bedeutete eine Mindeststrafe von drei Jahren.
08:20Franks Geschichte ist die Geschichte einer Verwandlung, einer Erlösung.
08:33Als ich rauskam, hatte ich keinen Job. Niemand stellt einen Typ mit einem Hakenkreuz ein, der wegen einer Führung gesessen hat.
08:45Dann sagte ein Kumpel, er könne mir einen Job bei einem Antiquitätenhändler besorgen.
08:49Aber der Typ sei Jude, ob mir das was ausmachen würde.
08:55Ich sagte, wenn ich nicht mit ihm reden muss.
09:00Und er, ich habe ihm erzählt, dass du Nazi bist und aus dem Knast kommst.
09:04Es ist ihm scheißegal, solange du seine Möbel nicht kaputt machst.
09:06Der Mann entsprach so ziemlich jedem Klischee über Juden.
09:12Und als es Wochenende wird, denke ich so, der bezahlt dich garantiert nicht.
09:17Es würde also Streit geben und ich würde auf ihn losgehen.
09:20Ich war sicher, dass er mich abzieht.
09:21Er sagte, ich schulde dir noch Geld, oder?
09:25Ja, und ab.
09:27Darauf er, wie viel?
09:29Ich 300, 100 pro Tag.
09:30Stimmt, sagt er.
09:32Und zieht ein dicke Geldbündel raus.
09:34Zählt ab.
09:35Eins, zwei, drei.
09:39Und ein Hunderter extra.
09:41Du machst gute Arbeit.
09:42Dann fragt er, was machst du sonst so?
09:45Und ich, nichts, ich habe ein Hakenkreuz im Nacken.
09:47Da sagt er, warum arbeitest du nicht Vollzeit für mich?
09:55Ich war immer noch Neonazi und trug meine Springerstiefel.
10:01Eines Tages machte ich dann was kaputt.
10:04Ich zu ihm, tut mir echt leid, ich bin so blöd.
10:07Aber die ganze Zeit denke ich, wie viel zieht er dir jetzt wohl von deinem Lohn ab?
10:12Wahrscheinlich feuert er dich.
10:12Aber er gibt mir meinen vollen Lohn und sagt nur, wir sehen uns an Montag, okay?
10:20Ich?
10:20Okay.
10:21Montag dann.
10:26Zu Hause habe ich die Springerstiefel ausgezogen und in den Keller geschmissen.
10:31Hab nie wieder nach ihnen gesehen.
10:36Die Sache ist, man kann niemanden zwingen, ein guter Mensch zu sein.
10:40Wenn wir durch die Straßen marschiert sind, haben die Leute Flaschen und Steine nach uns geworfen und uns bestimmt.
10:47Wenn eine Flasche auf mich zuflog, habe ich nie gedacht, oha, ich überdenke meine Überzeugung lieber nochmal.
10:56So funktioniert das nicht.
10:58Aber wenn jemand mit mir redet, dagegen kann ich mich nicht wehren.
11:02Wenn jemand eine Flasche nach mir wirft, weiß ich, das ist mein Feind, den mache ich fertig.
11:06Aber wenn das nicht passiert, wird es schwierig.
11:11Also müssen wir hingehen und mit den Leuten reden.
11:16Ich war wütend und wusste, dass ich einen Hang zur Gewalt habe.
11:22Aber tief im Inneren war ich überzeugt, du bist einer von den Guten.
11:26Ich dachte bis zum Schluss, ich tue das Richtige.
11:28Niemand hört einfach so auf, Extremist zu sein.
11:36Viele dieser Gruppen bieten ihren Mitgliedern vermeintlich idealistische Ziele.
11:44Etwas, das sie in ihrem Alltag nicht finden können.
11:47Was wir noch nicht ganz verstehen, ist der Knackpunkt, an dem ein Mensch mit extremistischem Weltbild schliesslich zur Gewalt greift.
11:54Das Experiment wurde von Philip Zimbardo erdacht, einem Psychologie-Professor an der Stanford-Universität.
12:13Es ging aus einem Seminar mit dem Titel »Psychologie der Haft« hervor.
12:16Ziel des Versuchs war herauszufinden, wie es einen verändert, Häftling oder Wärter zu sein.
12:21Das zentrale Thema jeder Spielart des Extremismus ist die Entmenschlichung des Anderen.
12:33Sobald es ein »Wir gegen die« gibt, ist es erschreckend einfach, Menschen gegeneinander aufzuhetzen.
12:451971 suchte Philip Zimbardo mit einer Anzeige Studenten für eine Studie über den Alltag im Gefängnis.
12:51Zimbardo hatte im Keller der Psychologischen Fakultät ein Gefängnis nachbauen lassen.
13:01Die Teilnehmer wurden willkürlich in zwei Gruppen aufgeteilt.
13:05Die eine Gruppe übernahm die Rolle der Häftlinge, die andere die der Wärter.
13:09Zimbardo zog sich nach der Rollenverteilung zurück und wollte beobachten, was passieren würde.
13:28Seine Frage war, welche Umstände bringen Menschen dazu, andere zu unterdrücken und zu quälen.
13:45Er beobachtete, dass sich im Verlauf des sechstägigen Versuchs die Wachen zunehmend brutal gegenüber den Häftlingen verhielten.
13:51Sie ließen sie Fußfesseln tragen, Klos putzen, Liegestütze machen.
14:07Dabei drückten sie die Häftlinge mit den Füßen nieder und schrien sie an.
14:11Die Häftlinge ihrerseits wurden immer niedergeschlagener und brachen allmählich zusammen.
14:22Das steigerte sich, bis es die Hölle auf Erden war.
14:34An diesem Punkt, so heißt es, tauchte Zimbados Freundin auf und fragte, was zum Teufel ist hier los?
14:42Zimbardo erkannte, er war selbst in diese Gewaltspirale geraten. Und das Experiment wurde abgebrochen.
14:48Sein Fazit war, Brutalität geht demnach nicht vom Individuum aus, sondern allein von seiner Rolle und wird durch die jeweilige Situation bedingt.
15:052001 meldete sich die BBC bei mir. Sie hatten die Idee, das Stanford-Experiment zu wiederholen. Ob ich Interesse hätte.
15:25Es ist fast 20 Jahre her. Wir waren jung und naiv. Wir sagten zu.
15:38Wir begannen mit dem gleichen Versuchsaufbau wie in Stanford. Wir hatten 15 Teilnehmer, diesmal keine Studenten.
15:52Wir teilten sie in Häftlinge und Wärter ein, überließen den Wärtern die Abläufe und beobachteten sie.
15:58Die erste Überraschung, die Wärter zögerten. Wollten sich nicht mit ihrer Rolle identifizieren, schienen unsicher.
16:19Sie wollen weder tyrannische Wärter sein, noch unterdrückte Häftlinge.
16:23Wir machten offenbar etwas falsch. Deshalb gingen wir ins Archiv der Universität und sahen uns die Unterlagen des Stanford-Experiments noch einmal genauer an.
16:41Dabei stießen wir auf eine Tonbandaufzeichnung.
16:44Es war ein Gespräch zwischen einem Aufseher, in Wirklichkeit ein Mitarbeiter Zimbardos, und einem Wärter.
17:10Der Mann hatte offenbar Bedenken.
17:29Dass dem Wärter gesagt wurde, was er tun sollte, war ein Schock.
17:37Das Interesse an der Studie konzentrierte sich lange nur auf die Teilnehmer.
17:49Aber ein kritischer Aspekt der Studie besteht darin, was Zimbardo tat, damit die Teilnehmer sich so verhielten, wie er es wollte.
17:57Zimbardo veröffentlichte seine Ergebnisse sofort. Er trug sie sogar bei einer Anhörung des Kongresses vor und stieß auf großes Interesse.
18:14Das wiederholte sich während des Irakkriegs im Zusammenhang mit den Vorfällen in Abu Ghraib.
18:19Die Bilder aus dem Gefängnis ähnelten auf erschreckende Weise dem, was in Stanford geschehen war.
18:28Zimbardos Ergebnisse schienen dafür zu sprechen, dass die Brutalitäten in Abu Ghraib nicht in den Persönlichkeiten der Wärter begründet waren, sondern in der Situation.
18:37Aber wir und andere Kollegen nehmen an, dass auch Führerschaft und Vorgesetzte bei solchen Dingen eine Rolle spielen müssen.
18:49Im Falle von Abu Ghraib müsste man die Soldaten fragen, eure gesamte Ausbildung ist darauf angelegt, dass ihr Befehle befolgt.
18:58Von wem kam eurer Ansicht nach der Befehl, so zu handeln?
19:12Dachtet ihr, es sei erlaubt, so zu handeln?
19:15Habt ihr über Konsequenzen nachgedacht, Sanktionen befürchtet?
19:21Oder hattet ihr das Gefühl, was wir hier tun, ist richtig?
19:24Anführer extremistischer Bewegungen mobilisieren ihre Anhänger, indem sie ein Gefühl existenzieller Bedrohung erzeugen oder ein höheres Ziel in Aussicht stellen.
19:54Dem Einzelnen wird vermittelt, egal wie klein du dich bisher gefühlt hast, jetzt bist du jemand.
20:04Für mich war die Welt immer nur schwarz oder weiß.
20:10Solange ich denken kann, habe ich nach Wahrheit gesucht.
20:13Nach der einen absoluten Wahrheit.
20:15Ich wurde in meiner Kindheit schwer misshandelt. Mit 16 lief ich von zu Hause weg und fing an, mit Drogen zu dealen.
20:27Ich wurde erwischt und landete für elf Monate im Gefängnis.
20:37Da hat man viel Zeit zum Lesen.
20:39Irgendwann bin ich auf die Autobiografie von Markham X gestoßen.
20:43Das hat mich zum Islam gebracht.
20:45Ich konnte mich mit Markham X identifizieren.
20:48Wie ich hatte er zwar eine traumatische Kindheit, aber eine gute Schulbildung.
20:52Ich wollte so radikal werden wie er.
20:59Nach einem Jahr bin ich konvertiert und wurde Yunus Abdullah Mohammed.
21:11Yunus Abdullah Mohammed.
21:12Mein Leben veränderte sich vollkommen.
21:23Keine Drogen, kein Alkohol.
21:2514 Jahre lang.
21:26Der Islam war für mich etwas Reines.
21:31Dann stieß ich auf die salafistische Ideologie des Dschihad und saugte sie auf.
21:38Ich schuf meine eigene Gruppe.
21:51Die Brüder der muslimischen Revolution.
21:56Vor einer Moschee in New York werben sie um Anhänger.
21:5996-Street-Mask.
22:01Das ist das Koran, der Sie auf die Schäden.
22:04Dissabbel!
22:05Und Sie haben Hatschung und Unmarschung zwischen Demokratien.
22:08Wir sagten öffentlich, ich liebe Osama Bin Laden und ich unterstütze ihn.
22:15Sie definieren Terrorismus als zu töten und zu töten.
22:18Ich definiere Terrorismus als zu töten, damit sie zweimal denken, bevor sie deine Mutter
22:25oder deine Brüder zu töten oder ihr Brüder zu töten und versuchen, deine Ressourcen zu töten.
22:29Mit der Zeit hatten wir ganz gut raus, wie man Leute radikalisiert und rekrutiert.
22:37Wenn man als 40-Jähriger, 22-Jährige für den Salafismus oder den Dschihad anwerben will,
22:44muss man wissen, wie die ticken.
22:46Bei denen dreht sich alles um Slogans, Memes und Gewalt.
22:51Und wenn der Yes irgendwas zu bieten hat, dann ist es Gewalt.
22:54Und wenn der Yes irgendwas zu bieten hat, dann ist es Gewalt.
22:59Der Koran ist sehr klar in der arabischen Sprache.
23:03Tur-hi-buna.
23:04Das bedeutet, terrorise sie.
23:05Jesse war damals in den USA der aktivste Anwerber für Al-Qaida.
23:10Zahlreiche vereitelte Anschläge konnten mit seiner Website in Verbindung gebracht werden.
23:21Ihre Propagandaclips begannen immer mit der gleichen Botschaft.
23:26Die Welt führt Krieg gegen den Islam.
23:28Und alle Muslime sollen ihre Brüder und Schwestern verteidigen.
23:48Es ist ein Irrtum zu glauben, Extremisten seien immer gescheiterte Existenzen.
23:55Es gibt unter ihnen kluge, charismatische, nachdenkliche Menschen.
24:04Diese Eigenschaften machen sie zu sehr effektiven und erfolgreichen Anführern.
24:10Jesse ist ein typisches Beispiel für diese Art von radikalem Anführer.
24:17South Park ist eine Satiresendung, die sich oft über Religionen lustig macht.
24:22Letzte Woche war Mohammed dran.
24:24Mohammed, der Prophet der Muslime-Faith.
24:39Nach Ausstrahlung der Folge wurde auf einer Website folgende Botschaft an die Macher der Sendung gerichtet.
24:46Wir warnen euch, was ihr macht, ist sehr dumm.
24:50Ihr werdet wahrscheinlich so enden wie Theo van Gogh.
24:53Dies ist keine Drohung, sondern eine Warnung.
24:58Theo van Gogh war ein Filmemacher, der nach kritischen Äußerungen über den Islam ermordet wurde.
25:04Klar war das eine Drohung.
25:07Ich wollte möglichst viel Wirbel machen, damit unsere Website bekannt wird.
25:10Tatsache ist, diese Leute sind Killer.
25:16Die Bundesbehörden und die New Yorker Polizei prüften, ob sie mich dafür anklagen konnten.
25:23Aber ich wurde noch nicht festgenommen.
25:30Als dann sechs Monate später einer meiner Leute verhaftet wurde, habe ich mich mit meiner Familie sofort in die nächste Maschine ins Ausland gesetzt.
25:37Und bin mit ihnen nach Casablanca, Marokko, geflüchtet.
25:47Ich habe dort an der Universität Englisch unterrichtet, als der arabische Frühling ausbrach.
25:53Nach dem Unterricht redete ich oft mit meinen Schülern und mir wurde klar, diese Menschen wollen etwas, das für mich immer selbstverständlich war.
26:09Freie Meinungsäußerung, freie Wahlen.
26:14Gleichzeitig wurde ich mit ihren anti-amerikanischen Vorurteilen konfrontiert.
26:19Alle Amerikaner seien fett und nicht gastfreundlich.
26:21Da begann ich zum ersten Mal, die USA zu verteidigen.
26:26Jesse Morton aus Pennsylvania floh 2010 nach Marokko, wo er verhaftet wurde.
26:35Ich wurde 2011 festgenommen und an die USA ausgeliefert.
26:45Für den Flug haben sie mir Augenbinden und Ohrenstöpsel verpasst.
26:49Ich sah aus wie einer, der nach Guantanamo oder Bagram gebracht wird.
26:56Ich musste auch Fußfesseln tragen.
27:00An Bord legte der Secret Service Mann meinen Koran vor mich hin und fragte,
27:05wollen Sie den während des Fluges halten?
27:08Und dann, ich muss sie das fragen.
27:12Wollen Sie als Jesse oder als Yunus angesprochen werden?
27:15Ich glaube, er hatte erwartet, dass ich Yunus sage.
27:19Aber ich sagte, Jesse Morton.
27:21Ich wollte Jesse Morton sein.
27:24Das war der entscheidende Moment.
27:26Damit begann meine Abkehr vom Extremismus.
27:29Jesse wurde nach drei Jahren vorzeitig entlassen, bekam einen Job in einem Extremismusprojekt.
27:40Nach ein paar Monaten nahm er wieder Drogen und wurde sofort gefeuert.
27:46Sein ideologisches Gerüst brach zusammen.
27:50Er hatte immer geglaubt, das Richtige zu tun.
27:58Es war für ihn zutiefst verstörend, als ihm klar wurde, er war dafür verantwortlich,
28:03dass so viele Leute wegen versuchter Anschläge und anderer Gewalttaten im Gefängnis saßen.
28:09Und dass er möglicherweise Unrecht hatte.
28:11Rechtsradikale und radikale Islamisten haben ein gemeinsames Narrativ.
28:36Unser Weg oder kein Weg.
28:38Keine Kompromisse.
28:39Und diese Haltung wird zunehmend populär.
28:42Beide Gruppen organisieren sich international und haben ein breites ideologisches Spektrum.
28:52Ihr oberstes Ziel ist Spaltung.
28:55Polarisierung um jeden Preis.
28:57Viele denken, mit Trump sei die sogenannte Patriotische Bewegung entstanden. Aber sie war immer da.
29:12Und richtig los ging's 2008.
29:15NBC meldet den Sieg des demokratischen Kandidaten.
29:19Das hat die Rechten groß gemacht. Ein Schwarzer im Weißen Haus.
29:25I want our actions to tell every child in every neighborhood, your life matters.
29:30I would build a great wall and nobody builds walls better than me, believe me.
29:34And I'll build them very inexpensively.
29:37Donald Trump sprach allen Rassisten aus dem Herzen, die 2008 aus ihren Löchern gekochen kamen.
29:43Und die sagten, hey, der ist ja einer von uns.
29:47We want Trump! We want Trump!
29:51Trump nutzt die Angst vor Veränderungen aus.
29:56We've got to fight back! We've got to fight back!
29:59Der Begriff vom Kulturwandel wurde verdreht. Zum Genozid der Weißen Kultur.
30:06You will not replace us! You will not replace us!
30:12Jews will not replace us!
30:15Beim Fackelmarsch in Charlottesville glaubten die Ultrarechten, sie könnten mit der Debatte über Südstaatendenkmäler im Mainstream Fuß fassen.
30:24Nach deren Vorstellung können wahre Amerikaner nur Menschen sein, die weiße Haut haben.
30:35Alle anderen sind Feinde, die das Land von innen bedrohen.
30:41Our monuments are being torn down, they are being removed and replaced, and our people are being torn down and replaced.
30:49White pride, there's nothing wrong with being proud of who you are.
30:54So eine Ansammlung von Rassisten, Nationalisten, Nazis und Ku Klux Klan-Anhängern hatte ich noch nie gesehen.
31:04Und ich beobachte die Szene schon seit 30 Jahren.
31:15In Charlottesville brüllten sie auch Parolen gegen Juden. Das hat mich neugierig gemacht.
31:21Juden werden uns nicht verdrängen.
31:27Wer zieht da wohl die Fäden, fragte ich mich.
31:30Dann entdeckte ich ein paar echte Neonazis.
31:32Leute wie mich früher, die jetzt für die Bewegung das Internet füttern.
31:35Da waren ein paar ziemlich große Namen dabei.
31:37There are some big names down there.
31:40I want to get it!
31:42I want to get it!
31:48Back up! Back up on the ship!
31:51Die verpacken heute einfach nur neu, was wir den Leuten schon in den 90ern verkauft haben.
32:00Nämlich Angst und Hass.
32:02Das läuft immer nach dem gleichen Muster ab, zwischen der Antifa und den weißen Nationalisten.
32:23Nationalisten.
32:31Teile der antifaschistischen Bewegung in den USA entschuldigen oder akzeptieren Gewalt.
32:38Das haben sie mit den Nationalisten gemeinsam.
32:41Und die Antifa hat keinen direkten Rat ins Weiße Haus.
32:51Die weißen Nationalisten schon.
32:53Der ehemalige Führer des Ku Klux Klan, David Tuke, twitterte am Wochenende,
33:10Dank an den Präsidenten für seine Worte.
33:13Danke für den Mut, die Wahrheit über Charlottesville zu sagen.
33:16Sie hatten gehofft, dass Trump ihre Pro-Weiße-Agenda unterstützt.
33:24Und das tat er.
33:29Gewalt ist meist das sichtbarste Merkmal extremistischer Organisationen.
33:47Aber viele versuchen ihr Image aufzupolieren.
33:52Sie entschärfen ihre Sprache, um auch die Mitte der Gesellschaft zu erreichen.
33:55In der Alt-Right-Bewegung etwa redet man heute weniger über Rasse,
34:04sondern eher über eine angebliche kulturelle Bedrohung.
34:08Diese Entwicklung wird von rechten Vordenkern orchestriert und gesteuert.
34:13Das gilt für die USA, aber auch weltweit.
34:15Ich gebe mir eine Mitschuld daran, dass die Islamfeindlichkeit in Amerika so zugenommen hat.
34:28Wenn ich meine alten Videos sehe, wird mir schlecht.
34:34Schön, dich zu sehen.
34:35Ich freue mich auch.
34:38Wie geht's?
34:39Sehr gut.
34:40Als wir anfingen, mit Aussteigern ins Gespräch zu kommen, stellten wir fest,
34:45ihre Geschichten ähnelten sich, selbst wenn ihre Überzeugungen sehr unterschiedlich waren.
34:52Darum haben wir sie dabei unterstützt, ihre Erfahrungen weiterzugeben.
35:00Irgendwann kommt die Frage, was jetzt?
35:02Wenn ein Aussteiger isoliert bleibt, nirgendwo dazugehört und nichts hat, wofür er sich engagieren kann,
35:08dann wird es irgendwann problematisch.
35:12Das ist meine wichtigste Erkenntnis.
35:16Man braucht ein Netzwerk, an das man sich wenden kann.
35:22Im Laufe der Zeit wurde mir klar,
35:25Dschihadismus und Rechtsextremismus haben sehr viel gemeinsam.
35:31Schön, dich endlich zu treffen.
35:34Finde ich auch.
35:35Ich habe das Gefühl, ich kenne dich bereits.
35:38Nach dem rechten Aufmarsch in Charlottesville hatte ich einen offenen Brief geschrieben.
35:44Wir chatten ja schon länger.
35:48Ich schrieb, dass die Ideologien ähnlich seien und Jason eine vergleichbare Rolle hätte,
35:53wie ich bei den Brüdern der muslimischen Revolution.
35:57Wie war das, als dir ein ehemaliger Dschihadist schrieb,
36:01ich würde gern mit dir über deine Ideen reden?
36:02Ich war offen, weil ich den Eindruck hatte, du interessierst dich ernsthaft für mich.
36:10Nach unserem Aufmarsch in Charlottesville 2017 reagierten viele Leute mit Hass auf unsere Ideen.
36:16Mein Eindruck war, Weiße dürfen sich nicht organisieren.
36:19Was ich im Sinn hatte, war eine Bürgerrechtsbewegung, genauso wie andere Rassen sich organisieren.
36:27Aber ich wurde sofort als weißer Rassist bezeichnet.
36:30Ich dachte, was ich tue, ist das Gleiche, was Martin Luther King getan hat.
36:37Für mich war unsere Aktion ein Bürgerrechtsmarsch.
36:41Wie daraus Extremismus wird?
36:47Die meisten von uns sind im Prinzip gute Menschen.
36:52Aber wenn andere sie beschimpfen, ihr seid Rassisten, weil ihr für weiße Werte eintretet,
36:57dann geben viele auf.
37:00Aber diejenigen, die weitermachen, tendieren tatsächlich zu extremen Denken.
37:04Zwei Monate nach dem Aufmarsch von Charlottesville kündigte Jason an,
37:13es sei strategisch klüger, eine, wie er es nannte, weiße Bürgerrechtsplattform zu gründen.
37:18Er glaubt, dass er damit die Verbindung zum Extremismus gekappt hat.
37:25In drei Tagen jährt sich ja dein Vereint-die-Rechte-Aufmarsch.
37:29Und es wird eine zweite Veranstaltung geben.
37:31Viele bezeichnen sie als Vereint-die-Rechte-2.0.
37:37Obwohl ihr euch jetzt als weiße Bürgerrechtsbewegung bezeichnet.
37:42Das klingt schon anders als vor einem Jahr.
37:45Soweit ich weiß, hast du sogar gesagt, Neonazis seien diesmal nicht willkommen.
37:50Was ich großartig finde.
37:56Ich glaube, man sollte Jason nicht aufgeben.
37:59Er steht möglicherweise am Anfang eines Ablösungsprozesses und ist immerhin dialogbereit.
38:05Wenn wir gewalttätigen Extremismus bekämpfen wollen, ist es erfolgversprechender, auf den Betreffenden zuzugehen, als ihn auszuschließen.
38:12In Virginia wurde zum Jahrestag der Ereignisse von Charlottesville der Ausnahmezustand verhängt.
38:25Ein Jahr nach Charlottesville. Kein Vergleich zu damals.
38:29Gerade mal eine Handvoll weißer Nationalisten versammelte sich vor dem Weißen Haus.
38:44Unzählige Gegendemonstranten ziehen durch die Stadt.
38:47Wir können uns darüber lustig machen, dass Jason Kessler nur noch Gegendemonstranten mobilisiert.
39:04Tatsache ist, neun Prozent der Amerikaner halten rechtsextreme Ansichten für unproblematisch.
39:14Und es gibt einen getarnten Extremismus, der behauptet, wir wollen einfach nur keinen kulturellen Genozid.
39:22Wir wollen unsere Traditionen bewahren.
39:23Aber diese schleichenden Veränderungen entgehen uns, weil wir immer nur auf das große Theater blicken.
39:40Wir erleben eine politische Rückentwicklung, die auf Angst beruht.
39:45Nicht nur in den USA. Das ist eine weltweite Entwicklung.
39:53Wie gehen wir mit der Spaltung unserer Gesellschaften um?
40:01Ich glaube, es ist wirklich ernst.
40:04Der Frieden und das soziale Einvernehmen, das wir in vielen westlichen Ländern so lange gekannt haben, sind heute gefährdet.
40:16Jede dieser extremistischen Gruppen verfolgt die klare Strategie, Anhänger zu mobilisieren und andere Meinungen auszusetzen.
40:23Und sie verfügen über die Mittel, um ihre Zielgruppen weltweit innerhalb von Sekundenbruchteilen zu erreichen.
40:37Aber wir haben diese Mittel auch. Wir brauchen das Engagement von Firmen, Kommunen, Organisationen.
40:44Wir brauchen glaubhafte Stimmen, eine Antwort der ganzen Gesellschaft.
40:47Wir können das Ruder herumreißen. Aber wir müssen es auch tun.
40:51Aber wir müssen es tun.
40:52Und wir müssen die Dreader.
40:53Aber wir müssen die Dreader haben.
40:53Und wir müssen sie verstehen.
40:53Wir müssen die Dreader machen, VISIONEN-cieke thinkingen.
40:54Wir müssen die D
40:57für deine D Cabern.
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