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Brasilien ist Gastgeber der Klimakonferenz. Das Land konnte zwar die Abholzung teilweise senken, doch Brände haben große Regenwaldflächen vernichtet. Zudem sind Ölbohrungen in der Amazonasmündung geplant.

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Transkript
00:00Brasilien kann Spektakel veranstalten.
00:04Die Weltmeisterschaft Olympia, ein Lady Gaga-Konzert für Millionen.
00:07Und jetzt der Superbowl für Umweltfreaks, der UN-Klimagipfel,
00:12mitten im Amazonas-Regenwald.
00:15Im Vorfeld hat die Konferenz den Gastgeber unter die Lupe genommen.
00:19Und was die Menschen sehen, ist kompliziert.
00:22Brasilien kämpft gegen Abholzung,
00:23debattiert aber auch über eine Rücknahme von Umweltgesetzen.
00:26Ein Meister sauberer Energie, der nach neuen Ölvorkommen bohren will.
00:31Was für ein Klimaspieler ist Brasilien also wirklich?
00:34Und wo steht es mit seinen Widersprüchen?
00:36Die Wahl Brasiliens für die Amazonas-Stadt Belém
00:39als Austragungsort der COP war umstritten.
00:43Nicht zuletzt, weil Hotels, umgebaute Kreuzfahrtschiffe
00:46und andere Unterkünfte horrend hohe Preise verlangen.
00:49Was Belém an gastfreundlicher Infrastruktur fehlt,
00:52macht es durch Symbolik wett.
00:53Belém ist eine verarmte Stadt,
00:57die vom Klimawandel besonders stark betroffen ist.
01:01Es ist also eine Stadt im Amazonas-Gebiet,
01:03in der man sowohl das Hauptproblem,
01:05nämlich die Entwaldung, als auch die Auswirkungen sieht.
01:09Wir haben eine längere Feuersaison
01:11und eine längere Trockenzeit im gesamten Amazonas-Gebiet.
01:14Aber man kann auch sehen, was Brasilien unternommen hat,
01:17um die Emissionen aus der Entwaldung zu reduzieren,
01:19vor allem zu Beginn des Jahrhunderts.
01:21Vor etwa 60 Jahren war der Amazonas vor allem Ort der Ausbeutung
01:27für Holz, Gold und für seine Fläche.
01:31Seitdem wurden mehr als 17% des Regenwaldes abgeholzt,
01:34vor allem für die Viehzucht und den Anbau von Soja.
01:37Ein Großteil davon geschah illegal.
01:39Als Luis Inacio Lula da Silva, alias Lula,
01:442003 seine 1. Amtszeit als Präsident antrat,
01:47geriet er unter internationalen Druck,
01:49die Abholzung zu verlangsamen.
01:51Denn beim Fällen von Bäumen
01:53werden tonnenweise Kohlenstoff freigesetzt.
01:56Also ging seine Regierung hart dagegen vor,
01:58mit großem Erfolg.
02:00Lulas Umweltministerin Marina Silva
02:02war eine der wichtigsten Architektinnen dieser Wende.
02:05Während der ersten beiden Amtszeiten von Präsident Lula
02:09ist es uns gelungen,
02:11die Freisetzung von 5 Mrd. Tonnen CO2 in die Atmosphäre zu vermeiden.
02:15Kein anderes Land hat so etwas jemals geschafft.
02:20Die Regierung tat dies,
02:22indem sie Hunderte neuer Naturschutzgebiete
02:24und indigene Gebiete auswies.
02:26Außerdem wurde die Satellitenüberwachung verbessert,
02:31um Entwaldung in Echtzeit zu erkennen.
02:34Umwelt- und Strafverfolgungsbehörden wurden geschult,
02:37um härter durchgreifen zu können.
02:40Unter den nachfolgenden Präsidenten
02:41stieg die Entwaldungsrate wieder an.
02:43Vor allem der rechtsextreme Jair Bolsonaro
02:46schwächte die Umweltbehörden.
02:48Als Lula 2022 wiedergewählt wurde,
02:51holte er Marina Silva zurück
02:53und mit ihr den Fokus auf die Bekämpfung der Abholzung.
02:58Brasilien hat die besondere Situation,
03:00dass der Großteil unserer Emissionen aus der Abholzung stammt,
03:03und zwar größtenteils aus illegaler Abholzung.
03:07Die Regierung hat sich verpflichtet,
03:09die Entwaldung bis 2030 zu beenden.
03:12Das scheint zu funktionieren.
03:142024 sank die Entwaldungsrate in ganz Brasilien um mehr als 30%.
03:19Doch ein Problem verschärft sich seit Jahren.
03:22Waldbrände.
03:23Im vergangenen Jahr gab es in Brasilien mehr als 270.000 davon.
03:27Sie werden oft von Menschen gelegt.
03:30Der Klimawandel führt jedoch dazu,
03:32dass Wälder und Feuchtgebiete länger trockener bleiben
03:35und deswegen viel anfälliger für Brände werden.
03:38In den letzten 2 Jahren haben wir beobachtet,
03:43dass die Brände die Abholzung überholt haben.
03:45Es gibt noch ein weiteres Hindernis für den Umweltschutz.
03:52Eine mächtige Agrarindustrie-Fraktion im brasilianischen Kongress
03:55drängte auf einen Gesetzentwurf,
03:57den Aktivisten als Verwüstungsgesetz bezeichneten.
04:01Dabei ging es v.a. darum, Umweltgenehmigungen abzuschaffen.
04:04Normalerweise müssen Unternehmen, die Fabriken, Straßen
04:07oder etwas anderes bauen wollen,
04:09das Auswirkungen auf die Umwelt haben könnte,
04:11eine Genehmigung von den Behörden einholen.
04:13Das Gesetz sollte das ändern.
04:14Die meisten Genehmigungen würden dann über das Internet erfolgen,
04:21wo der Unternehmer nur ein Formular ausfüllt,
04:23in dem er erklärt,
04:24dass er alles für die Umwelt richtig machen würde.
04:32Die Genehmigung großer Infrastrukturprojekte,
04:35die als strategisch wichtig gelten würde, beschleunigt.
04:38Der Bau von Straßen oder die Ölförderung.
04:39Kritiker sagen, man könnte dann bauen,
04:42bevor mögliche Folgeschäden geprüft worden wären.
04:45Es war ein riesiger, riesiger Rückschritt.
04:49Lula hat das Gesetz gebilligt,
04:51aber einige der schädlichsten Abschnitte blockiert.
04:54Der Kongress versucht nun,
04:55viele der abgelehnten Teile mit Änderungsanträgen wieder einzubringen.
04:59Eine ursprüngliche Bestimmung hat der Präsident jedoch beibehalten,
05:03die Beschleunigung für große Infrastrukturprojekte.
05:07Umweltschützer befürchten nun,
05:08dass auch Ölbohrungen nahe der Mündung des Amazonas beschleunigt würden.
05:14Brasilien verfügt über Wasserkraftwerke und ein großes Potenzial für Solar- und Windenergie.
05:2080 Prozent seines Stroms stammen aus sauberen Energiequellen.
05:25Aber es ist auch ein ziemlich großer Ölproduzent und es will noch größer werden.
05:30Hier kommen noch unerschlossene Ölquellen ins Spiel.
05:33Die Regierung hat gerade grünes Licht für Explorationsbohrungen gegeben.
05:37Auch wenn wir dieses Öl nicht verbrennen, verkaufen wir es,
05:42damit es jemand anderes verbrennen kann.
05:44Daher tragen wir durch die Ausweitung unserer Ölförderung zum Klimawandel bei.
05:52Auf der Klimakonferenz in Dubai 2023 hat sich Brasilien gemeinsam mit anderen Nationen
05:58darauf geeinigt, aus fossilen Brennstoffen auszusteigen.
06:02Die Regierung argumentiert jedoch,
06:04dass es als Entwicklungsland ihr gutes Recht sei, nach Öl zu suchen.
06:09Es wurde beschlossen, dass die reichen Länder,
06:12sowohl Produzenten als auch Verbraucher,
06:14bei der Stilllegung und Reduzierung der CO2-Emissionen
06:17aus der Nutzung fossiler Brennstoffe vorangehen
06:19und die Entwicklungsländer dann folgen werden.
06:27Brasilien ist fest davon überzeugt,
06:29dass wir einen Teil des Reichtums,
06:30den uns das Öl beschert, nutzen können, um den Übergang zu beschleunigen.
06:38Die Ironie dieser Aussage ist Umweltschützer nicht entgangen.
06:43Hey, ihr seid Gastgeber der COP
06:45und befindet euch immer noch in einer Phase der Expansion fossiler Brennstoffe.
06:49Was Brasilien als Gastgeber des Gipfels wahrscheinlich Punkte einbringen wird,
06:55ist der Kampf gegen die Entwaldung.
06:57Auf der COP30 wird offiziell die Tropical Forest Forever Facility ins Leben gerufen.
07:02Dieser Fonds wird Länder danach bezahlen, wie gut sie ihre Wälder schützen.
07:05Wir haben ein chronisches Problem,
07:10nämlich, dass die Wälder nicht für die stehenden Bäume geschätzt werden.
07:16Wenn man den Wald abholzt, bekommt man normalerweise Geld,
07:19während der Erhalt nicht viel einbringt.
07:22Die Idee ist hier also, das umzukehren.
07:24Der neue Fonds investiert die von Regierungen und privaten Investoren
07:30zugesagten Gelder in ein Finanzportfolio.
07:33Länder, die ihre Wälder erhalten,
07:35werden mit den Erträgen aus diesen Investitionen bezahlt.
07:38Der Hauptfonds bleibt unangetastet.
07:40So können die Spenden langfristig erhalten bleiben.
07:43COP-Gastgeber Brasilien beschreitet also einen schmalen Grat
07:47zwischen vielen Widersprüchen.
07:49Aber es wäre auch nicht der erste COP-Gastgeber, der dies tut.
07:52Was wir tun müssen, ist, unsere Widersprüche zu überwinden.
07:59Sie existieren in Brasilien, in der Europäischen Union, überall.
08:07Es wird sich zeigen, ob die Teilnehmer an der COP in Belém
08:11sich einigen und diese Widersprüche überwinden können.
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