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  • vor 7 Stunden
Im Peenetalmoor untersuchen Forscher, ob wiedervernässte Flächen mehr Stechmücken bringen. Vor allem neue Mückenarten können gefährliche Viren und Parasiten übertragen.

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Transkript
00:00Lauern im Moor Gefahren für unsere Gesundheit?
00:05Ein Forschungsteam sucht nach wissenschaftlichen Fakten.
00:09Und geht dafür auf Mückenjagd.
00:14Wie fängt man winzige Stechmücken?
00:17Inwiefern bedrohen sie unsere Gesundheit?
00:20Und warum kriegen die Plagegeister Blut serviert?
00:23Wir begleiten das Team ins Peenetalmoor im Nordosten Deutschlands.
00:32Früher wurden hier Flächen für den Torfabbau und für die Landwirtschaft trockengelegt.
00:37Doch seit gut 30 Jahren werden ehemals entwässerte Flächen wiedervernässt.
00:42Das Wasser kommt also zurück.
00:47Das sind Mandy Schäfer und Patrick Gutjahr vom Friedrich-Löffler-Institut.
00:51Die Stimmung ist gut.
00:55Aber ehrlich, Laufen auf diesem Boden, das ist gewöhnungsbedürftig.
01:01Bange Frage, kann man im Moor eigentlich versinken?
01:06Man sinkt selten tiefer ein als bis zur Hüfte oder Brust.
01:10Das ist für die Leute natürlich ein Schock, aber man kann im Moor nicht versinken.
01:17Manchmal kann man auf Moorflächen sogar herumhüpfen, wie auf einem Wasserbett.
01:22Wo es feucht ist, da sind aber auch Stechmücken nicht weit.
01:26Und die können Krankheitserreger übertragen.
01:29Wir wollen herausfinden, ändert die Wiedervernässung von Flächen, sei es jetzt Moorflächen oder auch andere Flächen,
01:36die Zusammensetzung der Stechmückenfaune.
01:40Und können wir Strategien entwickeln, um diese Veränderung der Mückenfaune insofern zu beeinflussen,
01:45dass es keine sozusagen Gefährdung der Gesundheit von Mensch und Tier hervorrifft.
01:50Menschen wie Resi Scheumann und Tiere wie ihre Kuh Uschi, zu den beiden später mehr.
01:59Im Moor passieren wir eine Stelle, die lässt Patricks Forscherherz auch jetzt noch höher schlagen.
02:04Dies ist der Fundort von Exemplar 323.
02:11Unser erstes Exemplar der Art Uranothenia unguiculata.
02:14Die ist in Deutschland relativ selten und wir hatten nicht erwartet, sie hier zu finden.
02:18Zum ersten Mal wurde die Art soweit nördlich gesichtet.
02:24Eigentlich ist sie eher im Mittelmeerraum heimisch.
02:27Uranothenia unguiculata ist eine von fast 4000 Stechmückenarten weltweit.
02:33Kulix pipiens ist in Deutschland heimisch.
02:36Diese Art kann zum Beispiel Westnilviren übertragen.
02:40Hauptsächlich sind Vögel betroffen, aber auch Menschen oder Pferde können erkranken.
02:44Kulixeta morsitans ist auf der Nordhalbkugel zu Hause.
02:50In Nordamerika wurde bei dieser Art das östliche Pferdeinzephalitis-Virus nachgewiesen.
02:56Erreger einer bei Pferden tödlich verlaufenden Krankheit.
03:00Das ist Aedes albopictus.
03:02In Süd- und Südostasien zu Hause verbreitet sich die asiatische Tigermücke mittlerweile auch in Europa.
03:08Sie kann Zika, Chikungunya und Dengue-Viren übertragen.
03:12Und diese Art kann Plasmodien im Gepäck haben, die Erreger der Malaria.
03:17Für eine Verbreitung braucht es aber auch infizierte Menschen als Wirte.
03:21Deutschland gilt jedoch als Malaria-frei.
03:24Keine Gefahr also durch Anopheles-Klaviger?
03:26Die kommen auch nach wie vor in Deutschland vor und können theoretisch Malaria-Erreger übertragen.
03:32Unser Gesundheitssystem ist aber so gut entwickelt, dass Malaria-Fälle schnell erkannt werden und es selten zu einer lokalen Übertragung kommt.
03:44Und so funktioniert die wissenschaftliche Mückenjagd.
03:48Spezielle Fallen sind mit Kohlendioxid bestückt.
03:51Das simuliert die Luft, die potenzielle Blutwürde der Stechmücken ausatmen.
03:55Außerdem stehen Stechmücken auf bestimmte Körperdüfte.
04:00Also hier in der Falle befindet sich der chemische Lockstoff.
04:03Der riecht nach einer guten Portion Schweiß, das die Mücken sozusagen anlockt.
04:09Viele Arten, also vor allem die Arten, die auf Säugetiere fliegen, stehen auf diesem Lockstoff.
04:14Stinken würde ich nicht sagen, das ist eine besondere Zusammensetzung, die sozusagen die einzelnen Mückenarten anlockt.
04:22Falle an, 24 Stunden später werden die Mücken eingesammelt.
04:26An diesem Tag wird es nun richtig anstrengend. Es geht in sumpfiges Gelände.
04:31Müssen wir gucken, ob die Gummistiefel reichen?
04:33Ja.
04:34Ja, sieht gut aus.
04:36Viel Wasser, gute Voraussetzung Brutstätten zu finden.
04:39Das gibt Aufschluss darüber, welche Stechmückenarten wo bevorzugt leben.
04:44Und da dieser kleine schwarze Strich, der sich so zuckend bewegt.
04:49Und man erkennt, dass es eine Anopheleslarve ist, weil die parallel zur Oberfläche liegt.
04:54Die hat kein Atemrohr hinten dran.
04:56Atemrohr? Richtig gehört.
04:58Bei manchen Mückenarten befindet es sich am Hinterleib und versorgt sie an der Wasseroberfläche mit Sauerstoff.
05:04Funktioniert wie ein Schnorchel.
05:07Die Proben mit den Mückenlarven landen schließlich zur Aufzucht im Labor.
05:11Aber von vorn, denn es ist ein besonderes Labor.
05:21Das Friedrich-Loeffler-Institut liegt auf der Insel Riems.
05:24Die Forschung hier dreht sich ausschließlich um Tiere und Zoonosen, Infektionskrankheiten bei Nutztieren, Tierseuchen, Tierernährung und so weiter.
05:35Bevor wir ins Insektarium können, müssen wir alle die Kleidung wechseln, inklusive Unterwäsche.
05:40Im Labor herrscht Sicherheitsstufe 2.
05:43Es geht durch eine Schleuse mit Unterdruck.
05:46Wenn die Tür aufgeht, kann theoretisch etwas hineinfliegen, aber nicht raus.
05:49Und unsere Mückenlarven?
05:53Nachdem wir sie eingesammelt haben, kommen sie in den Inkubator.
05:56Hier herrschen mehr oder weniger natürliche Bedingungen, um sie bis zum adulten Stadium aufzuziehen.
06:04Das Leben einer Stechmücke durchläuft verschiedene Phasen.
06:08Vom Ei über vier Larvenstadien bis zur Puppe findet die Entwicklung im Wasser statt.
06:12Wenn die ausgewachsene Stechmücke aus der Puppenhülle schlüpft, verlässt sie das Wasser.
06:18Im Labor ihrer habhaft zu werden, ein Unterfangen mit Tücken.
06:25Man versucht die Mücken im oberen Teil des Netzes einzusammeln.
06:34Wenn sie nicht mitspielen, müssen wir den Aufbau erweitern.
06:36Erst die mühsame Larvensuche im Moor, dann die Aufzucht im Labor
06:46und mit technischem Improvisationstalent die Mückenernte einfahren.
06:50Alles Vorbereitung für die eigentliche Forschungsarbeit.
06:56Wir züchten Mücken für verschiedene Studien.
07:00Wir haben zum Beispiel Studien, wo wir die Vektorkompetenz von verschiedenen Arten testen.
07:04Vektorkompetenz bezeichnet die Fähigkeiten von Mücken, Krankheitserreger zu übertragen.
07:10Dazu müssen wir die in hoher Zahl sozusagen im Labor produzieren,
07:13damit wir genügend Tiere für Versuche haben.
07:17In Vektorkompetenzversuchen testen wir zum Beispiel,
07:20ob bestimmte Mückenarten bestimmte Erreger übertragen können.
07:25Patrick Gutjahr bereitet eine Blutmahlzeit vor.
07:29Im Insektarium haben die Mücken kein Wirtstier zum Blutsaugen.
07:33Die Weibchen brauchen aber nach der Befruchtung Blut für die Eiproduktion.
07:37Also muss gefüttert werden.
07:40Das Blut hier wurde Rindern abgezapft.
07:43Je nach Art bevorzugen Stechmücken bestimmte Wirtstiere.
07:46Zum Beispiel Amphibienvögel oder ja, leider auch Säugetiere wie uns Menschen.
07:52Sollen sie Blut saugen, wir sind wieder unterwegs auf Mückenjagd.
07:56Eine weitere Falle steht an einem Schöpfwerk.
07:59Das ist ein Pumpwerk zur Entwässerung.
08:01Insgesamt gibt es 15 Fallen, verteilt auf nassen und trockenen Moorflächen.
08:07Also jenen Flächen, die für die Landwirtschaft weiter entwässert werden.
08:13Landwirtschaft prägt diese Region seit Jahrhunderten und ist nach wie vor eine Einkommensquelle.
08:19Auch wenn die Nutztierhaltung mittlerweile stetig zurückgeht,
08:22Menschen und Tiere kommen hier noch in Berührung.
08:24Komm her, Ussi!
08:30Einmal vor vielen Jahren, wir waren hier so viele Mücken.
08:35Da war die Ussi voller Mücken.
08:38Es war zurchtbar.
08:39Beim Mückenjagd war es auch nicht außerhalb.
08:42Und dann bin ich beigegangen und habe hier einfach Mücken-Spray eigentlich gekauft worden.
08:47Mit Mücken-Sprays.
08:48Und das half der doch ein bisschen.
08:52Blick, Ussi!
08:53Im Garten von Resi-Schäumann steht auch eine Falle.
08:57Wenn wiedervernässte Moore mehr Stechmücken nach sich ziehen, wären natürlich auch die Bewohner betroffen.
09:04Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind auch über die Region hinaus von Belang.
09:07Es ist immer wichtig, zunächst nach spezifischen Details in der Region zu suchen.
09:14Und dann den Blickwinkel zu erweitern, um zu sehen, welche globalen oder allgemeinen Muster wir im Verhalten von Mücken
09:20und auch in den Übertragungszyklen von Krankheitserregern finden.
09:26Forscherneugierde macht auch vor einer Regentonne nicht Halt.
09:30Also die Regentonne ist auch schon.
09:31Ist was drin?
09:32Ist voll.
09:33Ja, ist voll?
09:33Ja.
09:34Guck.
09:35Oh ja.
09:35Na ja, ist doch in Ordnung.
09:38Sie müssen doch wissen, wie viele fremde Mücken hier so rumkreisen um uns.
09:45Die Mücken nachher zu bestimmen, das ist echte Fleißarbeit.
09:49Aktuell hat Patrick Gut ja über 114.000 Exemplare gesichtet.
09:54Ungefähr 20.000 warten noch im Gefrierschrank.
09:58Um eine Mückenart zu bestimmen, werden morphologische Merkmale zurate gezogen.
10:03Zum Beispiel bestimmte Schuppenmuster oder die Länge der Beinsegmente in Relation zueinander.
10:11Wenn das nicht reicht, hilft ein sogenanntes DNA-Barcoding.
10:15Das heißt, Arten werden anhand der DNA-Sequenz eines spezifischen Gens bestimmt.
10:19Viele Arten erkennen Manny Schäfer und Patrick Gut ja ohne spezielle Methoden.
10:24Also wir haben hier einmal Anulipis, genau.
10:30Wir haben direkt dahinter, siehst du vielleicht, es sieht mir schwer nach Clavica aus, einen schönen weißen Streifen.
10:39Und ein Iro hat sie auch.
10:44Genau, das hier vorne ist auch Clavica.
10:46Patrick verrät noch eine spezielle Bestimmungsmethode.
10:59In der Entomologie ist es relativ üblich, die männlichen Geschlechtsorgane zu entfernen, sie als mikroskopische Probe aufzubereiten und dann die wirklich feinen Strukturen der Art zu untersuchen.
11:11Die Forscher haben auch eingewanderte Arten im Blick.
11:16Aedes albopictus, wie erwähnt ursprünglich im asiatisch-pazifischen Raum zu Hause, ist bereits in Deutschland zu finden.
11:24Bisher hauptsächlich im Süden und Westen des Landes.
11:26Wenn wir jetzt hier im Nordosten Aedes albopictus finden würden, dann wäre das ja schon ein Neu-Nachweis.
11:34Und damit haben wir sozusagen den Überblick, die Art breitet sich weiter aus, müssen wir eventuell den Blick haben.
11:40Wenn wir wissen zum Beispiel, diese Art hat auch eine relativ breite Vektorkompetenz.
11:45Das heißt, sie kann viele verschiedene Erreger sehr gut übertragen.
11:49Und dann sind das schon Fakten, die bei der Kontrolle von zum Beispiel Ausbrüchen oder so relevant sind.
11:56Knapp 30 Arten von Stechmücken haben die beiden im Penetalmoor gefunden.
12:01Gesundheitliche Gefahren waren bisher nicht auszumachen.
12:05Das ist doch ein gutes Ende unserer Mückengeschichte.
12:10Was ist doch einий?
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