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  • vor 1 Tag
Sie sind klein und blutrünstig: Piranhas gelten auf der ganzen Welt als die ultimativen Killer-Fische. Mit rasiermesserscharfen Zähnen können sie ihre Beute in kürzester Zeit bis auf die Knochen abnagen – sofern man den zahlreichen Schauermärchen glaubt, die gerne verbreitet werden. Doch ist diese in Südamerika weit verbreitete Fischart wirklich so gefährlich wie ihr Ruf? Profi-Angler Jeremy Wade reist in die Tiefen des Amazonas, um genau diese Frage zu beantworten. Im brasilianischen Dschungel trifft er auf Augenzeugen, die selbst nur knapp einer Piranha-Attacke entgangen sind, und befragt einheimische Fischer nach ihren Erfahrungen mit den vermeintlichen Mörderfischen.
Um ein für allemal mit dem Mythos aufzuräumen, Piranhas seien blutgierige Menschenfresser, entschließt sich der Biologe zu einem lebensgefährlichen Selbstversuch: Er springt in einen Fluss voller Piranhas und setzt sich sogar in einen Pool, der vor den gefräßigen Fischen nur so wimmelt. Ist Jeremy Wade lebensmüde, oder ist die waghalsige Aktion ein kalkulierbares Risiko? Vor einer Nachahmung seines Piranha-Experiments wird in jedem Fall abgeraten. (Text: DMAX)

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Transkript
00:00Untertitelung des ZDF für funk, 2017
00:30Die Schichten wurden von Piranhas gefressen.
00:40Horrorgeschichten wie diese gibt es schon seit der Entdeckung Südamerikas.
00:45Alle wissenschaftlichen Quellen besagen, dass Piranhas keine Menschen töten.
00:53Sind diese Geschichten also wahr oder vielleicht nur stark übertriebene moderne Legenden?
01:00Ich habe die Welt bereist und oft mein Leben riskiert, um riesige und gefährliche Fische genau dort aufzuspüren, wo sie niemand vermutet.
01:13Im Süßwasser.
01:18Diesmal sind die kleinen Burschen dran.
01:21Würden Piranhas wirklich Menschen töten?
01:27Sind es blutrünstige Ungeheuer wie im Horrorfilm?
01:31Oder ist dieses Bild der Killerfische einfach nur Panikmache?
01:39Im Londoner Zoo treffe ich Brian Zimmerman.
01:42Er ist Piranha-Experte und einer der Kuratoren des Aquariums.
01:46Es gibt keinen dokumentierten Fall, bei dem ein lebendiger Mensch im Wasser von Piranhas angegriffen und in Sekunden skelettiert wurde.
01:58Doch Piranhas sind Fleischfresser.
02:02Wenn sie Hunger haben, könnten sie durchaus angreifen.
02:05Ein Mensch wäre dann auch nichts anderes als ein Reier im Wasser.
02:08Für den Piranha sind beide genießbar.
02:10Doch so viel ich weiß, ist das noch nie vorgekommen.
02:16Brian Zimmerman sagt, Menschen wurden noch nie von Piranhas getötet.
02:21Ist dann der Unfall mit dem Bus wirklich geschehen?
02:23Ich beschließe nach Manaus zu fahren, ins Herz des Amazonas.
02:28Dort möchte ich herausfinden, ob es sich um blühende Fantasie handelt,
02:32oder ob Piranhas tatsächlich schon Menschen bei lebendigem Leib gefressen haben.
02:40Und wo sollte ich wohl mit meinen Nachforschungen beginnen, wenn nicht auf dem Fischmarkt von Manaus?
02:47Im Amazonasgebiet leben mehr als 3000 Fischarten, mehr als im gesamten Atlantik.
02:53Der Markt bietet die seltsamsten Tiere im Überfluss.
02:56Böse Stacheln, die Auswahl hier ist riesig.
03:03Unter den Piranhas sind mehr als 30 unterschiedliche Arten bekannt,
03:07und viele von ihnen ernähren sich ausschließlich von Pflanzen.
03:11Aber die Fleischfresser unter ihnen haben ihren Ruf ruiniert.
03:19Ich muss nicht lange herumfragen, um weitere Schreckensgeschichten zu erfahren.
03:24Noch eine Piranha-Geschichte.
03:30Ein alter Mann wurde auf einem Hausboot alleingelassen, nur für wenige Stunden.
03:34Als die Familie zurückkam, war er verschwunden.
03:37Sie dachten, er sei baden gegangen, doch er war nirgends zu sehen.
03:41Sie suchten ihn und fanden schließlich nur noch sein Skelett.
03:44Weil er alt war, schaffte er es nicht mehr aus dem Wasser, und so fraßen ihn die Piranhas.
03:48Vor zwei Monaten.
03:59Eine weitere Gruselgeschichte.
04:01Doch einen Namen oder eine genaue Ortsangabe kann mir hier auf dem Markt niemand nennen.
04:07Ich muss hinaus auf den Fluss, um Augenzeugen zu befragen.
04:10Der Amazonas ist nach neueren Messungen rund 6800 Kilometer lang und der wasserreichste Fluss der Erde.
04:24In weiten Teilen fließt er breit und ruhig dahin, in unserem abgelegenen Seitenarm allerdings nicht.
04:30Ein Fünftel allen Süßwassers, das in die Meere fließt, stammt aus dem Amazonas.
04:37Und die Piranhas sind im gesamten Flusslauf zu finden.
04:41Ein Paradies für Angler.
04:45Und für Monsterfische.
04:51Angebissen!
04:55Dort ist er, er springt! Und er hat Kraft!
04:58Ich habe einen Raubfisch an der Angel, der mit seinem Gebiss ebenfalls in jedem Horrorfilm mitspielen könnte.
05:06Es ist ein Wolfssalmler, ein Verwandter des Piranha.
05:10Hier hat offenbar alles Zähne und jeder frisst jeden.
05:15Mit diesen Fangzähnen im Unterkiefer durchstechen sie die Schwimmblase ihrer Beute und zerstören damit deren Schwimmfähigkeit.
05:22Die Beutefische geraten außer Kontrolle und springen an der Wasseroberfläche herum.
05:27Diese Burschen verfolgen sie und machen sie kalt.
05:31Die Fangzähne sind so lang, dass die Salmler zwei passgenaue Höhlungen im Oberkiefer haben, sonst könnten sie ihr Maul nicht schließen.
05:39Präzise konstruiert, bei geschlossenem Maul sind sie unsichtbar.
05:45Der Wolfssalmler mit seinen Vampirzähnen ist ein gutes Beispiel, wie furchteinflößend die Piranha-Familie aussehen kann.
05:52Allerdings sind von diesem Fisch keine Übergriffe auf Menschen bekannt.
05:57Der Wolfssalmler macht nur Jagd auf andere Fische, und zwar allein.
06:01Piranhas dagegen jagen im Schwarm.
06:04Im Amazonas sind sie so gut wie überall anzutreffen.
06:07Normalerweise benutze ich meine Hightech-Ausrüstung und versuche nicht aufzufallen.
06:11Doch Piranhas sind in ihrem Fressverhalten so dreist, dass ich meine Strategie ändern werde.
06:17Ich verzichte auf meine normale Rute und nehme stattdessen ein Stück Bambus mit kurzer Schnur.
06:25Das ist die bewährte Fangmethode für Piranhas.
06:32Ein Haken mit Stahlvorfach, damit sie die Schnur nicht durchbeißen, und ein Stück Fleisch.
06:38Bei anderen Gelegenheiten verhält man sich besser ruhig.
06:42Doch diese Fische zieht Lärm und Bewegung an der Oberfläche sogar an.
06:58Ein roter Piranha.
07:01Innerhalb von Minuten habe ich einen kleinen Piranha an der Angel.
07:05Auch er hat bereits sehr scharfe Zähne, die eine ununterbrochene, sägerartige Schneide bilden.
07:13Damit sind Piranhas in der Lage, beachtliche Stücke aus ihrer Beute herauszureißen.
07:25Hinter ihrem kräftigen Gebiss steckt eine ausgeprägte Kiefermuskulatur.
07:30Wenn sie das Maul schließen, greifen ihre messerscharfen Zähne ineinander wie eine Bärenfalle.
07:38Ihr Gebiss ist perfekt, um der Beute die Flossen abzureißen, Schuppen zu durchdringen und sie Stück für Stück zu zerlegen.
07:45Sie jagen zwar andere Fische, aber sie nehmen auch Aas.
07:55Als Gesundheitspolizei ist ihre Rolle in den Ökosystemen ihres Verbreitungsgebietes nicht zu unterschätzen.
08:03Ich habe bei fast jedem Auswurf einen Piranha am Haken.
08:06Der Fluss ist voll von ihnen. Sie sind überall.
08:18Das heißt aber nicht, dass ich das hier nicht wagen könnte.
08:29Das Baden in einem Piranha-Gewässer ist sicher Selbstmord, oder?
08:36Hier sind überall Piranhas, doch sie greifen mich nicht an.
08:47Wenn ich seelenruhig baden kann und wenn es stimmt, dass der alte Mann und die Passagiere aus dem Bus lebendig gefressen wurden,
08:54dann muss es irgendwelche Auslöser geben, die sie in einen Fressrausch versetzen.
08:58Ich lebe noch.
09:02Das Wasser ist hier ziemlich tief.
09:04Ich schätze, dass sie genügend Nahrung finden, auch ohne, dass sie mich angreifen.
09:08Ich werde deshalb eine künstliche Situation herbeiführen, in der die Piranhas tatsächlich Hunger haben.
09:14Willkommen am Piranha-Pool.
09:28Wie mein Lieblingsbösewicht bei James Bond habe ich in meinem Hotel ein kleines Becken mit 100 roten Piranhas füllen lassen,
09:39die seit Tagen nicht gefüttert wurden.
09:41Ich will testen, wie gefräßig sie wirklich sind.
09:44Jeder kennt den Blutrausch der Haie.
09:50Ich frage mich, ob Piranhas ähnlich auf Blut reagieren.
09:53Mithilfe dieses Hakens werde ich ein wenig von meinem Blut spenden.
09:57Es ist nur ein kleiner Tropfen, doch wenn die Gerüchte stimmen, dann ist mein Daumen gleich weg.
10:16Ich weiß nicht, ob das beweiskräftig ist.
10:27Sie kreisen aber vielleicht nur wegen der Bewegung im Wasser.
10:30Der winzige Tropfen war wohl zu wenig.
10:32Vielleicht brauche ich mehr.
10:46Weil die Sichtweite im trüben, sedimentreichen Wasser des Amazonas oft nicht einmal 30 Zentimeter beträgt,
10:53haben die Piranhas einen gut ausgeprägten Geruchssinn entwickelt, um Beute aufzuspüren.
10:58Jetzt reagieren sie eindeutig.
11:01Viele von ihnen schwimmen in die Blutwolke und suchen etwas zum Beißen.
11:05Doch da ist nichts.
11:06Ich sollte Fleisch dazu geben.
11:11Blut regt definitiv ihren Appetit an.
11:14Bei dem Busunglück gab es sicher Verletzte, sodass Blut ins Wasser strömte.
11:19Also werde ich nun testen, wie der Schwarm auf ein Steak reagiert.
11:33Der erste beißt zu.
11:36Jetzt kommen alle.
11:38Einer muss den Anfang machen und dann geht es los.
11:40Die Piranhas reagieren auf die Schallwellen und Bewegungen ihrer Artgenossen beim Fressen.
11:47Es versetzt sie in einen Fressrausch.
11:50Sobald einer abgebissen hat, wendet er sich blitzschnell ab und schafft Platz für die anderen.
11:55Ich kann mir vorstellen, dass sie ihre Beute tatsächlich innerhalb von Minuten bis auf die Knochen abnagen.
12:02Fleisch zieht sie eindeutig an.
12:04Wie werden sie nun auf etwas Lebendiges reagieren?
12:10Diese Piranhas haben sich eben noch auf ein Stück Fleisch gestürzt.
12:37Aber mich ignorieren sie.
12:39Was also löst ihren Killerinstinkt aus?
12:43Das muss ich herausfinden.
12:44Bei dem Busunglück waren Menschen, Blut und jede Menge hungriger Piranhas im Wasser.
12:54Genau wie in meiner Versuchsanordnung.
12:58Doch ich bleibe unverletzt.
13:00Im Gegensatz zu den Menschen im Bus.
13:04Ich habe nachgeforscht und herausgefunden, dass dieser Bus tatsächlich verunglückt ist.
13:09Ich fand einen Zeitungsartikel aus den 70ern, in dem genau von dem Busunglück berichtet wird, bei dem Passagiere von Piranhas gefressen wurden.
13:22Am 14. November 1976 fuhr der Bus von Manaus ins fünf Stunden entfernte Itacoatiara.
13:28Der Bus war bereits eine Weile unterwegs, als er früh am Morgen in einen Nebenfluss des Amazonas stürzte.
13:4139 Passagiere starben.
13:44In diesem Artikel steht auch der Name eines Überlebenden, Dirceo Araujo.
13:48Ich habe ihn gefunden. Vielleicht kann er mir schildern, was an jenem Tag tatsächlich passiert ist.
14:00Dirceo erzählt, dass er ganz hinten im Bus saß.
14:04Wie die anderen Passagiere hatte er die meiste Zeit der Fahrt geschlafen.
14:08Es waren mehrere Familien im Bus, zwei Studenten namens Alex und Ivan und viele andere Leute, die nach Itacoatiara wollten.
14:18Kurz vor dem Unglück fuhr der Bus durch ein Schlagloch und Dirceo wachte auf.
14:23Wahrscheinlich hat es ihm das Leben gerettet.
14:34Genau hier war es. Der Bus kam hier herunter und fuhr in den Fluss.
14:42Dirceo weiß nicht, ob die Bremsen versagten oder ob der Bus ins Schleudern geriet.
14:46Der Fahrer hatte an diesem Tag bereits viele Stunden hinter dem Lenkrad zugebracht.
14:52Die Presse vermutete damals, dass er eingeschlafen war und an der Fähranlegestelle einfach in den Fluss fuhr.
15:05Von einer Minute auf die andere versank der Bus im Wasser.
15:09Die Leute schrien, weinten, waren verzweifelt.
15:12Vorne versuchten die Leute, die Tür zu öffnen, indem sie an ihr zogen.
15:27Er meint jedoch, sie hätten drücken müssen.
15:29Dann strömte das Wasser ein und er kehrte zu seinem Sitz zurück.
15:42Ein Junge versuchte, die Scheibe zu zertrümmern und Dirceo sah, wie dessen Fuß aus dem Bus verschwand.
15:49Er folgte ihm und entkam durch das gleiche Loch.
15:52Gerade als er sich aus dem Bus stemmen wollte, klammerte sich jemand an seine Beine.
16:10Unvorstellbar, jemand hielt ihn fest.
16:12Er musste sich mit Tritten aus dem Griff befreien, um selbst zu entkommen.
16:1539 Menschen blieben im Bus gefangen und starben.
16:23Dirceo ist davongekommen, doch er kann sich nicht daran erinnern, Piranhas gesehen zu haben.
16:29Niemand weiß, wie viel Zeit vergangen war und ob die Menschen noch lebten, als die Fische zuschnappten.
16:34Wenn er über die Brücke geht, die später über den Fluss gebaut wurde, denkt er auch heute noch an jenen Tag.
16:54Erst Stunden später konnten die Rettungskräfte den Bus aus dem Wasser ziehen.
17:19Es waren drei Kinder und ein Baby an Bord, alle aus einer Familie, alle tot.
17:24Eine Leiche war komplett skelettiert, bis auf die Stiefel war, alles weg.
17:33Der Mann wurde später als Almendino Franca identifiziert.
17:38Ich besuche seinen Bruder Mabio, um ihn zu befragen.
17:41Er trug Kleidung aus festem Stoff und die verfing sich im Bus, deshalb konnte er wohl nicht entkommen.
17:58Er konnte nur noch identifiziert werden, weil er seinen Pass in der Hemdtasche trug.
18:07Die Leiche seines Bruders war eingepackt. Als er sie abholte, fiel ihm auf, wie leicht sie war.
18:18Er sagte, auch wenn man es nicht sah, man spürte, dass es nur noch Knochen waren.
18:22Er sagt, es müssen Piranhas gewesen sein, wenn nur noch Knochen übrig sind. Es gibt sie dort, wie jeder weiß.
18:37Der Anblick der verstümmelten Piranha-Opfer ist verstörend und nichts für schwache Nerven.
18:46Diese Aufnahmen aus der Pathologie in Manaus zeigen, wo Zupiranhas in der Lage sind und welche Wunden sie reißen.
19:03Freiliegende Haut und Muskeln fressen sie zuerst.
19:08Das hatte auch Dora de Barbosa beschrieben, die bei der Bergung der Leichen aus dem Bus dabei war.
19:13Sie erzählt mir, dass sich die Leichen zum Teil noch aneinander klammerten.
19:25Ihre Schilderung macht mir klar, was es wirklich bedeutet, bei diesem Unfall geliebte Menschen verloren zu haben.
19:32Dora war damals erst 17. Sie lebt in Itacoatiara, hatte gerade ihre Ausbildung zur Krankenschwester begonnen und fuhr zur Unglücksstelle.
19:42Das ist grausam. Dora sagte, sie kannte einige der Passagiere. Das macht es noch furchtbarer.
20:08Darunter war der Mann ihrer Lehrerin. Sein Gesicht war völlig abgenagt. Nicht bis auf die Knochen, aber bis auf die Knorpel.
20:17Außerdem war da ein Junge namens Ivan, den sie sehr mochte. Er war ihre Kindheitsliebe und eines der Opfer.
20:34Deshalb fiel es ihr sehr schwer, anfangs darüber zu sprechen.
20:40Sie verließ die Gegend und kehrte erst später wieder zurück, wegen der Erinnerungen an diesen Ort.
20:46Wie die Augenzeugen berichte, lassen auch die Bilder aus der Pathologie keinen Zweifel an dem Horrorszenario, das sich bei dem Busunglück abgespielt haben muss.
20:59Der Unfall ereignete sich vor mehr als 30 Jahren.
21:03Heute lässt sich nicht mehr feststellen, ob die Opfer an den Verletzungen durch die Piranhas starben oder ob sie bereits tot waren.
21:10Sie saßen im Bus in der Falle. Hatten die Piranhas ihre Opfer lebendig gefressen oder verzehrten sie lediglich die Leichen der Menschen, die ertrunken waren?
21:20Der Piranha-Mythos geht auf Präsident Theodore Roosevelt zurück.
21:36Er schrieb ein Buch über seine Erlebnisse am Amazonas und schilderte den Piranha als grausamsten Fisch der Welt.
21:43Er schrieb, wenn man nur einen Finger ins Wasser hielt, würde er sofort abgebissen, auch dass sie Badegäste angriffen.
21:50Bis heute wurde dieser Mythos weiter aufgeblasen.
21:56Nach Der Weiße Hai kam ein weiterer Hollywood-Blockbuster, Piranhas, mit dem Motto, sie sind hier und sie sind hungrig.
22:03Ich habe Horrorgeschichten gehört, die absolut glaubwürdig waren.
22:07Aber in jüngster Zeit zweifeln immer mehr Leute, ob es nicht nur übertriebene Ammenmärchen sind.
22:14Ich stieg kürzlich in ein Becken voll hungriger Piranhas, ohne auch nur einmal gebissen zu werden.
22:20Was ist also wahr? Sind sie wirklich blutgierige Monster oder ist es in Wirklichkeit etwas komplizierter?
22:29Diese Frage habe ich noch nicht lösen können.
22:41Piranhas haben Fleisch von toten Menschen verzehrt, doch ich habe keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass sie auch Menschen getötet hätten.
22:49Vielleicht hatte Brian Zimmerman recht.
22:51Ich glaube nicht, dass die Piranhas ihren Ruf als Monster verdienen.
22:57Piranhas sind Tiere, die in freier Wildbahn überleben müssen und sie sind fleischfressende Fische.
23:07Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die Piranha-Populationen in künstlich aufgestauten Gewässern ansteigen.
23:13In ganz Brasilien sind durch Staudämme wie hier künstliche Seen entstanden, die viele Badegäste anlocken, vor allem in der Hitze der Trockenzeit.
23:28Kommt dann eine erhöhte Piranha-Population hinzu, läuft das auf Ärger hinaus.
23:33Ein Angriff aus der Tiefe ist der Stoff für Albträume. Es ist die Angst vor dem Unbekannten.
23:45Hollywood frohlockte und schlachtet diese Angst in reißerischen Filmen aus.
23:50Wenn man im Meer badet, können Haie unter Umständen tatsächlich gefährlich werden.
23:55Und jeder kennt das unbehagliche Gefühl, wenn man nicht weiß, was um einen herum im Wasser vorgeht.
24:08Doch tief im Landesinneren, weit entfernt von der Küste, rechnet man nicht mit einem Angriff.
24:17Bis zum 21. Dezember 2005, einem heißen Wochenende gegen Ende der Trockenzeit.
24:25In einem See, dessen Wasserstand während der langen Hitzeperiode gesunken war, wurden acht Menschen gebissen.
24:45Es waren Piranhas.
24:55Innerhalb von sieben Monaten berichteten insgesamt 190 Menschen von Piranha-Attacken.
25:11Doch es handelte sich nicht, wie beim Busunglück, um einen Fressrausch, sondern um einzelne Bisse.
25:17Die Menschen waren weder gefangen noch verletzt.
25:23Doch die Piranhas schnappten trotzdem zu.
25:26Ihr Verhalten muss einen Grund haben.
25:28Ich reise zu einem der Stauseen, um herauszufinden, welche Piranha-Arten hier leben.
25:42All das war einst Regenwald, doch mit dem steigenden Wasserspiegel starben die Bäume und formten diese bizarre Landschaft.
25:48Ich nehme Leber als Köder, sehr blutig, perfekt für Piranhas.
26:01Ich wähle einen großen Haken mit Stallvorfach, sonst würden sie die Schnur einfach durchbeißen.
26:22Ein scheußliches Mahl, doch sie mögen das.
26:41Es geht los, schon ist was dran.
26:42Ein kapitaler Fisch, ein Piranha und was für einer.
26:55Jetzt muss ich vorsichtig sein, ganz vorsichtig.
27:04Mit diesem Burschen möchte ich nicht schwimmen.
27:12Er beißt auf den Haken.
27:16Na, wie ist das?
27:24Ein schwarzer Piranha, der größte unter den Piranhas.
27:29Wahnsinn, diese Zähne.
27:32Ich muss sehr vorsichtig sein.
27:34Mit einem kräftigen Biss reißt er mir einen Fleischfetzen heraus, der so groß ist wie sein gesamtes Maul.
27:42Die Zähne sind so scharf, dass die Menschen, die gebissen wurden, den Biss nicht einmal spürten.
27:48Sie bemerkten es erst, als sie Blut sahen.
27:53Bei den Badegästen am See waren es Einzelbisse.
27:57Auch hier hat Brian Zimmerman eine Erklärung für das Verhalten.
28:02Piranhas haben ihre Gelege gern in flachem Wasser, wo es Pflanzen gibt, um die Eier daran abzulegen.
28:08Und damit sich die junge Fischbrut nach dem Schlüpfen irgendwo zurückziehen kann.
28:14Treten Menschen im flachen Wasser versehentlich in ein Gelege, das ein großes Männchen gegen Bruträuber verteidigt,
28:23dann werden sie sehr wahrscheinlich gebissen.
28:25Die Zwischenfälle ereigneten sich an sehr heißen Tagen gegen Ende der Trockenzeit, als sehr viele Menschen im Wasser waren.
28:37Diese Zeit, wenn die ersten Regenschauer fallen, ist die Leichtzeit der Piranhas.
28:42Sie verhielten sich völlig natürlich. Sie verteidigten ihren Nachwuchs.
28:46Die Attacken zeigen uns, dass Piranhas fürsorgliche Tiere sind, die nur Gefahr für ihre Jungen abwenden wollen.
29:03Piranhas sind sehr ängstlich. Wir waren kürzlich an einer Studie beteiligt, die das Schwarmverhalten der Piranhas untersuchte.
29:10Wir fanden heraus, dass sie nicht in Schulen leben, um zu jagen, sondern dass sie Schulen bilden, um sich selbst vor Angreifern zu schützen.
29:20Zu mehreren ist man sicherer.
29:23Wenn Piranhas aus Furcht vor einem anderen Räuber Schwärme bilden, dann muss ich diese Kreatur kennenlernen.
29:30Was könnte noch gefährlicher, noch gieriger sein, als die Menschenfresser Piranhas?
29:40Sie gelten als grausame Killer. Doch hier im Amazonas, in ihrem Lebensraum, sind sie weit von der Spitze der Nahrungspyramide entfernt.
29:50Hier gilt das Gesetz von Räuber und Beute.
29:53Man sagte mir, dass die Flussmonster an diese Stelle kommen und sich von Menschen füttern lassen.
30:00Es sind ausgeprägte Räuber und die Piranhas fürchten sie.
30:18Ich werde noch einmal Versuchskaninchen spielen und zu ihnen ins Wasser steigen.
30:23Delfine. Wunderschön. Meilenweit weg vom Meer, mitten im Amazonas. Süsswasserdelfine.
30:44Die Burschen sind lustig, aber sie haben es faustdick hinter den Ohren.
30:48Sie sind im Fressrausch, das war mein Daumen.
31:09Und sie sind es, die die Piranhas fürchten. Ziemlich gierige Burschen.
31:21Ihr Maul ist langgezogen und voller Zähne. Perfekt, um Fische zu packen.
31:25Sie haben diesen seltsam hervortretenden Kopf. Er dient der Echoortung.
31:41Der Fluss ist an vielen Stellen sehr trüb und die Amazonasdelfine können ihre Beute nicht sehen.
31:47Aber sie können sie mithilfe von Echos orten.
32:00Man muss sich vor ihnen in Acht nehmen.
32:03Für mich wird es Zeit zu verschwinden.
32:16In keinem anderen Gewässer gibt es so viele Raubtiere wie im Amazonas.
32:22Was nicht frisst, wird gefressen.
32:26Ich habe den Fluss jahrelang beangelt und weiß, dass hier die seltsamsten Kreaturen leben.
32:33Vielleicht nehmen Piranhas diese Sonderstellung ein, weil sie unsere Fantasie beflügeln und Ängste bedienen.
32:43Dennoch erklärt das nicht, was sie dazu bringt, anzugreifen.
32:54Der zieht kräftig.
32:57Sieh dir das an!
33:03Kuyu, Kuyu, Kuyu, der schwarze Dornwels.
33:14Ein neuer Fisch für mich. Ich kenne ihn, habe aber noch nie einen gefangen.
33:19Er hat einen Biss am Rücken, wohl durch Piranhas.
33:23Sie merken, wenn ein Fisch im Bedrängnis ist und verfolgen ihn.
33:26Das ist die typische Form eines Piranha-Bisses.
33:28Er wurde gebissen, als ich ihn einholte.
33:34Normalerweise sind die Fische natürlich sehr vorsichtig.
33:37Dieser hat einen Moment nicht aufgepasst und schon hat ihn ein Piranha erwischt.
33:41Man muss immer auf der Hut sein.
33:47Der Dornwels ist ein toller Fang für mich.
33:51Doch die Bisswunde auf seinem Rücken hat mir einiges klar gemacht.
33:54Der Dornwels ist ständig von Piranhas umgeben.
33:58Doch erst als er an meiner Schnur hing und um sein Leben kämpfte, wurde er angegriffen.
34:08Piranhas erkennen, wenn ein Tier schwach oder hilflos ist.
34:12Erst dann springt ihr natürlicher Instinkt an und sie schnappen zu.
34:16Das erklärt auch, warum ich seelenruhig unter Piranhas schwimmen konnte.
34:20Der Überlebenskampf im Bus hingegen weckte ihre räuberischen Instinkte.
34:30Ich möchte mir gar nicht ausmalen, was mit den eingeschlossenen Menschen geschehen ist.
34:36Sie saßen in einem Bus, eigentlich weit entfernt von Piranhas.
34:40Andere Menschen dagegen leben direkt über ihnen.
34:44Ganze Dörfer schwimmen auf dem Wasser, da der Wasserstand des Amazonas je nach Jahreszeit extrem schwankt.
34:51Bei meinem nächsten Reiseziel verrät schon der Name, was auf der Tagesordnung steht.
35:00Es ist als Piranha-Revier bekannt.
35:03Hier möchte ich erfahren, wie man lebt, wenn man ständig von Piranhas umgeben ist.
35:17Diese Menschen werden Riberiños genannt, Flussmenschen.
35:21Fast alles, was sie zum Leben brauchen, finden sie im oder am Amazonas.
35:26Ich traf hier zufällig diesen Mann und fragte, ob mir jemand Piranha ältert.
35:56Erlebnisse erzählen könnte. Er sagte, mir hat einer die Nasenspitze abgebissen.
36:01Seine Frau fiel etwas ins Wasser und er tauchte danach, im hüfttiefen Wasser. Und weg war die Nasenspitze.
36:11Als er die Augen öffnete, sah er Blut und jede Menge Piranhas.
36:15Wäre er nicht sofort aus dem Wasser gesprungen, wäre er jetzt vielleicht tot.
36:19Erstaunlich, dass gleich der erste Mensch, den ich hier treffe, die gefährliche Seite der Piranhas kennengelernt hat.
36:29Ich möchte nun wissen, welche Arten hier leben und wie schnell sie an den Haken gehen.
36:36Ich bin gespannt, ob der Ort seinem Namen gerecht wird.
36:40Die Schnur liegt ruhig auf dem Wasser.
36:47Biss.
36:50Roter Piranha.
36:54Okay, ohne Schuhe könnte ich das nicht machen.
36:57Jetzt wissen wir, warum die Leute hier angeknabberte Zehen haben.
37:00Alles rote Piranhas. Dieser ist noch leicht gepunktet, er ist noch jung.
37:10Und noch einer. Hier gibt es fast mehr Fische als Wasser.
37:14Mit jedem Wurf ziehe ich einen roten Piranha raus.
37:16Sie sind eher klein, aber es gibt sie in Massen.
37:18Ich habe oft gehört, dass Piranhas in Sekundenschnelle Leichen bis auf Skelett abnagen.
37:34Hier habe ich eine frisch geschlachtete Ente vom Markt. Mit ihr werde ich das testen.
37:38Offenbar zieht sie das Geräusch eines Tieres in Bedrängnis an.
37:50Ich bewege sie, um sie anzulocken.
37:55Da sind sie. Ich habe einen Silberstreifen und das typische Rot gesehen.
38:03Jetzt kommen sie. Wenn einer zubeißt, geht es los.
38:08Nun sind sie am Kopf. Das Rückgrat ist bereits abgenackt.
38:26Dann schauen wir mal.
38:33Von hinten sah es nicht so schlimm aus, aber von unten haben sie den Vogel ordentlich.
38:38Sie haben sich durch das dicke Federkleid gebissen, um in die Bauchhöhle zu gelangen, wo sie das meiste gefressen haben.
38:47Das Rückgrat ist freigelegt. Vom Kopf sind nur noch Knochen übrig.
38:52Die Augen sind weg. Und all das in nur wenigen Minuten.
38:55Wie leicht vergisst man, dass diese Fische direkt vor der Haustür der Menschen hier herumschwimmen.
39:09Doch für sie gehören die Piranhas einfach zum Leben dazu.
39:12Eine der Familien in den schwimmenden Häusern hat mich zu sich nach Hause eingeladen.
39:26Immer wieder muss ich daran denken, dass die abgelegene Siedlung als Piranha-Tummelplatz bekannt ist.
39:31Von ihnen erfahre ich, dass die Gefahr eigentlich nur in der Trockenzeit groß ist, wenn die Piranhas bei niedrigem Wasserstand zusammengedrängt sind.
39:43Es ist eine bestimmte Zeit im Jahr, meist im September und Oktober. Dann kann man sich nicht im Fluss waschen.
39:56Sie essen hier hauptsächlich Fisch. Und da geht es schon los.
39:59Der Fisch muss ausgenommen werden und allein dieser Geruch lockt die Piranhas an.
40:03Man muss sehr vorsichtig sein und die Finger aus dem Wasser lassen.
40:10Einmal war die Familie unaufmerksam. Mit fürchterlichen Folgen.
40:17Es war Julios Enkelsohn.
40:24Er sagt, man kann Kinder unmöglich ständig im Auge haben.
40:29Seine Frau nahm hinter dem Haus Fischer aus.
40:31Und wie es nun mal so ist, das Kind rannte herum und fiel ins Wasser.
40:35Sie hörten es und als sie dazu kamen, war es bereits zu spät.
40:52Das Kind fiel in den Fluss und tauchte nicht mehr auf.
40:56Sie sahen nur noch aufgewühltes Wasser, als die Piranhas das Kind verschlangen.
41:00Weniger Augenblicke, nachdem es vom Steg gefallen war.
41:10Mit Netzen versuchten sie, das Kind herauszuholen, doch es kamen nur noch Knochen zum Vorschein.
41:17Ich fragte, wie lange es gedauert hat. Es ging rasend schnell, denn es gibt unheimlich viele Piranhas hier.
41:28Nun habe ich meinen Augenzeugenbericht, wie Piranhas einen Menschen angegriffen und getötet haben.
41:43Es war ein dreijähriger Junge, dessen Namen der Großvater nicht nennen möchte.
41:48Eine entsetzliche und tief traurige Geschichte.
41:51Den Mythos zu hören ist eine Sache, doch es ist etwas anderes, wenn man mit jemandem spricht, der die Wahrheit mit eigenen Augen gesehen hat.
42:07Diese Siedlung ist nur eines von unzähligen abgelegenen Dörfern entlang des Amazonas.
42:12Niemand weiß, wie oft sich solche Unglücksfälle schon ereignet haben.
42:22Ich versuche mir vorzustellen, wie man in einer kleinen Hütte auf dem Wasser lebt.
42:27Mit zehn kleinen Kindern, die wie ein Sack Flöhe sind und nur schwer im Auge zu behalten.
42:32Wenn sie reinfallen, können sie in dieser Jahreszeit innerhalb von Sekunden gefressen werden.
42:36Wie lebt man damit?
42:50Die Jungs balancieren auf Balken, die nur so breit sind.
42:54Gerade habe ich noch mit Entsetzen gehört, dass jemand ins Wasser fiel und sofort aufgefressen wurde.
43:00Doch sie scheint es nicht zu stören.
43:01So wie wir an viel befahrenen Strassen mit der Gefahr leben, haben sich die Menschen hier an die Piranhas gewöhnt.
43:17Wie so vieles nimmt man die Piranhas unter den schwimmenden Häusern irgendwann nicht mehr wahr.
43:23Sie sind einfach da und man gewöhnt sich an sie.
43:28Man kann schließlich nicht ständig an sie denken.
43:31Sie sind einfach stets um einen herum.
43:39Ich habe diese Reise unternommen, um Zeugen zu finden, die mit eigenen Augen eine Piranha-Attacke gesehen haben.
43:47Ich wollte wissen, ob ihr blutrünstiger Ruf gerechtfertigt ist.
43:52Nun weiß ich, dass sie im Grunde scheu sind.
43:54Sich manchmal angegriffen fühlen und zum großen Teil missverstanden werden.
43:58Wenn jedoch verschiedene Faktoren zusammentreffen, die Jahreszeit, Blut, Stress und ein gefangener oder um sein Leben kämpfender Mensch,
44:08dann geraten sie tatsächlich in einen Fressrausch.
44:12In einem Fluss wie dem Amazonas, voller seltsamer Kreaturen, haben sie sich lediglich an ihren Lebensraum angepasst.
44:19Und obwohl der Piranha seinen Ruf vielfach zu Unrecht trägt, er wird ihn nicht mehr ablegen können.

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