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  • vor 2 Monaten
Über Jahre hat sich der Wolf seinen natürlichen Lebensraum in Österreich zurückerobert. Doch nun kommt es zu Konflikten mit Landwirten und Jägern. Wie viel Natur darf sein?

DER STANDARD; Thumbnail: Adobe, Collage: Yasaman Hasani

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Transkript
00:00Also ich glaube, dass das Thema Wolf in Österreich deshalb so kontrovers diskutiert wird,
00:05weil auch verschiedene Lebenswelten aufeinander prallen.
00:08Man redet dann davon, dass die Kinder nicht mehr rausgehen dürfen,
00:12weil wir kennen alle das Märchen Rotkäppchen und der böse Wolf.
00:25Mein Name ist Stefanie Ruheb und ich bin die Salzburg-Korrespondentin der Standard
00:28und beschäftige mich auch sehr viel mit der Tierwelt und auch mit dem Thema Wolf.
00:35Der Wolf war im Mitteleuropa schon fast ausgestorben.
00:39Das liegt auch daran, dass er sehr viel bejagt wurde, weil er als Bedrohung wahrgenommen wurde für Nutztiere.
00:46Und durch die sehr große Bejagung war er fast weg aus Europa.
00:52Das hat sich jetzt in den letzten Jahren wieder geändert,
00:54mitunter darum, weil es EU-weit sehr strenge Schutzbestimmungen für den Wolf gab
00:58und daher sind die Wölfe auch in Österreich wieder zurückgekehrt.
01:03Also im Vorjahr wurden in Österreich fünf Rudeln gezählt.
01:06Das sind Wolfsfamilien, die sich in einem fixen Revier angesiedelt haben und 80 Einzeln nachweisen.
01:11Der Wolf ist natürlich überwiegend in Bundesländern unterwegs, wo es viel Platz für ihn gibt.
01:16Das heißt, besonders betroffene Bundesländer sind Kärnten, Tirol, Salzburg und Oberösterreich.
01:20Es gibt auch ein Rudel in Niederösterreich, in Allensteig und eben im Böhmerwaldgebiet oben in Oberösterreich
01:26haben sich auch wieder Rudeln angesiedelt.
01:29Die Wolfspopulation in Österreich ist schon wieder gesunken,
01:32denn im letzten Jahr und vor zwei Jahren hat man noch über 100 Einzelnachweise in Österreich gehabt und sechs Rudeln.
01:40Es ist deswegen wieder weniger geworden, weil in Österreich auch wieder vermehrt Wölfe abgeschossen werden mit Einzelverordnungen.
01:46Im Vorjahr sind 13 Wölfe durch Verordnungen zum Abschuss freigegeben worden.
01:50Und das ist im Vergleich zu anderen Ländern, wo es viel mehr Rudeln gibt, schon eine sehr hohe Zahl, muss man sagen.
01:58In Deutschland gibt es 209 Rudeln und da sind, glaube ich, nur drei Wölfe abgeschossen worden.
02:05Und in Italien sind es sogar 400 Rudeln, über 400 Rudeln und es gab keinen einzigen Abschuss.
02:11Also Mitte Mai ist der Schutzstatus des Wolfes EU-weit in einem Eilverfahren gesenkt worden,
02:21von besonders geschützt auf geschützt.
02:24Und Grund dafür waren jahrelang eigentlich auch die Intentionen von sehr vielen Ländern,
02:28unter anderem auch von Österreich, dass man diesen Schutzstatus senkt,
02:31weil die Argumentation ist, es sind die Wölfe wieder da und man muss sich irgendwie dagegen wehren.
02:38Und das Wehren ist in Österreich jetzt die Idee mit einzelnen Abschüssen, eben wenn sie zum Problem werden.
02:44Das heißt aber nicht, dass man ihn einfach bejagen darf, sondern auch nur unter gewissen Voraussetzungen.
02:49Eine Voraussetzung davon ist, dass es einen günstigen Erhaltungszustand geben muss.
02:54Und sehr viele Naturschutzorganisationen in Österreich sind der Meinung,
02:58dass diese Änderung des Schutzstatuses für Österreich eigentlich überhaupt keine Auswirkung hat,
03:03weil wir in Österreich noch immer keinen günstigen Erhaltungszustand des Wolfes haben.
03:08Für einen günstigen Erhaltungszustand würde es 39 Rudeln brauchen, allein im Alpenraum.
03:14Und Österreich hat eben nur fünf Rudeln.
03:17Und auch der Europäische Gerichtshof hat schon mal bestätigt, dass Wolfe weiterhin geschützt sind,
03:22weil wir noch keinen günstigen Erhaltungszustand haben.
03:27Also in Österreich funktioniert der Abschuss zurzeit per Verordnung in den einzelnen Bundesländern.
03:33Das heißt, zuständig ist durch das Jagdrecht immer das einzelne Bundesland.
03:38Und die Bundesländer schießen zurzeit Wölfe ab, wenn sie ein sogenannter Risikowolf sind.
03:44Risikowölfe sind Tiere, die nahe zum bewohnten Gebiet kommen oder die eben schon Nutztiere gerissen haben
03:51oder die auch nur in die Nähe von Nutztieren kommen.
03:55Also in den letzten Jahren hat es schon immer wieder Risse gegeben in Österreich.
03:58Das liegt auch daran, dass bei uns auf den Weiden die Tiere meist sehr ungeschützt herumstehen.
04:04Es werden oft ganze Herden auf ein Almgebiet gebracht.
04:08Und dort werden sie weder von einem Hirten bewacht noch von einem Hund oder sind eingezäut oder so.
04:14Das heißt, die Wölfe haben Nutztiere, die was leicht zu erbeuten sind, auf den Almwiesen schutzlos herumstehen.
04:21Und dadurch werden dort oft die Tiere Opfer von Rissen.
04:26Naturschützer in Österreich plädieren deshalb dafür, dass man viel mehr Rudel etabliert in Österreich,
04:32weil nämlich alleine herumziehende Wölfe eher Nutztiere angreifen als Rudel.
04:38Rudel zeigt sich, sind mehr auf Wildtiere aus, das heißt, sie reißen eher Rehe oder dergleichen
04:44und wissen sehr schnell, wenn wo Nutztiere sind, dass die eher jemand anderen gehören, so auf die Art.
04:50Und etablierte Rudeln verjagen auch herumstreunende Wölfe aus ihrem Revier.
04:56Deswegen gibt es dann dort auch weniger Probleme mit Rissen, wenn Rudeln etabliert werden,
05:02sagen Naturschützer und auf das sollte eher gesetzt werden.
05:06Also wenn mehr Rudeln in Österreich zugelassen werden, dann wäre das offensichtlich besser
05:11und es würde weniger Risse geben.
05:15Eine Alternative, die was in Österreich weniger genutzt wird, sind Herdenschutzmaßnahmen.
05:20Die werden auch EU-weit gefördert.
05:22Da gibt es ganz verschiedene Möglichkeiten.
05:24Man könnte Zäune aufstellen, also auf Weidegebiet, die hoch genug sind, dass auch der Wolf nicht drüber kommt.
05:30Man könnte Hirtenhunde einsetzen.
05:33Das sind Hunde, die bei der Schafherde leben und die eigene Herde immer sehr verteidigen.
05:40Da gibt es die Argumentation von der Almwirtschaft, dass wir halt ein sehr kleinräumiges Tourismusgebiet sind
05:45und diese Hunde gehen nicht nur auf Wölfe los, sondern zum Beispiel auch auf andere Hunde von Wanderern oder so.
05:52Deswegen ist der Einsatz von diesen schwer, sagen sie.
05:55Und es gibt natürlich auch die Möglichkeit einer Behirtung.
05:57Das heißt, dass man bei den Herden oben einfach wieder neben den Senderinnen und Sendern,
06:02die es ja in Österreich auch gibt, auch wieder Hirten einsetzt, die auf das Vieh schauen
06:06und wenn eben gerade Wölfe herumziehen, vielleicht auch die Herde dann am Abend wieder einsperrt oder so.
06:15Also es gibt in Österreich sowohl Abschüsse als auch Herdenschutzmaßnahmen.
06:19Es gibt größer angelegte Projekte, zum Beispiel in Tirol auch ein wissenschaftlich begleitetes Projekt,
06:25wo Herdenschutzmaßnahmen auch angewendet werden.
06:28Aber man muss sagen, die große Masse ist das noch nicht.
06:31Also das sind einzelne Projekte, die auch teilweise sehr gut funktionieren.
06:34Es gibt auch in Salzburg einen Bauern, den habe ich selbst einmal besucht,
06:38der auch schon Herdenschutzhunde hat, die eben auf die Herde aufpassen.
06:42Und es gibt vereinzelt sehr verschiedene Maßnahmen, wie man eben die Herde schützen kann.
06:47Aber zurzeit ist es eher so, dass wenn in einem Gebiet mehrere Risse verzeichnet worden sind,
06:53dann kommt meistens der Abschuss, weil das eben die einzelnen Landesregierungen ermöglicht haben.
06:59Also ich glaube, dass das Thema Wolf in Österreich deshalb so kontrovers diskutiert wird,
07:05weil auch verschiedene Lebenswelten aufeinander prallen.
07:08Es ist sehr oft irgendwie die Vorstellung von der intakten Natur, die was der Wolf mit sich bringt,
07:15besonders aus dem städtischen Umfeld.
07:17Die verstehen überhaupt nicht, warum überhaupt einzelne Wölfe abgeschossen werden
07:21und sehen das einfach als Back to Nature, die Rückkehr zur Supernatur.
07:25Und gut, dass der Wolf wieder da ist.
07:27Und eine andere Lebensrealität sind natürlich die Menschen, die in Gebieten wohnen,
07:33wo der Wolf wieder zurückgekehrt ist und vielleicht sogar davon bedrossen sind,
07:36dass einzelne Schafe oder Ziegen schon gerissen worden sind.
07:41Die haben natürlich Angst um ihre Tiere und auch das ist total verständlich
07:45und muss man nachvollziehen können.
07:47Und deswegen prallen da einfach zwei Lebensrealitäten aufeinander,
07:50die sich untereinander nicht so gut verstehen.
07:53Also diese Bedrohung vom Wolf wird natürlich dann auch oft sehr auf die Spitze getrieben.
07:59Man redet dann davon, dass die Kinder nicht mehr rausgehen dürfen,
08:02weil wir kennen alle das Märchen Rotkäppchen und der böse Wolf.
08:06Und da kommt dann diese Assoziation wieder her, dass man auf die Kinder aufpassen muss,
08:11wenn Wölfe in der Gegend sind, obwohl wir wissen,
08:14dass Menschen eigentlich vom Wolf so gut wie gar nicht bedroht wird,
08:16weil es ist in den letzten Jahrzehnten gab es überhaupt keine Vorfälle,
08:20wo ein Wolf einen Menschen getötet hätte oder etwas dergleichen.
08:23Das heißt, man sollte meiner Meinung nach mehr in Herdenschutzmaßnahmen investieren
08:28und auch die Dinge ausprobieren.
08:31Wenn natürlich Wölfe immer näher kommen oder vielleicht sogar schon Schafe oder Ziegen
08:37aus bewohntem Gebiet gerissen haben, dann bin ich der Meinung,
08:41muss es die Möglichkeit geben für einen Abschuss.
08:44Aber vielleicht sollte man auch diesen EU-rechtsmäßig gestalten.
08:49Das heißt, ich bin der Meinung, es braucht irgendwie eine Balance zwischen beiden.
08:52Man muss natürlich die Bedenken der Landbevölkerung auch ernst nehmen
08:56und bin auch der Meinung, dass niemand dort möchte, dass der Wolf wieder ausgerottet wird.
09:03Das heißt, er ist gekommen, um zu bleiben und wir müssen irgendwie lernen, mit ihm zu leben.
09:22Das heißt, er ist gekommen, um zu bleiben, mit ihm zu leben.
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