- 1 week ago
In this video, we speak with Noemi Y. Molitor, Winner of the ADKV Art Cologne Prize for Art Criticism 2025. (In German language, translation available via YouTube settings).
Interview with Noemi Y. Molitor, Winner of the ADKV Art Cologne Prize for Art Criticism 2025. Berlin (Germany), September 26, 2025.
Press text (excerpt):
The texts of this year’s prize winner, Noemi Y. Molitor, unite precise formal analysis, cultural-scientific depth of focus and a pronounced sense for political contexts. The five-member jury, consisting of Gürsoy Dogtas (Munich), Annekathrin Kohout (Leipzig), Eva Kraus (Bonn), Vanessa Joan Müller (Vienna) and last year’s prize winner Martin Conrads (Berlin), spoke unanimously in favour of Noemi Y. Molitor as the prize winner of the ADKV Art Cologne Prize for Art Criticism 2025, convinced by her thematic diversity, her multi-perspectival reflection on different art sectors and contexts as well as her varied form of expression.
Noemi Y. Molitor is seen as an independent and defining voice in German-language art criticism. Her texts unite precise formal analysis, cultural-scientific depth of focus and a pronounced sense for political contexts. This combination is made possible by a rare form of multiple qualification: Molitor received her doctorate from the Department of Women’s, Gender, and Sexuality Studies of Emory University (USA) and works, parallel with her activity as an author, as a visual artist in the fields of painting, installation and comics. As a result, she has insight into the levels of production, reception and discourse and stringently merges these different perspectives. With clear language and a variety of approaches, from feminist theory to postcolonial and queer perspectives, she makes complex themes accessible to a broad public and positions art critically in the societal context.
The prize has been awarded since 1999 by the ADKV and in cooperation with Art Cologne since 2006. The award, endowed with 5,000 Euro, honours the engagement of freelance art critics who deal with contemporary art and its social context in the trade and daily press or in other media. In the interest of artists and art associations, the ADKV Art Cologne Prize for Art Criticism contributes to strengthening high-quality cultural journalism.
Interview with Noemi Y. Molitor, Winner of the ADKV Art Cologne Prize for Art Criticism 2025. Berlin (Germany), September 26, 2025.
Press text (excerpt):
The texts of this year’s prize winner, Noemi Y. Molitor, unite precise formal analysis, cultural-scientific depth of focus and a pronounced sense for political contexts. The five-member jury, consisting of Gürsoy Dogtas (Munich), Annekathrin Kohout (Leipzig), Eva Kraus (Bonn), Vanessa Joan Müller (Vienna) and last year’s prize winner Martin Conrads (Berlin), spoke unanimously in favour of Noemi Y. Molitor as the prize winner of the ADKV Art Cologne Prize for Art Criticism 2025, convinced by her thematic diversity, her multi-perspectival reflection on different art sectors and contexts as well as her varied form of expression.
Noemi Y. Molitor is seen as an independent and defining voice in German-language art criticism. Her texts unite precise formal analysis, cultural-scientific depth of focus and a pronounced sense for political contexts. This combination is made possible by a rare form of multiple qualification: Molitor received her doctorate from the Department of Women’s, Gender, and Sexuality Studies of Emory University (USA) and works, parallel with her activity as an author, as a visual artist in the fields of painting, installation and comics. As a result, she has insight into the levels of production, reception and discourse and stringently merges these different perspectives. With clear language and a variety of approaches, from feminist theory to postcolonial and queer perspectives, she makes complex themes accessible to a broad public and positions art critically in the societal context.
The prize has been awarded since 1999 by the ADKV and in cooperation with Art Cologne since 2006. The award, endowed with 5,000 Euro, honours the engagement of freelance art critics who deal with contemporary art and its social context in the trade and daily press or in other media. In the interest of artists and art associations, the ADKV Art Cologne Prize for Art Criticism contributes to strengthening high-quality cultural journalism.
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00:00Welche Fragen stellen die sich oder welches Material ist gerade wichtig oder welche Themen,
00:15dass man das vielleicht auch spiegeln kann? Also das Schöne an der Kunstkritik ist eigentlich,
00:20dass man, wenn man über Kunst schreibt, das Kunsterleben dann in dem Moment ja
00:25einen Beruf machen kann. Ich sehe das auch nicht jetzt als ein sich über etwas stellen oder etwas
00:32urteilen, sondern tatsächlich etwas vermitteln, was ich in dem Moment sehe. Also für mich ist das
00:37persönlich ein Beziehung setzen, einfach zu einer Arbeit und ein Erleben, dass ich dann versuche in
00:44Worte zu fassen. Und mich interessiert daran auch, dass wir dann manchmal ein Publikum oder eine
00:51LeserInnen schaffen, die man vielleicht in der Wissenschaft nicht immer erreichen kann. Also
00:56das kann sich dann ergänzen. Und Kunstkritik ist für mich auch, so durfte ich das erleben, dass ich,
01:02wenn ich vielleicht mal einen Text geschrieben habe, KünstlerInnen dann auch auf mich zugekommen sind
01:07und gesagt haben, möchtest du vielleicht für mich was für meine Ausstellung schreiben oder für einen
01:12Katalog, weil die das mochten, was ich da beschrieben habe, was ich gesehen habe in ihren Arbeiten. Also
01:18das ist so der Idealfall, wo dann vielleicht was entsteht, was dann genau in Form von einem Text
01:24über eine Ausstellung sein kann, aber eben auch das Schreiben für andere KünstlerInnen und über
01:30deren Arbeit. Ja, also wenn ich jetzt überlege, wie ich dazu gekommen bin, ist auf jeden Fall ein
01:36Moment mir dann in Erinnerung gekommen. Das ist dann auch schon über 20 Jahre her. Das war dann, als ich
01:42angefangen habe in Berlin eben zu studieren. Das waren damals Gender Studies und Europäische Technologie.
01:47Und dann gab es noch so ein paar Stück Visiten sozusagen in die Publizistik und die Politikwissenschaft.
01:54Und da habe ich ein Praktikum gemacht damals bei der Kölner Stadtrevue. Und da durfte ich dann auch meine
01:59erste Ausstellung besprechen. Also das war damals in der alten Feuerwache. Und das weiß ich noch,
02:04das war eine Ausstellung über postmigrantische Perspektiven, eigentlich Porträts und so,
02:10Selbsterzählungen. Das fand ich damals ganz toll. Also das war so die erste Ausstellungsbesprechung,
02:15die ich gemacht habe. Und zum Thema generell Kunst war das für mich eigentlich durch die Gender Studies,
02:21dass ich mir das so erschließen konnte. Also ich habe das damals studiert, weil mich das eigentlich
02:28immer beschäftigt hat, wie stellen wir eigentlich die Idee her, dass Menschen sich über andere Menschen
02:36erheben. Also da habe ich in den Gender Studies und auch den Postcolonial Studies, die da so angedockt
02:41waren, Antworten gesucht. Und konnte ich dann Seminare besuchen bei Peggy Piesche oder Mesha Auma oder
02:47Gabriele Dietze, wo das immer darum ging, also was ist eigentlich die visuelle Beigebung, die wir da haben.
02:55Was sind da die Bilderwelten, Bilder, also die quasi, ja sagen wir metaphorisch Bilder, also wie zeichnen wir Differenz,
03:07aber eben auch tatsächlich in der Kunst. Also da gab es ein ganz tolles Seminar in der feministischen
03:14Kunstgeschichte damals. Das war bei der Bettina Oppenkamp. Und da hat sie uns dann eingeführt, also eine Konstruktion
03:22irgendwie von Fremdheit. Und ich weiß es noch, da ging es um so eine Verknüpfung von, ja, Weiblichkeit,
03:29Monstrosität, auch Rassifizierung, also so koloniales Erbe, das sich da so einschreibt. Das ging damals um Kupferstiche
03:37aus dem 18. Jahrhundert. Ich fand das ganz toll und da durften wir das dann auch damals aufschreiben. Also wurde dann
03:43so eine Hausarbeit publiziert in so einer anderen Form. Also das war nochmal so ein Moment, wo man das verknüpfen konnte.
03:50Also wie spielt eigentlich die Kunst da eine Rolle in diesen Ideen eigentlich von Ungleichheit?
03:58Oder ja, da gibt es ja auch so eine europäische Hybris oder so ein Eurozentrismus, wie wir das dann nennen.
04:04Also thematisch war das dann mit den Gender Studies ganz wichtig. Und dann hat es mich eben immer interessiert,
04:09wie kann ich das eigentlich auch außerhalb der Wissenschaft vermitteln? Und da finde ich Kunstkritik eigentlich eine tolle Form.
04:17Also auch wo die dann stattfindet. Bei mir ist das auch dann in unterschiedlichen Orten.
04:24Damals ganz toll durfte ich eine Kunstkolumne schreiben für die Taz. Das hat mich damals die Maike Janssen da so teilnehmen lassen,
04:33sozusagen im Taz-Plan. Und dann konnte ich durch Berlin laufen, Kunstrundgänge machen und darüber schreiben.
04:39Und später kam dann auch noch irgendwie das Missy-Magazin zum Beispiel dazu. Da gibt es ja auch so eine feministische Grundhaltung.
04:46Das ist jetzt kein reines Kunstmagazin, aber da wird eben auch Kunst verhandelt. Das sind eigentlich so die Stationen gewesen.
04:53Ja, wenn wir jetzt schauen, was sind heutige Fragen, die mich beschäftigen, dann ist das natürlich sowohl in der Kunstkritik als auch generell.
05:03Das wäre eigentlich jetzt, sind wir ja nur im Moment von einem Rechts-, einem Backlash, einem rechten Backlash.
05:10Und da kommt es dann plötzlich wieder zu so einem vorauseilenden Gehorsam und da muss auch die Kunstkritik total aufpassen,
05:18dass sie da nicht sofort drauf reinfällt. Also wenn ich von so einem Backlash spreche, dann denke ich tatsächlich auch an so diese Versuche,
05:28dass man fast wie so eine Faschisierung da wieder etablieren möchte. Also da muss ich an das Sterben lassen im Mittelmeer denken
05:36oder jetzt was in den USA passiert mit ICE, die Kriminalisierung jeglichen Translebens. Auch die Gender Studies werden da ja massiv angegriffen.
05:48Und da müssen wir eben ganz genau hinschauen. Ich weiß gar nicht, wie ich das anders sagen soll.
05:55Also ich würde sagen, da braucht es wirklich so eine radikale Empathie. Also genau das kann die Kunstkritik auch tun.
06:03Ich bin da nicht so zynisch. Also ich finde diese Idee, die Kunst kriegt das nicht gebacken oder kann das nicht.
06:10Ich erlebe das ganz anders. Also für mich ist Kunst eigentlich immer ein Ort gewesen, wo Gegenerzählungen eben auch stattfinden können
06:21oder eine Geschichtsschreibung, die vielleicht nicht die dominante Geschichtsschreibung ist, sondern eine Geschichtsschreibung von unten,
06:28dass es da Gegenarchive gibt. Ich glaube, wir können da gerade ganz viel lernen von den 70ern auch nochmal.
06:33Also wenn ich dann an Faith Ringgold denke oder so, wie die da vor dem MoMA protestiert hat oder dann eben auf ihren Quilts
06:39oder diesen Textilarbeiten dann eigentlich Zeitgeschichte geschrieben hat. Und da sind wir mit den 70ern und den Bürgerrechtsbewegungen.
06:46Da finden wir noch ganz andere Beispiele. Aber das ist, glaube ich, kein Zufall, dass die Kunst da auch immer so als Bedrohung dann wahrgenommen wird von diesen Bewegungen.
06:58Ich will da die Kunst auch nicht romantisieren, aber ich glaube tatsächlich also, dass diese anderen Erzählungen und die Dinge anders zu denken,
07:07dagegen Archive zu schaffen. Ich habe das immer so erlebt und ich glaube, genau da müssen wir eben drauf schauen und das auch abbilden.
07:15Wenn jetzt die Frage ist, aktuell heute, muss ich jetzt in Berlin natürlich dann auch an die Kulturkürzungen denken.
07:24Das trifft ja eigentlich alle. Das trifft aber auch die freie Szene, die Projekträume, die Kunstvereine.
07:30Es geht um Ausstellungshonorare, die nicht mehr gezahlt werden können in den kommunalen Galerien.
07:36Das passiert ja dann parallel eigentlich zu Kürzungen im Sozialbereich. Ich glaube, dass das kein Zufall ist.
07:43Also auch da müssen wir ganz genau hinschauen. Wenn ich dann sage, radikale Empathie ist das eigentlich, kommt es auch aus dieser Überzeugung,
07:54dass das mit den Nationalstaaten vielleicht nicht so funktioniert mehr. Also ich bin großer Science-Fiction-Fan.
08:01Und da ist es ja dann schon eher die planetarische Solidarität, die man sich da anschauen kann.
08:08Da interessieren mich natürlich künstlerische Positionen dann auch immer sehr, die dann auch vielleicht mal in Richtung feministische Utopie oder so etwas denken.
08:16Ja, da können wir, da müssen wir hinschauen. Und ich denke auch manchmal, warum nicht dann auch, wenn jetzt die kulturelle Bildung so eingestampft wird,
08:27dann lass uns doch die Workshops mit den Jugendlichen und Kids machen. Also das sind Orte, wo Partizipation stattfindet.
08:33Das müssen wir aufrechterhalten. Dass man das gerade jetzt einschränkt, das, ja, ich denke, das ist fatal.
08:43Ich glaube aber auch, dass dieser Backlash ist eben auch eine Reaktion darauf, was wir eigentlich alles erkämpft haben über die letzten Jahrzehnte,
08:51wo wir Benachteiligungen eben benannt und auch, wo wir die Verhältnisse auch verändern konnten.
08:57Also da müssen wir auch dran festhalten. Also was gerade ganz persönliche Projekte sind, sind dann eher noch so Anfangsphasen oder so Skizzen.
09:09Also im Bereich Comic und Graphic Novel tatsächlich. Also eins würde ich sagen, ist wirklich so Long Game.
09:16Das ist, beschäftigt mich mit Ideen von Freundschaft in der Kindheit. Also das interessiert mich sehr, wie Kinder sich eigentlich supporten.
09:22Da gibt es auch eine Verbindung zu Köln, aber auch Science-Fiction-Elemente. Ich kann auf jeden Fall verraten, dass es da um so instant Kartoffelbrei auch gehen wird.
09:32Aber das ist eigentlich eine Freundschaft, die ich erleben durfte, wo man aber vielleicht im Nachhinein erst merkt,
09:37ah, was haben Kinder eigentlich für eine Resilienz und unterstützen sich gegenseitig. Das wissen sie vielleicht zu dem Zeitpunkt nicht.
09:42Aber das kann ich dann von heute anschauen. Also so Themen wie Zeitlichkeit und Erinnerung sind für mich da sehr, sehr interessant.
09:49Und das zweite Comic-Projekt, das hat so den Arbeitstitel Schleifen drehen oder teilt dann auf Englisch.
09:57Ja, also auf der Metaebene geht es eigentlich um dieses Phänomen Put a bow on it.
10:02Also wenn man ein Schleichchen dransetzt, dann wird eine Figur weiblich sozusagen.
10:06Ist aber dann auch verknüpft mit so Szenen aus Kindheiten. Also das ist für mich als Thema ganz sehr interessant.
10:12Man hat das für mich bei der Stadt Revue, der Kölner Stadt Revue auch eben schon gehört.
10:17Also für mich ist Art Cologne, das ist wirklich ein Homecoming.
10:20Also ich bin zwar in Trier geboren, aber ich bin in Köln aufgewachsen und zur Schule gegangen.
10:26Und Köln war für mich immer Kunststadt, sei das jetzt aus meiner Familie her.
10:31Also meine Mutter ist auch selbst Künstlerin, die hat sich das alles selber beigebracht.
10:36Mein Vater hat sich das auch alles selber beigebracht.
10:39Der kann so aus der Hand zeichnen, das fand ich immer ganz toll.
10:42Also Köln ist Kunststadt, da ist die Art Cologne ein ganz ganz wichtiger Teil natürlich davon.
10:48Und was ich ganz toll finde, ist auch dieser Bereich Neumarkt.
10:51Also da sind ja dann junge Positionen, das meine ich jetzt gar nicht nur auf Alter bezogen.
10:56Das finde ich immer ganz spannend.
10:57Und wenn man aus Köln kommt, also ich war als Kind auch immer in Köln am Neumarkt unterwegs.
11:02Ich finde das einen tollen Namen. Da bin ich total gespannt.
11:05Ja, also den Preis für Kunstkritik zu erhalten, bedeutet mir sehr viel.
11:11Also dass da eine Jury von außen jetzt gesagt hat, das finden wir gut, das bestärkt schon sehr.
11:16Ich bin jetzt nicht erste Generation, aber so 1,5 der Generation, die studiert hat.
11:25Und da ist das mit der Selbstverständlichkeit nicht immer so angelegt.
11:29Also das Phänomen ist, glaube ich, bekannt.
11:32Genau. Und dass jetzt da jemand gesagt hat, das gefällt uns und das irritiert auch nicht,
11:37sondern das darf auch so sein, dass da drei Herzen in meiner Brust schlagen.
11:41Also das ist ja das Schreiben über Kunst, aber auch die Kunst zu machen, dass das kein Widerspruch sein muss.
11:48Und dass ich eben als jemand, die auch nicht jetzt klassische Kunstgeschichte studiert hat,
11:53sondern eben Gender Studies und Queer Studies da trotzdem, dass das so sein darf, das hat mich sehr gefreut.
12:01Also oft gab es da das Gefühl, man muss sich da so entscheiden und wenn man das eine macht, geht es beim anderen nicht.
12:07Journalismus ist immer alles schnell, schnell.
12:10In der Wissenschaft ist das mit so einem Magazinartikel, das reicht dann nicht.
12:14Genau, aber da habe ich mir früher mehr Gedanken gemacht, das tue ich jetzt so nicht mehr.
12:18Also das darf dann schon so ineinander greifen.
12:20Und ja, das hat mir viel bedeutet, dass das so sein darf und auch jetzt, dass ich da diese Anerkennung für bekommen habe.
12:29Vielen Dank.
12:30Vielen Dank.
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