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  • vor 2 Tagen
Der erste Mordkommissar Deutschlands, Ernst Gennat, ermittelt im Berlin der 20er-Jahre in spektakulären Fällen und revolutioniert die Kriminalistik – mit heute noch bewährten Methoden.
Dezember 1927: Kurz vor Weihnachten macht sich die gut situierte 21-jährige Fleischerstocher Dora Perske auf den Weg zu Verwandten. Als der Zug pünktlich eine Stunde später Friedrichshagen erreicht, findet man sie schwer verletzt in einer Blutlache liegend. Ein Krankenwagen bringt sie in die Charité, doch sie stirbt wenig später.
Ernst Gennat (gespielt von Stephan Grossmann), der erste Mordkommissar Deutschlands, nimmt die Ermittlungen auf – immer an seiner Seite: Sekretärin Trudchen Steiner (gespielt von Marina Lötschert). Den Täter wird der geniale Ermittler später durch seine besondere Form der Vernehmung überführen.
Gennat gilt bis heute als Koryphäe in der deutschen Kriminalgeschichte. Bis in die 20er-Jahre gab es in der Polizeiarbeit kein Morddezernat, keine Verhörprotokolle und keine Obduktionsberichte. Als Kommissar straffte und strukturierte der sogenannte Buddha vom Alex, der nicht nur in seinem Metier ein echtes Schwergewicht war, die Ermittlungsmethoden und erreichte eine überdurchschnittlich hohe Aufklärungsquote. (Text: ZDF)

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Transkript
00:00Da kann sich auf einer freuen.
00:21Und ob, aber dazu muss ich das erstmal alles heil ans Ziel bringen.
00:27Vielen Dank, sehr zuvorkommend.
00:29Ich hoffe, Onkel Ottos Zigaretten riechen später nicht nach Mettwurst.
00:43Das nenne ich meine Reaktion.
00:47Sie haben mir das Leben gerettet.
00:52Hör mir die Tasche!
00:53Was soll denn das?
00:54Lass los!
00:55Hören Sie auf!
00:55Ja!
00:56Hör mir das!
01:02Ich kann dir nicht jedes Mal das Händchen halten, meine Liebe.
01:30Nur weil du nicht allein hier reingehen willst.
01:40Tu mal nicht so. Gib's ruhig zu. Dir ist es hier drin auch unheimlich.
01:46Das gefriert einem direkt das Blut in den Adern.
01:49So, jetzt aber raus hier sofort. Sie sind weit über ihre Zeit.
01:55Und morgen die Dame. Ich wünsche Ihnen allseits einen angenehmen Tag.
02:03Trotchen. Perfekt, wie immer.
02:20Schauen wir mal, was unsere Nachtschattenfreunde alle so angestellt haben.
02:25Er war der erste Mordkommissar Deutschlands. Ernst Gennert, genannt der Dicke.
02:31Oder auch der Buddha vom Alex.
02:331926 gründete er in Berlin seine legendäre Mordinspektion und erreichte Aufklärungsquoten von über 90%.
02:42Ob Einzeltat oder Serienmord, er revolutionierte die Kriminalistik.
02:48Nicht nur in seinem Team genoss er Kultstatus.
02:51Wir zeigen Ihnen anhand von Originalaufnahmen und filmischen Rekonstruktionen echter Mordfälle die Ermittlungsmethoden von damals im Vergleich zu heute.
03:01Unser erster Fall.
03:05Dora Perske, gerade 21 Jahre alt, ist am 21. Dezember relativ früh schon von zu Hause weggegangen.
03:13Sie kam aus gutem Hause. Ihre Eltern waren Geschäftsleute. Sie hatten eine gutgehende Fleischerei in Schöneberg.
03:19Sie zog sich gerne schick an und kaufte sich auch gerne schöne Sachen.
03:23Sie wollte ihre Verwandten besuchen.
03:26Vorher hat sie aber auch noch Geschenke gekauft, eine teure Vase und noch viele andere Sachen.
03:40Besonders in den 20er Jahren waren die Züge nicht besonders sicher.
03:45Es gab sehr viele Überfälle, Raubüberfälle und natürlich auch die Belästigung von Frauen, auch Sexualdelikte und wirklich Vergewaltigungen.
03:55Also davon hat es sehr, sehr viele gegeben.
03:57In Friedrichshagen liegt eine Frau mit eingeschlagenem Schädel in der Bahn.
04:12Muss ein richtiges Dudbad sein.
04:14Oh na, schicken wir meinen Mann hin.
04:17Äh, ja.
04:18Es sind alle im Einsatz.
04:19Oder krank.
04:21Oder im Weihnachtsurlaub.
04:23Nur, Pipo ist da.
04:24Na, das mache ich selber.
04:26Sag, Pipo, ihr soll den Mordwagen fertig machen.
04:28Schreibkraft, Spuren, Sicherung, das ganze Programm mit allem Pipo.
04:32Und die sollen dann hochklingeln, wenn sie fertig sind.
04:34Längst geordert.
04:36Sie lieben Moment da.
04:37Ähm, die Bahn weiß nicht, tu hin mit dem Waggon.
04:41Sofort versiegeln.
04:42Dass mir da niemand reingeht.
04:44Und dann sagen sie denen, ab damit aufs nächste Abstellgleis.
04:46Und keiner rührt die Leiche an.
04:48Die Ermittlungsarbeit steckte vor 100 Jahren noch in den Kinderschuhen.
04:59Manchmal wurden die Tatorte erst einmal aufgeräumt oder die Leichen vom kalten Fußboden aufs Sofa gehievt.
05:05Aus Pietätsgründen.
05:06Bis Ernst Gennert die Spurensicherung professionalisierte.
05:13Er entwarf das sogenannte Mordauto.
05:16Ausgestattet mit der neuesten Kriminaltechnik.
05:19Es hatte eine bauliche Verstärkung hinten, damit es das Schwergewicht Gennert nicht aus der Kurve trug.
05:26Also das war ein Maibach, ein schöner schwarzer Kastenwagen, der auch besonders stabil war.
05:33Da war alles drin, was am Tatwort notwendig war.
05:36Das reichte von der Schreibmaschine zum Klapptisch und zum Klappstuhl für die Sekretärin, die gleich das Protokoll aufnahm,
05:43zu diesen berühmten Fähnchen mit den Nummern, die eben an jedem Beweisstück schon mal aufgestellt wurden.
05:52Besondere Behältnisse für Flüssigkeiten, Fotoapparat.
05:58Mensch, Späpo, können Sie nicht aufpassen.
06:01Entschuldigung, Chef.
06:04Und läuft alles nach Plan?
06:06Schön immer von außen nach innen.
06:08Spuren gesichert und markiert. Jetzt sind die Fingerabdrücke dran.
06:11Wo ist denn nun die Leiche?
06:13Die Frau ist schon weggebracht worden.
06:17Wie bitte?
06:20Hab ich nicht jeder Erbse in dieser Stadt hundertmal gesagt,
06:24dass keine Leiche niemals auch nur berührt, geschweige denn, irgendwo hingebracht wird?
06:29Bevor wir nicht den Tatort ersucht haben,
06:31was ist an diesem meine Ausführung für die Wunderkerzen nicht zu verstehen?
06:35Sie ist wohl noch am Leben. Man hielt sie für tot.
06:38Als man den Fehler merkte, fuhr man sie in die Klinik, in die Charité.
06:41Wieso? Und wann gedachten Sie, das mir zu erzählen?
06:44Na wunderbar. Das fängt ja gut an.
06:52Riecht doch mal gut.
06:57Haben Sie das schon hier?
06:58Ja.
06:58Ja.
07:08Ja. Bargeld fehlt.
07:12So, Freund Elli, dann schreiben Sie mal auf.
07:14Das Opfer heißt Dora Perske.
07:1921 Jahre jung,
07:21Wohnen auf Berlin, Wilmersdorf,
07:23Bayerische Straße 33.
07:26Zur Art der Verletzung
07:27und der Mordwaffe liegen keine Agenten zuvor.
07:30Der Opfer liegt im Krankenhaus.
07:33Apipo!
07:33Sagen Sie doch mal dem Drohchen Bescheid,
07:36die sollen Gerichtsarzt in die Charité schicken.
07:38Ach, und dann Schubos.
07:40Auf alle Bahnhöfe entlang der Bahnstrecke.
07:42Der Kerl, der muss ja voller Blut gewesen sein.
07:45Das muss doch jemandem aufgefallen sein.
07:49Also da.
07:50Die Dora Perske stieg am Bahnhof Zohen,
07:55ein Vorhautzug.
07:57Unterwegs gesellte sich ein junger Mann zu ihr.
08:01Der dachte, diese gut angezogene Art rette junge Dame,
08:06das ist mein Opfer, die hat bestimmt Geld mit.
08:09Und er schlug sie mit einem 35 Zentimeter langen Stahlkantel,
08:14was noch angespitzt war, auf Dreiecken über den Kopf,
08:17sodass sie also besinnungslos zusammenbrach.
08:21Sie versuchte noch, die Notbremse zu ziehen.
08:23Das gelang ihr dann aber nicht mehr.
08:27Die Kriminalfälle von Ernst Gennert scheinen weit entfernt.
08:32Doch in Berlin-Lankwitz finden sich noch wahre Schmuckstücke
08:35der vergangenen 100 Jahre.
08:38Hier sammelt die Polizei ihre Einsatzfahrzeuge.
08:41In der Polizeiarbeit wird das Rad nicht dauernd neu erfunden.
08:45Wissenschaft und Erfahrung bringen die Technik voran.
08:49Doch am Ende kommt es vor allem auf diejenigen an,
08:52die täglich damit im Einsatz waren und noch sind.
08:57Ernst Gennert, bei allem, was man über ihn weiß,
09:01hatte er aber auch, glaube ich, die Durchsetzungskraft,
09:03um zu sagen, ich will das haben und das will ich in meinem Auto
09:07und dann wurde das auch so gemacht.
09:08Also, sagen wir mal so, ein guter Polizist,
09:13der also in der Verantwortung ist,
09:17der braucht ein Durchsetzungsvermögen.
09:19Und das hatte er.
09:20Und das haben auch die Mitarbeiter akzeptiert,
09:23weil er immer Recht hatte.
09:25Und dieses Recht hat er also ausgenutzt
09:28und die Sachen wurden dann so gebaut, wie er das also wollte.
09:33Alle Fahrzeuge hier sind Spezialanfertigungen,
09:37extra für die Polizei.
09:39Nicht nur mit Vierrädern.
09:43Herr Maas, mir wurde eine Probefahrt versprochen
09:45mit einem Fahrzeug aus den 20er Jahren.
09:47Ist es das?
09:49Ja, das ist eine Maschine,
09:52eine BMW-Maschine mit Seitenwagen,
09:54und zwar ein Fünfsitzer Motorrad.
09:57Genauer gesagt, ein Überfallkommando.
10:00Ich kann aber trotzdem mitfahren?
10:01Aber natürlich.
10:01Ausnahmsweise ohne Helm, auf Polizeigelände.
10:07Das sogenannte Überfallkommando
10:08ist eine kleine, motorisierte Einheit der Schutzpolizei
10:12für den Einsatz bei Raub- oder Banküberfällen,
10:15Schlägereien und vergleichbaren Straftaten.
10:18Berlin ist damals ein unsicheres Pflaster.
10:224,5 Millionen Menschen leben in den 20er Jahren in der Stadt.
10:26Berlin zieht ganz, ganz viele Menschen an,
10:29die nur unter menschenunwürdigen Bedingungen unterkommen.
10:33Es gibt unglaubliche Arbeitslosigkeit.
10:35Das ist eine ganz, ganz harte Lebenswirklichkeit,
10:38die da in Berlin in den 20er Jahren herrscht.
10:40Sie waren gewalttätiger, als es heute ist.
10:44Teilweise waren sie ja auch verroht vom Ersten Weltkrieg,
10:47insbesondere die Männer.
10:48Es kamen auch viele Verstümmelte zurück,
10:52Armamputierte, Beinamputierte.
10:55Und sie wurden dann auch abhängig vom Amphetamin.
10:59Dann hatten sie natürlich auch Beschaffungskriminalität.
11:02Der Chef sollte längst wieder da sein.
11:26Er muss ja sterben vor Hunger.
11:27Ich habe Pippo gebeten, eine Torte für ihn zu besorgen.
11:33Wo der nun wieder bleibt, immer das Gleiche mit diesen Männern.
11:37Alles muss man selber machen.
11:40Ja, etwas Tempo, die Damen.
11:42Er kann jeden Moment kommen.
11:43Haben Sie die selber gebackt, oder warum hat das so lange gedauert?
11:58Stachelbeere war aus.
11:59Also musste ich mit dem Kondito erst etwas anderes finden.
12:02Sie haben doch hoffentlich gesagt, für wen sie ist.
12:05Na klar, für den Buddha.
12:07Äh, die Mordkommission natürlich.
12:13Schwarz, weil der Kirsch.
12:17Na gut.
12:18Danke, Kommissar Pippo.
12:21Jeder kennt meinen Chef.
12:23Er wird ja auch dauernd fotografiert.
12:26Da, das ist er.
12:28In seinem Büro am Alexanderplatz.
12:30Und hier steht die ganze Truppe.
12:33Unsere Mordkommission.
12:34Kriminalrat Ernst Gennert, natürlich in der Mitte.
12:38Und ich, seine Sekretärin, Gertrude Steiner, in vorderster Reihe links.
12:43Er nennt mich immer Trudchen.
12:46Wir beide sind ein gutes Gespann.
12:48Und so berühmt, dass es sogar Postkarten von uns gibt.
12:51Da ja Mord immer interessant ist für die Bevölkerung, aber auch für ausländische Gäste und diese Mordinspektion bahnbrechende Leistungen brachte, hat man natürlich Gennerts Inspektion A da noch immer vorgeführt.
13:08Der Bekanntheitsgrad Gennerts, der reichte bis über die Grenzen Deutschlands sogar hinaus.
13:14Also Charlie Chaplin, als er nach Berlin kam, besuchte das Polizeipräsidium und er wollte auch Ernst Gennert kennenlernen.
13:22Der britische Schriftsteller Edgar Wallace schaute sich auch im Polizeipräsidium um und sammelte da auch Stoff für seine Romane.
13:29Gennerts sogenannter Sieben-Punkte-Plan standardisierte die Spurensicherung für alle Ermittler der Mordkommission und gilt bis heute.
13:42Der Gennert von heute ist Dezernatsleiter Sebastian Kraus.
13:51Hallo Herr Kraus, ich habe Ihnen was mitgebracht. Eine Sahnetorte.
13:55Wie zu Gennerts Zeiten, da hätte dann hier aber auch noch ein Plüschsofa gestanden, die Sekretärin hätte noch ein Schnitzel gebracht zur Mittagszeit.
14:02Die Gedanken, die Innovationen von Ernst Gennert, wie fließen die heute noch in ihre Arbeit ein?
14:08Im Wesentlichen geht es darum, wie man sich am Tatort verhält.
14:11Von dem ersten Moment, wo man am Tatort eintrifft, was passiert, in welcher Reihenfolge Maßnahmschritte abgehandelt werden, bis zur Berichtsschreibung ganz am Ende.
14:18Und wenn man diesen Ablauf sich betrachtet, ist der nahezu unverändert bis heute.
14:21Wir haben einzelne Punkte geändert, weil das mit der wissenschaftlichen Entwicklung standhalten musste.
14:26Also vielleicht den Gerichtsmediziner weiter vor und dafür andere Sachen weiter zurück.
14:30Aber der gesamte Ablauf ist nahezu unverändert.
14:33Herr Kraus, wenn Sie noch mal in die Gennert-Zeit reisen könnten, was würden Sie ihn fragen?
14:39Ich glaube, ich würde ihn fragen, wie er die ganze Energie und Kraft aufgebracht hat, sozusagen die Mordkommission von Grund auf sozusagen neu zu strukturieren.
14:47Das muss ja ein Mammutprojekt gewesen sein, wenn man seine Zeit sieht, ja, vorher auch wie alles durcheinander und dann da Struktur reinzubringen.
14:59Das war der Gerichtsarzt.
15:00Das arme Mädchen ist vor einer halben Stunde in seinen Kopfverletzungen verstorben.
15:07Ach, ja.
15:07Er schließt Sexualverbrechen aus, Tatwaffe vermutlich ein schwerer harter Gegenstand mit scharfer Kante.
15:13Achse oder Hackebeil, sowas in der Art.
15:16Hackebeil, Vater ist Metzger, richtig?
15:19BIPO soll sofort eine Verhandlungsmeldung an Rundfunk und Presse rausgeben.
15:25Wer hat das Opfer heute Morgen und eine verdächtige Person im Zug oder im Bahnhof etc. etc. gesehen?
15:32Dazu ein Foto des Opfers.
15:34Ich will das noch heute in der Andersgabe haben.
15:36Also das Erste war, dass er die Presse informierte.
15:39Also der Berliner Rundfunk sendete einen Verhandlungsaufruf.
15:42Wer hat einen solchen Mann gesehen?
15:44Das und das ist passiert.
15:45Wir brauchen die Hilfe der Bevölkerung.
15:47Und in den Zeitungen wurden auch eventuelle Zeugen aufgerufen.
15:51Also wenn in einer Zeitung von einem Fall berichtet wurde,
15:56hieß es gleich, Ernst Gennert übernimmt die Ermittlung oder Ernst Gennert erschien am Tatort.
16:01Das Interesse an Kriminalfällen war phänomenal.
16:05Wir müssen uns eine Presselandschaft vorstellen, die nicht so ist wie heute,
16:07mit wirklich Dutzenden von Tageszeitungen, die zwei oder drei Ausgaben am Tag haben.
16:13Die berichten en masse über diese Verbrechen.
16:15Das heißt, es gibt viele Verbrechen
16:17und es wird unglaublich viel über diese Verbrechen berichtet.
16:20Machen wir Sorgen, Trothin.
16:34Die ganze Stadt in Aufruf besetzt.
16:38Samt unserer Freunde aus der Unterwelt.
16:41Kind und Kegel suche nach der Bahnwörter.
16:48Wir haben ja halb der Liebte, dann sind wir hier.
16:51Und?
16:52Wir fanden?
16:53Man ist.
16:55Keine brauchbare Spur.
16:58Da stimmt doch was nicht.
16:59Das ist doch wohl nicht.
17:02Irgendwann kommt jeder Fuchs aus dem Bau und dann stehen wir parat.
17:08Wenn es um Mord geht, können unsere Leute mit der Unterstützung der großen Ganogen der Berliner Unterwelt rechnen.
17:15Denn wenn in ihren Etablissements die Polizei herumschnüffelt, ist das schlecht für das Geschäft.
17:21Die Leute sollen sich dort amüsieren.
17:24Sie machen ihr Geld mit Shampoos, Drogen und Prostitution.
17:28Aber Mord ist tabu.
17:31Und der Herr Kriminalrat hat eine hohe Belohnung ausgesetzt.
17:36Prompt kam der Tipp aus ihren Kreisen.
17:37Es gab da einen anonymen Hinweis.
17:42Denn der Täter hatte wohl mit seiner Tat geprahlt.
17:45Er kaufte sich erst mal ein neues Händ.
17:48Er hatte hier ein Alex.
17:50Er ging dann zum Friseur.
17:52Die Nacht vertrachte er noch mit einer Prostituierten.
17:54Ob seiner Verlobten das gefallen hätte, weiß ich nicht.
17:57Wartet nicht.
18:02Ich wartet nicht.
18:03Mensch, jetzt lass doch sofort diesen Mann los.
18:05Ich dulde keine Misshandlung in diesem Haus.
18:07Henne, weg!
18:09Einfach Ja sagen und mitspielen.
18:12Verzeihen Sie, Herr Kommissar.
18:14Das hier ist dem Verdächtigen aus der Tasche gefallen.
18:17Ja, raus mit euch jetzt.
18:23Herr Trudchen, du macht doch dem jungen Mann mal ein Pflaster und bring mal ein Kaffee.
18:27Aber im Eiltempo.
18:35Und nun setzen Sie sich erst mal da hin, Herr Herr.
18:39Wie war der Name nochmal?
18:41Kibach.
18:42Kibach.
18:42Genau so hieß der.
18:43Kibach.
18:50So.
18:51Herr Kibach.
18:52Und jetzt sagen Sie mir erst mal, was Sie nicht getan haben wollen.
18:56Ich hab ja nichts gemacht.
18:57Sehen Sie.
18:59Und genau das werfe ich Ihnen vor.
19:01Nicht.
19:02Ja, nicht.
19:03Kräfchen.
19:10Als er dann den Namen hörte, Horst Kibach, da klingelte es gleich bei ihm, denn der Name war ihm schon einmal begegnet.
19:18Dieser Kibach war vorbestraft wegen Sittlichkeitsverbrechen.
19:23Heute würde man sagen wegen sexueller Belästigung.
19:26Und auch als sogenannter, ja, Eisenbahnlieb.
19:30Also er hatte schon Eisenbahnen, hatte er Koffer gestohlen und verschiedene andere Sachen.
19:35Also er war kein unbeschriebenes Blatt.
19:36Besonders ungünstig für Horst Kibach.
19:40Bei seiner Festnahme fiel ihm diese Stahlkantel aus der Jacke.
19:45Solch ein Objekt ist natürlich der Traum jeder Spurensicherung, auch 100 Jahre später.
19:51Wenn die Berliner Kriminalpolizei heute mit ihrem Mordauto anrückt, hat sie es meist nicht so leicht.
19:57Dieses Auto fährt zu jedem Tatort.
20:00Hier sitzt der Tatortmann drin, der praktisch die ganze Tatortarbeit dirigiert.
20:04Selbst der Dezernatsleiter, wenn er zu Tatorten mit rausfährt, befindet sich also hier oder in der Nähe von dem Auto.
20:09Stichwort Kommunikation. Eine Schreibmaschine gibt es nicht mehr.
20:11Aber ich sehe da hinten Anschlüsse fürs Lahnkabel.
20:14Wenn wir dann sehen, dass wir die Spurensuche brauchen, dann würden wir immer extra die Spezialisten der Spurensuche vom Kriminaltechnischen Institut beauftragen.
20:21So, das ist also der Große und da ist Frau Krüger.
20:24Frau Krüger, jetzt habe ich schon viel gehört über diesen großen Kriminaltechnik-Bus.
20:29Was kann der, was der da drüben nicht kann?
20:32Einiges. Wo wollen wir anfangen, wo wollen wir aufhören?
20:34Naja, erstmal hier drinnen anfangen. Ich sehe da so ein paar Sachen hier unten.
20:39Einweg-Overalls, das sind diese weißen wahrscheinlich.
20:42Ansonsten aber auch viel Technisches hier wahrscheinlich.
20:44Richtig, richtig.
20:45Auch wenn die Spurensicherung inzwischen mit zwei Fahrzeugen anrückt, manches könnte Gennert noch bekannt vorkommen.
20:52Und die neuere Ausrüstung würde ihn sicher begeistern.
20:56Wir haben hier neben einem großen Werkzeugkoffer die verschiedenen Brillen in den verschiedenen Farben.
21:02Denn die verschiedenen Brillen geben uns Möglichkeiten im Zusammenhang mit UV-Licht, also mit verschiedenen Wellenlängen der extra UV-Lampe, dann Spuren sichtbar zu machen.
21:14Oh ja.
21:17Da ist die Kamera.
21:20Also hier, ne?
21:21Genau, das sind ja zwei verschiedene Systeme.
21:23Das eine ist eine Infrarot-Kamera, die einfach Infrarot-Strahlen schießt und dafür da sein soll, um eine Farbumkehr hervorzubringen.
21:29Alles, was schwarz ist, soll weiß werden. So kann man Blut besser sichtbar machen zum Beispiel, aber auch andere Dinge.
21:35Und dann haben wir hier die verschiedenen Aufsätze für unsere ultraviolettes Lichtstrahlende Lampe.
21:40Das Gute ist, man muss sie dafür nicht anfassen.
21:42Genau, ganz genau. Kontamination ist ja unser größtes Thema, dass wir gar nicht erst irgendwas verschleppen, irgendwas projizieren.
21:48Dass man wirklich sagen kann, kontaktlos haben wir hier etwas sichtbar gemacht.
21:51Toll. Die nehmen wir auch gleich mit, ne?
21:53Genau.
21:53Wie man heutzutage Spuren sichert, das erleben wir gleich an einem Übungstatort.
21:59Vor 100 Jahren war schon das Nachweisen von Blut ein langwieriger Prozess.
22:04Warum laufen Sie am hellesten Tage mit so einer langen Eisenstange mitten durch die Stadt?
22:13Das ist ehrlich gesagt eine dumme Junggeschichte.
22:16Ich hab mich früher einfach immer aufgeregt über den Eisenkönig.
22:19Den was?
22:20Eisenkönig, der Sigmund Breitbart, der kennt ja wohl nur jeder Trottchen.
22:25Der bugt so eine Stange im Zirkus Busch wie andere Leute im Wurststock.
22:30Und kam damit auch noch immer in die Zeitung.
22:34Genau die Stange sollte er mir biegen.
22:38Damit er es nicht so einfach hat beim Biegen, da haben Sie die Kanten wohl ein wenig angeschliffen, Herr Giebach.
22:44Geben Sie das mal in die Tatortsicherung.
22:46Kollegen sollen sich mal die Spuren auf der Stange angucken.
22:49Das war der Rostruf, sonst nicht.
22:53Ich denke, wir haben uns ein kleines Päuschen verdient.
22:59Wir haben es doch bald.
23:01Nicht?
23:02Giebach?
23:04Dieses Verhör mit Kiebach dauerte die ganze Nacht.
23:07Gennert redete über alles Mögliche mit ihm.
23:10Und immer wieder fragte Gennert, er stellte ihm immer wieder die gleiche Frage.
23:14Wollen Sie mir was erzählen?
23:15Haben Sie mir irgendetwas zu sagen?
23:17Haben Sie irgendwas auf dem Herzen, was Sie loswerden wollen?
23:19Er war also auch den Tätern zugewandt.
23:24Das hatte er wahrscheinlich schon in der Kindheit gelernt.
23:27Sein Vater war der Leiter der Vollzugsanstalt Plötzensee, sodass er also auch mit Straftätern schon in seiner Kindheit in Berührung kam.
23:37Sein Bruder war Staatsanwalt.
23:39Er selber hatte ja, bevor er 1904 zur Polizei ging, einiges Semester Jura studiert.
23:47Und er sagte, die Straftäter bleiben alle bei uns in der Familie.
23:52Ich fange sie, mein Bruder verknackt sie und Vater ansperrt sie in.
23:56Das ist ja wieder, Herr Kieber.
24:06Kommen Sie hin, kommen Sie hin.
24:09Nehmen Sie Platz.
24:16Die ganze Mannschaft hat zusammengelegt.
24:22Haben Sie eigentlich schon alle Geschenke für Ihr Lieben zusammen?
24:26Ja, wie denn?
24:28Was wollte ich dir heute erledigen?
24:29Ja, Kollege, der mit Ihren Verlobten gesprochen hat.
24:32Ach, die freut sich ja wie Bolle auf den Überquellen in Gaben, durch den Sie hier versprochen haben.
24:43Weißt du, Junge, meine Kollegen, die gucken immer nur aufs Gesicht.
24:53Auf die Augen.
24:56Und zu erkennen, was los ist.
25:00Aber das ist Quatsch.
25:04Auf die Hände musst du gucken.
25:07Nur auf die Hände.
25:08Was wollen Sie denn von mir hören?
25:22Na ja, ich sage Ihnen jetzt mal, wie etwa.
25:25Die Martha, die ist so anspruchsvoll, wenn sie nicht kriegt man zu will, dann geht sie mir stiften.
25:29Was soll ich denn machen ohnehin fällig?
25:32Und da stolziert diese Frau an mir vorbei, vollbepackt, die sie kommen, laufen kann.
25:37Ich wollte ja doch nur einer überziehen, dass sie für den Moment weg ist.
25:52Aber ich habe sie nicht richtig getroffen.
25:56Dann hat sie mich geschlagen und gekratzt und geschrien, hat sie auch noch.
25:59Das weiß ich doch, Junge, das weiß ich doch.
26:12Aber jetzt, jetzt besser.
26:23Pipo, kommen Sie mal.
26:27Abführen.
26:28Glückwunsch.
26:37Das haben wir richtig gut gemacht, wir Bäder.
26:42Der Mordfall Dora Perske kommt jetzt in unsere berühmte Zentralkartei für Mordsachen.
26:52Dort sammeln wir das gesamte Berliner Grauen.
26:54Seine genialste Erfindung ist diese Zentralkartei für Mord- und Todesermittlungsachen.
27:03Dort hat er alles gesammelt, was ihm unter die Finger kam.
27:07Verhandlungsbriefe, Akten, Zeitungsartikel, vieles andere mehr.
27:12Und er hatte ein ganz genau differenziertes Bild vom Tatort, vom Opfer, vom Täter mit Querverweisen.
27:22Und ja, sie waren auch systematisch geordnet, also nach Sittlichkeitsverbrechen, nach Lustmorden, nach Raubmorden oder Mord aus Eifersucht.
27:33Zwei Jahre ist es nun her, dass wir den Fall Dora Perske lösen konnten.
27:43Und heute kommt der Chef samt Sofa aus Düsseldorf zurück.
27:48Er war dort, weil eine Serie brutaler Morde die ganze Stadt in Panik versetzt hat.
27:53Und die hält auch.
27:54Da können Sie eine ganze Herde Elefanten draufsetzen.
27:57Brutchen!
28:05Aktena, bitte!
28:07Was sollen denn die Kollegen?
28:08Das muss jetzt mal sein.
28:11Ich bin so froh, dass es Ihnen gut geht.
28:14Es war das Grauen.
28:16Pipo, in mein Büro!
28:19Das nenne ich Heimat.
28:22Ich muss gleich heulen.
28:23Die haben wir in Düsseldorf Muscheln gegeben zum Essen.
28:29Kannst du dir das vorstellen?
28:31Muscheln?
28:37Es ist schlimm in Düsseldorf.
28:40So viele Morde.
28:44Gennert war in jenen Jahren hauptsächlich auf Zeugen angewiesen.
28:47Erst heute kann die Kriminalpolizei eine Fülle von Spuren sichern.
28:52Keine scheint unsichtbar genug, um nicht entdeckt zu werden.
28:57In der Berliner Mordkommission übe ich Tatortarbeit.
28:59So, wir machen es ja jetzt nur halbrichtig, weil in Wirklichkeit müssten wir jetzt auch Mundschutz anziehen.
29:07Absolut.
29:08Wir unterhalten uns miteinander und beim Sprechen kontaminieren wir den Tatort ansonsten.
29:12Und selbstverständlich lässt man mich hier nicht an eine echte Leiche heran.
29:17Geübt wird immer an Puppen.
29:19Gehen wir mal am besten hier rum.
29:21Okay.
29:22Das ist jetzt mein erstes Mal an einem Tatort.
29:25Und hier ist es auch wieder so, dass Sie wahrscheinlich zuerst da wären und würden uns dann einen Überblick geben.
29:31Wir wären als Erste von der Mordkommission da, genau, und würden die Kollegen von der Kriminaltechnik einweisen.
29:38Jetzt würde ich ja sofort sagen, das ist auch völlig klar, also der Mensch, der dort liegt, wurde erschossen.
29:43Die Uhr liegt noch da, das heißt, er wurde nicht beklaut.
29:47Und, ja.
29:48Und jetzt frage ich aber, was könnte sonst dahinter liegen?
29:51Und auch das ist wichtig für uns herauszufinden.
29:53Es geht nicht immer nur darum, den Täter zu ermitteln, sondern es geht auch darum, Hintergründe der Tat sichtbar zu machen.
29:58Zumindest alles das, was am Tatort erklärt werden kann, müssen wir auch erklären, wenn es geht.
30:03Okay.
30:03So, hier haben wir jetzt die eben angesprochenen forensischen Leuchten.
30:08Die würden wir jetzt anmachen und ganz wichtig ist jetzt der Schutz für mich.
30:11Wenn ich jetzt damit gucke, was ich sehe, muss ich meine Augen schützen.
30:14Und auch hier die bereits angesprochene gelbe Filtermedium.
30:18Nur dadurch in Kombination mit dem Aufsatz kann ich jetzt Sekretspuren sichtbar machen.
30:23Darf ich mal gucken, ob ich was finde?
30:24Also da geht es jetzt um Flüssigkeiten, die man mit bloßem Auge erstmal nicht sieht.
30:31Speichel, Sperma, Vaginalsekret.
30:34So, jetzt ist sie an hier.
30:37Und jetzt leuchte ich da drauf und gucke, ob ich was finde.
30:44Hier, da am Hosenbund sehe ich was.
30:47Fast wie zu Gennerts Zeiten.
30:52Erst einmal Überblick verschaffen und dann jede einzelne Spur sorgfältig nummerieren und beschriften.
31:00Jetzt verschaffen wir uns erstmal Platz.
31:02Genau, damit wir hier gleich ordentlich arbeiten können, räumen wir jetzt das, was unmittelbar im Weg liegt, ein.
31:09Warum denn nicht in so Plastiktüten?
31:10Plastiktüte hat den Nachteil, dass alles, was Feuchtigkeit absondern würde, dann in dieser Plastiktüte schimmeln würde letztlich.
31:17Und deswegen ist die Papiertüte in dem Sinne immer der bessere Weg, um diesen Schimmel zu vermeiden.
31:25Weil Schimmel immer dazu führen würde, dass unsere DNA-Spur sich selbst zersetzt.
31:28Die Ermittlung am Tatort hat wenig mit Action zu tun.
31:33Ehrlich gesagt ist es eher mühsame Kleinarbeit.
31:37Zum Beispiel kommt am ganzen Körper Klebeband zum Einsatz, um mögliche Spuren zu sichern.
31:43Wo sich weitere Spuren innerhalb des Raumes befinden, zeichnen diese Kameras auf.
31:49Wir müssen nicht mehr mit Zollstock und Reißbrett durch den Tatort gehen.
31:52Wir haben gerade den 3D-Laserscanner gesehen, der in den modernen Zeiten auch durch Vermesser bedient wird, nicht durch Polizeibeamte.
32:02Das sind Ingenieure oder Vermessungstechniker.
32:05Und die liefern uns dann in allererster Linie mal diese 3D-Punktwolke.
32:10Da haben wir schon einen dreidimensionalen Raum.
32:12Und da können wir dann auch reinzoomen und bekommen dann einen Eindruck von unserem Tatort.
32:22Können uns hier auch ein bisschen bewegen.
32:25Also welchen Vorteil gegenüber dieser Skizze von damals?
32:28Sehr viel mehr Informationen und auch sehr genaue Maße.
32:33Zurück ins Jahr 1929.
32:37In Düsseldorf tappen die Ermittler im Dunkeln.
32:40Auch nach Gennerts Rückkehr gehen die Mordversuche weiter.
32:45Der Fall lässt den Buddha vom Alex nicht los.
32:50Hier.
32:5815 Morde in 11 Monaten.
33:04Eher noch grausamer als der andere.
33:08Passen Sie mal auf.
33:10Eine Hausfrau in ihrer Küche.
33:1718 Stiche in die Schläfe.
33:20Tot.
33:21Ein Lehrmädchen wird an einer Schlinge um den Hals auf dem Feld gezerrt.
33:26Es wehrt sich, Gott sei Dank.
33:28Und überlebt.
33:29Aber der Täter flieht.
33:32Es kommt zu weiteren Überfällen.
33:33Dann zwei junge Mädchen.
33:36Brutale Stoffen.
33:37Wir waren auch nur Kirmes.
33:40Wie auch vier weitere Opfer.
33:42Und dann wieder in einer einzigen Nacht.
33:44Drei Tote.
33:45Mit brutalsten Messerstichen.
33:48Ermordet.
33:48Und so weiter.
33:49Und so weiter.
33:50Wir haben es hier mit etwas ganz Neuem zu tun.
34:01Etwas Großem.
34:03Etwas ganz Schrecklichem.
34:04Ich wollte ehrlich gesagt einfach erst mal mit Ihnen darüber absprechen.
34:09Es sind, ähm, harte Zeiten.
34:16Die Leute wollen leben.
34:17Aber sie haben Hunger und kein Geld.
34:19Und Angst.
34:21Nein, nein, nein.
34:21Hinter diesen ganzen Grausamkeiten versteckt sich etwas anderes.
34:25Das wirklich Böse.
34:27Jemand, der vielleicht gar keine Not leidet, wie wir sie kennen.
34:34Den man nicht unbedingt ansieht, was für eine Höllenglut in ihm steckt.
34:38Der das Morden braucht für andere Menschen, die Luft zum Atmen.
34:42Der immer weiter morden wird.
34:44Bis wir ihn stocken.
34:46Ja, genau.
34:48Das ist, ähm, wie soll man sagen, ja, das ist ein Serienmörder.
34:55Serienmörder?
34:57Wie soll man denn so jemanden fassen?
35:01Oh, Nervenhaft.
35:03Ach, Unsinn.
35:04Reden Sie mit mir.
35:05Das hat doch immer geholfen.
35:07Nein, nein, nein, ich, Brötchen.
35:09Ich brauche einen Experten für Köpfe mit wirren Vorstellungen.
35:14So was brauche ich.
35:15Versuchen Sie es da gleich mal an der Charité.
35:17Ja.
35:20In den 20er Jahren war es besonders der Fall Peter Kürten,
35:23der die Deutschen in Atem hielt.
35:26Der große Serienmörder aus Düsseldorf, den Begriff Serienmörder, den gab es damals eigentlich noch gar nicht.
35:34Den hat eigentlich Gennert erst mal eingeführt.
35:36Heute sagt man tatsächlich, Gennert war der erste Profiler, den es gegeben hat, ohne dass er es selber wusste.
35:41Er hat also tatsächlich erst einmal überlegt, so, wer ist zu einer solchen Tat fähig?
35:47Wie muss sein Umfeld sein? Wo könnte er arbeiten? Was können seine Hobbys sein?
35:53Er schaute nach Periodizität.
35:55Welches Jahr? Welche Woche? Welcher Tag? Welcher Ort?
36:00Am Wasser? Im Wald? Im Haus? Sonstwo? Welche Mordmittel hatte der Täter benutzt?
36:09Kürten erstach ja viele.
36:10Gennert ahnte vermutlich, dass er an einem der spektakulärsten Kriminalfälle der Weimarer Republik arbeitet.
36:18Der Serienmörder Peter Kürten ging in die deutsche Kriminalgeschichte ein.
36:23Hier im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen in Duisburg liegen hunderte Fotos, Akten und Asservate.
36:30Und erst vor kurzem sind weitere Unterlagen aufgetaucht.
36:33Die Fotos von Kürtens Opfern, Tatwaffen und Tatorten lagern alle tief unten im Keller des Archives.
36:40Wohl temperiert bei 15 Grad.
36:44Archivarin Dr. Sabine Aibel hütet sie wie einen Schatz.
36:48Jede Archivaliengattung hat ihre eigenen Bedürfnisse.
36:52Also Papier mag es anders als Fotos, Fotos mögen es anders als Nitrofilme.
36:56Deswegen haben wir verschiedene Magazine mit unterschiedlichem Klima.
37:00Das muss alles ganz genau angepasst sein und deswegen müssen wir auch ganz sicherstellen,
37:04dass die Fotos, die es ja eigentlich gerne bei 15 Grad mögen,
37:07dass die, wenn wir jetzt gleich damit oben in den Lesesaal gehen, auch mit 22 Grad klarkommen.
37:13Und deswegen werden die ganz langsam akklimatisiert.
37:16Alle Asservate, Dokumente und Fotos im Fall Kürten verlassen nur selten das Archiv.
37:22Um sie zu schützen, wurden sie nahezu komplett digitalisiert.
37:26Fangen wir mal mit den Fotos an.
37:28Was haben wir jetzt hier?
37:30Das sind Gegenstände, die aufgefunden wurden und die hat man auch fotografiert.
37:35Also wie heutzutage hat man eben auch Asservate nicht nur Seite gelegt,
37:41sondern eben auch fotografiert und auch eben, um die schnell verfügbar für die Akten zu haben.
37:45Hier steht drüber Mordsache Maria Hahn, 27.11.29, Kleid.
37:50Kleid.
37:51Ja.
37:51Und man sieht hier ganz in klein nochmal eine Person nachgezeichnet und auch mit Rot die Stiche des Messers.
37:58Und das ist ja die Kleidung, die sie, als die Tat begangen wurde, angehabt hat.
38:02Und hier haben wir einen Teil eines Kleidungsstückes, das ein Opfer getragen hat.
38:08Und zwar zur Tatzeit.
38:09Dann ist das schon sehr eindrücklich.
38:12Das sind Original-Stoffreste von einem Kleid, das ein Opfer getragen hat.
38:18Komm auf, vielleicht können wir es da reinschütteln.
38:21Also heutzutage könnte man ja gucken, ob man da DNA-Reste findet.
38:24Von Möglichkeiten wie der Sicherung von DNA-Spuren war Mordkommissar Ernst Gennert 1930 noch weit entfernt.
38:35Na, Herrin, kommen Sie.
38:37Tot jetzt?
38:39Danke mir herzlich, Herr Professor.
38:41Herr Gennert, das war...
38:42Es ist, wie ich vermutet habe.
38:44Es ist das Böse in Rheinfurt.
38:46Ja, genau.
38:47Das war gerade Düsseldorf.
38:49Und die Sagen...
38:49Blut.
38:50Was alle Fälle verbindet, ist Blut.
38:52Es hat immer in einem fürchterlichen Blutbad geendet.
38:55Der Doktor sagt, dass es unserem Vampir nicht um das Töten an sich geht, sondern ums Leiden und ums Blut.
39:01Das muss fließen.
39:02Der Doktor vermutet, das berauscht unseren Täter.
39:05Es erregt ihn sexuell.
39:06Er ist ein Sadist.
39:08Er quält andere und weidet sich daran.
39:10Damit könnte ja schon vorher aufgefallen sein.
39:13So einer quält auch Tiere.
39:15Kinder, Frauen, bis aufs Blut.
39:18Nach so einem Täter suchen wir also.
39:19Ja, nein, Herr Gennert, das war Düsseldorf.
39:22Ach, hören Sie doch auf mit diesen Leuten in Düsseldorf.
39:25Die haben doch gar keinen Plan.
39:26Ich bin dann kurz drauf, wieder hinzufahren.
39:29Düsseldorfer haben wir ihn.
39:32Was?
39:34Oh Gott.
39:36Es tut mir so leid.
39:37Ich verstehe ja die ganze Arbeit hier.
39:39Und dann einfach ein blöder Zufall.
39:42Das ist doch völlig egal, wie wir ihn aus dem Verkehr gezogen haben.
39:46Hauptsache, wir haben ihn.
39:48Oh mein Gott.
39:50Könnten Sie bitte schnell zurückrufen.
39:54Ich muss alles über diesen Mann wissen.
39:57Alles.
39:58Ich wette, ich lag richtig.
39:59Ein Opfer, das überlebt hatte, führte die Polizei schließlich zu Peter Kürtens Wohnadresse.
40:11Seine Frau Auguste half bei der Festnahme und kassierte dafür einen Teil der hohen Belohnung.
40:17Nicht Gennert löste den Fall, sondern wie so oft Kommissar Zufall.
40:21So, was haben wir denn hier?
40:25Ja, das sind jetzt alle Verfahrensakten von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf im Fall Peter Kürten.
40:30Das sieht viel aus.
40:32Ist es viel im Verhältnis zu anderen Prozessen?
40:34Absolut, das kann man sagen.
40:35Das sind ja viele Taten gewesen, ein großer Prozess.
40:38Das ist im Vergleich zu den meisten Verfahren, die viel weniger Bände haben.
40:42Das ist doch schon eine ganze Menge.
40:43Wie viele sind es insgesamt?
40:45223.
40:46223.
40:47Und eine Akte kam 2023 neu dazu.
40:51Die Handakte des Ermittlungsrichters im Fall Kürten.
40:55Er hatte die Unterlagen damals mit nach Hause genommen.
40:59Das sind die kleinen Asservate, die in den Akten gefunden wurden.
41:03So, das hier ist wahrscheinlich ein Kalender, ja.
41:07Notizkalender 1916.
41:10Ganz vorsichtig.
41:14Steht auch in leserlicher Schrift.
41:16Es scheinen Abfahrtszeiten zu sein.
41:18Leipzig, 5.58 Uhr.
41:20Halle, 7.55 Uhr.
41:22Und das ist auch Kürtens Schrift.
41:25Und nun bin ich gespannt, was die Briefe aus der Handakte über Kürten offenbaren.
41:30Und wir können ja mal ein bisschen hier in die Akte reinsehen.
41:37Man erkennt seine Schrift immer relativ schnell, weil er sehr sauber schreibt.
41:41Und ja, ein bisschen kindlich.
41:44Und aus diesen neuen Materialien geht hervor, dass er immer wieder nachgefragt hat, wo ist meine Frau, wie geht es ihr, warum schreibt sie mir nicht.
41:52Und sie wollte wohl keinen Kontakt, überhaupt keinen mehr.
41:55Sie hat ja auch Pseudonyme angenommen, andere Namen angenommen.
41:58Wusste sie was? Wusste sie vielleicht mehr, als sie zugegeben hat?
42:02Wird in den Briefen da was deutlich?
42:04Was sie die ganze Zeit über wusste, das ist wirklich die Frage.
42:07Das ist schwer vorstellbar über die Jahre hinweg, bei so vielen und so grausamen Taten, dass sie da nichts mitbekommen hat.
42:13Gennert lag richtig. Kürten war ein Serienmörder.
42:19Der sogenannte Vampir von Düsseldorf ging mit neun nachgewiesenen Morden und sieben Mordversuchen in die Kriminalgeschichte ein.
42:271931 wird er hingerichtet.
42:35Ernst Gennert, er war der erste Mordkommissar Deutschlands.
42:39Was er vor rund 100 Jahren entwickelt hat, ist bis heute Standard bei der Ermittlungsarbeit.
42:44Das war XY History.

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