Kategorie
📺
TVTranskript
00:00Die Glocken von Darmstadt. Einmal im Jahr, am 11. September, läuten sie alle zusammen.
00:22Sie erinnern an jene Nacht im Jahr 1944, als die einst so schöne Stadt im Bombenhagel unterging.
00:38Nach dem Krieg wurde Darmstadt wieder aufgebaut und da geht es natürlich oft um Pragmatismus und nicht um das wahre schöne Gute.
00:45Es musste einfach funktionieren und das sieht man gerade der Innenstadt natürlich noch an und trotzdem möchte ich jetzt mal eine Lanze brechen für Darmstadt.
00:52Denn auf den zweiten Blick ist meine Wahlheimat wirklich eine Stadt, in die man sich total verlieben kann.
00:59Da wäre schon mal die gute Lage. Darmstadt liegt verkehrstechnisch günstig am Rand des Rhein-Main-Gebiets zwischen Rhein und Odenwald.
01:07Wir besuchen hier ein großfürstliches Schloss, eine Kultstätte des Jugendstils, einen Bio-Bauernhof, eine Großbaustelle für winzige Teilchen und einiges mehr.
01:22Ich lebe seit ein paar Jahren in Darmstadt und kenne mich schon ein bisschen aus.
01:39Noch besser kennt Aurora de Meille die Stadt. Aurora ist eine Stadtführerin der besonderen Art.
01:46Hallo. Hallo. Das war meine Befürchtung, dass ich mich direkt underdressed fühle.
01:53Ja, leichtes Tages-Make-up. Mit Glitzer. Ja, ja, doch anders geht es nicht.
01:59Und ich bin jetzt sehr gespannt, weil du zeigst die Stadt wahrscheinlich nochmal mit ganz vielen neuen Infos, die ich gar nicht habe.
02:05Ich freue mich immer, wenn ich meine Stadt präsentieren kann, weil es halt viel zu erzählen gibt, viel Geschichte, viel Geschichten und dann gucken wir mal.
02:11Aurora alias Jochen ist hier geboren. Ein echter Heiner, wie man in Darmstadt sagt. Er führt mich gleich zu einem wichtigen Schauplatz seiner Jugend.
02:24Die Goldene Krone ist das einzige Haus der ganzen Innenstadt, das die Bombennacht von 1944 überlebt hat.
02:33Napoleon soll da übernachtet haben, Schiller soll übernachten, Vico Cioriani hat da übernachtet. Ja, das weiß man.
02:41Das ist so das Wohnzimmer für die Darmstädter Jugend seit den 70er Jahren.
02:46Aber weil du jetzt sagst Jugend, das Schöne finde ich ja eigentlich, dass man in jedem Alter hier noch reinfallen kann, ohne dass man blöd angeguckt wird.
02:52Egal wie alt sie sind, U50, U60, hier kann man tanzen gehen. Ja, genau. Also das ist tatsächlich, ist eine coole, coole.
02:58Cooler Laden, ich bin Fan.
03:00Und das Darmstadtium hier, auch ganz wichtig.
03:05Genau, und im Volksmund die Schäppschachtel genannt, die schiefe Schatulle für die Leute, die keinen hessisch können.
03:13Wenn ich es mit einer Stadtführung eilig habe, sage ich immer, ach wir laufen einmal ums Darmstadtium, weil das die ganze Stadt drin spiegelt.
03:19Ach ja, schön.
03:21Hier haben wir jetzt unser hessisches Landesmuseum.
03:23Ich liebe es, muss man ehrlich sagen. Das ist ganz, ganz toll.
03:25Super. Und es ist eines der größten Universalmuseen tatsächlich in, ich weiß nicht, ob in Europa oder weltweit oder dort, aber es ist einfach ein Riesending.
03:35Wir haben größere Museen, Louvre, Senckenberg Museum, Deutsches Museum, National Gallery, aber hier hast du so von allem etwas.
03:43Wir haben viele so Schätze, die man oft gar nicht so auf dem Schirm hat.
03:47Hier ist jetzt TU Darmstadt. Das ist die erste Universität weltweit, wo man Elektrotechnik studieren konnte.
03:54Krass, ne?
03:55Ja, das ist schon toll. Und natürlich, was Universitäten mit sich bringen, die jungen Leute, die dann halt auch die Kneipen haben, wo viel Kultur ist.
04:04Das belebt ungemein. Ja, man merkt das echt, dass es eine Universitätsstadt ist.
04:08So, hier kann man wunderbar Eis essen, guten Morgen und Kaffee trinken. Und das ist auch das Schöne an Darmstadt, du läufst hier durch.
04:14Alle sagen guten Morgen.
04:15Ne, das nicht. Also die Darmstädter sind schon auch ein bisschen, das dauert. Das ist das Martinsviertel.
04:22Da ist mir jetzt was los, ja.
04:25Was man jetzt nicht merkt, liegt aber wirklich nur in der Uhrzeit. Normal kriegt man draußen gar keinen Platz mehr, wenn das Wetter gut ist.
04:30Ja, ja. Hallo, guten Appetit.
04:33Und es ist auch ein schöner Stadtteil, ne?
04:36Ja, das ist tatsächlich dieser Bombenangriff, der hat wirklich nur die Kernstadt, also die mittelalterliche Altstadt.
04:43Und die Mollerstadt, das war so die Stadterweiterung im 19. Jahrhundert, das war komplett zerstört.
04:46Aber hier das Martinsviertel, das Watzeviertel und auch Bessungen, Johannesviertel, da haben wir noch viel alten Baubestand.
04:57Im Stadtteil Bessungen gibt es sogar noch Fachwerkhäuser.
05:00Und außerdem die Orangerie.
05:06Ab Frühling, wenn es ein bisschen wärmer ist, dann kommen hier auch Orangenbäumchen, Palmen und so und die kommen bald wieder.
05:16Dann ist es hier noch schöner, als es jetzt schon ist.
05:18Ja, es gibt viele Parks in Darmstadt. Wundervoll ist es, durch den Prinz-Georg-Garten zu schlendern.
05:25Vor allem mit Aurora de Mehl.
05:27Und dann habe ich irgendwie mal was zusammengefummelt an Kostümen und es kam gleich so gut an.
05:33Aber ist eine Figur, finde ich, ich habe dich jetzt das erste Mal so richtig erlebt, die schnell direkt sympathisch ist.
05:39Ich merke, dass mir Leute immer mit sehr großer Wonne entgegenkommen.
05:43Und hier in Darmstadt, ich kann hier durchlaufen, ohne dass ich doof angemacht werde.
05:49Es ist eine sehr offene und eine sehr tolerante Stadt und das ist super.
05:54Also deswegen wohnt es sich hier echt gut. Und in Darmstadt hast alles.
05:57Du hast tolle Theater, es gibt ganz viele Sportvereine. Also du kannst viel machen.
06:01Das stimmt.
06:03Zum Beispiel das Residenzschloss mit seinem schönen Glockenspiel besuchen.
06:07Früher war es der Sitz der Darmstädter Großfürsten. Heute beherbergt es einen Teil der Technischen Universität.
06:23Und das Schlossmuseum. Was Darmstadt an feudaler Pracht zu bieten hatte, kann man hier noch erleben.
06:29Ich war tatsächlich noch nie hier, Frau Christ. Schäme mich gerade ein bisschen. Aber es ist ein tolles Museum.
06:47Ja, es ist ein bisschen versteckt. Deshalb zeigen wir es jetzt mal. Und hier in dem Museum lerne ich auch, mit welchen Adelshäusern Darmstadt zu tun hatte.
06:58Genau. Die dynastischen Beziehungen.
07:00Wo ist überall Wichtiges. Wer mit wem. Klatsch und Ratsch. Ist natürlich auch was Interessantes.
07:04Wie sind die dynastischen Beziehungen von Darmstadt? Die sind ja auch zahlreich und sehr verteilt in ganz Europa.
07:10Es ist kompliziert und es ist schwierig, weil wir so viele Ludwigs haben.
07:14Ach so. Die hießen ja hier alle Ludwig. Der Name war in.
07:17Erst hatten wir die Landgrafen und dann wurde die Landgarschaft zum Großherzogtum und dann wird wieder von vorne durchnummeriert.
07:25Im Schlossmuseum erfährt man auch, wie die Haute Volée von Darmstadt so gewohnt hat.
07:30Was sehen wir hier für die Wohnkultur? Was ist das zum Beispiel für ein Tor?
07:36Das ist ein Giraffenklavier. Also im Biedermeier werden Räume kleiner.
07:42Und wenn ich also musizieren wollte, da jetzt mit einem riesen Piano hinzustellen, das ging halt nicht.
07:47Und dann hat man den Flügel sozusagen hochgeklappt. Das ist eine Spezialform.
07:56Da sieht man schon, das ist so typisch royales Blau, ne?
07:58Ja. Der Höhepunkt hier in diesem Raum ist dieser Tafelaufsatz.
08:03Der ist der Wahnsinn. So ein bisschen was Ägyptisches, oder?
08:05Ja, der gehört in die Zeit der Ägyptomanie.
08:08Und dieser Tafelaufsatz ist für die Hochzeit hier von Marianne von Hessen-Homburg gefertigt worden.
08:14Die hat den Prinz von Preußen geheiratet.
08:16Wann war das?
08:17Das ist jetzt unser Russlandzimmer.
08:22Russland, das ist natürlich eine ganz wichtige Verbindung, die das Haus Hessen-Darmstadt hatte.
08:27Die Landgräfin Karoline hat ihre Tochter Wilhelmine im 18. Jahrhundert dorthin verheiratet.
08:32Und die nächste, die dann dorthin geheiratet hat, das ist die Marie.
08:36Und die wurde dann auch Zarin von Russland.
08:38Und dann die Alex, die letzte Zarin von Russland.
08:41Da haben wir natürlich die russische Kapelle auf der Mathildenhöhre zum Beispiel.
08:45Und gleich wird's noch ein bisschen komplizierter.
08:48Wir kommen ins englische Zimmer.
08:50Also Queen Victoria war die Mutter von der Alice.
08:54Die Alice war die zweitälteste Tochter.
08:56Und die hat den Großherzog Ludwig IV. von Hessen und Bahrain hier in Darmstadt geheiratet.
09:00Aber dann gibt's ja noch die Battenbergs, also Mountbatten, was wir von Prinz Philipp kennen.
09:04Und das ist wiederum auch hessisch.
09:07Und hier die Geschichte von Alice nochmal zum Mitschreiben.
09:11Sie erinnern sich an die Marie, die wir eben bei den Russen gesehen haben.
09:14Das ist die da.
09:16Die Marie heiratet nach Russland.
09:18Weil sie so jung war, sie war nur 15 Jahre alt, hat man ihren Bruder Alexander mitgeschickt, der ein bisschen auf sie aufpassen sollte.
09:25Dummerweise verliebte sich Alexander in eine Hofdame.
09:29Aus dieser Beziehung von dem Alexander und der Julie sind natürlich Kinder hervorgegangen.
09:35Hier der Louis von Battenberg.
09:38Und der heiratete eine Schwester vom letzten Großherzog.
09:42Und die Tochter aus dieser Beziehung wiederum ist hier die Alice.
09:48Und das ist die Mutter von Prinz Philipp.
09:50So ist das.
09:52Fakt ist, hier ist alles wichtig.
09:54Und jeder mit jedem.
09:56Ja, ja, ja.
09:57Aber nur hier.
09:59Hier jeder mit jedem, nicht da jeder mit jedem.
10:02Und von hier aus hat man ja auch Aussicht auf einen Darmstädter Prachtplatz, wie ich finde.
10:09Hier wird es ja sehr imposant.
10:10Ja, und da die Bäume im Moment noch nicht blühen, sieht man es auch wirklich gut.
10:15Ja.
10:16Da drüben unser ehemaliges Hoftheater, heute Haus der Geschichte mit den ganzen Archiven der Stadt Darmstadt.
10:21Das Haus der Geschichte beherbergt unter anderem das Stadtarchiv. Dort werden die alten Akten der Stadt aufbewahrt.
10:33Peter Engels ist der Herr über diese Schatzkammer des Wissens.
10:36Also hier liegt quasi Darmstadt in den Regalen, wenn man so richtig auch in die Einzelleben eintauchen möchte.
10:47Ja, man kann das hier machen mit Meldeunterlagen. Wir haben Einbürgerungsunterlagen, wir haben Auswanderungsunterlagen.
10:52Das sind überall, in jeder kleinen Akte ist ein Schicksal drin.
10:57Die ältesten Meldebogen, die wir haben, sind aus dem frühen 19. Jahrhundert und da sind Leute verzeichnet, die 1770, 1760 und so weiter geboren sind um den Dreh herum.
11:06Und hier ist jetzt gerade ein berühmter Zeitgenosse aufgeschlagen, der Meldebogen von Josef Maria Olbrich, der ja einer der Gründe ist, warum wir Welterbe geworden sind, die Mathildenhöhe.
11:16Liegt das deshalb hier, weil das Leute immer noch gerne sehen wollen?
11:19Ja, die Meldebogen ist einer unserer meistbenutzten Bestände, weil ganz viele Menschen Familienforschung treiben, ihre Großeltern, Urgroßeltern suchen.
11:29Wir haben aber auch sehr viele juristische Anfragen. Gerichte, Nachlassermittler, auch teilweise schon mal Kriminalpolizei fragen uns an, weil halt irgendjemand gesucht wird.
11:38Sind Sie Darmstädter?
11:39Nein, ich bin Rheinländer, ich komme aus der Nähe von Düsseldorf.
11:41Ein bisschen hört man es nämlich.
11:43Was ist Darmstadt für eine Stadt für Sie, mit Ihrem Archivarblick?
11:46Also es gibt zwei Blickwinkel. Einmal die historische Stadt, die ist natürlich ziemlich interessant. Als Archivar ist man ja normalerweise Historiker.
11:54Dann gibt es aber den Blick als Bürger. Und da finde ich, ist die Stadt unheimlich lebenslustig.
11:58Es unterscheidet sich im Prinzip nicht viel von Köln und Düsseldorf, wenn man den Karneval ersetzt durchs Heinerfest.
12:05Also die ganze Kostümierung braucht man eigentlich nicht. Und ich wohne hier total gerne. Ich werde auch nicht mehr wegziehen.
12:11Darmstadt ist wie Köln ohne Verkleidung. Das muss man auf jeden Fall festhalten.
12:16Heinerfest ist wie Karneval ohne Verkleidung.
12:18Und hier haben wir jetzt das ganze Bildmaterial.
12:21Ja, genau. Das ist hier die Fotosammlung unseres Stadtarchivs. Wir haben etwa 50.000 Fotoabzüge. Also Abzüge auf Papier, aber ungefähr 200.000 Aufnahmen.
12:34Natürlich ganz viele Aufnahmen aus dem Krieg. Hier das zum Beispiel eine Aufnahme vom halbwegs wieder aufgebauten Luisenplatz Mitte der 1950er Jahre.
12:42Was haben wir hier 1930?
12:45Das ist die alte Rheinstraße.
12:46Die Hauptstraße, wo man reingeht. Das sieht fast aus wie ein Gemälde.
12:50Ein Farbfoto mal, eine kolorierte Postkarte, auch von der Rheinstraße. Wir gucken von Osten nach Westen. Hier steht heute der Kaufhof.
12:57Wie eine Stadt sich verändert.
12:59Das zeigt jetzt die Innenstadt 1945. Da sieht man, dass nichts mehr so geblieben ist, wie es mal war.
13:05Hier, das ist noch vor Ende des Zweiten Weltkrieges an sich. Hier fällt ein amerikanischer Konvoi Richtung Osten. Und die fahren noch Richtung Front.
13:11Krass. Sieht unwirklich aus.
13:19Erstaunlich, dass aus diesem trostlosen Trümmerhaufen wieder eine lebendige Stadt wurde.
13:24Und das hier ist die berühmte St. Ludwigskirche.
13:32Das ist die St. Ludwigskirche. Das ist jetzt ein Vorkriegsbild. Man sieht hier noch die alte Bebauung.
13:36Der Wilhelminenplatz, so heißt der Platz vor der Kirche, stand im Zentrum des Bombenangriffs im September 1944. Da hat quasi nichts überlebt.
13:43Aber heute strahlt die katholische Innenstadtkirche wieder wie einst.
13:51Eine Kirche nach antikem Vorbild mit einer runden Kuppel wie das römische Pantheon. Und ohne Glockenturm.
13:58Käseglocke wird sie von spöttischen Zungen in Darmstadt genannt.
14:02Dennoch ein Bauwerk, das man unbedingt besuchen sollte, wenn man nach Darmstadt kommt.
14:07Vor 20 Jahren verwandelte die Kirchenmalerin Damaris Wurmdobler den vorher traurig grauen Innenraum in eine Symphonie der Farbe.
14:37Spektakulär ist auch die Orgel. Es ist eine der größten im ganzen Bistum Mainz.
14:56Jeden Mittwochmittag lädt Regionalkantor Jorin Sandau die Besucher zu einer kleinen musikalischen Auszeit unter der großen Kuppel ein.
15:07Es ist ja schon von außen so, dass man die Augen auf die Kirche richten muss, wenn man in der City unterwegs ist. Das ist eine ganz besondere Achse.
15:24Das stimmt, auf alle Fälle. Das ist ein sakraler Prachtbau, der in die säkulare Gesellschaft hineinwirkt.
15:31Das lockt dann auch an?
15:32Ja, das hat eine Anziehungskraft auf alle Fälle.
15:36Wahrscheinlich lockt die Kirche noch mehr an, wenn Musik gespielt wird, oder?
15:38Das ist ja hier aber schon das Konzept, dass es auch Mittagsmusik gibt, dass man Leute dazu einladen will, die einfach Zeit zu verbringen, auch außerhalb der Gottesdienste.
15:48Ja, genau. Wir sind ja nicht nur Kirche, die sich auf so eine christliche Gemeinde konzentriert. Das natürlich schon. Es gibt Gottesdienste.
15:53Aber es ist auch ein Raum in der Stadt und ein ganz besonderer Raum in der Stadt.
16:00Und was kriegt ihr mit wer kommt gerne hierher?
16:02Menschen, die auf dem Weg sind, die hier bewusst eine Auszeit nehmen oder mit ihren Gedanken, mit ihren Sehnsüchten herkommen, innehalten möchten.
16:13Das ist auch unser Anspruch, dass jeder sich hier willkommen fühlen soll.
16:16Hier steht ja am Eingang, man muss nicht beten. Kann natürlich beten, das ist auch alles dafür da.
16:21Und wer einfach nur hier sitzen möchte und hier eine gute Erfahrung macht, das ist, glaube ich, das Wertvollste, was wir gerade hier in der Stadt auch anbieten können.
16:28Es kommen natürlich Musikbegeisterte hierher, dieses Gebäude, das, auch wenn es keine Glocken hat, es klingt durch die Musik und durch die Menschen auch, die hier drin sind.
16:39Also ich glaube, dass diese Weite der Kuppel auch sowas ist, dass man das Gefühl hat, man hat hier auch Platz für seine Gedanken.
16:46Immer wenn ich mit jemandem hier neu reinkomme, gucken die hoch und denken so, boah, was ist das denn?
16:50Das ist auch wirklich, wenn man sich mal wieder bewusst macht, das ist unglaublich.
16:58Wer Darmstadt erkunden will, sollte unbedingt noch ein zweites Gotteshaus besichtigen, diesmal mit Glocken.
17:14Und die werden sogar von Hand geläutet.
17:16Musik
17:18Musik
17:19Ende des 19. Jahrhunderts ließ der letzte Zar diese Kapelle auf eigens aus Russland herbeigeschaffter Erde
17:48hier auf der Mathildenhöhe errichten.
17:53Heute ist sie ein beliebtes Touristenziel, aber auch das Zentrum der russisch-orthodoxen Gemeinde von Darmstadt.
18:02Ihre Mitglieder stammen aus zehn Nationen.
18:06Durch die Flüchtlinge aus der Ukraine ist sie auf etwa 200 Menschen angewachsen.
18:10Musik
18:11Sonntags ist Gottesdienst, aber auch unter der Woche ist die Kapelle für das Gebiet geöffnet.
18:23Und für die vielen neugierigen Besucher, wie mich.
18:26Während der Öffnungszeiten ist immer jemand von der Gemeinde vor Ort.
18:31Musik
18:32Die ist ja sehr prächtig, oder?
18:38Kommen wahrscheinlich oft Leute und gucken her.
18:41Jeden Tag.
18:42Jeden Tag.
18:43Und Sie erklären die Kapelle, oder was?
18:45Machen Sie das gerne?
18:46Ja.
18:47Ja, warum?
18:48Ich entspanne mich hier.
18:49Ich habe einsträgende Arbeit und hier fühle ich mich erleichtert.
18:55Das macht Spaß, dass die Leute etwas beibringen und so weiter.
19:01Der ehemalige Oberbürgermeister Peter Benz hat gesagt, Mathildene Höhe, das ist die Krone von Darmstadt.
19:10Und die russische Kapelle ist eine Perle davon.
19:13Wie die Kirsche auf der Sahne, sagt man so schön.
19:16Ja, stimmt.
19:16Genau.
19:16Nikolaus II. hatte, wie wir wissen, eine Darmstädter Prinzessin geheiratet.
19:28Wenn das Paar zu Besuch kam, diente die Kapelle als Ort des Gebets.
19:34Oben singt der Hoh, da oben.
19:36Früher war das die Zarenloge, immer wenn die zu Besuch kamen, hierher.
19:41Und die hier da den Gottesdienst haben.
19:42Genau, die saßen dort oben, genau.
19:44Und es gibt ja hier den Ostbahnhof, weil die ganzen Materialien, die wurden ja damals aus Russland hergebracht.
19:50Extra dafür wurde der Ostbahnhof errichtet.
19:52Ah, gibt es den.
19:53Deshalb gibt es den immer noch heute.
19:54Und deshalb heißt der auch immer noch Ostbahnhof.
19:56Also der heißt gar nicht Ostbahnhof, weil er im Osten der Stadt ist, sondern weil die Züge aus dem Osten kamen.
20:01Oder beides.
20:01Genau, genau.
20:02Beides vielleicht.
20:06Neben der Kapelle steht das bekannteste Wahrzeichen der Stadt.
20:09Ein Meisterwerk des Jugendstils.
20:11Der Hochzeitsturm.
20:17In dem man wirklich heiraten kann.
20:23Viel Platz ist aber nicht in dem kleinen Standesamt.
20:26Philipp Gutbrot leitet das Institut Mathildenhöhe.
20:34Keiner ist berufener, diesen im wahrsten Sinne des Wortes kunstvollen Ort zu präsentieren.
20:39Ich kann mir aber auch vorstellen, seitdem es Welterbe ist, dass sie jetzt noch mehr in den Medien erklären, zeigen.
20:47Absolut.
20:48Das freut uns natürlich.
20:49Wir wollen ja eben diese Kulturstätte vermitteln.
20:52Das ist sogar eine Auflage oder ein Wunsch der UNESCO, dass das Welterbe vermittelt wird.
20:572021 wurde die Mathildenhöhe in die Welterbestätten der UNESCO aufgenommen.
21:06Und wenn wir jetzt hier stehen, hier gucken wir ja in die City, das ist auch nochmal ein schöner Blick.
21:10Also es ist schon sehr majestätisch hier.
21:13Hier geht die Sonne unter, das sind einfach wunderschöne Sonnenuntergänge.
21:15Wer es schummrig mag, kann aber auch in den Keller gehen.
21:22Das riesige Gewölbe unter dem Gebäude diente früher der städtischen Wasserversorgung.
21:28Heute ist auch dies ein Ort der Kunst.
21:30Es fanden schon mehrere Ausstellungen hier statt.
21:34Mit Wasser, ohne Wasser, mit Licht, mit Ton, mit Videokunst.
21:39Gute Akustik, ja.
21:41Ganz tolle Akustik.
21:42Die Hälfte des Gewölbes steht noch immer unter Wasser.
21:45Das jetzt aber für die Energieversorgung des Areals genutzt wird.
21:55Anfang des 20. Jahrhunderts war die Mathildenhöhe eine vom Großherzog geförderte Künstlerkolonie.
22:02Mit prächtigen Jugendstilvillen.
22:05Diese Künstlerhäuser waren nicht nur Wohnstätten, sondern auch Ausstellungsräume.
22:10Besucher konnten die Wohnideen der Künstler besichtigen und sogar kaufen.
22:14Eines der Häuser gehörte dem Darmstädter Möbelfabrikanten Julius Glückert.
22:20Architekt war der Bekannte Josef Maria Olbrich.
22:23Die sieht ja toll aus. Sieht aus wie Lämpchen in Faunfädern. Oder woran soll das ja immer?
22:35Ja, es gibt verschiedene Theorien. Diese Blühbirnen hatten nie eine Lampe davor gesetzt.
22:41Also jede Person, die hier eingetreten ist, hat gleich gesehen, dieses Haus ist elektrifiziert.
22:44Und das im Jahr 1901 ist schon sehr erstaunlich.
22:48Darmstadt war eines der frühesten Städte mit New York und Paris, die ein flächendeckendes Elektrizitätsnetz hatten.
22:54Und das war sofort dann sichtbar in solchen Elementen.
22:57Und dieses Foyer ist ganz typisch für die Architektur von Olbrich.
23:00Er hatte eigentlich in den anderen Häusern auch immer so einen Eingangsbereich gehabt.
23:04Hier wurden dann die Personen begrüßt und dann ging es in ein Esszimmer zum Beispiel oder in verschiedene andere Räume.
23:10Für uns geht es jetzt aber woanders hin.
23:13Jetzt geht es ins Museum Künstlerkolonie.
23:16Dort haben wir eine Dauerausstellung zur Geschichte der Künstlerkolonie Darmstadt, die alles hier ja geschaffen hat.
23:24Hier sehen wir so eine schöne Auswahl von Stühlen von verschiedenen Mitgliedern der Künstlerkolonie,
23:29um zu zeigen, es ging nicht darum, einen Stil zu kreieren hier, sondern frisch die Kunst neu anzugehen.
23:35Im internationalen Gebrauch heißt das Art Nouveau, also die neue Kunst.
23:40In Deutschland heißt es Jugendstil nach der Zeitschrift, die Jugend.
23:43Aber eigentlich geht es um Art Nouveau, um neue Kunst.
23:45Und was die Mathilde auszeichnet, ist, dass das immer mehr in die Richtung der Moderne geht.
23:49Und wir sind tatsächlich als Welterbestätte ein Ort der Frühmoderne.
23:53Diesen Übergang, den kann man hier auch sehen.
23:55Ganz genau.
23:55Also das sind schon ganz brillante Gedanken.
23:58Der Großherzog wollte mit der Martinöhe, dass seine Stadt Darmstadt bekannter wird.
24:03Und das hat er absolut erreicht.
24:05Also echt ein Visionär.
24:06Ja.
24:08Die Ausstellung zeigt das hier gestaltete Wohndesign, das damals so modern war.
24:13Schön ist es heute immer noch.
24:16Im Prinzip die Aussage, das ganze Leben ist Kunst.
24:20Oh ja, ganz genau.
24:21Für die letzte Ausstellung der Künstlerkolonie wurde 1914 das Löwentor errichtet.
24:42Vor rund 100 Jahren zog es um und bildet seitdem den Eingang zur Rosenhöhe, einem der vielen Parks von Darmstadt.
24:50Wilhelmine, die Gemahlin des Großherzogs, ließ ihn 1810 als Landschaftsgarten anlegen.
25:06Im Laufe der Zeit hat er sich immer wieder gewandelt und erfreut sich größter Beliebtheit bei den Darmstädtern.
25:12Ganz aktuell dient er aber nicht nur der Naherholung, sondern auch einer Kunstausstellung.
25:17Werke des Bildhauers Tony Gregg sind über den ganzen Park verteilt.
25:23Es ist das jüngste Projekt einer privaten Kulturstiftung.
25:27Die hat ihren Sitz am Ende des Parks, im aufwendig renovierten spanischen Turm.
25:32Brigitte und Ulrich Scheinert bemühen sich von hier aus um die Förderung der Kunst in Darmstadt.
25:51Ein Herzensprojekt, das sie anscheinend glücklich macht.
25:56Zufrieden? Hallo.
26:02Ich bin zufrieden, ich bin sehr zufrieden, sehr zufrieden.
26:06Und was gibt Ihnen das, hier aktiv zu sein mit einer Stiftung und hier mitzugestalten, diesen schönen Ort in Darmstadt?
26:12Also zunächst mal haben wir keine Kinder und wir haben gut Geld verdient in unserem Leben.
26:19Ich arbeite immer noch voll, auch wenn ich jetzt schon 75 Jahre alt bin.
26:23Und so gebe ich ein bisschen was an die Gesellschaft ab und das ist allerdings auch unsere Leidenschaft.
26:28Was hat es mit dem Turm auf sich? Der gehört ja auch dazu.
26:32Der gehört dazu, ja.
26:34Der Turm, nennt sich spanischer Turm, ist 1850 errichtet worden.
26:40Erworben haben wir es 2018 vom Landgrafen.
26:45Warum war jetzt ausgerechnet dieser Turm, sag mal, Objekt der Begier,
26:49dich hier zu renovieren und hier nochmal alles ein bisschen erstrahlen zu lassen?
26:52Weil es ein wunderschöner Ort ist.
26:53Also es gibt ja kaum schönere Orte in Darmstadt als diesen Ort, der ist einfach extrem schön.
27:00Wir wohnen da unten und sehen immer auf den spanischen Turm.
27:03Ah ja, okay.
27:04Als wir hier eingezogen sind in unser Wohnhaus, also 96, da wohnte hier noch eine Familie drin,
27:11er war Bauleiter, hat dann das Elternhaus in Altheim geerbt, ist dann umgezogen nach Altheim
27:17und dann stand es hier leer und verfiel.
27:19Und wenn Sie jetzt hier sitzen und es nochmal so ist, wie Sie es sich vorgestellt haben,
27:24was ich hoffe, dass es so ist, muss das ja ein super Gefühl sein.
27:27Ist es auch.
27:28Ja, dann noch ein Tony Craig davor, also so soll es sein.
27:31Mir geht nicht.
27:32Ja, wenn Sie jetzt von zu Hause aus gucken, ist alles gut.
27:35Alles gut.
27:38Bestens.
27:42Hinter dem spanischen Turm beginnt das Oberfeld und hier wird Darmstadt ziemlich ländlich.
27:48Ein Bauernhof bewirtschaftet die Flächen und verpachtet einen Teil davon als Saisongärten
27:58an interessierte Hobbygärtner.
28:01Also das Konzept ist, man kriegt die Fläche so, die Grundbewirtschaftung von euch erntet
28:05aber selbst.
28:06Ja, wir machen die schwere Arbeit, also das Pflügen oder das Umgraben, was man im Hausgarten
28:12machen würde.
28:13Und dann kommen die Gärtner, pachten die Parzelle.
28:17Es gibt eine Info-Mail immer wieder und man lernt auch von den Nachbarn.
28:21Das ist auch total so ein soziales Projekt.
28:24Und für uns ist es toll, weil die Kunden sozusagen bis auf den Acker kommen.
28:29Gleich daneben gackern die Hühner.
28:34Wie romantisch.
28:36Das haben wir jetzt neulich erst gelernt und jemand erklärt, dass sie das gerne mögen,
28:49wenn man die so unter dem Schnabel so zwischen diesen Lappen streichelt.
28:52Das Hofgut Oberfeld gehörte einst den Darmstädter Großfürsten.
29:05Heute ist es ein biologisch dynamischer Betrieb mit einem großen und sehr gut besuchten Kuhstall.
29:12Im Sommer sind ja die Kühe auch tagsüber auf der Weide, um vier kommen die dann aber in den
29:16Stall und dann können sie gucken, wie die gefüttert werden und wie sie vom Melken zurückkommen.
29:20Und das wissen die Leute einfach so.
29:21Das ist der Hof der Darmstädter, sage ich mal.
29:24Die Kinder, die hier kommen, das sind ihre Kühe.
29:26Es gibt welche, die sind täglich da.
29:28Das ist nicht übertrieben.
29:29Die wohnen hier in der Nähe, die kommen jeden Tag.
29:32Und das macht glücklich, finde ich, wenn man da zuguckt.
29:34Ich finde es immer schön.
29:35Man weiß, Menschen, die in der Umgebung von Kuhställen aufwachsen, haben weniger Allergien.
29:41Man hat jetzt auch versucht rauszufinden, woran das liegt und hat dann Staub von Kuhställen analysiert
29:46und versucht daraus auch Pillen zu machen.
29:49Ah, okay.
29:49Was ich mal gehört habe, ist, wenn man den Kühen ihre Hörner lässt, dass die Milch
29:53verträglicher ist, auch für laktoseintolerante Menschen.
29:56Ja, dann muss man aber immer sehr gut aufpassen, wie wurde die Milch dann verarbeitet und wie
30:01wurden die Kühe gefüttert.
30:02Bei uns kriegen die nur Heu und nur Gras im Sommer.
30:06Diese Milch ist zum Beispiel auch leichter verträglich.
30:08Ist das dann das, was im Laden als Heumilch steht?
30:11Ja.
30:12Im Hofladen auf dem Oberfeld werden die heimischen Produkte vermarktet.
30:18Und das mit großem Erfolg.
30:19Sogar einen eigenen Darmstädter Käse gibt es.
30:26Der Laden brummt.
30:29Wir hatten zum Beispiel nie Probleme, die Tiere komplett zu vermarkten beim Fleisch.
30:34Oft werden nur Filets und sowas gekauft.
30:37Die Darmstädter, die kaufen alles.
30:40Die sind einfach, die können es auch noch.
30:42Die kochen auch gerne, die, also es ist super.
30:44Wieder ein Herz für Darmstadt, das ist doch cool.
30:47Was kriegt ihr für Rückmeldung in so einer Stadtbevölkerung?
30:50Also erstmal gab es auch Widerstand, dass hier wieder Kühe hinkommen und die Fliegen und
30:55Zäune und was sie sich alle vorgestellt haben.
30:57Und dann kamen die Kühe und waren auf der Weide und dann fanden es alle gut.
31:02Und man sieht es insbesondere an den Familien, dass die das suchen, dass sie mit den Kindern kommen.
31:07Das war auch von Anfang an die Idee, diesen Hof wieder zu öffnen für Darmstadt und einfach
31:11als ein Ort, wo man sein kann, wo man Tiere sehen kann, wo man sich wohlfühlen kann.
31:20Darmstadt hat viele Gesichter.
31:22Ganz im Norden liegt Wixhausen, ein dörflicher Stadtteil.
31:27Der Romanische Kirchturm ist das älteste Baudenkmal im ganzen Stadtgebiet.
31:33Die Kirchenfenster sind eher modern.
31:35Sie verweisen auf die wissenschaftlichen Aspekte der Schöpfung.
31:44Denn in der Nähe liegt eine riesige Baustelle, nur für die Wissenschaft.
31:49Seit 2017 baut das GSI Helmholtz-Zentrum für Schwerionenforschung FAIR einen großen Teilchenbeschleuniger.
31:57Das Projekt ist weltweit einzigartig.
32:04Das Gebäude gigantisch.
32:07Allein würde man sich hier bestimmt verlaufen.
32:10Dabei geht es am Ende doch nur darum, Ionen zu beschleunigen.
32:14Winzig kleine Teilchen.
32:16Warum ist die Halle so hoch?
32:18Das ist ja schon beeindruckend, die Dimension.
32:21Hier kommen eben aus allen Richtungen die Strahlen zusammen.
32:24Die kommen aus der bestehenden GSI-Anlage hier rein.
32:27Dann gehen sie runter in den Beschleuniger.
32:30Dann müssen sie auch aus dem Beschleuniger wieder hoch zu den Experimenten.
32:33Und dann haben wir hier noch ein Experiment, was auf einer Zwischenebene bedient wird.
32:36Deswegen haben wir ganz viele Wege für den Strahl, die rauf und runter führen.
32:40Und dementsprechend haben wir sehr viel Gebäude, was wir dafür benötigen.
32:44Das sind die Magnete. Um die geht es jetzt im Prinzip?
32:54Genau. Um diese Magnete geht es jetzt hier.
32:56Die lenken unseren Teilchenstrahl auf dem Weg durch den Beschleuniger.
33:01Sorgen dafür, dass die Ionen im Kreis flitzen können.
33:04Und dann zu den Experimenten geleitet werden, wo sie dann auf Materialproben aufprallen.
33:10Und dabei entstehen ganz viele neue Teilchen, die wir dann mit unseren Messgeräten aufzeichnen können.
33:16Das ist das Strahlrohr. Da sind innen drin die Teilchen, die dann entlang flitzen.
33:21Und hier haben wir diese Leitungen, diese speziellen, die eben tiefgekühlt sind auf minus 269 Grad.
33:27Was wäre so eine typische Forschungsfrage, die man beantworten kann mit so einem Teilchenbeschleuniger?
33:32Also wir wollen verstehen, was passiert im Innern von Sternen, in Supernovae, weit draußen im Weltall.
33:39Wir können da ja nicht selber hin. Wir haben also nur die Chance, entweder das mit Teleskopen anzuschauen
33:43oder uns diese Materie, wie sie im Innern dieser stellaren Objekte sich befindet, zu uns auf die Erde zu holen.
33:50Eben in solchen Reaktionen am Beschleuniger.
33:53Und gibt es auch irdische Fragen, die man damit beantworten kann?
33:56Ja, es gibt ganz viele Anwendungen, zum Beispiel in der Medizinforschung.
34:00Wir können Tumortherapie machen mit solchen Ionenstrahlen, können die ganz gezielt in den Menschen, in den Tumor hineinschießen
34:08und dann zerstören die im Inneren die Tumorzellen, vernichten den Tumor und der Mensch ist hinterher geheilt.
34:14Das ist ja schon Wahnsinn. Ist es so, dass dich das auch noch sehr beeindruckt?
34:17Weil ich bin jetzt sehr beeindruckt, die noch nie so was von nahem gesehen.
34:20Jeden Tag. Also jedes Mal, wenn ich wieder in die Anlage gehe, wenn ich hier vor den Komponenten stehe,
34:24bin ich total beeindruckt davon. Das ist eine unglaubliche Ingenieursleistung,
34:29eine unglaubliche Gedankenleistung, sich das alles zu überlegen, dass alles zusammenpasst,
34:33dass es funktioniert, dass hinterher die Daten aufgenommen werden, teilweise ein Terabyte pro Sekunde.
34:38Also das ist total beeindruckend für mich.
34:42Geforscht wird hier schon seit den 70er Jahren.
34:45Sechs neue Elemente wurden im GSI entdeckt, unter anderem das sogenannte Darmstadtium.
34:51Forscher aus der ganzen Welt kommen nach Darmstadt, um das Universum besser zu verstehen.
35:00Dazu brauchen sie eine unglaubliche Menge an Technik.
35:05Was wird jetzt hier genau kontrolliert oder betrachtet?
35:09Hier stehen wir in unserem Hauptkontrollraum.
35:11Hier wird eingestellt, welches Experiment wird beliefert mit Ionenstrahlen,
35:15welcher Ionenstrahl geht wohin in der Anlage, wie schnell wird er gemacht.
35:20Kann hier mal was schief gehen in dem Sinne, dass dann auch wirklich Gefahr im Verzug ist?
35:24Oder ist es letztendlich, wenn was schief geht, ist es blöd, weil ich kriege kein Ergebnis raus?
35:28Also das Schlimmste ist genau, wenn die Datenaufnahme am Experiment nicht funktioniert.
35:31Sonst, wenn man den Beschleuniger ausschaltet, wenn man dem den Strom abdreht, dann ist der sofort raus.
35:35Ist alles vorbei, ne? Weil es sieht halt so hochtechnisch aus.
35:37Ja, ist es ja auch.
35:48Als Wissenschaftsstadt pulsiert Darmstadt im Spannungsfeld von gestern und morgen.
35:53Ein außergewöhnliches Relikt der Vergangenheit ist der Weiße Turm am Anfang der Fußgängerzone.
36:12Heute dient er als Fotogalerie.
36:17Ein Verein kümmert sich um seinen Erhalt.
36:19Hallo. Es ist Leben im Weißenturm. Hi.
36:24Hi. Hallo.
36:26Ihr engagiert euch, dass hier was los ist, weil euch der Turm wichtig ist.
36:30Sehr.
36:31Ja, sehr. Also ich weiß, dass der Weiße Turm in Darmstadt ein ganz zentraler Punkt ist.
36:36A, wo er steht, B, ein Treffpunkt auch für viele Leute.
36:39Speziell am Heinerfest, wo sich die Leute hier versammeln, trifft man sich am Weißenturm.
36:44Sonst würde man die Orientierung verlieren.
36:45Genau. Also eigentlich perfekt für Ausstellungen.
36:48Ja, genau. Da kommen immer Leute.
36:50Wenn es da gerade die Zeit zum Heinerfest kommt, besonders viele, weil auch bei vielen Leuten einfach nur vorbeilaufen sind.
36:56Ah, da ist die Tür auf. Hier war ich ja noch nie. Gehe ich ja mal rein.
36:59Und das ist dann kostenlos. Natürlich ist eine Spende willkommen, aber das ist kostenlos.
37:03Und dass ja dann so eine Ausstellung belebt ist auch und der Stadt zur Verfügung steht immer noch, ist eigentlich ein Ideal.
37:09Die aktuelle Ausstellung zeigt Fotos aus Nepal auf drei Etagen.
37:17Ihr wisst mit Sicherheit, wie viele Stufen der Turm hat.
37:20Ja, das sind 125.
37:22Wo man mit Sicherheit, wenn man eine Ausstellung hier organisiert, öfter mal Schwäche macht, oder?
37:27Ziemlich, ja.
37:28Im obersten Stockwerk hängen historische Bilder vom Turm selbst.
37:37Das sind Aufnahmen, da steht es ja. Ende 19. Jahrhundert.
37:42Hier hat sich bis auf das Drumherum, hat der Turm sich wenig verändert, oder?
37:46Der steht immer noch mitten auf der Straße, ja.
37:48Warum liegt der euch persönlich so am Herzen?
37:52Wenn man ehrenamtlich tätig ist, sucht man sich ja aus Gründen den Ort aus, wo man dann aktiv sein möchte.
37:58Ich finde, das ist das Publikum.
38:01Wenn man da unten sitzt, dann kommen die Leute rein und man hat ganz tolle Unterhaltungen.
38:08Ja, mit Jungen und vielen Familien mit kleinen Kindern.
38:13Und das ist wirklich sehr schön.
38:15Ja, das ist ja wirklich ein Symbol der Stabilität.
38:19Den gibt es ja schon fast 700 Jahre, diesen Turm.
38:21Und er hat alles, sogar den Zweiten Weltkrieg, überlebt.
38:25Zwar beschädigt, aber überlebt.
38:27Und das ist einfach der Garant des Stabilen.
38:29Die Stadt Darmstadt ist sehr dynamisch.
38:31Sie wächst, sie bewegt sich, sie verändert sich permanent.
38:34Aber jede Veränderung braucht auch immer gewisse Stabilitätsanker.
38:39Und dieser Turm ist einfach Anker an Stabilität.
38:42Aber bei mir ist mir ja die Fotografie.
38:43Ich komme von der Fotografie und ich finde es toll, dass wir hier Leuten, die nicht etabliert sind, Ausstellungsmöglichkeiten bieten können.
38:52Das ist witzig.
38:53Das sind jetzt drei Vereinsvertreter und ihr habt ganz unterschiedliche Zugänge zum Thema.
38:57Ich habe ein Notre-Dame wieder aufgebaut.
39:00Dann haben wir das gleiche gemacht mit dem Weißdurm.
39:03Ein bisschen früher.
39:04Andere Dimension.
39:04Notre-Dame in Paris hat sicher auch größere Glocken.
39:14Aber immerhin, auch der Weiße Turm hat welche.
39:19Zur letzten Station dieser städtischen Expedition begleitet mich noch einmal Aurora de Mehl.
39:25Wir sind wieder im Stadtteil Bessungen.
39:29Das ist die Comedy Hall, heißt es heute.
39:33Das ist die ehemalige Bessunger Turnhalle.
39:35Deshalb das Hall.
39:36Genau, deswegen das Hall.
39:38Im Krieg ist es auch zerstört worden.
39:39Und da haben es hier die Bessunger wieder aus den Trümmern ausgebaut.
39:42Deswegen ist es auch so ein sehr emotionaler Ort für die Leute aus dem Viertel hier.
39:47Der Roland Hotz vom Kikiriki-Theater, der hat es übernommen und macht hier ja auch mit Mundart und solchen Sachen.
39:54Sehr erfolgreich, ne?
39:55Erfreut sich großer Beliebtheit.
39:56Ich danke dir sehr für die Tour.
39:58Ich habe echt nochmal viel gelernt über Darmstadt.
40:00Ja, cool.
40:00Also mir hat es wieder Spaß gemacht, auch meine Stadt zu zeigen.
40:03Und dann einfach viel Spaß noch hier in Darmstadt.
40:05Dankeschön, Aurora.
40:06Mach schön Werbung weiter für Darmstadt.
40:08Ciao, ciao.
40:08Ciao, ciao.
40:09Schon das Theatercafé ist sehenswert.
40:26Ein Teil des Ensembles ist ständig anwesend.
40:30Das Kikiriki-Theater ist eine Puppenbühne.
40:33Gebaut werden die ausdrucksstarken Darsteller in der eigenen Werkstatt.
40:37Unter anderem vom Theatergründer persönlich.
40:41Aha, der Chef ist bei der Arbeit?
40:43Ja, immer fleißig.
40:45Was passiert hier gerade? Was wächst? Ein E?
40:48Ein E, genau. Ein Lebkuchen-E vom Ende des Märchens Grenzen und Hädeln.
40:53Und deshalb Lebkuchen, weil das ist vom Hexenheus hinterher.
40:55Genau.
40:56Das finde ich ja toll.
40:57In der Werkstatt entsteht alles, was man oben auf der Bühne sehen kann bei euch.
41:02Ja, hier entsteht alles.
41:03Aber dann habt ihr ja einen Mords-Output.
41:05Also Puppen selber bauen, selber schreiben.
41:07Also seid ihr eigentlich immer geladen mit Inspiration?
41:10Das war eigentlich der Grund für mich, da hinzukommen zum Puppenspiel.
41:13Das waren zu viele Hobbys, die ich hatte.
41:14Ich habe gerne geschrieben, habe gerne Theater gespielt, habe gerne gebastelt.
41:17Immer habe ich irgendwas angefangen und nach zehn Minuten wurde es langweilig.
41:21Und mit dem Puppenspiel hast du alles zusammen, kommst zu einem gemeinsamen Nenner.
41:26Das ist ja dann schon so eine Art Glücksfall.
41:28Wenn hier alles zusammenfindet, dann hat das Publikum offensichtlich die richtigen Riecher gehabt.
41:33Das ist mehr als Glück.
41:35Wer in dem ganzen künstlerischen Bereich unterwegs ist, der weiß, allein davon leben zu können, ist ja schon ein großes Glück.
41:42Ja, das stimmt.
41:43Jawohl!
41:44Im Kikeriki-Theater klappt das bestens.
41:48Bude Adamo!
41:53Was, was, du schon wieder?
41:55Lass mich jetzt verschwinden!
41:57Mein Number One, was denn los?
41:58Bist du vielleicht los, oder was?
42:01Steckt der Fetzchen quer?
42:04Lass mich jetzt gehen, ich weiß nicht, was du von mir bist.
42:07Hi, Adamchen!
42:10Apropos, ich bin übrigens der Gundolf, gell?
42:13Du darfst mich aber ruhig Dölfchen nennen.
42:15Dölfchen wie Wölfchen, ganz einfach.
42:17Kannst du ja klar essen, sprütteln schon, machen Dölfchen, Wölfchen, dann hast du das.
42:21Gut, dann habe ich es jetzt, glaube ich, verstanden. Dölfchen, Wölfchen.
42:24Super, ey Dölfchen, du verstehst auch das, was ich dir jetzt sage.
42:27Weißt du, warum du nichts von dem Baum da essen sollst?
42:30Weil du dumm bleiben sollst.
42:32Und was ist dumm?
42:33Dumm? Dumm ist, wenn man nichts weiß, wenn man hohl ist wie ein Armer, wenn man nichts in den Bern hat.
42:38Und was ist ein Bern?
42:39Ein Bern, das ist eine Stadt in der Schweiz.
42:43Wie soll mir das jetzt weiterhelfen?
42:45Gar nicht, bist du beim Kikeriki-Theater gelandet.
42:47Ich bitte euch mal zu mir runter, weil wir haben jetzt Luxussituationen, ohne Publikum geht das.
42:56Sehr gerne, wir kommen zu dir.
42:57Dass ich mal die ganzen Künstler sehe hinter den Puppen.
42:59Wir bringen unsere zwei Freunde hier mit.
43:01Bring die mal mit.
43:01Weil hier ist ja wirklich, ich finde, das ist wirklich Teil des Gags, immer so mit dem Schwanz auf ihn zu zeigen.
43:09Und du bewegst dich ja auch komplett mit dem ganzen Körper mit.
43:11Genau, es gibt verschiedene Stücke und verschiedene Techniken, die wir einsetzen.
43:15Bei dem Stück sind die Menschen quasi ein Teil von dem Ganzen.
43:17Es gibt andere Stücke, da sind wir dann hinter dem Vorhang.
43:20Man sieht wirklich nur die Puppen, aber bei dem Stück ist es sehr spannend, mit den Leuten im Zuschauerraum auch einfach zu agieren.
43:26Wie würdet ihr das dann beschreiben, der Humor, der hier auf der Bühne ist?
43:30Also ich würde sagen, es ist eigentlich so ein fast britischer Humor.
43:33Wir können sehr gut über uns selbst lachen.
43:36Wir sind sehr derb.
43:38Also wie der Südhässe, der der Hässe ist, der wird schon ordentlich draufgekloppt.
43:42Also ich muss, Kompliment, ich finde das war ein ganz toller Abschluss.
43:44Das ist ja hier der Titel, Liebe auf den zweiten Blick für Darmstadt.
43:47Ich bin Wahlheinerin, also ich kann das so ein bisschen nachvollziehen.
43:50Wie ist das für euch?
43:51Empfindet ihr Darmstadt auch so als Liebe auf den zweiten Blick?
43:54Darmstadt auf den zweiten Blick zu lieben, wenn man es beim ersten Mal nicht geschafft hat, finde ich auf jeden Fall gerechtfertigt.
43:59Ist gerechtfertigt, weil es gibt echt viel zu entdecken, oder?
44:01Absolut, ganz viel.
44:02Erst mal erste Liebe, die ganz große Liebe, aber es gibt doch schon gewisse Ecken, wo man eine zweite oder dritte Liebe entwickeln muss.
44:09Voller Überzeugung sage ich das so, meine Wahlheimat, es dauert vielleicht ein bisschen, wenn man von außen kommt.
44:15Dafür kann man sich immer wieder neu verlieben in Darmstadt und das ist auch schön.
44:19Bis zur nächsten Expedition. Tschüss.
44:29Tschüss.
44:31Tschüss.
44:32Tschüss.
44:36Tschüss.
44:47Tschüss.
44:49Untertitelung des ZDF, 2020