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  • vor 8 Monaten
In dieser Ausgabe unserer Talkshow aus Brüssel sprechen die Teilnehmer über den Neuanfang in Syrien, die Fortsetzng der Ukraine-Diplomatie sowie die Bestechungsvorwürfe im Zusammenhang mit dem chinesischen Telekomriesen Huawei.

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News
Transkript
00:00Hallo und willkommen zu Brüssel, meine Liebe, unserer wöchentlichen Talkshow aus dem Herzen
00:18Europas.
00:19Hier sprechen wir über das Auf und Ab der europäischen Politik.
00:22Ich bin Stefan Grobe, seien Sie herzlich gegrüßt.
00:26Unsere Themen.
00:27Zum ersten Mal hatte ein Regierungsvertreter aus Damaskus an einer internationalen Konferenz
00:31über Syrien teilgenommen.
00:33Dies geschah in Brüssel, wo über künftige Hilfen für das Land diskutiert wurde.
00:38Die jüngste Welle der Gewalt verursachte indes nach dem EU-Beschluss zum Ende einiger
00:42Sanktionen bei einigen Mitgliedstaaten ein Gefühl des Unbehagens.
00:46Sind diese politischen Gesten verfrüht?
00:49Ist Syrien bereit für einen Neuanfang oder nicht?
00:54Und es ist eine harte Tatsache.
00:57Es finden Verhandlungen zwischen den USA und Russland über die Ukraine statt und Europa
01:01ist nicht dabei.
01:03Donald Trump und Wladimir Putin haben diese Woche miteinander telefoniert und die Ukraine
01:08ist offen für eine Lockerung der Sanktionen und die Wiederaufnahme von wirtschaftlichen
01:13Beziehungen zwischen der EU und Russland.
01:16Bewegen sich Washington und Moskau auf einen Waffenstillstand zu?
01:20Wie stellen sich die Ukrainer ein dauerhaftes Friedensabkommen vor?
01:24Fragen an unsere heutigen Gäste und zwar Engin Eroglu aus der Renew-Fraktion im Europäischen
01:30Parlament von den Freien Wählern, seine Kollegin Hannah Neumann, Abgeordnete der Grünen und
01:36Timo Lehmann, Brüsseler Korrespondent des Hamburger Nachrichtenmagazins Der Spiegel.
01:42Nochmals herzlich willkommen.
01:44Bevor wir aber hier in die Diskussion einsteigen, blicken wir noch einmal auf die aktuelle Lage,
01:49in dem vom Bürgerkrieg zerstörten Syrien.
01:52In Syrien bricht eine neue Ära an.
02:02Vor wenigen Tagen hat der neue Führer des Landes eine vorläufige Verfassung für eine
02:07fünfjährige Übergangszeit unterzeichnet.
02:09Dieser Schritt erfolgte drei Monate nach dem unerwarteten Sturz des Regimes von Bashar
02:16al-Assad durch die Rebellen.
02:18Daraufhin wurde der Ruf nach einem neuen Syrienlaut, das die Rechte des Einzelnen, auch die der
02:23Frauen, respektiert.
02:25Die Neuführung steht vor einer gewaltigen Aufgabe.
02:3180 Prozent der Stromnetze, 60 Prozent der Wassernetze und fast die Hälfte der Gesundheitsinfrastruktur
02:38sind zerstört.
02:3916,7 Millionen Menschen sind dringend auf Hilfe angewiesen, die höchste Zahl seit
02:46Beginn des Konflikts vor 14 Jahren.
02:49Doch Syrien wird weiterhin von Gewalt erschüttert.
02:54Anfang März töteten Sicherheitskräfte fast 1.500 Zivilisten, die meisten von ihnen Angehörige
03:01der alawitischen Minderheit, der die Familie Assad angehört.
03:04Ist dies die von den neuen Machtarbern versprochene Gerechtigkeit für die Opfer und Überlebenden?
03:12Ist der Prozess der Heilung und Überwindung der Spaltung realistisch oder nur ein Wunschtraum?
03:17Ja, Frau Neumann, für mich ist das die grundlegende Frage, ist Syrien bereit für einen demokratischen
03:30Neuanfang?
03:31Gibt es etwas, das uns Hoffnung geben könnte hier?
03:35Katja Kallers hat gesagt, die Hoffnung hängt am seidenen Faden.
03:39Syrien steht tatsächlich gerade am Scheideweg.
03:44Also die Frage ist, bekommen wir es hin, einen einigermaßen stabilen politischen, ökonomischen
03:50Zustand dahin zu kriegen?
03:52Bekommen wir es hin, dass es einen Aussöhnungsprozess gibt, dass wir eben nicht diese Spiralen der
03:57Gewalt sich weiterdrehen sehen, wie wir es bei diesen brutalen Massakern an der Küste
04:02gesehen haben?
04:03Oder wird das ein Chaos?
04:06Menschen sprechen von Libyen, Menschen sprechen von Afghanistan.
04:09Der Punkt ist, viele Menschen in Syrien sind bereit für eine Demokratie.
04:14Wir haben ja kooperiert, auch in der Zeit von Assad, mit zivilgesellschaftlichen Organisationen,
04:19mit Bürgermeistern, mit anderen Gruppierungen, die immer dafür gekämpft haben, dass Assad
04:24weg ist.
04:25Das haben alle gemeinsam geschafft, die jetzt aber dafür kämpfen, dass es einen inklusiven
04:29politischen Prozess gibt, dass alle Bevölkerungsgruppen beteiligt sind, dass Frauen eine Rolle spielen.
04:34Und die müssen wir unterstützen.
04:37Mir geht es gar nicht so doll darum, ob wir jetzt HTS, also ich finde, wir sollten nicht
04:42die HTS jetzt direkt unterstützen, das ist auf der Syrien-Konferenz nicht passiert.
04:45Aber wir sollten gucken, dass wir die Menschen unterstützen, die wollen, dass Syrien, dass
04:49der demokratische Prozess funktioniert und dass die Aussöhnung funktioniert.
04:52Demokratie heißt ja auch Pluralität.
04:54Sehen Sie da Hoffnung, dass es zu einem Zustand geht, wo alle Gemeinschaften in Syrien zusammenarbeiten?
05:05Also, Hoffnung sollte man niemals verlieren.
05:09Da bin ich der festen Überzeugung, dass man Hoffnung immer haben sollte, wenn es darum
05:14geht, dass Menschenrechte gewagt werden sollen und dass letztendlich dieser grausame, man
05:21kann ja bald sagen, jahrzehnts stattfindende Bürgerkrieg dort endlich aufhört.
05:25Egal aus welcher Richtung, gerade durch Unterstützung, die die Oberhand gegeben ist.
05:31Und deswegen, glaube ich, sollten wir helfen dabei, den Staat aufzubauen, Ordnung zu schaffen.
05:38Syrien muss dafür sorgen, Herr im eigenen Haus zu sein.
05:43Die müssen ihre Grenzen selber beschützen können, die müssen ein Polizeisystem aufbauen
05:47können, die müssen ihr Gesundheitssystem aufbauen können und letztendlich auch, und
05:51das ist ganz wichtig, die Landwirtschaft aufbauen können, um sich selbst ernähren zu können.
05:55Ich glaube, das ist der erste Prozess in der Hoffnung, dass die Menschen wieder an ihr
05:59eigenes Land glauben und dann nicht wieder irgendwelchen Menschen hinterherlaufen, die
06:02den nächsten Bürgerkrieg anfangen.
06:03Die Menschen müssen sagen, es geht uns jetzt besser, wir können unser eigenes Land aufbauen
06:08nach unseren Vorstellungen und bei diesem Staatsbildung, da können wir, glaube ich, helfen.
06:13Herr Lehmann, auf der Geberkonferenz hier in Brüssel hat die EU zweieinhalb Milliarden
06:18Euro zugesagt, das auch noch an die Bedingungen geknüpft, dass nämlich es einen glaubwürdigen
06:24und integrativen Übergang gebe.
06:28Erstens ist es genug Geld, das erscheint mir nicht so viel zu sein und wie ist es mit dem
06:34mit diesem Übergang, den sich Brüssel da vorstellt?
06:38Es ist insgesamt weniger als das, was im vergangenen Jahr noch zur Verfügung gestellt wurde
06:43für den Aufbau des Landes, was auch damit zu tun hat, dass die Haushaltslage momentan bei
06:48vielen Ländern schwierig ist.
06:49Deutschland ist von einer Milliarde auf 300 Millionen runter, die USA haben sich
06:54zurückgezogen. Also das ist natürlich der eine Punkt.
06:57Der andere Punkt ist die Frage, wie kann so ein Übergang eigentlich funktionieren?
07:00Also die Forderung, jetzt sofort Wahlen durchzuführen in einem Land, bei dem gar nicht mal
07:05sicher ist, wo leben die Menschen gerade, wo sind sie, wer kommt zurück, wer kommt nicht
07:10zurück? Viele Leute, die sich auch offenbar, wie man bei diesen Massakern gesehen hat,
07:15auch noch verstecken, weil vieles so unklar ist.
07:17Es ist ja noch sehr chaotisch, der Zustand in diesem Land.
07:21Das ist unrealistisch. Und wenn man mal den Vergleich, den fand ich eigentlich ganz logisch,
07:25zu Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg nimmt, nach der Diktatur, da war auch nicht 1945
07:30eine Wahl, sondern eben erst vier Jahre später, 1949.
07:34Und deswegen, finde ich, kann man jetzt auch nicht erwarten, dass der jetzt innerhalb von
07:37nächsten, in den nächsten Wochen.
07:39Kann man das so sehen, als diese zweieinhalb Milliarden, das ist sozusagen eine Geste an
07:44die Syrer jetzt ernst zu machen, mit Reformen, Reform ist ja eigentlich ein viel zu
07:50schwaches Wort. Und wenn das dann gelingt, dann kommt möglicherweise mehr.
07:56Ich würde es ein bisschen pragmatischer sehen.
07:58Die humanitäre Lage in Syrien ist so schlecht, wie sie es noch nie war.
08:02Die Kämpfe haben aufgehört, aber es gibt eben noch keine Landwirtschaft.
08:05Viele Städte sind zerstört.
08:06Wir haben es in den Bildern gesehen.
08:08Viele Flüchtlinge überlegen jetzt, ob sie aus Türkei, aus dem Libanon zurückkommen.
08:12All diese Menschen müssen irgendwie erst mal versorgt werden, damit wir nicht Plünderungen
08:17haben, dass wir nicht neue Menschen haben, die auf die Flucht gehen.
08:20Und dafür ist dieses Geld gedacht.
08:21Das Geld geht auch gar nicht an die Regierung.
08:23Das Geld geht an die internationalen Organisationen, die sich um Syrerinnen und Syrer
08:27in Syrien, in den Nachbarländern kümmern, so wie sie es übrigens auch schon zu Zeiten von
08:32Assad getan haben.
08:33Also damals ging das Geld nicht an die Regierung und jetzt geht es auch nicht an die
08:37Regierung, sondern es geht wirklich um diese humanitäre Versorgung.
08:40Und man hat Hoffnung, dass man dann ein bisschen den Bereich Wiederaufbau gehen kann, zum
08:44Beispiel im Bereich Elektrizität.
08:46Also wenn wir sowas wie eine Wirtschaft wieder aufbauen wollen, dann brauchen die Leute
08:49Strom. Wir haben im Moment in Damaskus und das ist schon fast am besten dort zweimal eine
08:55Stunde Strom. So kann man keine Wirtschaft wieder aufbauen.
08:58Und da werden wir jetzt, glaube ich, versuchen, vorsichtig erste Schritte zu gehen und zu
09:02schauen. Hält das mit der Stabilität, die die Regierung verspricht?
09:06Wird die neue Regierung, die angekündigt ist?
09:08Ja, es sind ja neue Minister angekündigt.
09:10Werden die inklusiver sein?
09:12Also ist das immer noch diese Herrscher Clique aus Idlib, was wir im Moment haben?
09:15Oder haben wir die verschiedenen Gruppungen?
09:17Und ich glaube, so geht das einfach über das Jahr Schritt für Schritt.
09:19Die derzeitige Führung, sunnitisch geprägt, hat einen Deal gemacht mit den Kurden vor
09:25kurzem, den Ursula von der Leyen als historisch bezeichnet hat.
09:30Ist das so ein Zeichen für auch uns Europäer, dass wir sehen, aha, das könnte also ein
09:39glaubwürdiger Übergang hier werden?
09:41Ja, weil halt nicht die Waffen gesprochen haben, sondern hier diplomatisch oder wie
09:46auch immer miteinander geredet wurde.
09:47Wir waren nicht dabei. Und ja, dieser Staat Syrien braucht auch alle seine Ressourcen.
09:52Und das Gebiet, wo die kurdische Bevölkerung drin ist, das ist nun mal das Gebiet mit der,
09:56ich will mal sagen, Gelddruckmaschine für diese Region, die Ressourcen, die dort die
10:01Energieressourcen, die vor Ort sind.
10:02Und wenn dieser Staat glaubwürdig sich aufbauen will und, wie ich es eben schon gesagt
10:07habe, die Bevölkerung nicht wieder auf die nächsten Reihen fallen will, dann muss er
10:09sich aufbauen können.
10:11Und dazu gehören natürlich auch die Staatsressourcen.
10:13Und deswegen ist es richtig und wichtig, dass die miteinander reden und dass sie diesen
10:16Deal gemacht haben.
10:17Und ich hoffe letztendlich, dass sich das dann in einer guten Partnerschaft dann
10:21entwickelt. Wie ist es mit den, mit den, Sie hatten es angesprochen, mit den Massakern
10:25an der in der Küstenregion.
10:28Das ist ja wieder so eine Erinnerung, dass das, dass wir da noch nicht sozusagen, ich
10:34glaube, dass ganz auf gutem Weg sind, dass das Land natürlich einen Weg finden muss mit
10:38dieser Diktaturerfahrung umzugehen und das aufzuarbeiten, was wir da ja gesehen haben.
10:43Also man weiß es nicht genau, was dort, wie das genau angefangen hat, aber offenbar
10:47waren es ja Assad-Anhänger, die angefangen haben oder versucht haben, einen Putsch von
10:52ihrer Seite aus anzuführen.
10:53Und dann gab es eben diese Gegenreaktion, die zu offenbar auch mit Kräften, die aus
10:58dem Ausland kamen, die dazu geführt haben, dass dort diese schrecklichen.
11:02Die Regierung hat gesagt, wir wollen das aufklären.
11:04Alles die Regierung hat gesagt, sie wollen es aufklären.
11:06Und ich glaube, das ist jetzt ja das, worauf das ankommt.
11:08Weil das gilt ja für die ganze Region.
11:09Syrien ist ein Schlüsselland und es ist eben ein multiethnisches mit sehr vielen
11:12Gruppierungen ein Land.
11:14Und dort einen Weg zu finden, in dem alle friedlich und demokratisch miteinander umgehen
11:19können, das ist ja das, was eigentlich von europäischer Seite aus am stärksten mit
11:25unterstützt und befürwortet werden.
11:27Das ist das nach vorne.
11:28Aber um das zu ermöglichen und ich glaube, das war den Machthabern nicht so vollumfänglich
11:34bewusst, braucht es eine Form der Aufklärung und der Aufarbeitung dieser schlimmen
11:38Verbrechen, die da passiert sind.
11:39Und die Leute müssen das Gefühl haben, dass es dafür eine Form von rechtsstaatlichem
11:43Prozess gibt, also dass man mit dem ich war ja vor vier Wochen in Syrien.
11:48Ich habe eine Mutter getroffen, deren zwei Söhne sind entführt worden, im Folterknast
11:52verschwunden. Der dritte Sohn lebt mit ihr noch vor Ort.
11:56Der weiß genau, wer diese Söhne entführt hat und denen ist davon abzuhalten, Rache zu
12:01üben. Wenn ihm nicht gesagt wird, hör zu, du kannst dahin gehen, da kannst du die
12:05Geschichte vortragen. Dann wird das nachverfolgt.
12:07Dann gibt das eine gerechte Strafe.
12:08Wenn es diesen Prozess nicht gibt, wird es wahnsinnig schwer sein, eben nicht genau
12:12diese Gewaltausbrüche wieder zu sehen.
12:14Und das Spannende war, dass die Leute vor Ort mich immer gefragt haben, wie habt ihr es
12:17in Deutschland gemacht? Wie habt ihr es nach dem Zweiten Weltkrieg gemacht?
12:20Wie habt ihr es nach dem Ende der DDR gemacht?
12:22Und ich glaube, da können wir auch zur Unterstützung wirklich beitragen.
12:25Das ist ein gutes Stichwort, eine gute Überleitung zu unserer nächsten Einspielung.
12:30Wir haben mit dem Nahost Experten Kaba Hassan vom Stimson Center in Washington
12:34gesprochen und zwar darüber, was die derzeitige Führung jetzt tun muss und wo die
12:39Dinge wirklich schieflaufen könnten.
12:42Das hat er gesagt. Hören Sie mal rein.
12:44First and foremost, the transition process should be inclusive.
12:48In erster Linie sollte der Übergangsprozess nicht nur in Worten, sondern auch in Taten
12:53erfolgen. Die Regierung sollte Vertreter aller Gemeinschaften in Syrien einbeziehen,
12:58nicht nur die Gruppe, der der gegenwärtige Präsident angehört.
13:02Gleichzeitig sollte die syrische Regierung die bewaffneten Gruppen, die in den
13:06Küstengebieten Massaker an den Aleviten begangen haben, zur Rechenschaft ziehen.
13:11Sonst stehen wir in Syrien wieder am Anfang.
13:14Sollten die Dinge völlig außer Kontrolle geraten, wird das zu einer neuen
13:17Migrations- und Flüchtlingswelle in Richtung Europa führen.
13:21Und das ist das Letzte, was Europa derzeit aus Syrien kommen sehen will.
13:25Ja, Herr Eroglu, teilen Sie diese Befürchtung?
13:28Sehen Sie das auch, dass also wir uns da auf mehr Flüchtlinge einstellen müssen?
13:34Also ich hoffe nicht. Aber ich teile seine Auffassung nicht.
13:38Ich glaube, er ist als Experte sicherlich renommiert in seinem Bereich.
13:41Aber wir dürfen nicht zu fordernd sein, sondern das braucht da auch Zeit.
13:45Also wenn wir uns diesen Exidos, diese schreckliche Geschichte, die die Menschen
13:49dort in Syrien erlebt haben, die wir in Syrien erlebt haben, die wir in Syrien
13:53erleben mussten, ich sage bewusst über Jahrzehnte, das geht nicht von heute auf
13:58morgen. Und ich glaube, da müssen wir in Europa auch verstehen, dass das Zeit
14:02dauert und ja, dass dort auch noch Sachen passieren werden, die uns nicht
14:06schmecken und uns nicht gefallen werden.
14:08Aber das ist nun mal so.
14:09Na, ist es mit der Zeit und auch mit der Geduld und so, das höre ich ja auch
14:14immer wieder, ist es ja so eine Sache, die Menschen, die da also in Trümmern
14:19leben, die, wenn man denen sagt, es ist jetzt Zeit, ihr müsst Geduld haben und so
14:23weiter. Also ich glaube, deswegen müssen wir ein Zeichen setzen.
14:25Also ich meine das ganz im Ernst, wenn ich sage, dieses Land muss seine Grenzen
14:29schützen können. Es muss die Landwirtschaft wieder aufgebaut werden.
14:32Wir müssen den Menschen Hoffnung geben, dass es Syrien als Staat überhaupt gibt.
14:36Und da kann man, ich finde seine Forderungen alle richtig.
14:39Aber ich glaube, so schnell, wie wir uns das vorstellen, bei auch den Drittmächten,
14:44die dort ihre Interessen haben, ist es nicht so, dass wir uns nicht
14:47überfordern. Und ich habe das Gefühl manchmal, dass gerade auch hier in Brüssel
14:52man immer so, ich habe jetzt mit denen verhandelt, Entschuldigung für den
14:55Schnipser und das Mikrofon. Ich habe jetzt mit denen verhandelt und ich habe
14:59jetzt die Lösung. Ich bin jetzt hier der europäische Superstar und dann ist gut.
15:02Ich bin der festen Überzeugung, jahrzehntelange Schmerzen und Verletzungen,
15:07die dort angetan wurden, den Menschen dauert auch wieder Jahrzehnte zum
15:11Wiederaufbau. Und ich glaube, das ist auch eine Sache, die wir uns jetzt
15:14Ich war jetzt zum Beispiel in der Europawahl sehr viel auch in Ostdeutschland unterwegs.
15:20Da höre ich heute noch Geschichten aus der Wiedervereinigung.
15:25Das geht nicht von heute auf morgen und das müssen wir auch dort in Syrien
15:29akzeptieren. Und da muss man auch als Europa das Verständnis mitbringen.
15:32Ich bin jetzt hier nicht der Heizbringer und habe morgen das Problem gelöst.
15:35Also nicht als erste Reaktion syrische Flüchtlinge zurückschicken.
15:38Also ich bin der festen Überzeugung, das habe ich damals, als es anfing mit Assad,
15:43auch gesagt, da hat die UN versagt. Wir hätten eine UN-Schutzzone brauchen müssen.
15:49Die Regel ist ganz klar. Wir hätten dort mit der UN eine Schutzzone errichten müssen.
15:54Klar ginge das nicht aufgrund von Russland.
15:56Aber dann hätte man auch da wieder eine Koalition der Willigen haben können,
16:00damit die Menschen gar nicht sich auf den Weg machen.
16:02Ich glaube, der Fehler war, dass die UN hier versagt hat und auch, dass die Europäische Union
16:07das bei der UN nicht klar eingefordert hat oder dann eine Koalition der Willigen gemacht haben,
16:11um vor 14 Jahren dort eine Schutzzone zu errichten.
16:15Das wäre der richtige Weg gewesen. Dann wären die Flüchtlinge nie losgelaufen.
16:18Es hat ja in Südafrika die berühmte Wahrheitskommission,
16:23Wahrheits- und Versöhnungskommission gegeben nach dem Ende der Apartheid.
16:26Wäre das was, was man hier auch gebrauchen könnte?
16:30Ich glaube, ja, dass es genauso solche Formate bräuchte.
16:33Es gibt ja auch, wie gerade angesprochen, in Deutschland gab es eine Aufarbeitung Prozesse,
16:38rechtsstaatliche Wege, auch Leute zur Verantwortung zu ziehen.
16:41Es gibt Ruanda, es gibt mit sehr unterschiedlichen Beispielen,
16:46aber grundsätzlich eine historische Aufarbeitung,
16:48weil das ist ja auch eine Erkenntnis aus dem Massaker,
16:51von diesen Assad-Anhängern, die dort offenbar waren.
16:54Das sind ja auch nicht die aus der ersten oder zweiten Reihe,
16:56die möglicherweise schon in Moskau sitzen,
16:58sondern eher die dritte Reihe der Unterstützer des Regimes.
17:01Das sind Leute, die sich natürlich fragen,
17:05werde ich zur Rechenschaft gezogen und wenn ja, wie?
17:07Und da kann man nicht anfangen, Leute am Baum aufzuhängen,
17:10sondern man muss gucken, dass das auch so abläuft,
17:13dass Verbrechen richtig aufgearbeitet werden.
17:15Wenn das nicht kommt, um einen Punkt zu sagen,
17:17weil ich glaube, dass das zentral ist für die Aussöhnung der syrischen Gesellschaft,
17:22dass das ein ganz, ganz wichtiger Punkt ist,
17:24um dieses Land wieder in eine demokratische Richtung zu bewegen.
17:29Wir haben ja andere arabische Länder gesehen, Frau Neumann,
17:33in denen die Einführung der Demokratie nicht gelungen ist.
17:36Warum soll das in Syrien anders sein?
17:39Andersrum, was können wir tun, damit das in Syrien anders wird,
17:43ist die Frage, die ich mir stelle.
17:45Ich bin ja keine Thinktankerin, sondern Politikerin, die gestalten muss.
17:48Und den einen Punkt haben wir relativ ausführlich besprochen,
17:51das ist, wir brauchen diese Aussöhnungsprozesse,
17:53wir brauchen den Raum dafür und das Regime scheint das jetzt auch,
17:57so hoffe ich zumindest, langsam zu verstehen.
17:59Es war auch ein gutes Zeichen auf der Syrien-Konferenz,
18:01dass in allen Statements immer Wiederaufbau und Aussöhnung
18:05in dieser Dualität zusammengesprochen wurden.
18:07Das war in den drei Monaten davor häufig nicht so.
18:10Zum Zweiten, finde ich, muss man den Menschen auch die Chance geben,
18:13ihr Land wieder aufzubauen.
18:15Deswegen finde ich es richtig, dass die sektoralen Sanktionen,
18:18also nicht die Sanktionen gegen Assad oder auch die Sanktionen gegen HTS,
18:21aber die Sanktionen für den Energiesektor, für den Transportsektor
18:25und ein Stück weit auch den Finanzsektor ausgesetzt wurden.
18:28Sie wurden nicht aufgehoben, sondern nur ausgesetzt.
18:30Im Finanzsektor brauchen wir noch mehr,
18:32damit dieses Land einfach eine Chance hat, Dinge zu kaufen,
18:35Dinge zu verkaufen, Dinge zu exportieren, Dinge zu importieren,
18:38weil wir auch gar nicht die finanziellen Ressourcen haben,
18:41von außen diesen Aufbau voranzutreiben.
18:43Wie gesagt, im Moment kein Wasser, kein Strom,
18:45dass man da nicht gerade eine entspannte Situation hat,
18:48wo man über Demokratie jetzt auf Gemeindeebene diskutiert
18:51und darüber, wie man mit diesen alten Verbrechen umgeht,
18:54ist natürlich auch nachvollziehbar.
18:56Kein Wasser, kein Strom, aber auch noch keine Justiz.
18:59Das ist wichtig, wie wir gesehen haben.
19:02Wir haben gesprochen mit einer Anwältin,
19:05einer Menschenrechtsanwältin in Damaskus,
19:08über die derzeitige Situation Mariana Kakutli,
19:12und sie hat dabei auf ein sehr vielsagendes Detail hingewiesen.
19:16Hören Sie mal rein.
19:23Ich glaube, es gibt die Forderung von Akteuren der Zivilgesellschaft,
19:26dass die Bemühungen um die Übergangsjustiz Priorität haben
19:29und stärker in den Mittelpunkt gerückt werden sollten.
19:32Doch die Wirklichkeit sieht anders aus.
19:34Wir sehen, dass frühere Foltergefängnisse
19:36von der syrischen Übergangsregierung wieder genutzt werden.
19:39Ein großes Problem.
19:41Das Land war 54 Jahre lang eine Diktatur,
19:43und diese Orte wurden zur Folterung politischer Gegner genutzt.
19:47Nun werden dieselben Gefängnisse wieder genutzt.
19:49Aus unserer Sicht dürfte das nie wieder geschehen.
19:52Syrien ist weiterhin kein sicheres Land.
19:57War das nur ein optischer Fehler, diese Gefängnisse wieder zu aktivieren?
20:04Ich glaube, jetzt in Syrien über Demokratie zu reden, ist viel zu früh.
20:10Ein erster Schritt wäre es, wenn wir es schaffen,
20:13dass die Menschenrechte dort wieder geachtet werden.
20:16Das bedeutet für uns auch, dass wir genau über das Thema hier reden.
20:19Das ist ja Demokratie.
20:21Ja, so ist es.
20:23Das habe ich mir gerade verknüpft.
20:26Ich meine im Sinne von demokratischer Staatsbildung.
20:29Ich meine jetzt in der Staatsbildung und nicht im Sinne der Demokratie.
20:33Da bin ich bei Ihnen.
20:35Das geht halt nicht.
20:37Wir dürfen keine Menschenrechtsverletzungen
20:39irgendwo auf der Welt dulden als Europäische Union.
20:41Wir dürfen unsere Werte dort nicht verkaufen.
20:43Da sind wir klar mit uns.
20:45Da müssen wir auch mit den neuen Machthabern überreden.
20:49Ich will erst mal von Herrn Lehmann hören.
20:51Wenn das Experiment gelingt, Syrien, positiv usw.,
20:55welchen Effekt wird das auf die Region haben,
20:58auf die Nachbarländer, die ja auch um richtige demokratische Strukturen reden?
21:02Ich glaube, es hat einen sehr, sehr großen Effekt,
21:04weil das Land grenzt an Israel, an Iran, an die Türkei.
21:07Überall, wo die Konflikte, die wir sehen, sind fast alle auch mit Syrien verbunden.
21:12Insofern ist das ein ganz zentraler Faktor,
21:15dass wenn es in diesem Land gelingt, eine demokratische Struktur,
21:19ein demokratisches Land, das muss ja auch nicht direkt exakt
21:23dem Vorbild Deutschland oder Frankreich gleich sein,
21:26sondern vielleicht eine ganz eigene Form des Zusammenlebens auf demokratischen Grundwerten.
21:31Wenn das aufgebaut werden würde, wäre unglaublich viel für die Region gewonnen.
21:35Wunderbar. Das war ein guter Schlusswort für diese erste Runde.
21:38Wir machen jetzt eine kleine Pause und danach ein dauerhafter Frieden.
21:42Das ist auch der Wunsch der Menschen in der Ukraine.
21:44Zeichnet sich dieser Frieden ab? Zu welchem Preis? Bleiben Sie bei uns.
21:57Willkommen zurück zu Brüssel, meine Liebe.
21:59Unsere Gäste sind immer noch Engin Eroglu, Timo Lehmann und Hanna Neumann.
22:03Diese Woche jährte sich zum elften Mal der Tag, an dem Wladimir Putin die Krim illegal annektierte.
22:10Eine Militäroperation, die acht Jahre später direkt zum Angriff auf die Ukraine führen sollte.
22:15Derselbe Wladimir Putin sprach am Dienstag mit Donald Trump in dem offensichtlichen Bemühen,
22:20die Kämpfe in der Ukraine zu seinen Bedingungen zu beenden.
22:24Die Aufteilung der Ukraine zwischen Trump und Putin erinnert ein bisschen an die berühmte Konferenz von Yalta,
22:30auf die die späteren Sieger des Zweiten Weltkriegs Europa in Einflusssphären aufteilten.
22:36Der Unterschied? Damals, 1945, saß ein Europäer mit am Tisch, Winston Churchill.
22:43Wie sollte Europa auf diese russisch-amerikanische Machtdemonstration reagieren?
22:48Sehen Sie immer noch eine Rolle für Europa?
22:51Europa muss eine Rolle spielen, wenn es an seinen Außengrenzen Friedensverhandlungen gibt
22:58nach diesem brutalen Angriff Russlands auf die Ukraine.
23:01Es darf dort keine Lösung geben, wo die Ukraine und die Europäische Union nicht beteiligt sind.
23:06Und ich sage das ganz deutlich, Putin ist einer, der seit 25 Jahren, 2009 ist er an die Macht gekommen,
23:13den ersten Krieg, den er in Burgon hat, war 2009 der Zweite Tschetschenien-Krieg.
23:17Seit 25 Jahren lässt dieser Mensch Menschen ermorden.
23:20Und dass dieser Mensch an unseren Grenzen für Ruhe sorgen wird, das glaube ich nicht.
23:26Und diesem 25-jährigen Ermorden von Menschen in der Europäischen Union
23:31und in den Nachbarstaaten an unseren Grenzen muss ein Ende haben.
23:36Und es kann jetzt nicht weitergehen.
23:38Frau Neumann, was ist von diesem Telefongespräch zu halten diese Woche zwischen Trump und Putin?
23:42Boris Pistorius, der deutsche Verteidigungsminister, hat gesagt, das Ganze war eine Luftnummer.
23:47Wie geht es denn jetzt weiter? Wird Putin irgendwie an den Tisch zu bringen sein?
23:54Ich tue mir sehr schwer, noch positive Worte für Dinge zu finden, die Donald Trump so tut.
23:59Ich war von diesem Telefongespräch, selbst vor diesem Hintergrund, noch negativ überrascht.
24:07Weil ehrlicherweise hat er ja angekündigt, dass er innerhalb von einem Tag oder drei Tagen
24:11diesen Konflikt zu Ende bringen wird.
24:13Jetzt hat er acht Wochen gebraucht, um mit Putin irgendwas zu verhandeln,
24:18das genau eine Stunde gehalten hat.
24:20Die Verhandlungsfähigkeiten von Donald Trump sind nicht so herausragend,
24:25wie das, glaube ich, für selber hält.
24:28Sie haben Jalter angesprochen.
24:30Der entscheidende Unterschied zu damals ist, dass es eine Europäische Union gibt.
24:33Und wir sind, wenn wir das sein wollen, ein sehr starker politischer Akteur
24:38mit einer großen diplomatischen, einer großen militärischen Macht.
24:42Und was auf keinen Fall funktioniert.
24:44Und diese Ansage würde ich mir manchmal hier aus Brüssel noch ein bisschen stärker wünschen.
24:47Lieber Donald Trump, die Idee, dass du hier mit Putin irgendwas aushandelst
24:51und wir dann aber die Rechnung bezahlen sollen, die funktioniert nicht.
24:54Wer zahlt, sitzt am Tisch.
24:56Wer würde denn da, Herr Lehmann, mit am Tisch sitzen auf europäischer Seite?
24:59Das ist das Problem, was Europa hat.
25:01Es gibt nicht die eine Figur gerade, die dort mit am Tisch sitzen könnte.
25:05Also Frau von der Leyen, da hat bis heute gleich mal ein Besuch stattgefunden.
25:09Frau Callas zum Beispiel von der EU-Seite, die war schon in Washington
25:13und wurde dann, die sollte eigentlich von Rubio empfangen werden,
25:16und wurde dann wieder ausgeladen, als sie schon da war.
25:18Also man hat das Gefühl, der Trump nimmt die EU überhaupt nicht ernst.
25:21Aber das ist ehrlicherweise sein Problem und ich glaube, das müssen wir ihm deutlicher zeigen.
25:25Das ist die Frage, ob das funktioniert.
25:27Und ansonsten haben wir eben mit Macron einen Präsidenten,
25:30der keine Regierungsmehrheit im Parlament hat.
25:33In Deutschland sind wir gerade auf einem Umschwung, einem Regierungswechsel.
25:38Und Starmer, der sich ja jetzt gerade, wenn man das Gefühl hat,
25:41da versucht vorne ranzustellen, ist eben nicht Teil der EU.
25:45Wiederum, also die Lage ist so kompliziert,
25:47dass es jetzt gerade nicht den eben gerade benannten Churchill,
25:50den sich manche wünschen, den gibt es gerade einfach nicht in Europa.
25:54Wir haben den irischen Politikwissenschaftler Donaker O'Bacon
25:58zu Putins Anreiz befragt, mit Trump zusammenzuarbeiten
26:02und zu Trumps Wunsch, Putin wieder in den G7-Kreis zurückzuholen.
26:06Hier ist, was er da uns gesagt hat.
26:09Hören Sie mal zu.
26:11Die Amerikaner üben nicht das gleiche Druckmittel auf Russland aus.
26:15Russland hat also viel weniger Anreiz, zu verhandeln.
26:18Darum haben sich die Ukrainer auf einen 30-tägigen Waffenstillstand eingelassen,
26:22während Putin dies im Wesentlichen abgelehnt hat.
26:24Er hat zwar im Prinzip zugestimmt,
26:26aber die Anzahl der Auflagen und Bedingungen ist so hoch,
26:29dass es eigentlich ein Nein ist.
26:30Es wird also sehr viel schwieriger sein, ihn an den Verhandlungstisch zu bringen.
26:34Die Russen haben nicht ein einziges Zugeständnis gemacht
26:36und im Rahmen dieses Trumpschen Friedensprozesses nichts zugestanden.
26:40Die Ukraine befindet sich derzeit in einer sehr wenig beneidenswerten Lage,
26:43denn die Russen wollen ihr Territorium und die Amerikaner ihre Ressourcen.
26:47Und die Europäer sind noch nicht stark genug, um das Vakuum zu füllen,
26:50das ein US-Rückzug hinterlassen würde.
26:54Herr Roglow, stimmen Sie dem zu?
26:56Er hat natürlich recht.
26:59Ich bleibe aber auch dabei,
27:01weil dieser Mensch seit einem Vierteljahrhundert Krieg führt,
27:05seitdem er gewählt worden ist.
27:08Wo die Hoffnung herkommt, mit ihm zu verhandeln, erklärt sich mir nicht.
27:13Ich glaube, die einzige Sprache, die er versteht, ist Stärke.
27:16Und diese Stärke brauchen wir als Europäische Union.
27:19Ich bin auch froh, dass hier einige Seifenblasen von vielen Kollegen geplatzt sind,
27:24dass wir Europa überhaupt keine Verteidigungsfähigkeit mehr haben.
27:28Es gibt Kollegen, die heute noch sagen, wir dürfen uns nicht verteidigungsfähig machen.
27:31Es ist mit Putin zu verhandeln.
27:33Würden Sie denn sagen, diese ganze Friedensverhandlungstaktik ist falsch
27:40und wir müssen eine militärische Lösung haben?
27:43Ich finde es sehr gut, dass jetzt die US-Administration mit der Putin-Regierung redet.
27:49Dann werden die ihre eigenen Erfahrungen machen.
27:51Denn das ändert ja den Charakter dieses Menschen nicht in Russland.
27:54Ich hoffe sehr, dass er die gleichen Erfahrungen mit seiner Administration macht,
27:57die wir als Europa gemacht haben.
27:59Ein Mensch, der mit einem redet, aber sich nicht eine Sekunde an sein gesprochenes Wort hält,
28:03sondern im Hintergrund schon den nächsten Angriff startet.
28:07Frau Neumann, Friedensverhandlungen unter diesen Bedingungen eher ja oder dann doch nicht?
28:13Friedensverhandlungen mit der Ukraine und Europa am Tisch auf jeden Fall.
28:19Um auch zu zeigen, was Putin bereit ist zu tun und was er nicht bereit ist zu tun.
28:24Ich fand den Vorschlag von Starma und Macron mit dieser vierwöchigen Waffenruhe,
28:29um einfach mal zu zeigen, ist er bereit überhaupt zu reden und irgendwas auch zuzusagen
28:35oder ist das eigentlich nur eine Fakeshow, mit der Trump am Ring durch die Manege zieht
28:40und es scheint ja Letzteres zu sein.
28:42Einfach mal auf dem Tischland zu haben als Verhandlungsgrundlage.
28:45Also reden werden wir, tun wir, müssen wir.
28:48Aber es wird nicht funktionieren ohne Ukraine und Europa am Tisch.
28:51Und genau das hat Trump doch jetzt auch gemerkt.
28:53Also Putin hat ihn einfach veräppelt.
28:55Und er sitzt da alleine und lässt sich veräppeln.
28:57Und ansonsten hat er noch zwei Leute an seiner Seite, die da mit ihm in die Richtung laufen können.
29:01Und Trump muss sich ja auch zu Hause rechtfertigen, für was auch immer er damit zurückbringt.
29:07Es gibt mehr Leute in den Vereinigten Staaten, die interessante Ideen haben und interessant wählen.
29:15Also es hat mich wirklich überrascht.
29:17Aber ich glaube, dass er zurückkommt und sagt, er hat die Ukraine jetzt hier quasi an Putin verscherbelt.
29:22Es wird auch Donald Trump nicht überleben.
29:24Gut, wir werden es sehen.
29:26Soweit zu den Friedensbemühungen in der Ukraine.
29:28Das Neueste zu diesem Thema wie immer in unseren Nachrichten und auf unserer Webseite.
29:32Vielen Dank einstweilen an unsere Gäste und an unsere Zuschauer.
29:35Bleiben Sie bei euren News.
29:45Willkommen zu Brüssel, meine Liebe.
29:46Ich bin Stefan Grobe.
29:48Meine Gäste sind Hannah Neumann, Abgeordnete der Grünen im Europäischen Parlament,
29:52Ingin Eroglu aus der Renew-Fraktion und Timo Lehmann, Brüsseler Korrespondent beim SPIEGEL.
29:59Nur zwei Jahre nach den Erschütterungen von Qatargate haben neue Bestechungsvorwürfe,
30:04diesmal im Zusammenhang mit Huawei, die Brüsseler Institutionen erneut schockiert.
30:10Die belgische Polizei ermittelt wegen, und ich zitiere,
30:13aktiver Korruption innerhalb des Europäischen Parlaments.
30:17Durchsucht wurden mehr als 20 Adressen in Belgien und Portugal.
30:22Mehrere Personen wurden festgenommen.
30:24Der Fall gibt den seit langem bestehenden Bedenken über zwielichtige Lobbypraktiken in Brüssel neuen Auftrieb.
30:30Wird es in den EU-Institutionen zu leicht gemacht, sich schmieren zu lassen?
30:35Und was ist mit den ethischen Lehren, die aus dem Qatargate-Skandal gezogen wurden, Herr Lehmann?
30:42Ja, also was wir auf jeden Fall sehen, ist ein Muster, dass da sozusagen immer wieder die gleichen Punkte aufkommen,
30:49dass man das Gefühl hat, es ist relativ einfach, mit den nötigen Geldkoffern Politik in Brüssel zu beeinflussen.
30:55Und die EU und auch das EU-Parlament schafft es meiner Meinung nach, aus sich heraus noch nicht, das stärker einzuregen.
31:03Es gab Überlegungen eines Ethics-Buddy, der jetzt gerade wieder gescheitert ist.
31:08Es gab nicht mal zum Qatargate, nicht mal einen Untersuchungsausschuss zu einem derart heftigen Vorfall.
31:17Also ich finde das da aus dem Parlament heraus, auch für die eigene Wahrung, weil man kann sich nicht als Abgeordnete,
31:23ich verstehe, dass die sich aufregen, weil da sind auch ganz viele Abgeordnete, die es nicht bestechen lassen
31:27und die sehr viel aus politischer Motivation dort sitzen, dass die jetzt von sich heraus schauen müssen, dass da was passiert.
31:35Da sollten wir eigentlich mal mit Abgeordneten sprechen. Frau Neumann, fangen wir mit Ihnen an.
31:41Als Sie das gehört haben, was haben Sie da gedacht?
31:44Es ist total frustrierend, weil wir eigentlich spätestens seit Qatargate genau wissen, auf welchen Ebenen wir welche Schrauben drehen müssen.
31:52Herr Lehmann hat gerade zwei angesprochen, ich kann das gleich noch einmal systematisch aufmachen.
31:56Und es ist zu langsam und zu wenig passiert. Das erste ist, wir als Abgeordnete, also wie kann man denn als Abgeordneter,
32:04der den europäischen Bürger, die europäische Bürgerin vertreten muss, sich von außen kaufen lassen.
32:09Das ist für mich das größte Problem. Und wir hätten eigentlich ein Ethics Body haben sollen.
32:13Ich finde, wir hätten den Untersuchungsausschuss gebraucht. Wir haben Transparenzregister, all das.
32:17Ich trage das sauber ein. Aber es ist zum Beispiel interessant, dass von den deklarierten Geschenken irgendwie 70 Prozent von deutschen Abgeordneten deklariert werden.
32:25Ich kann mir nicht vorstellen, dass die anderen keine bekommen. Aber das verfolgt auch keiner nach.
32:29Das ist die erste Ebene. Das zweite ist, was diese Bestechungsversuche, und es gibt ja durchaus noch mehr Länder, denen das nachgesagt wird,
32:36dass sie diese Versuche machen, zeigt, dass erkannt wird, dass auf europäischer Ebene jetzt wirklich wichtige und große Entscheidungen getroffen werden.
32:43Dass auch hier Korruption, Einflussnahme, aber auch Repression, transnationale Repression zunehmen.
32:48Und die belgischen Behörden sind nicht ausreichend ausgestattet.
32:51Katar geht, gibt es immer noch keinen Gerichtsprozess. Das hängt immer alles noch rum.
32:56Und das sind schon Punkte, wo mehr passieren muss. Und der dritte Punkt ist, dass wir unsere Demokratien vor solcher Einflussnahme auch besser schützen müssen.
33:05Herr Erolow, wir reden hier über Restaurantbesuche, Reisekosten und Einladungen zu Fußballspielen.
33:15Also ich kann mir nicht vorstellen, wie man nach einem Fußballspiel jetzt plötzlich eine Pro-Huawei-Entscheidung im Europäischen Parlament treffen kann.
33:25Ja, eigentlich ist es traurig und man dürfte eigentlich nicht drüber schmunzeln. Aber es ist einfach zu schmunzeln und es ist zum Verzweifeln.
33:34Aber am Ende des Tages hat halt Politik den Auftrag, den Querschnitt der Gesellschaft darzustellen.
33:39Und wir werden es halt nicht schaffen, dass ein Parlament existieren wird, wo 100% Abgeordnete drinnen sitzen, die integer sind.
33:46Weil das halt nicht die Gesellschaft ist. Und weil die Gesellschaft halt nicht zu 100% integer ist, brauchen wir einen Ordnungsstaat.
33:53Wir haben doch hier auch keine Straftäter sitzen.
33:56Und das ist das, wo ich der Kollegin Neumann zustimme. Wir brauchen einen besseren Rechtsstaat.
34:02Belgien muss besser ausgestattet sein, um letztendlich sowas zu verfolgen.
34:07Und dann muss auch die Strafe schnell zum Fuße kommen.
34:10Ich glaube, dass mehr Regeln im Parlament nicht dazu führen, dass wir das Problem lösen.
34:16Also Belgien ist ja keine Bananenrepublik, Bananenkönigreich, muss ich da sagen.
34:22Weil das genau das Thema ist von unserem Experten, mit dem wir gesprochen haben, Alberto Alemano, Professor für EU-Recht an der HEC Paris,
34:31der sich über dieses politische Umfeld, in dem solche Bestechungsgelder offenbar gedeihen, geäußert hat.
34:37Hören Sie mal, was er uns gesagt hat.
34:40Es gibt eine Kultur der Straflosigkeit, die sich im Laufe der Zeit herausgebildet hat.
34:48Aber dafür sind die politischen Parteien verantwortlich. Es ist nicht die Verantwortung der Institution.
34:53Die Institution ist nur die allerletzte Instanz, um Verhaltensweisen zu sanktionieren.
34:58Verhaltensweisen, die die politische Partei zuallererst hätte verhindern müssen.
35:02Indem sie andere Kandidaten für das Europäische Parlament auswählt, das Verhalten der Abgeordneten überwacht und diese Verhaltensweisen bestraft.
35:10Aber da die politischen Parteien ihre Aufgabe nicht erfüllen, schauen wir alle auf das Europäische Parlament und die Europäische Union als Aufpasser für das ethische Verhalten ihrer Mitglieder.
35:23Aleman, ist das plausibel?
35:25Also plausibel ist das überhaupt nicht, dass das so abläuft, aber es ist so.
35:28Und wenn Sie jetzt sagen, es gäbe schon genug Regeln, aber man braucht nicht neue Regeln.
35:33Also ich finde immer, wenn man das mit dem Bundestag vergleicht, wie viel im EU-Parlament erlaubt ist.
35:38Das wirkt dann noch transparent, okay, es ist öffentlich, aber es ist überhaupt erlaubt.
35:42Also da sind Leute, die eine Unternehmensbeteiligung haben, die genau die Regulation an der mitarbeiten, dessen eigenen Interesse sie haben.
35:52Okay, das ist öffentlich, aber ich finde es sollte überhaupt nicht erlaubt sein, weil das Parlament ist eine Vertretung der Bevölkerung und nicht der Vertretung von...
35:59Es ist also doch eine Frage des guten Geschmacks oder des schlechten Auswählen von Vertretern der politischen Parteien.
36:08Frau Neumann.
36:10Es ist von alles und ein bisschen, ich habe aber absolut kein Verständnis dafür.
36:13Also es macht mich so unfassbar wütend und die Regeln, die wir haben, ob die genug sind oder nicht, ist ein zweiter Kampf.
36:20Aber dass die Regeln, die wir haben, einfach nicht umgesetzt wird und Verstöße nicht sanktioniert werden und dass da keine Nachverfolgung gibt.
36:28Nach Katar geht offensichtlich immer noch nicht.
36:31Ich verstehe es wirklich nicht und dazu kommt in der Tat, ich verstehe auch nicht, dass solche Leute vorgeschlagen werden von den Parteien, dass solche Leute es in Parlamenten schaffen
36:39und dass offensichtlich manchmal sogar solche Leute, bei denen dann transparent ist, dass sie gewisse Korruptionsskandale haben, dann wiedergewählt werden.
36:47Also da hört es bei mir auch auf, aber da brauchen wir nur in die USA zu gucken und damit schließt sich der Kreis ja zu unserem letzten Punkt.
36:52Also offensichtlich kann man heutzutage verurteilt werden für die absurdesten Straftaten.
36:57Damit schließt sich auch unsere Diskussion hier. Vielen Dank für dieses Schlusswort, Frau Neumann.
37:03Wir sind am Ende von Brüssel, meine Liebe, angelangt. Vielen Dank an unsere Runde, auch an die beiden Herren hier und an unsere Zuschauer.
37:10Wenn Sie die Unterhaltung fortsetzen möchten, egal zu welchem Thema, schreiben Sie an brusselmeineliebe.org oder in den sozialen Medien.
37:19Das war's für heute. Ich wünsche Stefan Grobe Ihnen eine angenehme Woche. Bis bald.
37:27Untertitel im Auftrag des ZDF für funk, 2017
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