Zum Player springenZum Hauptinhalt springen
  • vor 19 Stunden
Nach dem Sturz von Machthaber Assad kehren immer mehr Syrer aus dem Exil in die Heimat zurück. Ist ein Neuanfang in Syrien bereits möglich? Wir begleiten drei Rückkehrer, die es wagen.

Kategorie

🗞
News
Transkript
00:00.
00:07Syrien, bis heute geprägt von einer der weltweit größten Flüchtlingskrisen.
00:12Millionen mussten ihre Heimat verlassen.
00:15Ich wünschte, ich hätte in Aleppo bleiben können,
00:19aber die Sicherheitslage ließ das nicht zu.
00:22Nach dem Sturz des Assad-Regimes sind Zehntausende Syrer zurückgekehrt,
00:26in der Hoffnung, ihre vom Bürgerkrieg gezeichnete Heimat wieder aufzubauen.
00:33Es war eine schwere Entscheidung, zurückzukehren.
00:38Mehr als 14 Millionen Menschen wurden vertrieben,
00:41seit der Konflikt 2011 begann.
00:44Diese Reportage folgt einer Syrerin und zwei Syrern,
00:48die nach Jahren im Exil zurückgekehrt sind.
00:53Es ist unsere Heimat, unser Land.
00:56Es ist letztlich, was zählt.
00:59Willkommen, kommt rein.
01:05Hallo, Aihun.
01:06Willkommen, kommt rein.
01:08Hallo, Aihun.
01:10Hallo, Aihun.
01:12Fatima Sahra verbrachte gemeinsam mit ihrer Familie fast zehn Jahre in Deutschland,
01:27nachdem in ihrer Heimatstadt Aleppo die Gewalt eskaliert war.
01:31Sie hat sich entschieden, zurückzukehren.
01:34Sie will ihre Kinder in einem Umfeld großziehen, in dem sie sich verwurzelt fühlt, kulturell und religiös.
01:40Ihr Ehemann ist vorerst in Deutschland geblieben, um dort zu arbeiten.
01:43Jeden Tag telefonieren sie, dann geht sie die Kinder von der Schule abholen.
01:47In Deutschland waren wir immer die Ausländer. Wir sind oft angefeindet worden.
01:54Die Unterschiede in den Gepflogenheiten, den Traditionen, den Prinzipien, das hat es uns sehr schwer gemacht.
02:00Hallo.
02:02Jeden Tag bringe ich die Kinder zur Schule und hol sie wieder ab, obwohl es eigentlich einen Schulbus gibt.
02:14Aber ich mache es lieber selbst, um den Kindern die Umstellung zu erleichtern.
02:19In Deutschland haben sie auch nicht den Bus genommen.
02:22Auf geht's, zieht euch um und dann gibt's Mittagessen.
02:25Im Hof wartet Schildkröte Shakira, dass die Jungs Hallo sagen.
02:32Die Schildkröte hatten wir schon vor unserer Flucht. Mein Bruder hat sie uns geschenkt. Er hat ihr den Namen gegeben.
02:40Er mochte den Fußball-WM-Song von Shakira. Der war damals überall zu hören.
02:45Jetzt sind wir zurück und die Schildkröte ist immer noch da.
02:50Dann hat sie das alles hier allein überlebt?
02:52Ja, ganz allein. Eine Kriegsüberlebende.
02:59Fatima zeigt uns die Spuren des Bürgerkriegs. Kugeln, Granaten, Bomben haben auch ihr Haus beschädigt.
03:06Doch sie sagt auch, der Wiederaufbau sei eine Freude, sowohl ihres Hauses als auch des ganzen Landes.
03:12Wer nach einem Krieg den Wiederaufbau eines Landes miterlebt, ist miteinander verbunden. So wie in Deutschland und Japan nach dem Zweiten Weltkrieg.
03:22Sie haben mitgeholfen und haben so einen Patriotismus entwickelt. Und das wünsche ich mir auch für mich und meine Kinder, dass wir auch so eine Erfahrung machen.
03:29Aleppo war einst Syriens größte und florierendste Stadt. Doch dann wurde sie zum Schlachtfeld des Bürgerkriegs, der 2011 ausbrach.
03:44Hunderttausende wurden getötet, Zehntausende werden noch vermisst.
03:51Jahrelang kämpften Einheiten der Opposition und Truppen des Diktators Bashar al-Assad um die Kontrolle von Aleppo und zerstörten die Stadt.
04:01Bis heute sind die historischen Viertel und der größte Teil der Infrastruktur von Aleppo Ruinen.
04:13Amr Yakan ist Rechtsanwalt und stammt aus Aleppo. Auch er ist jetzt zurückgekehrt.
04:19Willkommen. Hier gibt's leider keinen Strom. So ist das nun mal in Aleppo.
04:23Da oben, da gab's eine Art Überdachung. Mit Ziegelsteinen. Es wurde von einer Granate getroffen und zerstört. Wenigstens zum Teil.
04:38Wir haben es gerade wieder aufgebaut.
04:45Amr floh im Jahr 2013 aus Syrien. Erst nach Dubai, dann in die Türkei und dann Kanada.
04:51Dort baute er sich mit seiner Frau und seinen beiden Kindern ein neues Leben auf.
04:56Und doch verspürte er eine Art Pflicht, zurückzukehren.
05:02Das war eine sehr mutige Entscheidung, würde ich sagen.
05:08Das war kurz bevor ich eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung für Kanada bekommen sollte und sogar die kanadische Staatsbürgerschaft.
05:15Ich habe darauf verzichtet und bin zurück. Und jetzt bin ich so froh.
05:21Das war alles eine Illusion. Ich habe mich immer gefragt, ob ich jemals zurückkomme. Ich war verzweifelt.
05:26Jeden Tag tourt Amr durch das Zentrum von Aleppo.
05:36Alles in Ruinen, kaum etwas funktioniert noch.
05:40Dennoch sagt er, wichtig ist allein, dass er wieder zurück ist.
05:43Die Leute fragen mich immer, bist du sicher, dass du hierher zurück willst? Bist du verrückt in diesen Zeiten?
05:53Sie können es nicht glauben. Und das macht mir ein schlechtes Gewissen, als ob ich etwas Falsches täte.
05:57Ich weiß, dass ich im Ausland ein luxuriöses Leben führen könnte, aber eben ohne meine Familie und ohne mein Heimatland.
06:08Schau, wie die Leute dort vor der Bank anstehen, um ihren Lohn zu bekommen. Möge Gott ihnen beistehen.
06:13Amr nimmt uns mit zu der Moschee, die seine Vorfahren in der Altstadt gebaut haben, vor fast 300 Jahren.
06:28Er erzählt uns, dass sein Vorfahr, Ottoman Bashar Yagan, im 18. Jahrhundert der Herrscher von Aleppo war.
06:34Wie ihr sehen könnt, wurde die Moschee im Jahr 1728 erbaut. Die Moschee wurde von den Regierungstruppen beschossen und schwer beschädigt.
06:47Aber meine Familie hat sie wieder aufgebaut. Drinnen sind die Grabstätten meiner Vorfahren.
06:51Sie fragen mich immer, warum bist du zurückgekehrt? Weil hier meine Seele steckt.
07:12Amr erzählt uns, mit jeder Ecke hier verbinde er wertvolle Erinnerungen.
07:17An einem Tag war der Beschuss besonders heftig und es traf einen Halbmond, der oben auf der Kuppel angebracht war.
07:27Den habe ich mir geschnappt und bin davon gerannt. Er war komplett aus Kupfer und fast 300 Jahre alt.
07:34Ich habe ihn mit ins Exil genommen, nach Dubai, nach Istanbul, Toronto.
07:40Und jetzt habe ich ihn wieder zurückgebracht. Die ganze Zeit war er bei mir und jetzt habe ich ihn der Moschee zurückgegeben.
07:52Aleppo ist nicht die einzige syrische Stadt, die in Trümmern liegt. Fast 14 Jahre Bürgerkrieg haben weite Teile des Landes verwüstet.
07:59Das wird auch in den Randbezirken der Hauptstadt Damaskus deutlich. Jetzt wieder das Zuhause von Fadi Al-Khatib.
08:06Wenn ich morgens aufwache, frage ich mich als erstes, ob ich wirklich in Damaskus bin, ob das Realität ist.
08:22Ich schaue auf mein Handy und checke das Datum. Ist das echt oder träume ich noch?
08:26Fadi Al-Khatib ist 32 Jahre alt. Er ist Filmemacher und Fotograf. Er stammt aus Aleppo, flüchtete im Bürgerkrieg zunächst nach Idlib, damals eine Hochburg der Opposition.
08:41Doch 2023 ereignete sich dort ein Erdbeben, bei dem er seine Familie verlor. Deshalb zog er weiter nach Großbritannien.
08:48Ich habe dort Asyl beantragt. Aber bevor es eine Entscheidung gab, ist das Assad-Regime gestürzt. Also bin ich zurück, um beim Wiederaufbau zu helfen.
09:00Wenn du ein Trauma erleidest, verändern sich deine Träume, deine Ziele. Jedenfalls ist das bei mir so. Ich will das große Ziel meines Bruders am Leben erhalten.
09:12Fadis Bruder Yaman war sein großes Vorbild. Ein bekannter Journalist und Filmemacher, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte,
09:24all die Grausamkeiten und Missstände in Syrien ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen.
09:29Yaman hatte den Traum, einen Film zu drehen, der das Leid der syrischen Bevölkerung veranschaulicht. Aber das blieb ein Plan. Fadi will ihn nun verwirklichen.
09:38Ich arbeite an einer Geschichte über Kinder, die nicht zur Schule gehen, sondern arbeiten müssen.
09:46Aus meiner Sicht ist das der Kern von allem.
09:50Wenn Syrien wieder auf die Füße kommen will, dann braucht es eine neue, gebildete Generation.
09:56Kinder sollten zur Schule gehen und nicht arbeiten müssen.
09:59Für meine Generation ist es schwer, Syrien wieder aufzubauen. Wir können nur den ersten Schritt machen.
10:07Es ist die nächste Generation, auf die es ankommt. Und wenn die ungebildet ist, wird das nichts.
10:13Syrien ist im Moment in einer schwierigen Phase. Nach dem Sturz von Bashar al-Assad versucht eine Übergangsregierung die staatlichen Institutionen wieder aufzubauen.
10:28Aber das ist nicht leicht, angesichts einer schweren Wirtschaftskrise, einer volatilen Sicherheitslage und sozialer Unruhen.
10:34Es ist ein mutiger Schritt, jetzt nach Syrien zurückzukehren. Viele Herausforderungen gilt es zu meistern.
10:45Ich habe mir große Sorgen gemacht um die Kinder, wie sie den Schulwechsel hinbekommen. Klar, sie sind traurig.
10:52Tja, mal wieder ein Stromausfall. Jetzt warten wir, dass der Generator anspringt.
11:01Wir sind in einer Übergangsphase. Hier in Aleppo gibt es zwei Stromquellen. Die öffentlichen und die privaten.
11:12Drei Leben, drei Schicksale in einem Syrien, das sich verändert.
11:18Ich bin zuversichtlich und werde mein Bestes tun. Nicht nur für mich, sondern für meine Kinder und meine künftigen Kinder.
11:26Und meine Freunde. Und meine Familie, die ich verloren habe.
11:31Wir haben eine Revolution gewagt. Und das nicht, um uns im Ausland ein schönes Leben zu machen.
11:37Jetzt, da unser Land frei ist, müssen wir uns engagieren. Das ist eine Pflicht, der wir uns stellen müssen.
11:44Ich hoffe, dass wir die Ziele der Revolution erreichen werden. Und dass wir als ganze Familie Fuß fassen.
11:57In Deutschland wären wir nur die Ausländer geblieben.
12:08Es wird noch viele Jahre brauchen, bis Syrien seine dunkle Vergangenheit hinter sich lässt.
12:13Das ist Fadi, Amr und Fatima klar.
12:15Doch sie sind überzeugt davon, dass ein Neuanfang möglich ist.
12:20Musik
12:30youtuber
12:33Vielen Dank.
Schreibe den ersten Kommentar
Kommentar hinzufügen

Empfohlen