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  • vor 2 Tagen
Der Letzte seines Standes - Der Rheinfischer aus Xanten

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Transkript
00:00Fortschritt, das heißt auch Abschied nehmen.
00:11Ein Erbe von Können und die Weisheit ungezählter Generationen steckt in den alten Berufen.
00:18Vielleicht haben wir gerade noch Zeit, sie im Bilddokument für uns zu behalten, die letzten ihres Standes.
00:24Was war ihre Arbeit wert auf dem Markt von damals?
00:32Welche Werkstattgeheimnisse können sie uns noch verraten?
00:36Wie sind sie geworden in ihrem Werk?
00:38Schon seit vielen Jahrhunderten nutzen die Menschen die Wasser des Rheins nicht nur zu Transportzwecken.
01:00Der Fluss hat seine Anwohner immer auch ernährt.
01:02Die Binnenfischerei am Niederrhein gehörte einst zu den bedeutendsten in Europa mit einem vielfältigen Fischereihandwerk.
01:11In dem kleinen Dorf Griet, zwischen Rees und Emmerich, lebt Rudi Hell in unmittelbarer Nähe des Rheins.
01:18Er ist einer der letzten Flussfischer, der sein Handwerk noch nach alter Tradition ausübt.
01:23Sein ganzes Leben hat er mit dem Strom verbracht.
01:31Er ist mit ihm verwachsen, wie es seine Vorfahren auch schon waren.
01:34Mit seinem Beiboot macht er sich jeden Morgen, kurz nach Tagesanbruch, auf, um nach dem Fang der Nacht zu sehen.
01:42Das ist seine Anita, ein sogenannter Aalschocker.
01:45So nennt man diese in Holland entwickelten Flachboote ohne Kiel, die besonders für die Aalfischerei im Rhein gebaut worden sind.
01:54Der Aalschocker, und das ist das Besondere, hat keinen Motor.
01:59Zum Fischfangen wird er also nicht bewegt.
02:01Das Geheimnis der Aalschocker sind die zwei Auslegerbäume, die das ausgebreitete Fangnetz am Grund des Rheins halten.
02:26Wird der Unterbaum hochgezogen, schließt sich das Netz.
02:30An Ober- und Unterbaum ist es befestigt.
02:34Es ist so breit wie die Auslegerbäume und 30 Meter lang.
02:39Der untere Fangbaum ist mit einer Kette beschwert und liegt nachts auf Grund.
02:44Wie in einem großen Trichter schwimmen die Fische ins Netz hinein.
02:53Wird der Unterbaum hochgezogen, schließt sich das Netz.
03:00Der Aalschocker kommt ursprünglich aus Holland und die sind auch in Holland gebaut worden, in Schokland.
03:10Und daher Aalschocker, weil er aus Schokland kommt, daher hat er den Namen.
03:16Die meisten Fischer, da waren ja alles Holländer, die auf den Schokern waren.
03:22Im Frühjahr wurden die Schokern, da kam ein Schlepper, der hatte zehn Schokern hinter sich hängen.
03:29Und überall an den einzelnen Stationen, wo die hin mussten, haben die die losgemacht.
03:35Und da sind die vor Anker gegangen, den ganzen Sommer über haben die gefischt, bis zum Herbst hin.
03:42Wenn die die Frau da hatten, hatten die auch die Kinder mit am Schiff drauf.
03:46Und so lebten die total hier auf dem Schokern.
03:51Das Leben fand bis weit in die 60er Jahre hier auf dem Schiff statt.
03:55Am Ende des langen Netzes, das jetzt durch die hochgezogenen Ausleger hinter dem Schokker in der Strömung treibt,
04:25ist eine Reuse.
04:29Vom Großvater hat Rudi Hell die Fischerei am Rhein gelernt.
04:33Er erzählte ihm auch, wie schlau die Aale sind und wie schwer man sie fangen kann.
04:40Das Fanggerät wird vom großen Netz getrennt.
04:44Über Nacht lag es weit geöffnet aufgrund, um die stromabwärts wandernden Fische
04:49am immer enger werdenden Netz entlang in die Reuse zu führen.
04:55Das tut der Briesen, das tut da rein.
05:00Das wurde von der Angler am Haken gewesen.
05:07Maul verletzt.
05:15Kein einziger, doch einer.
05:20Das ist der Vollmond.
05:21Der Vollmond ist der Feind der Aalfischer.
05:30In hellen Mondnächten und tagsüber verstecken sich die Aale gern in kleinen Buchten und Reinarmen
05:36und warten dann instinktiv auf dunkle Nächte, um sich dann erst auf ihren gefahrvollen Weg zu machen.
05:42Vom April bis in den November sind die geschlechtsreifen Tiere nächtens stromabwärts unterwegs in den südlichen Atlantik,
05:55um dort zu leichen.
05:58Der Zander.
06:01Der Zander ist ein Delikatesfisch, immerhin etwas.
06:05Der bekommt nun nicht seine Freiheit.
06:07Er landet im Kochtopf eines Restaurants.
06:14Rudi Hell ist unzufrieden.
06:16Schon die ganze Saison über fängt er so wenig.
06:20Vielleicht ist es das alte Netz.
06:22Es hat zu viele Rüsse und Löcher.
06:24Er hat sich ein neues anfertigen ließen.
06:26Die Größe und Weite des neuen Fangnetzes aus einer Kunststofffaser ist so ausgelegt,
06:37dass es bei normalem Wasserstand gerade bis auf den Grund reicht.
06:40Die Maschen, das ist eine Größe.
06:43Wenn jemand das sieht, dann sollte er sagen, da könnte man keine Aale mit fangen,
06:48weil die Aale all da durchschlüpfen würden.
06:50Aber in der Strömung ziehen die Maschen sich so auf dieser Länge zusammen
06:55und der Aal merkt dann, dass da ein Widerstand ist
06:58und bleibt dann eine Handbreite von den Maschen weg.
07:03Früher waren die Netze aus Baumwolle
07:05und die mussten alle vier Wochen, wenn Vollmond war,
07:10mussten die gelohnt werden, gedrängt.
07:12Dann konnte man da wieder vier Wochen mit fischen.
07:14Und so ging das immer.
07:16In vier Wochen Rhythmus musste das ganze Netz an Land.
07:19Und da stand ein großer Bottich, da wurde Katschuk gekocht.
07:23Und dann wurde das Netz da reingeschmissen,
07:26über Nacht dringelassen
07:28und dann aufgehängt zum Trocknen.
07:31Und dann konnten die wieder vier Wochen fischen mit dem Netz.
07:34Der Fischer hat die beiden Auslegerbäume
07:36für die Montage des neuen Netzes vorbereitet.
07:40Sein Sohn Guido hilft ihm dabei.
07:41Sie ziehen die Ausleger in die richtige Position,
07:45um das Netz zu befestigen.
07:48Die beiden Fangbäume bestehen aus ganzen Tannenholzstämmen.
07:52Besonders bei Hochwasser halten sie einen enormen Druck aus.
07:56Der untere Baum ist mit einer schweren Eisenkette umwickelt,
07:59damit er sich gegenüber dem oberen Baum
08:01schnell auf den Grund des Rheins absenkt
08:04und so das Netz öffnet.
08:06Zuerst an der Bordseite befestigt der Fischer das Netz
08:13am oberen und unteren Fangbaum
08:16mit Schäkeln an je zwei Haltepunkten.
08:19Dann wird das Netz zum anderen Ende der Ausleger herübergezogen,
08:23um es auch dort am Ober- und Unterbaum festzumachen.
08:25Die Schäkel werden zusätzlich mit einem Draht gesichert.
08:30Der Rhein führt viel Wasser, die Strömung ist stark.
08:34Diese Arbeit empfindet Rudi Hell als reinste Plackerei.
08:37Aber nun ist es geschafft.
08:39Das Netz ist an den Auslegern festgemacht
08:41und kann mit den Bäumen geöffnet und geschlossen werden.
08:45Ein Ankerseil sorgt dafür,
08:47dass der Ober- und Unterbaum
08:48in der richtigen Position zum Schiff bleibt.
08:50Für heute lässt es Rudi Hellgut sein.
09:00Um Fische zu fangen,
09:02müsste die Räuse jetzt erst noch
09:03mit dem Netz verbunden werden.
09:05Aber das hat bis morgen Zeit.
09:14Ich mache jetzt die Räuse dran.
09:17Hier an der großen Keule kommt die Endreuse dran.
09:20wo die Fische nachher drin kommen.
09:23Die Räuse macht das Netz erst zum Fanggerät.
09:25Ihre besondere Konstruktion verhindert,
09:27dass die Fische zurück können.
09:29Jetzt ziehe ich diese Schnur hier durch.
09:32Das ist eine Zusatzsicherung.
09:36Wenn dieses sich mal über den Ring stülpen würde,
09:41dann wäre die Räuse weg.
09:43Hier ist jetzt die zweite Kehle.
09:44Wenn die Fische da durchschwimmen,
09:48und wenn die umdrehen,
09:49schwimmen die hier hinten an der Kante,
09:51hier in die Ecken rein
09:52und finden den Ausgang nicht mehr.
09:55Die letzte Kehle liegt ganz flach aufeinander.
10:00Dann sitzt er hinten drin und ist abgeschlossen.
10:04Um das Netz mit der Räuse so ins Wasser zu bringen,
10:23dass sich beides nicht verfängt,
10:25wird das Fanggerät vorsichtig mit einem Drahtseil
10:28über den Hauptmast in die Strömung abgelassen.
10:42Der untere Fangbaum wird langsam auf Grund gesetzt.
10:46Die schweren Ketten halten ihn dort am Boden.
10:48Dann wird der Oberbaum kurz unter die Wasseroberfläche gelegt.
10:51So wird er reich,
10:52dass sich das Netz wie ein großer Trichter in der Strömung öffnet.
10:55Für die meisten Fische,
10:57die zwischen Rheinufer und Schocker unterwegs sind,
11:00ist das das Ende der Reise.
11:01Ich werde jetzt die Räuse hier flicken.
11:03Da ist ein Loch von der Biesam.
11:06Die Ratte ist da durchgegangen.
11:09Das Loch muss ich jetzt wieder zuflicken.
11:20Als ich sechs Jahre alt war,
11:22habe ich schon bei den alten Fischern gesessen.
11:25Die saßen mit vier, fünf Leuten in einem Raum
11:30und da hatten Tische da drin stehen
11:32und hatten ein Netz über den Tisch gespannt
11:35und haben an den Tisch gestrickt.
11:38Und dann habe ich zugeguckt,
11:40wie die gestrickt haben.
11:42Und dann war sofort nach dem Krieg.
11:45Dann haben die Leute,
11:46die hatten einen Wasserkessel am Ofen stehen,
11:49zum Eierkochen.
11:49Und dann habe ich als Kind Eiernetzchen gestrickt.
11:54Da waren kleine Netzchen so
11:56und da kamen dann fünf oder zehn Eier,
11:59gingen da rein.
12:00Und dann wurden die mit dem Netz
12:02in den kochenden Kessel reingehängt.
12:05Und damit das alles vier Minuten Eier wurden.
12:09Nach vier Minuten wurde das Netz rausgezogen.
12:13Und dann brauchten die Leute,
12:14die nicht alle mit dem Löffel aus dem Kessel zu fischen.
12:16Das letzte Ei, was rauskam, war knochenhart.
12:19Und so haben die alles vier Minuten Eier gehabt.
12:23Und als Kind kriegte ich 50 Pfennig für so ein Netz.
12:26Da habe ich mein Taschengeld mitverdient.
12:29Da war ich sechs Jahre.
12:38Am nächsten Morgen ist Rudi Hell gespannt,
12:41wie sich das neue Netz bewährt hat.
12:44Der Wasserstand des Rheins ist nach wie vor hoch.
12:47Der untere Fangbaum kann nicht ganz auf Grund liegen.
12:51Die fatale Folge,
12:52es ist zu viel Platz zwischen Rheingrund und Netz.
12:56Notgeschätzt, ein Aal.
13:08Zwei Aale.
13:15Nur zwei Aale und zwei Krabben.
13:20Krabben im Rhein, wie ist das möglich?
13:23Das sind auch noch Barsche,
13:24Weißfische, Rotfedern, Ukelei.
13:27Die kommen wieder ins Wasser.
13:29Die Möwen, die warten da hinten schon.
13:35Das ist eine chinesische Wollhankrabbe.
13:37Mein Opa hat 1928 die erste hier im Rheingefangen.
13:41Da wussten die noch gar nicht, was das für ein Tier war.
13:44Die sind mit den Seeschiffen von China hier hingekommen.
13:47Die haben Ballasttank, wo die Wasser reinpumpen,
13:51damit das Schiff besser liegt bei Wellengang.
13:54Und wenn die in Rotterdam sind, wird das Wasser wieder rausgepumpt.
13:58Und dann sind die kleinen Wollhankrabben da drin gewesen in dem Wasser.
14:02Und die haben sich so vermehrt, dass das heute eine Plage ist.
14:07Ja, Chinesen, die fragen schon mal danach.
14:09Die nehmen die aber privat für sich, nicht im Restaurant.
14:14Das sind mittelgroße Aale.
14:17Leben kann man sie kaum packen, sie sind einfach zu glitschig.
14:20Das ist eine Schutzschicht für die Haut, der Schleim.
14:24Damit die Haut nicht verletzt wird.
14:26Wenn die irgendwo durchkriechen, dann sind die glatt.
14:28Und das schützen die da, die Haut.
14:35Hier, die tun wir auch rein.
14:43Mittags bringt Rudi den Fang des Tages nach Hause in sein Wasserbecken,
14:47in dem die Aale und andere Fische zwischengelagert werden.
14:51Von hier aus kann er sie dann an Kunden verkaufen
14:53oder auch für den Eigenbedarf nutzen.
14:58Aalsuppe ist das traditionelle Gericht am Niederrhein.
15:03Seine Frau, na, wie heißt die wohl, Anita natürlich,
15:06sie macht ihm die Freude und kocht die Suppe nach altem Familienrezept.
15:12Seit seinen Kindertagen ist Oma Hels Aalsuppe sein Leibgericht.
15:16Früher war das für die Fische eine wichtige Mahlzeit.
15:19Die tägliche raue Arbeit auf dem Wasser erforderte kraftvolle Nahrung.
15:24Den Aal in heißem Wasser garen, das Fleisch von der Gräte abschälen
15:27und der Brühe wieder zusetzen, in der der Fisch vorher gekocht wurde.
15:32Mit den Öhren, Sellerie und Lauch die Suppe verfeinern
15:35und schließlich mit Pfeffer abschmecken.
15:38Früher, so berichtet Rudi Hell, gab es jeden Tag Fisch.
15:42Das war am Niederrhein das Grundnahrungsmittel.
15:44So, da hast du deine Aalsuppe, bitte.
16:00Alles richtig drin.
16:04Schärf genug.
16:05Der Rhein hat auch jetzt im Sommer einen zu hohen Wasserstand.
16:16Seit 70 Jahren hat Rudi Hell so etwas nicht erlebt.
16:19Die Wucht des Wassers rückt das Schiff trotz der vier Anker immer weiter stromabwärts.
16:23Der Liegeplatz des Schockers ist für den Fischfang das A und O.
16:30Die raffinierten Aale lassen sich nämlich in der Hauptströmung treiben,
16:34um Kraft zu sparen für ihren weiten Weg zu den Laichplätzen im Atlantik.
16:39Der Standort des Bootes muss deshalb korrigiert werden.
16:43Mehr in die Hauptströmung.
16:44Ein Schlepper nimmt das Schiff an den Haken.
16:48Dazu müssen die Anker gelichtet und stromaufwärts neu gesetzt werden.
16:54Rudis Sohn Guido hilft ihm wieder bei der schweren Arbeit.
16:58Ich schmeiße den Draht mal einfach ganz weg.
17:06Das Anker habe ich hochgedreht.
17:09Das hängt bloß auf den Kopf.
17:11Ich brauche nur den Schocker fürdrehen, langsam fürdrehen.
17:24Schlepperkapitän Fritz und Rudi kennen sich seit 50 Jahren.
17:28Sie unterhalten sich in einem Dialekt,
17:31der hier im Grenzgebiet zwischen Holland und Deutschland
17:33seit Menschengedenken gesprochen wird.
17:41Rudi und sein Sohn lichten nacheinander die Anker.
17:48Der Schlepper zieht den Aalschocker stromaufwärts.
17:52Mit der großen Handkurbel einer Winch
17:54werden alle Anker einer nach dem anderen beigeholt.
17:57Noch ein kleines bisschen mehr.
18:04Der Schlepper zieht den Schocker Meter um Meter
18:07in den sogenannten Prallhang des Flusses.
18:11Hier treibt das Wasser aus einer Kurve auf das Ufer zu.
18:14Hier ist die Hauptströmung.
18:15Das Schiff liegt nun in der Hauptströmung.
18:33Die Anker werden wieder herabgelassen,
18:35einer nach dem anderen.
18:36Bei dem hohen Wasserstand
18:37muss Rudi viel Kette und Seil nachgeben.
18:40Aber jetzt hat der Schocker seine neue Position.
18:42Auch hinten sichert Sohn Klaus den Heckanker,
18:46der das Boot gerade in der Strömungsrinne hält.
18:49Der Schlepper zieht den Schocker nochmals
18:51in die Ankerpositionen,
18:53damit sich die Anker fest in den Rheingrund eingraben.
18:57Auch die Landverbindung zu einem mächtigen Baum
18:59ist wieder neu gesetzt und festgemacht.
19:02Jo, bis zum nächsten Tag, Fritz.
19:05Ja, sag Bescheid.
19:12Nach fünf Stunden Arbeit sind alle vier Anker neu gesetzt.
19:17Das Schiff liegt jetzt da,
19:19wo der Fischer den großen Fang wittert.
19:22Früher, wie mein Opa noch gefischt hat und alles,
19:27da haben die nur von Fisch gelebt.
19:31Mein Opa und Ururgroßvater,
19:36die haben nachweislich bis 300 Jahre lang
19:43liegt die Fischerei in der Familie.
19:45Ganz groß war ja die Salmfischerei am Rhein.
19:48Wenn die Salme kamen,
19:52dann waren die Tag und Nacht,
19:54waren die Leute unterwegs,
19:56um Salme zu fangen.
19:59Wir hatten große Treibnetze mit den Nachen,
20:02segelten die hoch bis nach Reis hin.
20:05Und dann hatten die die großen Treibnetze,
20:08bis zu 250 Meter,
20:10hatten die im Kahn drin.
20:12Und dann wurden über dem Rhein ausgefahren
20:16und ließen den Rhein abwärts treiben,
20:19das Netz bis Griet.
20:21Aber vorher wurde in Emmerich die Schifffahrt gesperrt.
20:25Da mussten die Schiffe vor Anker gehen.
20:27Und dann nach drei, vier Stunden
20:29durften die dann weiterfahren,
20:31wenn die Fischer das Netz eingeholt hatten.
20:33Und dann durften die wieder Anker lichten
20:36und dann ging die Schifffahrt wieder weiter.
20:38Das wäre halt undenkbar.
20:40Da war früher auch eine Verkehrsstraße,
20:42aber nicht so belebt wie heute.
20:44Früher ging alles langsam, langsam, langsam.
20:50Es war die unbarmherzig zunehmende Industrialisierung,
20:54die den Rhein derart verschmutzte,
20:56dass das große Fischsterben begann.
20:58Ab den 1970er Jahren
21:00war kommerzieller Fischschwang
21:01schließlich so gut wie unmöglich.
21:03Der Fisch im Rhein war ungenießbar
21:05oder ausgestorben.
21:06Rudi Helbe schränkte sich in dieser Zeit
21:08auf das Fischen mit Reusen
21:10in abgelegenen Rheinarmen.
21:12Die schlimmsten Jahre waren von 1946 bis 1963.
21:20Das waren die schlimmsten Jahre
21:22mit der Rheinverschmutzung.
21:24Da war alles so,
21:25da konnte man den Rhein schon von Kilometer weit riechen.
21:30Kabul-Geruch.
21:32Und die Fische schmeckten nach Kabul.
21:34Man konnte keine Fische mehr essen.
21:37Und dadurch verschwand der Lachs total.
21:41Ich habe als Kind 1947
21:43beim Eisgang,
21:46da war der Rhein zugefroren
21:48und da ging das Eis wieder in Bewegung,
21:51den letzten Lachs hier in Grit gefangen.
21:53Der wog damals 43 Pfund.
21:56Und der wurde durch die Eisschollen,
21:59wurde das ganze Eis,
22:00der wurde an Land geschoben.
22:03Und da war der Lachs zwischen.
22:05Er wurde mit auf die Wiese geschoben.
22:07Und als Kind habe ich den dann gefangen.
22:10Dreck an die Kiemen gekriegt,
22:11an Land gezogen.
22:12Da waren noch zwei Jungs dabei.
22:15Und dann haben wir den mit drei Mann
22:17und dann haben wir den nach Hause geschleppt.
22:19Da war der letzte Lachs,
22:21der hier damals gefangen worden ist.
22:23Durch europäische Schutzabkommen
22:47ist das Wasser des Rheins sauberer geworden.
22:50Viele Fischarten haben sich wieder angesiedelt.
22:52Doch der Fischer hat heute ein anderes Problem.
22:56Besonders bei hohem Wasserstand
22:57sammelt sich allerlei Müll im Netz.
23:00Die weite Öffnung nimmt alles auf, was kommt.
23:03Abgesehen von den Umweltauswirkungen im Rhein selbst
23:07zerstört der Müll auch das Fanggerät.
23:10Ganze Kühlschränke hat Rudi Hell schon aus seinem Netz geholt.
23:13Ja, und wo soll er jetzt mit dem ganzen Müll hin?
23:20Bei Wind und Wetter.
23:21Jeden Morgen versucht der Fischer wieder sein Glück.
23:25Der Rhein ist sauber geworden.
23:27Mehrere Zuchtstationen haben mit großem Erfolg
23:29wieder Lachse in deutschen Flüssen angesiedelt.
23:33Universitäten und die Rheinfischereigenossenschaft
23:36bemühen sich ebenfalls intensiv um die Aufzucht.
23:38Große Lachse sind aber immer noch eine Rarität im Rhein.
23:44Rudi Hell wäre ja schon mit ein paar dicken Aalen zufrieden.
23:48Aber außer Grünlingen, Weißfischchen, Barschen und mehr neuen Augen,
23:52für ihn ist wieder nichts dabei.
23:53Aber junge Lachse sind da.
23:59Sie folgen ihrem Instinkt und sind auf dem Weg in den nördlichen Atlantik.
24:04Das ist ein Lachs, die kommen jetzt von oben runter.
24:07Und das ist ein wildgeborener.
24:09Der hat diese Fettflosse hier noch.
24:11Die ist noch da.
24:12Und aus der Brutanstalt werden die abgeknipst.
24:16Dadurch kann man sehen, ob die wild geboren oder aus dem Brut kommen.
24:21Und die braucht die Rheinfischereigenossenschaft für Untersuchungen.
24:25Und da können die auch feststellen, wo die herkommen.
24:28Die ganze Wanderung von den Lachsen untersuchen die.
24:39Der Rhein hat Hochwasser.
24:42In vergangenen Katastrophen haben die Menschen gelernt, sich vorzubereiten.
24:46Durch höhere Deiche glauben die Menschen, den Strom in sein Bett zwingen zu können.
24:52Bei Hochwasser fischt Rudi Hell nicht.
24:55Es wäre aussichtslos, denn er könnte den Unterbaum nie auf den Grund absenden.
25:00Stattdessen schaut er gewissenhaft nach dem Rechten.
25:14Das Wasser bleibt hoch.
25:16Der Fischer setzt auf die andere Rheinseite über, um in der Nähe des Ufers nach seinen Handreusen zu schauen.
25:23Es ist eine andere Methode, um Aale zu fangen.
25:25Drei Reusen liegen fest hintereinander, verbunden auf dem Grund des Rheins.
25:37Anker halten die Fanggeräte in der Strömung.
25:40Der Fischer holt mehrere hintereinander mühsam ins Boot.
25:43Endlich sind auch ein paar Aale dabei.
25:56Schöne, ausgewachsene Exemplare, die sich nachts in der Reuse verfangen haben.
26:00Doch es ist einfach zu wenig, was der Fischer fängt.
26:05Früher, zu Großvaters Zeiten, gab es Aale in rauen Mengen.
26:09Es fehlt heute an Aal-Nachwuchs.
26:11Vom Atlantik kommend, erreichen viele junge Aale den Rhein und seine Nebenflüsse nicht mehr.
26:16Es wird so schlecht mit dem Aal, der wird wohl auf die rote Liste kommen.
26:34Dann sieht es ganz schlecht aus mit Aalfangen.
26:37Dann kommen schon Zeiten.
26:40Und dann Einschränkungen noch und noch.
26:45Nur machen die die Einschränkungen an der falschen Seite.
26:51Die müssen an der Quelle anfangen, woher die wenigen Aale hier bei uns sind.
26:59Woher das kommt.
27:02Denn wenn die Milliarden von Glas-Aalen wegfangen, die unterwegs hier zum Rhein sind,
27:08dann können wir hier nicht mehr viel Aal haben.
27:10Und dann fangen die hier am Rhein an und sagen,
27:14der Aal stirbt aus.
27:16Dann müssen die die Sache mal auf den Grund gehen, warum der Aal ausstirbt.
27:22Glas-Aale sind junge, fast durchsichtige Fischchen.
27:25Nicht viel größer als ein Bleistift, die vor den Bahamas im südlichen Atlantik geboren sind.
27:31Über viele tausend Kilometer sind sie auf dem Weg zurück,
27:34zu den heimischen Plätzen ihrer Eltern, in die Flüsse Europas.
27:37Aber entlang der spanischen Atlantikküste fangen die dortigen Fischer die jungen Glas-Aale tonnenweise weg.
27:45Der Tourist verlangt nach ihnen.
27:48Glas-Aale werden an spanischen Stränden wie Pommes frites frittiert verkauft.
27:52Wieder einmal hat Rudi Hell sein Tagwerk beendet.
28:10Wie so oft gab es keinen großen Fang.
28:15Der hohe Wasserstand, die spanischen Fischer, vieles macht ihm das Leben schwer.
28:21Aber so leicht lässt sich der Fischer Rudi Hell nicht unterkriegen.
28:25Solange er auch nur einen Abnehmer für seinen Fisch findet,
28:29wird er seinem Beruf weiter treu bleiben.
28:31Als der letzte Rheinfischer in Deutschland.
28:34Das war in Gottes Namen ein alter Schifffahrtsbrauch.
28:51Das war in Gottes Namen ein alter Schifffahrtsbrauch.
29:21Das war in Gottes Namen ein alter Schifffahrtsbrauch.
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