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  • 20.6.2025

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Transkript
00:01Guten Tag meine Damen und Herren. Die meisten von Ihnen kennen sicher dieses Dokument.
00:08Eine Lohnsteuerkarte, man gibt sie am Anfang eines Jahres bei seinem Arbeitgeber ab und bekommt sie am Jahresende wieder zurück.
00:16Dann sind der Verdienst und die abgezogenen Steuern darauf eingetragen.
00:21Die meisten von Ihnen wissen sicher auch, dass man mit dieser Lohnsteuerkarte bei seinem Finanzamt den sogenannten Lohnsteuerjahresausgleich beantragen kann
00:29und dann in aller Regel vom Finanzamt Geld zurückbekommt.
00:34Die meisten von Ihnen wissen aber sicher nicht, dass man mit diesem Papier in eine Falle tappen kann,
00:38die gerissene Betrüger für alle die aufgestellt haben, die vom Lohnsteuerjahresausgleich etwas zu erwarten haben.
00:47Es gibt in fast allen größeren Städten sogenannte Lohnsteuerhilfevereine, ursprünglich durchaus begrüßenswerte Einrichtungen,
00:53die auch von den Kirchen und Gewerkschaften gefördert worden sind.
00:56In letzter Zeit haben sich aber zwischen den seriösen Vereinen immer mehr Betrüger eingenistet.
01:03Rund 100 Lohnsteuerhilfevereine wirtschaften, so schätzt beispielsweise die Staatsanwaltschaft Frankfurt,
01:07in erster Linie in die eigene Tasche.
01:11Wie Sie das machen, das wollen wir Ihnen jetzt zeigen.
01:14Die Opfer sind, wie so oft, gerade diejenigen, die mit materiellen Gütern ohnehin nicht überreichlich gesegnet sind.
01:20Nala, kriege ich auch ein Eis?
01:35Nein, du hast heute schon eins gehabt, Carola.
01:37Du weißt, wir haben nicht so viel Geld für Süßigkeiten.
01:40Sind wir denn so arm?
01:41Ja, mein Schatz, wir müssen sehr sparen.
01:44Aber bestimmt geht es uns eines Tages besser.
01:47Und dann kriegst du jedes Mal ein ganz großes Eis, hm?
01:51Für Gisela Berling ist es oft nicht leicht, ihrer Tochter Carola zu erklären,
01:56warum sie ihr viele Wünsche nicht erfüllen kann.
01:59Vor knapp einem Jahr ist ihr Mann bei einem selbstverschuldeten Verkehrsunfall ums Leben gekommen.
02:04Das Auto und auch ein Teil des Hausrates waren auf Raten gekauft.
02:09Die junge Frau hat deshalb plötzlich einen beachtlichen Schuldenberg abzutragen.
02:14Dabei ist sie dann auch noch mit der Wohnungsmiete in Rückstand geraten.
02:18Guten Tag. Zwei Pfund Brot, bitte.
02:21Mischbrot?
02:26Noch was, bitte schön.
02:28Danke.
02:292,90 Mark.
02:31Ja, danke.
02:34Na gut, noch so ein Mandelhörnchen.
02:39Seit dem Tod ihres Mannes arbeitet Frau Berling bei einer Gebäudereinigungsfirma,
02:44die zahlreiche Büros in Frankfurt sauber hält.
02:47Sie verdient netto 350 Mark in der Woche.
02:51Das reicht aber trotz Überstunden nicht aus,
02:53um neben den laufenden Ausgaben auch noch die Schulden und den Mietrückstand abzutragen.
02:58Und 4.000 Mark.
03:00Auf dem Heimweg vom Einkaufen ist sie mit ihren Gedanken so beschäftigt,
03:05dass sie einen kleinen Zettel, der auf der Straße verteilt wird, ungelesen einsteckt.
03:10Es ist ein Werbezettel mit dem knappen Text Lohnsteuer, Bargeld, Sofortauszahlung.
03:18Dazu eine Adresse und die Geschäftszeiten.
03:22Frau Berling, die den Handzettel am Abend zu Hause studiert,
03:25weiß nicht, dass Lohnsteuerhilfevereine, genauso wie Rechtsanwälte, Ärzte und Steuerberater,
03:31nicht aktiv werben dürfen.
03:34Und dass deshalb solche Zettelaktionen schon für sich allein ein Indiz für unseriöse Geschäftspraktiken sind.
03:42Beim Lesen fällt ihr lediglich ein Gespräch wieder ein,
03:46das sie mit der Personalsachbearbeiterin ihrer Firma geführt hat,
03:50als sie ihr am Jahresanfang die alte Lohnsteuerkarte ausgehändigt hat.
03:53Tag, Frau Berling, nehmen Sie doch bitte Platz. Ihre Sachen sind auch fertig.
04:03Da ist einmal der Lohn für die erste Januarwoche.
04:13Und Ihre Papiere.
04:16Papiere? Ja, wieso? Heißt das, dass ich...
04:18Nein, nein, nein, um Gottes Willen, nicht Ihre Entlassungspapiere.
04:21Das ist Ihre Steuerkarte und das ist der Versicherungsnachweis für das alte Jahr.
04:27Ach so, vielen Dank auch.
04:29Und was ich noch sagen wollte, Frau Berling,
04:31vergessen Sie nicht beim Finanzamt den Lohnsteuerjahresausgleich zu beantragen.
04:36Sie haben bei uns erst Ende April angefangen.
04:39Da müssten Sie ganz ordentlich was zurückbekommen.
04:42Ja, wieso das denn?
04:43Wie soll ich Ihnen das möglichst einfach erklären?
04:46Sie haben in den Monaten, in denen Sie nicht gearbeitet haben,
04:49Ihre Freibeträge nicht ausgenutzt.
04:52Beim Jahresausgleich wird dann Ihr Verdienst auf das ganze Jahr gewissermaßen gestreckt,
04:57sodass Sie im Durchschnitt weniger verdient haben
05:00und somit auch weniger Steuern zahlen.
05:02Also so ungefähr jedenfalls.
05:04Und was muss ich dafür tun?
05:06Sie gehen zum Finanzamt, holen sich ein Formular,
05:08das füllen Sie dann aus
05:10und geben es mit Ihrer Steuerkarte zusammen wieder ab.
05:14Das dauert natürlich ein paar Monate, bis Sie dann Ihr Geld bekommen.
05:18Aber immerhin, besser als nichts.
05:20Sicher, da haben Sie recht.
05:21Und heben Sie das Ding gut auf.
05:23Das ist wahres Geld wert.
05:25Na gut, und vielen Dank auch.
05:28Bitte.
05:30So, ach, Frau Schmidt, Ihre Sachen sind auch fertig.
05:35Frau Berling hat den gut gemeinten Hinweis nicht vergessen.
05:40Sie hatte sich damals sogar tatsächlich vom Finanzamt ein Antragsformular geholt.
05:47Aber das Ausfüllen fiel ihr schwerer, als sie erwartet hatte.
05:52So schob sie das Ganze trotz ihrer Geldschwierigkeiten immer wieder vor sich her.
05:57Den kleinen Zettel, der ihr heute in die Hand gedrückt worden ist,
06:00wertet sie jetzt als Fingerzeig des Schicksals.
06:04Und so nimmt sie sich vor, die angegebene Adresse so schnell wie möglich aufzusuchen.
06:10Der Gesetzgeber musste in die Tätigkeit der Lohnsteuerhilfevereine in den vergangenen Jahren mehrfach regulierend eingreifen.
06:19Es hatte sich nämlich gezeigt, dass diese Vereine, insbesondere ausländische Gastarbeiter,
06:31die mit den deutschen Steuergesetzen nicht vertraut sind, massenweise übers Uhr gehauen haben.
06:37Sie haben zum Beispiel ihrer Kundschaft die Steuerkarten für ein paar Mark abgekauft
06:41und sich dann beim Finanzamt die viel höheren Erstattungsbeträge auszahlen lassen.
06:47Seit 1976 dürfen die Lohnsteuerkarten nicht mehr abgekauft werden.
06:53Lediglich Banken oder deren Beauftragten ist es noch erlaubt, die Erstattungsansprüche zu beleihen.
06:59Deshalb findet sich in der Nachbarschaft eines Lohnsteuerhilfevereins heute fast immer ein Darlehensvermittler.
07:09Er zahlt den auf die Lohnsteuerkarte hin gewährten Kredit sofort aus.
07:13Als Gisela Berling in das Büro des Vereins kommt, wundert sie sich zunächst über die zahlreiche ausländische Kundschaft,
07:27die in unterschiedlichen Sprachen abgefertigt wird.
07:29Aber sie findet auch einen Schalter, an dem Deutsch gesprochen wird.
07:42Und hier bedient sogar der Chef persönlich.
07:44So, da haben wir alle Unterlagen da.
07:48So, dann nehmen Sie den Darlehensantrag gleich mit und gehen Sie rüber ins Kreditbüro,
07:53da bekommen Sie dann gleich Ihr Geld.
07:56296 Mark und 50 Pfennige.
07:57Ja, prima, ist ja toll, wie das hier funktioniert.
08:01Na bitte, nehmen Sie doch Platz.
08:05Na, junge Frau, was haben wir denn?
08:08Ich habe hier so einen Zettel gekriegt.
08:09Da wollte ich halt mal fragen, wie das ist mit meiner Steuerkarte.
08:13Ja, geben Sie nur her. Dafür sind wir ja da.
08:18Ja, hier ist die Beitrittserklärung, die müssen Sie mir unterschreiben.
08:24Na, wieso Beitrittserklärung? Was ist denn das?
08:26Das ist eigentlich nur pro forma, das können Sie ruhig unterschreiben.
08:30Wir dürfen nämlich nach dem Gesetz nur Mitglieder beraten.
08:33Deshalb sind wir offiziell ein Verein.
08:35Ach, so ist das.
08:36Dankeschön.
08:44Haben Sie denn irgendwelche Belege, Werbungskosten, Versicherung, Bausparkasse, Spenden etc.?
08:50Das habe ich nicht gewusst. Aber da ist auch nicht viel. Wissen Sie, für einen Bausparvertrag...
08:56Ja, schon gut, schon. Ich sehe schon, da kommt sowieso ein ganz schöner Batzen raus.
09:00Sie haben ja nur acht Monate gearbeitet.
09:02Ja, ja, da habe ich erst angefangen, weil mein Mann gestorben ist.
09:08Ach, ja. 514 Mark. Das kann ich Ihnen dann gleich hier auszahlen.
09:15Toll. Hier gleich bei Ihnen?
09:18Die brauche ich dann gar nicht mehr rüber ins Kreditbüro?
09:20Nee, nee, junge Frau. Ich mache das schon für Sie. Da brauchen Sie sich gar nicht erst anzustellen.
09:25Ich kann mir das Geld da selber wiederholen. Sie müssen mir nur noch ein paar Sachen unterschreiben.
09:30Bitte schön.
09:31Die Aussicht auf schnelle 500 Mark veranlasst Gisela Berling blind alle Formulare zu unterschreiben, die ihr der Mann vorlegt.
09:39Neben dem Antrag fürs Finanzamt einen Kreditantrag, zwei Abtretungserklärungen, eine Empfangsquittung und, was besonders gravierend ist, eine Aufforderung ans Finanzamt, alle Briefe in der Lohnsteuersache nur an den Verein zu schicken.
10:05So, das war's dann schon. Wir füllen das dann alles noch aus. Da brauchen Sie gar nicht drauf zu warten.
10:11Ja, und ich krieg dann auch gleich hier mein Geld?
10:14Ja, aber selbstverständlich. Das hab ich Ihnen doch versprochen, junge Frau. Das geht bei uns ganz unbürokratisch.
10:33Eins, zwei.
10:35Fünf, zehn, vierzehn.
10:38Bitte schön.
10:39Die Quittung haben Sie mir schon unterschrieben.
10:42Dann wünsche ich Ihnen alles Gute.
10:44Dankeschön. Sehr nett von Ihnen. Wiedersehen.
10:47Wiedersehen. Der Nächste bitte.
10:50Bitte.
10:51Na, was haben wir denn?
11:01Tag, mein Schatz.
11:03Tag, Mutti.
11:03Du bist ja so fleißig.
11:09Bin schon fast fertig. Und die Küche hab ich auch schon gemacht.
11:11Oh, fein. Und ich hab dir auch was Schönes mitgebracht. Hoffentlich ist es unterwegs nicht weich geworden.
11:16Sind wir jetzt nicht mehr so arm?
11:23Weißt du, mein Schatz, so richtig reich sind wir immer noch nicht. Aber ich hab heute so viel Geld gekriegt, dass wir erstmal die Miete zahlen können und für ein großes Eis hat's auch noch gereicht.
11:34Probier mal.
11:36Frau Berling ist natürlich froh über die unverhoffte zusätzliche Einnahme.
11:40Das schmeckt aber gut.
11:41Um allerdings dauerhaft aus ihren Schwierigkeiten herauszukommen, würde sie sehr viel mehr brauchen.
11:47Sie wäre an diesem Abend sicher nicht so glücklich, wenn sie wüsste, was in dem Haus vorgeht, in dem sie vor wenigen Stunden ihre Lohnsteuerkarte dem freundlichen Helfer anvertraut hat.
11:58Dort trifft sich der Geschäftsführer jeden Abend mit dem benachbarten Kreditvermittler, der zufällig auch sein Schwager ist.
12:07Er lässt sich die Gebühren und Beiträge auszahlen, die von den Bankkrediten zugunsten des Vereins abgezogen worden sind und die Beträge, die er für eine Reihe spezieller Kunden tagsüber vorgelegt hat.
12:19Ich mach zusammen 36.458 Mark und 30 Pernier. Kannst du mir das Geld gleich morgen vorbeibringen? Ich habe fast nichts mehr an der Kasse.
12:28Ja, das geht. Da war ja wieder ordentlich was los heute. Lass mal sehen.
12:38Du, da ist eine Quittung nicht ausgefüllt von einer Frau Gisela Berling.
12:43Ach, zeig mir her. Das habe ich wohl vergessen.
12:50Ja, Herr Berling. Die Frau hat einen Anspruch von 1721.
12:58Davon geht ab. Beitrag, Gebührenzinsen 320.
13:04Das macht dann 1401.
13:07Dass der Geschäftsführer des Vereins einem Teil seiner Kunden, nämlich denen, die besonders hohe Beträge zu erwarten haben, das Geld sofort selbst auszahlt, hat einen besonderen Grund.
13:22Er täuscht die Leute, die alle Formulare blanko unterschreiben, über die Höhe ihres Anspruchs an das Finanzamt und zahlt nur einen geringeren Betrag aus.
13:32Später lässt er sich dann die richtige rechnete Summe von der Bank erstatten.
13:37Im Fall Berling macht er, neben den 300 Mark berechtigten Gebühren, eine betrügerische Beute von fast 900 Mark.
13:46Gisela Berling kann also nur einen geringen Teil ihrer Schulden zurückzahlen.
13:52Der übergroße Rest wird sie nach wie vor bedrücken.
13:56Und sie wird nie erfahren, dass sie über 1200 Mark mehr bekommen hätte, wenn sie direkt zum Finanzamt gegangen wäre.
14:03Denn der Bescheid des Finanzamtes mit der wirklichen Erstattungssumme wird, so wie sie es mit ihrer Unterschrift bestimmt hat, nicht an sie, sondern an den Lohnsteuerverein geschickt.
14:16Wie gesagt, meine Damen und Herren, nicht alle Lohnsteuerhilfevereine arbeiten nach dem gezeigten betrügerischen Muster.
14:22Aber bei rund 100 derartigen faulen Vereinen, die wiederum eine große Zahl von Außenstellen unterhalten, kann man auch nicht mehr von einzelnen schwarzen Schafen sprechen, sondern eher von einer Seuche.
14:34Ich meine, es wäre an der Zeit, dass die Finanzminister der Länder, die für die Kontrolle der Lohnsteuerhilfevereine nach dem Gesetz zuständig sind, diese Kontrolle etwas genauer nehmen als bisher.
14:45Und dem einzelnen Lohnsteuerpflichtigen, der seinen Jahresausgleich mit Hilfe eines Lohnsteuerhilfevereins abwickelt, kann man nur empfehlen, schreiben Sie auf den Antrag, der an das Finanzamt geht, groß und deutlich den Vermerk, dass der Bescheid nicht nur an den Verein zu gehen hat, sondern dass Sie selbst auch eine Kopie haben wollen.
15:07Soviel zum Thema Lohnsteuer-Jahresausgleich.
15:10Unser nächstes Beispiel aus dem Repertoire der Schwindler und Betrüger erinnert ein wenig an das alte Sprichwort, Kleider machen Leute.
15:20Wenngleich es streng genommen nicht so sehr um Kleider geht, sondern um respektheischende Namen, die ja aber im Umgang der Menschen untereinander auch so etwas wie Kleider darstellen.
15:38In Ordnung, Paul.
15:40Jetzt tut sie es ja wieder.
15:50Herr Struck, bitte ins Büro.
15:54Alltag im Sägewerk eines kleinen Ortes in der Rhön.
15:58Johann Struck hat das mittelständische Unternehmen bereits von seinem Vater übernommen.
16:02Von gelegentlichem Ärger mit dem nicht mehr ganz jungen Maschinenpark abgesehen, ist im Herbst 1980 die Welt für ihn in Ordnung.
16:11Die Auftragslage ist befriedigend.
16:14An einem Mittwoch im Oktober bekommt Herr Struck unerwarteten Geschäftsbesuch von einem Mann, den er vorher noch nie gesehen, der sich aber kurz zuvor telefonisch angemeldet hat.
16:26Es ist ein Besuch in höherem Auftrag, wie sich bald herausstellt.
16:31Guten Tag.
16:32Wir haben miteinander telefoniert heute Vormittag.
16:33Ja, Sandmann.
16:34Philipp Sandmann ist mein Name.
16:35Guten Tag, Herr Struck.
16:36Es tut mir leid, dass ich Sie in Ihrer Arbeit stören muss.
16:37Aber das macht ja nichts.
16:38Ich habe Sie erwartet.
16:39Kommen Sie mit rüber in mein Büro.
16:40Ja, das stimmt.
16:41Danke sehr.
16:42Sie sind Franzose, Herr Sandmann?
16:43Nein, nein, Luxemburg.
16:44Aber zurzeit im NATO-Dienst in Brüssel.
16:45Hier ist meine Kaffee.
16:46Ah, ja.
16:47François Dubourné und Partner, Gesellschaft von Brüssel.
16:49Oh, danke sehr.
16:50Oh, danke sehr.
16:51Oh, danke sehr.
16:52Danke sehr.
16:53Die Tür.
16:54Ja, bitte, Herr Präsident.
16:55Danke sehr.
16:56Sie sind Franzose, Herr Sandmann?
16:57Nein, nein, Luxemburg.
16:58Aber zurzeit im NATO-Dienst in Brüssel.
16:59Hier ist meine Kaffee.
17:00Ah, ja.
17:01François Dubourné und Partner, Gesellschaft von Brüssel.
17:14und Partner, Gesellschaft für Industriebau und Sonderanlagen Brüssel.
17:18Ja.
17:19Ja, was hat das denn mit der NATO zu tun?
17:21Wir bauen für die nordatlantische Verteidigungsgemeinschaft nähere Projekte.
17:26Eines auch Ihrer in der Nähe.
17:28Aha.
17:29Und was führt Sie jetzt zu mir?
17:31Kleinen Augenblick.
17:32Ich muss vorher noch etwas erklären.
17:34Wir unterliegen besondere Geeimhaltungsvorschriften.
17:37Und ich muss Sie bitten, die Sache absolut vertraulich zu behandeln,
17:41bevor ich in die Details gehe.
17:43Sie machen es aber spannend.
17:46Aber an mir soll es nicht liegen.
17:48Ich bin verschwiegen wie ein Grab.
17:50Also gut.
17:51Es handelt sich hier um eine Alle, die im Grundenbacher Forst errichtet wird.
17:56Das soll später vielleicht mal ein ganzes Depot wiederholen.
18:00Das Gelände, hier eingezeichnet, ist von der NATO in Erdbach genommen worden
18:06und muss abgeholzt werden.
18:09Ah ja, das verstehe ich.
18:11Aber wieso kommen Sie denn da gerade zu mir?
18:14Ich meine, der Grundbacher Forst, der liegt doch mindestens 40 Kilometer von hier.
18:19Da gibt es doch nähere Sägewerke.
18:21Das ist schon richtig, Herr Struck.
18:22Aber wir legen eben auch großen Wert auf Diskretion.
18:26Und wenn wir da zum Nachbarn gehen, da gibt es immer gleich die wildesten Gerüchte.
18:30Ah ja, da mögen Sie recht haben.
18:32Und wir arbeiten natürlich auch nicht mit jedem.
18:35Unsere, wie sagt man, Auftragnehmer werden vorher ein bisschen durchleuchtet.
18:40Und Sie sind uns da als besonders vertrauenswürdig empfohlen worden.
18:44Na, das wird ja immer schöner.
18:47Nein, danke.
18:48Was haben Sie denn über mich herausgekriegt?
18:50Nichts Besonderes, Herr Struck. Nur, dass Sie eben sehr vertrauenswürdig sind.
18:53Und wir versprechen Ihnen, dass wir das niemandem weiter sagen.
18:57Na gut, nun mal zum Geschäft. Sie wollen also, dass ich das Holz dort übernehme?
19:02Ja, richtig. Es handelt sich um einen Albeneck der Fischstäb, Altbestand, Eilbronner Sortierung, fast alles Klasse 4.
19:12Das klingt gut. Was wollen Sie denn dafür haben?
19:15Na, der Festmittag wird hier so mit 240, 260 Mark gehandelt.
19:20Hm, Sie kennen sich aus.
19:22Ja, das bringt das Geschäft so mit sich erst.
19:25Aber da Sie einen weiten Weg für den Abtransport haben, könnten wir Ihnen entgegenkommen und sagen,
19:30Ihre 15% nachlassen. Ist das gut?
19:36Ja. Darüber könnte man reden.
19:39Das Angebot ist günstiger, als Jochen Struck zugeben mag.
19:43Und einem guten Geschäft ist der Sägewerksbesitzer nie abgeneigt.
19:48Zumal ihm die Geschäftsverbindung im Auftrag der NATO durchaus entwicklungsfähig erscheint
19:52und ihm darüber hinaus etwas schmeichelt.
19:56Um sich näher über die Qualität des angebotenen Holzes zu orientieren, fährt er noch am selben Tag mit seinem Besucher hinaus in den Grundbacher Forst.
20:12Da vorne an der Gabelung, da fängt das Terrain an und zieht sich dann links den Wald darauf.
20:17Das liegt ja ganz schön versteckt.
20:19Wie sieht das eigentlich mit der Zufahrt aus?
20:22Ich meine, im Frühjahr und im Herbst, da wird es hier sicher ganz schön matschig.
20:27Da wird natürlich noch ein befestigter Wirtschaftsweg gebaut.
20:36Wie ist das eigentlich? Kann man vom zweiten Weg auch ranfahren? Das würde uns das aufarbeiten und die Abfuhr erleichtern.
20:43Selbstverständlich. Für später, wenn das mal ein richtiges Depot wird, ist ohnehin vorgesehen, dass wir uns nach der Seite hin ausbreiten.
20:51Na, habe ich zu viel versprochen? Der Bestand steht doch gut, oder?
21:15Ja, nicht schlecht. Aber wir wollen mal sehen, wie es weiter drin aussieht.
21:20Ja, wirklich. Der Bestand ist gut. Keine Verletzungen, keine Rückgeschäden.
21:42Und immer gut geflägt, wie mir scheint. Etwa 90 Jahre alt. Muss der Großvater vom alten Grundbach noch angelegt haben.
21:49Die Familie hat einen guten Ruf. Der reicht sogar bis zu uns hin. Da ist immer alles in einer Hand geblieben.
21:55Mich wundert nur, dass Sie das jetzt alles abgeben.
21:58Das war auch gar nicht so leicht. Aber schließlich geht es ja um die Landesverteidigung.
22:02Der Vermessungsauftrag ist schon erteilt. Die werden in ca. 14 Tagen drei Wochen fertig sein.
22:08Bis dahin kriegen Sie ganz genaue Markierungen, wie weit Sie abholten können.
22:12Oh, das brauchen wir auch. Sonst haben wir am Ende noch Ärger, wenn wir einen Baum zu viel einschlagen.
22:20Der Sägewerksbesitzer hat genug gesehen. Er braucht nicht lange zu zählen.
22:24Seine Erfahrung sagt ihm, dass auf dem zum Einschlag freigegebenen halben Hektar etwa 200 Festmeter Holz stehen.
22:32Und da der Preis günstig ist, wird er schon am nächsten Tag mit dem vermeintlichen NATO-Beauftragten handelseinig.
22:41Eine in der Forstwirtschaft nur selten verwendete Anzahlungsklausel empfindet er sogar als weiteren Vorteil bei dem Geschäft.
22:50Gemarkung Sonnenried, Grundbacher Forst 12, Strich Römisch 3, etwa 200 Festmeter Heilbronner Sortierung, Klasse 4, Preis 212,50 Mark per Festmeter.
23:05Schätzpreis 42.500 DM, Klammer auf, Endabrechnung nach Aufmaß, Klammer zu. Richtig bisher?
23:13Ganz korrekt.
23:13Dann folgt noch die Anzahlungsklausel. Der Käufer zahlt bei Vertragsabschluss 10% des Schätzpreises. Das sind 4.250 DM.
23:25Absolut korrekt.
23:26Wollen Sie es bar oder mit einem Schenk?
23:28Das ist mir im Prinzip leidischer, aber wenn Sie es bar haben, ist es vielleicht einfacher.
23:33Gut, dann unterschreiben wir.
23:36Normalerweise wird beim Kauf von Stammholz die gesamte Kaufsumme vor dem Einschlag bezahlt.
23:41Dies setzt allerdings eine genaue Vermessung voraus.
23:47Da er in Eile sei und diese genaue Vermessung nicht abwarten könne, so hat Herr Sandmann dem Sägewerksbesitzer erklärt,
23:53genüge es, wenn er für seine Auftraggeber eine Anzahlung kassiere.
23:574.250 DM.
24:12Tja, dann wäre eigentlich alles klar.
24:15Ich habe übrigens nochmals mit dem Vermessungsbüro Schneider telefoniert.
24:19Die haben mir versprochen, dass Sie bis zum 1. November die genauen Grenzmarkierungen fertig haben.
24:24Sie könnten also gleich danach loslegen.
24:25Der 1. November ist, da werden Sie mal, ein Samstag.
24:33Da könnten wir am Montag, dem 3. anfangen.
24:36Ja, das passt gut.
24:37Da kann ich die Leute für den Einschlag gleich einteilen.
24:40Aber erstmal sollten wir noch einen auf das Geschäft trinken.
24:44Am Morgen des 3. November kommt Jochen Struck mit seinen Arbeitern dann, wie verabredet,
24:55zu dem Waldgelände, das für den Einschlag vorgesehen ist.
24:58Die Markierungen der Landvermesser sucht er jedoch vergeblich.
25:19Noch hält er das Ganze für eine Nachlässigkeit.
25:22Also, ich verstehe das nicht.
25:28Die haben mir doch fest zugesagt, dass Sie am 1. November Ihre Pfähle hier stehen haben.
25:31Na ja, Sie werden es wohl nicht geschafft haben.
25:34Es ist ja nicht das erste Mal, dass einer seinen Termine nicht hat.
25:37Na ja, ich habe halt gedacht, weil es für die NATO ist, da klappt das besser.
25:42Wenn ich doch nur telefoniert hätte.
25:44Jetzt sind wir umsonst rausgefahren.
25:49Nun, meine Damen und Herren, Sie ahnen es sicher inzwischen.
25:52Der Sägewerksbesitzer ist nicht nur umsonst in den Wald gefahren.
25:56Er hat auch die Anzahlung für seine Bäume einem Betrüger gegeben.
26:01Manche von Ihnen werden jetzt vielleicht sagen, mir kann so etwas nicht passieren.
26:04Ich kann 200 Meter Stammholz sowieso nicht gebrauchen.
26:07Deshalb sollte man wissen, dass der Trick auch in anderen Bereichen angewendet wird.
26:11Da werden zum Beispiel Anzahlungen verlangt für nicht existente Baugrundstücke und Plantagenanteile,
26:17für Eigentumswohnungen oder gelegentlich auch für ein Fahrzeug, das dem Verkäufer gar nicht gehört.
26:25Um mehr als nur eine Anzahlung geht es in dem nächsten Fall, den wir Ihnen jetzt vorstellen wollen.
26:31Hier stehen für die Betroffenen Beträge von meist 10.000 bis 20.000 Mark auf dem Spiel.
26:36Und als Zielgruppe haben sich die Gauner einen Personenkreis ausgesucht, bei dem sie voraussetzen können,
26:43dass er für ihre zunächst sehr verlockenden Angebote ausgesprochen empfänglich ist.
26:50Amfuchsberg, ein Neubaugebiet im Bergischen Land.
26:55Das eigene Häuschen im Grünen ist für viele Familien ein Wunschtraum,
26:58für dessen Realisierung sie manche Entbehrungen und finanzielle Belastungen auf sich nehmen.
27:03Auch Manfred Mendel hat viele Jahre sparen müssen, um sich diesen langgehegten Wunsch erfüllen zu können.
27:11Vor wenigen Wochen ist er zusammen mit seiner Familie aus der kleinen Mietwohnung in der Stadt hierher ins eigene Haus gezogen.
27:18Er ist vom Beruf Maschinenschlosser und arbeitet in einer Werkzeugfabrik in Köln.
27:23Hallo! Männer! Das Essen ist fertig!
27:28Na endlich! Mir hängt der Magen sowieso schon in der Kniekegel.
27:33Du, aber Händewaschen nicht vergessen!
27:36Na, was gibt's denn Schönes?
27:37Auf, wart's ab!
27:38Hallo, Frau Mendel!
27:41Guten Tag! Ich hab was für Sie.
27:44Guten Tag!
27:45Bitte schön!
27:45Dankeschön!
27:46Mensch, bei Ihnen im Garten sieht das ja schon ganz ordentlich aus.
27:48Ja, ganz gut, nicht?
27:49In der Post, die der Briefträger an einem Samstagmittag bei den Mendels abgibt,
27:53befindet sich auch ein Brief von der Sparkasse,
27:57der beim Mittagessen für unangenehmen Gesprächsstoff sorgt.
28:02So.
28:06Verdammt! So ein Mist!
28:08Du meinst doch wohl nicht mein Essen!
28:09Nein, hier schreibt uns die Bank, dass die Hypothekenzinsen um ein ganzes Prozent erhöht werden.
28:14Ach.
28:15Und das ist jetzt schon das zweite Mal innerhalb eines Jahres.
28:18Ja, und was heißt das?
28:19Das kostet uns wieder 200 Mark mehr im Monat.
28:23Dann weiß ich wirklich nicht mehr, wie wir da klarkommen sollen.
28:26Oder seh ich meinen Mofa schon entschwinden?
28:28Ach, das kann schon sein.
28:30Unser Finanzierungsplan ist jedenfalls mal wieder über den Haufen geworfen.
28:33Also trotzdem guten Appetit.
28:34Wie viele junge Familien hatten sich die Mendels zum Bau ihres Hauses entschlossen,
28:39als die Zinsen besonders niedrig waren.
28:42Damals stimmte ihr Finanzierungsplan noch.
28:45Die monatlichen Belastungen waren tragbar,
28:48weil Hannelore Mendel eine Teilzeitbeschäftigung als Sekretärin angenommen hatte.
28:53Ganztags wollte sie nicht arbeiten, um sich noch etwas um ihren Sohn kümmern zu können,
28:58der das Gymnasium besucht.
29:00Diese Rechnung ist nun eine Illusion geworden.
29:03Vielleicht wäre es doch besser, wenn ich auch nachmittags arbeiten würde.
29:08Ich glaube, die in der Firma wären ganz froh darüber.
29:10Wer macht denn die das Essen?
29:13Vielleicht findest du auch was, was du zu Hause machen kannst.
29:16Das hört sich schon besser an.
29:20Moment.
29:21Ich habe doch da gestern was in der Zeitung gelesen.
29:24Du, Andreas, guck doch mal.
29:25Die muss da drüben noch liegen.
29:26Wir hätten eben damals doch mit dem festen Zinssatz abschließen sollen.
29:31Da wäre es zwar von vornherein etwas teurer geworden,
29:33aber wir hätten jetzt auch nicht ständig aufs Neue den Ärger.
29:37Und du, das muss hinten gewesen sein, kurz vor der Kinoseite.
29:41Zeig doch mal.
29:41Ah, siehst du, hier, da steht's.
29:48Und die wenden sich sogar speziell an Eigenheimbesitzer.
29:51Deshalb bin ich auch gestern drüber gestolpert.
29:54Mhm.
29:56Endlich im eigenen Heim.
29:58Weitere Wünsche werden erfüllt,
30:00wenn Sie gerne handarbeiten und uns anrufen.
30:03Wir haben die Verdienstchance für Sie.
30:06Klingt ja sehr geheimnisvoll.
30:08Ja, doch, aber vielleicht ist das was.
30:11Ob ich da mal anrufen soll?
30:13Tja, da kannst du ja mal anhören, was die zu bieten haben.
30:15Fragen kostet schließlich nichts.
30:18Das Rätsel, das sich hinter dem Inserat verbirgt,
30:20löst sich sehr schnell.
30:22Schon wenige Tage, nachdem sich Frau Mendel telefonisch gemeldet hat,
30:26sitzt die Vertreterin einer Woll- und Garnspinnerei aus Wuppertal
30:30in ihrem Wohnzimmer.
30:32Sie bietet den Mendels an, in dem neuen Eigenheim
30:34eine Verkaufsstelle für Wolle einzurichten.
30:38Für uns ist das eigentlich eine ganz logische Sache.
30:42Wir sagen uns nämlich, wenn jemand neu baut,
30:45dann hat er auch meistens einen ungenutzten Raum übrig.
30:48Und einen kleinen Nebenverdienst kann eigentlich jeder gebrauchen.
30:52Das Haus wird doch sowieso immer teurer, als man es sich vorgestellt hat.
30:54Das kann man wohl sagen, Frau Hamer.
30:56Und auf diese Weise kommen wir mit unseren Verkaufsstellen
30:59automatisch in die richtigen Gegenden.
31:02Ich meine, wo es noch keine Geschäfte gibt,
31:05wo aber viele Leute hinziehen.
31:08Das klingt alles ganz vernünftig, nicht?
31:09Ich habe mich hier vorhin schon mal ein bisschen umgeguckt.
31:12Die Gegend ist wirklich gut.
31:15Da unten an der Kirche ist gleich ein Altersheim.
31:17Ja.
31:18Und wo alte Leute sind, da wird auch viel gestreckt.
31:22Also, wenn ich mir das überlege,
31:25Spaß würde mir das schon machen.
31:27Nur Platz für den Verkaufsraum haben wir eigentlich gar nicht so recht.
31:30Ja, den brauchen Sie doch auch gar nicht.
31:32Hauptsache, dass Sie irgendwo eine kleine Ecke freimachen können für das Lager.
31:36Tja, das ginge schon.
31:38Was meinst du, Manfred?
31:40Nur, wo soll ich die Kunden denn bedienen?
31:43Kein Problem.
31:46Ich kenne da eine Frau in der Eifel.
31:48Die hat einfach auf dem Flur ein kleines, hübsches Regal hingestellt.
31:52Das sieht richtig nett aus.
31:54Ein kleiner Hocker davor,
31:56damit sich die Kunden auch mal hinsetzen und in Ruhe aussuchen können.
31:59Tja, aber wir kennen doch niemanden hier.
32:02Wenn Sie nur ein bisschen aktiv sind und die Werbetrommel rühren,
32:07dann spricht sich das ganz schnell herum.
32:09Sie sollen mal sehen,
32:10weil sind Sie hier bekannt wie eine alteingesessene Familie.
32:13Also, dass ich nachmittags nur zwei Stunden aufhaben brauche,
32:16das finde ich ja ganz gut.
32:18Aber wird denn überhaupt genug zusammenkommen?
32:21Ich meine mit den Finanzen.
32:23Ich habe überhaupt ein Bammel,
32:24ob da so viel zu verdienen ist, wie Sie sagen.
32:26200 Mark die Woche?
32:27Also, nun rechnen Sie doch einfach mal nach, Herr Mendel.
32:32Diese dicke Schurwolle kostet bei uns das Kilo 23,90 Mark.
32:37Das sind 10 Knäuel auf 100 Gramm.
32:40Der Verkaufspreis für diese dicke Wolle ist 42 Mark.
32:45Da bleiben für Sie 18 Mark und 10.
32:48Das wäre immerhin eine Gewinnspanne von über 70 Prozent.
32:52Na schön, aber man weiß doch noch gar nicht,
32:54ob wir da genügend umsetzen.
32:55Aber ich habe Ihnen doch schon gesagt.
33:01Neubaugebiet.
33:03Altersheim in der Nähe.
33:05Und?
33:06Stricken ist unheimlich in.
33:08Ja, und dann dürfen Sie schließlich nicht vergessen,
33:10vom Preis her gesehen ist unsere Wolle absolut konkurrenzlos.
33:14Wir sehen es doch an jeder neu eröffneten Verkaufsstelle.
33:17Kaum ist die Erstausstattung abgeliefert,
33:19schon kommen die Nachbestellungen.
33:20Lange bevor überhaupt die ersten Lieferungen bezahlt werden müssen.
33:25Denn Sie haben ja sechs Monate Zeit.
33:29Also, reizen würde mich die Sache schon.
33:34Denn schließlich vom Stricken verstehe ich auch eine ganze Menge.
33:36Sehen Sie, da können Sie Ihre Kunden gleich richtig beraten.
33:40Da werden Sie sich sehr schnell einen guten Namen machen.
33:42Tja, Manfred, was meinst du?
33:47Tja, wir können es ja mal versuchen.
33:50Die Eheleute Mendel sind überredet.
33:52Bei der Bestellung für die Erstausstattung
33:56verlassen Sie sich auf die angebliche Erfahrung der Vertreterin.
34:00Da auf dem Formular nur die jeweiligen Kilopreise angegeben sind
34:03und die Mendels das vielfältige Sortenangebot noch nicht kennen,
34:08sind Sie sich zu guter Letzt überhaupt nicht mehr im Klaren,
34:10wie viel Wolle sie bestellen und was die ganze Lieferung kosten wird.
34:1414 Tage später hält dann ein Spediteur vor dem Haus der Familie Mendel
34:27und die Inhaberin der neuen Wollverkaufsstelle staunt nicht schlecht
34:32über das, was sie da alles bestellt hat.
34:39Ja, bitte?
34:40Guten Tag.
34:41Guten Tag.
34:42Sie sind von der Spedition Walter, wir sollen hier was abliefern.
34:45Ach ja, die Wolle.
34:47Das soll man gar nicht meinen, was das für ein großes Paket geworden ist.
34:50Eins, Sie sind gut.
34:52Wir haben noch zehn davon auf dem Wagen liegen.
34:54Was, noch zehn solcher Kartons?
34:56Um Gottes Willen.
34:58Soll ich denn da mit hin?
34:59Ja, da fragen Sie mich zu viel.
35:01Ja, dann bringen Sie sie eben erst mal oben auf den Speicher.
35:05Ja, gut.
35:06Komm.
35:10So, hochkack.
35:12Als Hannelore Mendel am Abend dann zusammen mit ihrem Mann die Kartons auspackt, folgt dem
35:37ersten Schreck, der zweite.
35:45Das darf doch nicht wahr sein.
35:47Was ist denn?
35:49Hier.
35:50Die Rechnung.
35:5114.485 Mark und 86 Pfennig.
35:56Gibt's doch nicht.
35:57Schau dir's an.
36:01Tja, wir haben eben nicht gemerkt, wie viel die uns da untergejubelt hat.
36:06Aber es hilft ja nichts.
36:07Wir müssen sehen, dass wir das Geschäft so schnell wie möglich ankurbeln.
36:10Trotz vielfältiger Aktivitäten mit Wurfzetteln und Inseraten lässt sich das Geschäft nur schwer
36:17ankurbeln.
36:18Ein paar Monate später kann Hannelore Mendel einer Freundin, die bei ihr vorbeischaut, immer noch
36:24nichts Erfreuliches berichten.
36:25Allmählich kriege ich Angst mit der Geschichte.
36:29Wieso?
36:30In acht Wochen sollen wir die 14.000 Mark bezahlen.
36:34Und haben noch nicht mal 600 eingenommen.
36:37Könnt ihr denn nicht noch irgendwas machen mit Reklame oder so?
36:40Ach, das hilft doch nichts.
36:41Wir haben doch alles versucht hier.
36:42Ja, die Leute, die hier wohnen, die haben einfach andere Sorgen.
36:46Und unten aus dem Dorf, da kommt keiner.
36:49Ach, das sind doch nur so die ersten Anlaufschwierigkeiten.
36:52Ach, nun lass doch den Kopf nicht hängen.
36:53Du hast geträgt.
36:55Wie kann das sein?
36:56Jetzt um die Zeit?
36:57Na, du bist gut.
36:58Eine Kundin natürlich.
36:59Meinst du?
37:05Guten Tag.
37:06Guten Tag, Frau Mendel.
37:07Ich habe ihr Inserat gelesen.
37:09Ich brauche etwas Wolle.
37:09Ach dann, kommen Sie doch bitte herein.
37:12Na, siehst du, was habe ich dir gesagt?
37:17Also, Kopf hoch.
37:18Wiedersehen.
37:19Wiedersehen.
37:23Wissen Sie, ich habe nämlich nächste Woche Nachtdienst.
37:25Na ja, da fällt ab und zu mal eine Stunde ab.
37:27Da wollte ich meinen Freund ein Pullover stricken für den Skiurlaub.
37:30Na, dann schauen Sie doch mal.
37:32Wir haben ja genug Auswahl.
37:35Hier rechts sind die dickeren Sorten für Wintersachen.
37:38Ja, haben Sie nicht ein paar Bilder?
37:40Ich meine Strickmuster.
37:41Damit ich mir mal was anschauen kann.
37:43Ja, nehmen Sie doch bitte Platz.
37:45Hier.
37:46Da sind ganz hübsche Sachen dabei.
37:55Ja, ich meine, das ist wohl mehr was für ältere Leute.
37:58Und auch die Farben.
38:03Haben Sie nicht ein kräftiges Rot?
38:05Signalrot oder sowas.
38:06Die sind alle so blass.
38:08Es tut mir leid.
38:10Das ist leider alles, was ich hier habe.
38:12Tja, dann lasse ich es erst mal.
38:15Dann muss ich mal sehen, dass ich woanders was bekomme.
38:17Nicht zu ungut, Frau Mendel.
38:18Aber ich bitte Sie, die Geschmäcker sind eben verschieden.
38:23Tja, auf Wiedersehen, Frau Mendel.
38:25Auf Wiedersehen.
38:32Auch in den folgenden Wochen ändert sich an der schlechten Umsatzlage nichts.
38:36Und schließlich macht Manfred Mendel in seiner Lokalzeitung noch eine verblüffende Entdeckung.
38:41Komisch.
38:46Du, Hannelore, hast du das gelesen?
38:48Da gibt es scheinbar noch jemand hier im Ort, der Wolle verkaufen will.
38:53Zeig mal.
38:55Da.
38:58Qualitätswolle direkt vom Hersteller.
39:00Preisgünstig in K1 Wollstube.
39:03Das ist der Gipfel.
39:04Das ist genau der Text, den die Vertreterin damals in ihrer Mustermappe hatte.
39:08Meinst du, dass Sie hier noch eine Verkaufsstelle eingerichtet haben?
39:10Das sieht doch ganz so aus.
39:12Das wäre ja ein Ding.
39:13Da brauchen wir uns nicht zu wundern.
39:15Weißt du was?
39:16Ich rufe da mal an.
39:32Karins Wollstube, Schmitt.
39:33Guten Tag.
39:34Guten Tag.
39:35Hier ist Mendel am Fuchsberg.
39:37Frau Schmitt, ich wollte Sie mal fragen,
39:40ob Sie auch Wolle von der Woll- und Garnspinnerei in Wuppertal haben.
39:43Ja, selbstverständlich.
39:44Ich führe ausschließlich diese Fabrikat.
39:46Also doch.
39:47Ich habe es mir beinahe gedacht.
39:49Ich vertrete nämlich dieselbe Firma.
39:52Ach, jetzt dimmert es erst bei mir.
39:54Sie sind die Frau Mendel, die auch eine Wollstube hat.
39:57Nur bei Ihnen soll das Geschäft ja recht gut laufen,
39:59hat mir die Frau Hamann gesagt.
40:01Das ist ja ein starkes Stück.
40:03Hier läuft überhaupt nichts.
40:04Ich weiß nicht, wie ich in ein paar Wochen die Rechnung bezahlen soll.
40:06Sie auch nicht?
40:08Und ich habe schon geglaubt,
40:10ich mache irgendwas falsch,
40:11weil mein Geschäft überhaupt nicht läuft.
40:13Nein, nein, das scheint mir ganz allgemein
40:14ein totgeborenes Kind zu sein.
40:16Ich glaube, wir haben uns da auf eine ganz wenige Sache eingelassen.
40:19Sagen Sie,
40:20wollen wir uns nicht mal zusammensetzen
40:22und überlegen, was wir da machen können?
40:24Vielleicht fällt uns was ein, wie wir da rauskommen.
40:27Gute Idee.
40:28Kommen Sie doch zu uns zum Fuchsberg,
40:29Klarer Straße 4.
40:31Ich freue mich.
40:33Wieder her.
40:33So, ich habe mich mit der verabredet.
40:38Not macht erfinderisch.
40:40Gemeinsam entwickeln die beiden Frauen,
40:42die von der Wuppertaler Wollfabrik hereingelegt worden sind,
40:44einen Plan,
40:46mit dessen Hilfe sie hoffen,
40:47ihre schwerverkäuflichen Wollberge
40:49doch noch an den Mann zu bringen.
40:53Zwei Wochen später stehen sie,
40:55nachdem sie sich auf dem Rathaus
40:56die entsprechende Genehmigung geholt haben,
40:58auf dem Wochenmarkt.
40:59Da sie mit ihren Verkaufspreisen
41:02bis auf den Einkaufswert heruntergegangen sind,
41:05glauben sie,
41:06nun doch noch aus der Misere herauszukommen.
41:10Darf ich Ihnen behilflich sein?
41:12Sagen Sie,
41:13haben Sie keine Markenwolle da?
41:16Ich meine,
41:16reine Schurwolle.
41:18Wieso gefällt Ihnen die nicht?
41:19Wir haben ja auch noch andere Farben gekauft.
41:21Auf die Farben kommt es mir nicht an.
41:23Nur auf die Qualität.
41:25Das ist alles Mischware.
41:27Ich bitte Sie,
41:28das ist gute Wolle.
41:29Erzählen Sie mir nichts, junge Frau.
41:31Ich war früher Handarbeitslehrerin.
41:33Das ist halb Wolle,
41:34halb Synthetik.
41:35Eben Mischware.
41:36Das kann man höchstens zum Häkeln benutzen.
41:39Ich will in einem schönen,
41:40warmen Pullover stricken,
41:42aus reiner Schurwolle.
41:45Hier,
41:45das ist noch eine andere Sorte.
41:46Da steht reine Schurwolle drauf.
41:48Ja,
41:50Schurwolle ist das schon.
41:52Da sehen Sie mal,
41:54da sind ja lauter kleine Knoten drin.
41:58Das ist eindeutig zweite Wahl.
42:01Meinen Sie?
42:02Ja, das meine ich, junge Frau.
42:04Auf Wiedersehen.
42:05Auf Wiedersehen.
42:05Auch der unkonventionelle Versuch,
42:11die Wolle auf dem Wochenmarkt doch noch,
42:13wenn auch verbilligt,
42:14an den Mann zu bringen,
42:15hat nicht funktioniert.
42:17So liegen die unverkäuflichen Wollberge
42:19auch heute noch auf dem Dachboden
42:21und es ist für Frau Mendel
42:22und die vielen anderen Betroffenen
42:24nur ein schwacher Trost,
42:25das inzwischen die Staatsanwaltschaft
42:27gegen die Lieferfirma ermittelt.
42:31Die hereingelegten Frauen
42:32mussten zunächst einmal
42:33die hohen Rechnungen bezahlen,
42:35zum größten Teil
42:36hatten sie dafür neue Kredite aufnehmen müssen,
42:39dass sie ursprünglich einmal
42:40die Hoffnung hatten,
42:41durch den Wollverkauf
42:42aus dem finanziellen Engpass herauszukommen,
42:44in dem sie vorher schon waren,
42:46davon war schon längst nicht mehr die Rede.
42:51Und damit kommen wir
42:53zu unserem letzten Beispiel,
42:55das wir Ihnen wie üblich
42:56als Experiment vorführen möchten.
42:59Es bestätigt,
43:00dass Gauner und Diebe
43:01es immer wieder verstehen,
43:02die Grundmuster von zum Teil
43:03sehr alten Tricks
43:04mit den Requisiten
43:05unserer Zeit
43:06auszustatten
43:07und äußerlich verändert
43:08neu aufzulegen.
43:14Jedermann kennt heute
43:15diese Situation.
43:17In den engen und unübersichtlichen
43:18Geschäftsvierteln unserer Städte
43:20verliert man als ortsfremder Autofahrer
43:22schnell die Orientierung.
43:25Für unseren Mitarbeiter Bernd Schröder
43:26ist diese Rolle aber natürlich
43:28nur ein Vorwand.
43:29Mit der Frage nach dem richtigen Weg
43:31lockt er eine Geschäftsfrau
43:32auf die Straße.
43:33Ich habe meine Frage,
43:34könnten Sie mir gerade mal
43:34kurz einen Weg zeigen?
43:35Ich habe mich offenbar
43:36total verfranzed.
43:36Ich habe hier eine Karte dabei.
43:38Ohne dass die hilfsbereite Frau
43:39es bemerkt,
43:40pushen Kameramann Wolfgang Kleist
43:42und ein weiterer Mitarbeiter
43:43in das jetzt leer stehende
43:45Geschäft.
43:46Und während sich der scheinbar
43:47begriffsstutzige Autofahrer
43:48draußen den Weg beschreiben lässt,
43:51langen unsere Trickdiebe
43:52im Inneren des Ladens
43:53kräftig zu.
43:59Pullover und diverser Modeschmuck
44:00im Wert von über 150 Mark
44:02fallen Ihnen in die Hände.
44:13Und auch ein Griff in die Kasse
44:14wäre nicht schwer gefallen.
44:16In eine recht gut gefüllte Kasse
44:18übrigens, wie uns die Geschäftsfrau
44:20später demonstriert hat.
44:25Im nächsten Fall
44:26das gleiche Spiel.
44:30Wieder betreten der Kameramann
44:32und ein Mitarbeiter das Geschäft
44:33einen Süßwarenladen,
44:35während Bernd Schröder
44:36die Verkäuferin draußen ablenkt.
44:37Das ist schlimm, ja.
44:45Auch hier können Sie in aller Ruhe
44:47die mitgebrachte Tasche vollpacken.
44:49Diesmal mit Pralinen
44:51und Schokolade
44:52im Wert von über 60 Mark.
44:56Und hier steht die Kasse sogar offen,
44:58geradezu eine Einladung.
45:01Als die Trickdiebe
45:02dann beim Verlassen des Geschäftes
45:04von der Verkäuferin
45:05angesprochen werden,
45:06ziehen Sie sich mit einer
45:07schlagfertigen Ausrede
45:08aus der Affäre.
45:10Dankeschön.
45:11Dankeschön.
45:12Ah ja.
45:13So große Marzipanbrote haben Sie nicht.
45:14Wollen Sie ganz große haben?
45:15Ne, nur zu 9 Mark D.
45:17Ja, bitte.
45:19Okay ja, gut, ist da ja, versuche ich es da mal.
45:21Der dritte Test spielt sich dann
45:24bei einem Elektrogeschäft ab.
45:25Hinter dem Rücken der Geschäftsfrau
45:37betreten unsere Leute den Laden.
45:38Sie raffen alles zusammen,
45:46was Sie in der Eile erwischen können.
45:58Ein Blick durchs Schaufenster zeigt,
46:00dass Bernd Schröder die Dame des Hauses
46:01draußen immer noch aufhalten kann.
46:04Auch hier,
46:05der Griff in die Kasse
46:05hätte sich gelohnt.
46:06Der brabe Rund jedenfalls
46:08hätte ihn nicht verhindert.
46:09Er war nur neugierig.
46:15Nun, unseren Mitarbeitern
46:17war es beinahe ein bisschen peinlich,
46:18die Hilfsbereitschaft
46:19der angesprochenen Frauen
46:20auf diese Weise zu missbrauchen.
46:22Aber wir wollten ja aufzeigen,
46:23wie leicht man auf so ein
46:25Ablenkungsmanöver hereinfällt.
46:27Und die echten Gauner
46:28haben natürlich überhaupt keine Hemmungen,
46:30den guten Willen,
46:31ihre Opfer auszunutzen.
46:32Im Gegenteil, sie leben davon.
46:35Und ein altes Sprichwort
46:36sagt nicht ohne Grund aus.
46:37Nichts lernt man so gut
46:38wie aus den eigenen Fehlern.
46:40Selbst wenn es,
46:41wie in unserem Fall,
46:42für die Betroffenen
46:42noch einmal gut ausgegangen ist,
46:44weil sie ja die gestohlenen
46:46Gegenstände zurückbekommen haben.
46:48In diesem Sinne,
46:49auf Wiedersehen,
46:50bis zum nächsten Mal
46:51bei der Sendung
46:52Vorsicht, Falle!

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