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Transkript
00:00Was verbindet Mensch und Macht?
00:05Was trennt Wandel von Wirklichkeit?
00:11Nexora, weil Hinschauen der erste Schritt ist.
00:30Ein Ort der Erinnerung, ein Ort der Verstörung, ein Ort der Stimme.
00:36Im Jüdischen Museum Wien liest Richard Weiß aus seinem Buch
00:39Zertrümmerte Erinnerung am Semmering, einer österreichisch-jüdischen Familiengeschichte,
00:44die sich über vier Generationen erstreckt und tief in die Landschaft der Verdrängung einschreibt.
00:48Was einst Sommerfrische war, wurde zum Schauplatz der Ausgrenzung.
00:52Was einst Kurhaus war, wurde zum Lazarett.
00:54Was einst Heimat war, wurde zur Falle.
00:57Weiß erzählt von seiner Großtante Henriette Weiß, von jüdischen Intellektuellen,
01:02von Widerstand und Enteignung, von Denunziation und Deportation.
01:06Er gräbt Archivschachteln aus, durchleuchtet Leserbriefe,
01:10rekonstruiert Restitutionsakten und setzt dem Vergessen ein literarisches Mahnmal entgegen.
01:15Ein Abend der Erinnerung, ein Abend der Aufklärung, ein Abend, der bleibt.
01:20Ein festlicher Abend im Jüdischen Museum Wien, bei dem sich der Saal mit gespannter Erwartung füllte.
01:25Im Mittelpunkt Richard Weiß, Musiker, Schriftsteller und letzter Spross einer jüdischen Semmering-Dynastie.
01:32Mit Charisma und Tiefgang präsentierte er den zweiten Band seiner Familienerinnerungen,
01:37diesmal ohne Gitarre, aber mit literarischer Wucht.
01:41Die Veranstaltung war eine Kooperation mit der traditionsreichen Theodor-Kramer-Gesellschaft,
01:46vertreten durch Petra Wössler und Julia Danjetschik,
01:48die auch im Anschluss Einblicke in die langjährige Arbeit der Literaturvereinigung gaben.
01:54Einmal haben wir den Büchertisch gut sichtbar, ganz vorne angebracht, damit Sie ihn nicht übersehen.
01:59Ich habe gehört, das letzte Mal haben wir sogar 50 Bücher verkauft vom ersten Band,
02:03also vielleicht toppen wir das heute noch schon einmal.
02:06Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen Abend.
02:07Vielen Dank, Markus Papner, für die Begrüßung und für die Möglichkeit,
02:22auch dass die Kramer-Gesellschaft und ich weiß hier den Band zertrümmerte Erinnerung vorstellen dürfen.
02:29Wie schon gesagt, im Namen der Theodor-Kramer-Gesellschaft auch Sie herzlich willkommen heißen
02:35und ich freue mich sehr, dass Richard Weiß, zweiter Band seiner Aufarbeitung eines Teils
02:40der österreichisch-jüdischen Geschichte am Semmering, hier im Jüdischen Museum vorgestellt wird.
02:46Ein Abend der literarischen Tiefenschärfe im Jüdischen Museum Wien,
02:50die Theodor-Kramer-Gesellschaft präsentierte den zweiten Band von Richard Weiß,
02:55eine kritische Aufarbeitung jüdisch-österreichischer Geschichte am Semmering.
02:59Weiß legt mit akribischer Recherche offen, wie politische Verdrängung,
03:03Restitution und Nachkriegsversäumnisse das Selbstverständnis einer Region prägen.
03:08Der Band ergänzt das außergewöhnliche Programm des Theodor-Kramer-Verlags,
03:12der Stimmen jüdischer Autorinnen und Autoren Raum gibt,
03:15von Bruno Freis orthodoxen Jugenderinnerungen bis zu ukrainischer Lyrik über den Krieg.
03:21Auch Theodor Kramers Gedichte zum Ersten Weltkrieg und die Zeitschrift
03:24Zwischenwelt wurden gewürdigt, ein Abend zwischen Erinnerung, Widerstand und literarischer Haltung.
03:30Und auch Hefte der Zwischenwelt, auf die ich an der Stelle aufmerksam machen möchte,
03:36das ist der Titel der 1984, seit 1984, der jährlich erscheinenden Zeitschrift der Gehörer-Kramer-Gesellschaft.
03:43Die Zwischenwelt zählt definitiv zu den wichtigsten Publikationsorganen für Kultur des Exibs und des Widerstands.
03:50Ja, und dann ist die Semmerikbahn gebaut worden, dieses Verbindungsstügel.
03:57Karl-Ritter von Gegert, das weiß jeder.
04:00Wenige kennen Josef Schulhof, das war ein jüdischer Bauunternehmer, einer der vielen Subunternehmer der Strecke.
04:06Und der hat nicht nur gebaut, sondern der hat eine Bäckerei eingerichtet,
04:09weil die Arbeiter sehr schlecht behandelt wurden und auch schlecht zu essen bekommen haben.
04:16Ich habe ja schütternde Zeugnisse gefunden, wie die gestorben sind, wie die fliegen,
04:21nämlich an verschiedenen Zeichen.
04:23Und den Schulhof habe ich auch ausgegraben.
04:28So, dann das Südbahnhotel, damals Hotel Semmerik genannt.
04:32Das ist erst 25 Jahre nach der Bahnstation entstanden.
04:36Richard Weiß, Schriftsteller, Musiker und Kabarettist, erzählt die Geschichte seiner jüdischen Familie
04:42eine Chronik von Pioniergeist, Verfolgung und verdrängter Erinnerung.
04:47Im Zentrum steht seine Großtante Henriette Weiß, Gründerin eines Sanatoriums in Breitenstein am Semmering,
04:53das einst Treffpunkt für jüdische intellektuelle und sozialdemokratische Größen war.
04:57Das Buch dokumentiert
04:59Die jüdische Kurkultur am Semmering und ihre gesellschaftliche Bedeutung
05:04Die Enteignung und Zerstörung jüdischen Eigentums durch die Nationalsozialisten
05:08Die systematische Verhinderung von Restitution nach 1945
05:11Die verdrängte Geschichte einer Region, die einst als verlängerte Ringstraße galt, Figuren und Quellen
05:18Henriette Weiß, Sanatoriumsleiterin, Sozialpionierin
05:22Leon Kellner, Mitstreiter von Theodor Herzl
05:26Dora Sophie Kellner, Ehefrau von Walter Benjamin
05:29Karl Seitz, Otto Bauer, Friedrich Adler, Stammgäste des Sanatoriums, der Vater des Autors, Rückkehrer, Opfer eines Nachkriegskomplotts
05:39Jean Améry, Widerstandskämpfer, Semmeringwanderer, Überlebender
05:44Weiß stützt sich auf unerschlossene Archivmaterialien, Leserbriefe, Restitutionsakten und persönliche Dokumente
05:51Er beschreibt die grotesken Vorgänge rund um die Enteignung, die Nachkriegsverdrängung
05:57und die mühsame Errichtung einer Gedenkstätte gegen Widerstand und Vergessen
06:01Das sozialdemokratische Blatt, das auch verurteilt worden ist, weil die behauptet haben, der
06:07Loeger war am Semmering und hat sich versteckt hinter Weiberrücken und das oder nicht auf sich
06:12sitzen lassen können.
06:15So, das war der Bahnhof.
06:18Genau, jüdische Schriftsteller und Journalisten, die Werbung gemacht haben für den Semmering,
06:23Sonderzahl, das habe ich eh schon gesagt und ich bringe nur einen, man kennt den immer wirklich,
06:29der Raul Aurenheimer, der war damals sehr populär, war der erste Präsident vom österreichischen
06:34PEN, hat doch 1934 unterschrieben, gegen die Bücherverbrennung in Deutschland, worauf
06:45etliche von den Nazi-Schriftstellern aus dem österreichischen PEN ausgetreten sind, die
06:50in der Nachkriegszeit dann sehr hoch waren, Karl-Heinrich Wagner zum Beispiel, der Max Mehl,
06:56wenn man mich erinnert, die kennt man, den Namen, den Aurenheimer kennt man nicht mehr,
07:01der war auch mit dem ersten Prominententransport gleich nach Dachau verfrachtet worden und
07:06durch Intervention vom amerikanischen Generalkonsul ist er dann nach Amerika gekommen, wo auch
07:12gestorben ist.
07:13Ich habe viele Kapitel über die NS, das NS Unwesen, in der Semmering-Gegend, auch dazu
07:20genommen südliches Niederösterreich, weil es sowohl in Wiener Neustadt als auch in der Kirchen
07:25hat es große jüdische Gemeinden gegeben und das war ja so am Semmering und auch dort bei
07:31Reichenau, da war eine viel reiche Jugend, die hat ihre Wien gehabt und als Zweitwohnsitzer
07:36hat es auch in dieser Gegend nur eine Jugend gegeben, die hat irgendwelche Kreisel oder
07:41Schneider oder Schuster geworden und das ist, die haben kein Geld gehabt, sind nicht weggekommen
07:47und es sind die ganzen Familien ausgerottet worden, also wirklich vom Kreis bis zu ganz kleine
07:53Kinder, wobei die Kinder oft dann noch verschickt worden sind, von einem Konzent ins Nächste,
07:59bis sie dann letzten Endes umbraucht haben, also das ist, hat eine Tobake, ich habe das
08:06alles dokumentiert und die Entereignung ist eigentlich das Wenige, da steht ja drinnen das
08:12und das Haus und das haben sie dann noch wegnommen und dann kommt aber die Liste, wer wohin deportiert
08:18worden ist und da angebracht worden ist und ich habe ein paar Sachen, die ist die Liste
08:23eine Seite lang und das mit kleinem Druck. Natürlich ein Kapitel habe ich die große Zeit
08:28der Denunziator, der Denunziator, das ist ein Unglaubliches, das ist im Dörf liegt, das
08:34auf, als wer wen angesagt hat und die sind zu drachonischen Strafen verurteilt worden, jahrelang
08:40ins Hefen und der G1-KZ oder nach dem Hefen ins KZ zum drüber streuen und oft wenn ganz
08:47lächerliche Geschichten, also eine, die besonders ist, als sie gesucht.
08:52Gehör durch den Mond verbrannt hat sich die Semmeringer Friseurin Josefine Stumpa.
08:58Sie erkundigte sich am 17.12.1941 beim Schuster Nikolaus Kelanchuk zu ihrem Pech,
09:05gerade dann nach dem Verbleib eines schon vor längerer Zeit zur Reparatur gegebenen
09:10paar Schuhe, als der im Kurhaus, Feldlazareth kommt noch, auf geniesungsunabweilende Feldwebel- und
09:18Ritterkreuzträger Josef Kretschmann die Werkstatt betrat und ein paar Stiefel zur Reparatur brachte.
09:25Als der Schuster den Militär, der als baldige Fertigstellung versprach, erzürnte sich Frau Stumpel
09:31über diese Ungerechte bevorzug. Vom Feldwebelparsch auf die vorrangige Kriegswichtigkeit seines Schuhwerks
09:37hingewiesen, meinte sie verärgert, na geht's dann immer hinaus, dann hört sich das Kriegsverlauf.
09:44Das trug ihr ein Betretungsverbot ihres eigenen Friseurnabens und neun Monate Haft ein, weil
09:50sie die Mannesucht der deutschen Wehrmacht unter Graben hätte.
09:55Kretschmann wurde nach dem Krieg langjähriger Bürgermeister im bayerischen Böbeln und
10:00CSU-Abgeordneter im bayerischen Landtag, so sagte Karl Mulden.
10:05Psychisch belastend für Perle war, dass eine jüngere und gesunde Menschen für die strapaziösen
10:10Überfahrten ausrehen konnten.
10:12Diese fanden nicht nur unter miserablen hygienischen Bedingungen statt, sondern die Passagiere
10:17mussten am Ende der Reise auch nächtens heimlich vom Schiff an Land schwimmen.
10:211940 wurde Perle in Griechenland verhaftet und in einen Zug nach Berlin eskortiert.
10:27Um nicht in deutsche Gefangenschaft zu geraten, schnitt er sich kurz vor der uslawischen Grenze
10:32auf der Zugtoilette die Pulsadern am Handgelenk auf und konnte in der Folge nach Portugal flüchten.
10:38Als er dort abermals verhaftet wurde, kontaktierte er Lola Bernstein, die ihm als Inhaberin
10:44sowohl der deutschen als auch der britischen Staatsbürgerschaft aus der Patsche helfen konnte.
10:49Nach einem kleinen Umweg über Mosambik gelangte Willy Perle schließlich in die USA, wo er sich
10:56freiwillig zur Armee meldete und als Oberstleutnant des Heeresnachrichtendienstes nach Europa zurückkehrte.
11:02In Wien fand er nach sieben Jahren der Trennung seine Ehefrau Lore wieder.
11:06Sie hatte versucht, einen jüdischen Nachbarn zu verstecken und war deswegen von 1942 bis 1944
11:14im KZ Ramsbrück inhaftiert gewesen.
11:17Lola Bernstein hat gegenüber ihren Töchtern, Lore, Trude und Bessi, ihre eltenhafte Tätigkeit
11:23an der Seite Willy Perls, nie auch nur mit einem Wort erwähnt.
11:27Auf Fragen ihrer Töchter, wie sie die Kriegszeit erlebt hatte, sagte sie nur, dass sie damals
11:32Menschen geholfen habe.
11:34Und 13 Jahre nach Lola's Tod erhielten Ruth und Bessi in London einen Brief aus Maryland
11:39von William R. Perle, der lange nach ihren Adressen gesucht hatte.
11:44Und Perle schrieb ihnen unter anderem,
11:48Ich weiß nicht, wie viel euch eure Mutter über ihre Rolle bei der Befreiung von Juden aus
11:52von Nazi-Deutschland okkupierten Ländern gesehen hat.
11:57Nix.
11:58Wir haben jetzt 40.000 Menschen gerettet und auch wenn keiner an diesem Unterfangenen beteiligten sich,
12:03dass er seinen Erwählern Verdienst anrechnen kann,
12:06so war eure Mutter doch ein wichtiger Teil der Rettungsaktion.
12:10Sie war natürlich eine schwierige Persönlichkeit.
12:13Aber ihr Beitrag zur Rettung vieler Tausender ist eine historische Tatsache.
12:20Gut, weitere historische Tatsachen sind eine Zahl in diesem Band.
12:25Und ich beende mit dieser fünfjährigen Phase in die beiden Bücher.
12:33Kauft sie es oder beugt sie sich aus und lässt sie es.
12:37Ich habe viel gelernt dabei und ich kann euch garantieren,
12:40ihr lernts auch einiges lernen, was ihr nicht gewusst habt.
12:44Danke.
12:45Vielen Dank.
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